Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 05.09.2018 Verzögerungen und Planungswirrwarr bei der Münchner S-Bahn In den letzten zehn Jahren hat die Staatsregierung eine Vielzahl von Programmen, Sofortprogrammen und Maßnahmenpaketen verkündet oder beschlossen, mit denen die Probleme der Münchner S-Bahn gelöst und das S-Bahn- Netz ausgebaut werden sollen. Zuerst das „13-Punkte-Sofortprogramm “, dann die Gründung der Arbeitsgruppe zum S-Bahn- und Bahnverkehr im Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr und aktuell die Ankündigungen von Ministerpräsident Dr. Markus Söder („Metropolstrategie“) und Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Ilse Aigner für diverse Ausbauinitiativen. Allerdings fällt es bei der Vielzahl der unterschiedlichen Programme schwer, noch den Überblick zu behalten, welche Maßnahmen wirklich umgesetzt wurden, welche tatsächlich in Bau oder Planung sind und welche wieder fallen gelassen wurden. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Welche Initiativen und Maßnahmenpakete zum Ausbau des S-Bahn-Netzes in und um München bestehen aktuell und werden weiterverfolgt? 2. Welche Teile der in den letzten zehn Jahren angekündigten Initiativen und Programme wurden bereits umgesetzt (bitte unter Nennung der einzelnen abgeschlossenen Maßnahmen mit Abschlussdatum)? 3. Welche Teile der in den letzten zehn Jahren angekündigten Initiativen und Programme sind nach wie vor aktuell und Bestandteil derzeitiger Maßnahmen? 4. Welche Teile der in den letzten zehn Jahren angekündigten Initiativen und Programme wurden oder werden nicht mehr weiterverfolgt? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung selbst den Erfolg ihrer Programme und Maßnahmenpakete, insbesondere auch deren Umsetzung und Effekt? 6. Wie beurteilt die Staatsregierung die Entwicklung von Verspätungen und Zugausfällen im Münchner S-Bahn- Netz in den letzten zehn Jahren? 7. Wie weit ist die Planung sogenannter Tangentialverbindungen vorangeschritten? 8. Wie beurteilt die Staatsregierung aktuell die Zufriedenheit der Fahrgäste der Münchner S-Bahn? Antwort des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 17.10.2018 1. Welche Initiativen und Maßnahmenpakete zum Ausbau des S-Bahn-Netzes in und um München bestehen aktuell und werden weiterverfolgt? Für die zukunftsweisende Gestaltung des Schienenpersonennahverkehrs und insbesondere der S-Bahn hat die Staatsregierung das „Programm Bahnausbau Region München “ auf den Weg gebracht. Das Programm setzt auf den Maßnahmen des Bahnknoten-Konzeptes vom März 2010 sowie des 13-Punkte-Sofortprogramms vom Mai 2012 auf und fügt weitere derzeit diskutierte Maßnahmen hinzu. Das von den MVV-Verbundlandkreisen im März 2017 erstellte Positionspapier über mögliche Zukunftsperspektiven der S-Bahn wurde bei der Programmerstellung berücksichtigt. Das Programm umfasst 28 Maßnahmen, die sich bereits in der konkreten Planung bzw. Realisierung befinden, darunter die 2. Stammstrecke mit ihren sieben netzergänzenden Maßnahmen als Kernstück des Programms (Anlage 1). Weitere Maßnahmen sollen im Zuge der Programmfortschreibung auf ihre verkehrliche Sinnhaftigkeit und bautechnische sowie eisenbahnbetriebliche Machbarkeit untersucht werden (Anlage 2). 2. Welche Teile der in den letzten zehn Jahren angekündigten Initiativen und Programme wurden bereits umgesetzt (bitte unter Nennung der einzelnen abgeschlossenen Maßnahmen mit Abschlussdatum )? Folgende Maßnahmen wurden bereits umgesetzt bzw. befinden sich in Bau: – Ausbau Dachau – Altomünster (in Betrieb seit Ende 2014); – Neufahrner Kurve (in Bau, Inbetriebnahme Ende 2018); – Erweiterung Werk Steinhausen (in Bau, Inbetriebnahme Ende 2020); – sukzessiver barrierefreier Ausbau von S-Bahn-Stationen ; – 2. Stammstrecke (in Bau, geplante Inbetriebnahme 2026). Folgende Maßnahmen befinden sich im Planfeststellungsverfahren oder in Planung (angegebener Inbetriebnahmezeitpunkt jeweils ohne Berücksichtigung von Klagen): – zusätzlicher Bahnsteig Markt Schwaben (Baubeginn geplant März 2019); – barrierefreier Ausbau Puchheim (Inbetriebnahme geplant Ende 2021); – Bahnsteig am Gleis 1 Fürstenfeldbruck (Inbetriebnahme Ende 2022 geplant); – Wendegleis Weßling (Inbetriebnahme geplant Ende 2023); – Flughafen – Schwaigerloh (Inbetriebnahme geplant Ende 2024); Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.12.2018 Drucksache 17/24259 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24259 – Sendlinger Spange (Inbetriebnahme geplant Ende 2022 und 2024); – Ausbau Abzweigestelle Flughafen West (Inbetriebnahme geplant Ende 2025); – Regionalzughalt Poccistraße (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – linienförmige Zugbeeinflussung westlich Pasing (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – Ausbau Abzweigestelle Westkreuz (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – Fahrzeitverkürzung zum Flughafen (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – zweites Gleis Steinebach – Seefeld (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – zweites Gleis im Bereich St. Koloman (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – Bahnsteigertüchtigung für Regional-S-Bahnen (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – Elektrifizierung Ebersberg – Wasserburg (Inbetriebnahme geplant Ende 2026); – S-7-Verlängerung Geretsried (Inbetriebnahme geplant Ende 2028); – Lückenschluss Flughafen – Erding (Inbetriebnahme geplant Ende 2029); – Walpertskirchner Spange (Inbetriebnahme geplant Ende 2029); – Neubau Empfangsgebäude München Hbf (Inbetriebnahme geplant Ende 2029); – Ausbau S 4 Pasing – Eichenau (Inbetriebnahme geplant Ende 2030); – Ausbaustrecke 38 Markt Schwaben – Mühldorf – Freilassing (Inbetriebnahme geplant Ende 2030); – Ausbau Daglfing – Johanneskirchen oberirdisch (Inbetriebnahme geplant Ende 2031). Für die Maßnahme „Neubau Bahnsteigquerung München Hbf“ werden derzeit zwischen Freistaat und DB die Planungsvoraussetzungen geschaffen. Eine Inbetriebnahme bis Ende 2024 wird angestrebt. 3. Welche Teile der in den letzten zehn Jahren angekündigten Initiativen und Programme sind nach wie vor aktuell und Bestandteil derzeitiger Maßnahmen ? Wie bereits in der Antwort auf Frage 1 ausgeführt, wurden im „Programm Bahnausbau Region München“ die im Bahnknoten -Konzept und im 13-Punkte-Sofortprogramm enthaltenen Maßnahmen zusammengefasst und fortgeschrieben. 4. Welche Teile der in den letzten zehn Jahren angekündigten Initiativen und Programme wurden oder werden nicht mehr weiterverfolgt? Hierzu wird auf die Ausführungen zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. Die Maßnahmen des Bahnknoten-Konzeptes und des 13-Punkte-Sofortprogramms wurden vollständig in das „Programm Bahnausbau Region München“ überführt. 5. Wie beurteilt die Staatsregierung selbst den Erfolg ihrer Programme und Maßnahmenpakete, insbesondere auch deren Umsetzung und Effekt? Die Staatsregierung hat aufbauend auf den bestehenden Konzepten (siehe Ausführungen zu Frage 1) mit dem „Programm Bahnausbau Region München“ die Grundlage für eine zukunftsweisende Entwicklung der Schieneninfrastruktur in München und der Metropolregion geschaffen. Die S-Bahn München ist an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geraten. Mit der 2. Stammstrecke einschließlich ihrer sieben netzergänzenden Maßnahmen werden die dringend erforderlichen zusätzlichen Kapazitäten im Kernbereich des Münchner S-Bahn-Systems geschaffen, die eine deutliche quantitative und qualitative Verbesserung im gesamten S- Bahn-Netz ermöglichen. Die Fahrgäste profitieren dabei nicht nur von den Taktverbesserungen, sondern auch von den Regional- und Express-S-Bahnen, die zukünftig den wachsenden äußeren Verdichtungsraum schnell, attraktiv und umsteigefrei an die zentralen Punkte der Münchner Innenstadt anbinden. Neben der 2. Stammstrecke und den dazugehörigen netzergänzenden Maßnahmen gehören unter anderem auch die Maßnahmen zur Verbesserung der Schienenanbindung des Flughafens München, der barrierefreie Stationsausbau, der Ausbau der S 4 West Pasing – Eichenau, die Verlängerung der S 7 nach Geretsried und die Elektrifizierung der Strecke Ebersberg – Wasserburg dazu. Das „Programm Bahnausbau Region München“ der Staatsregierung bildet die Grundlage für eine in sinnvollen Schritten bedarfsgerechte Entwicklung des Schienenpersonennahverkehrs, insbesondere der S-Bahn, in der Metropolregion München und ganz Oberbayern. 6. Wie beurteilt die Staatsregierung die Entwicklung von Verspätungen und Zugausfällen im Münchner S-Bahn-Netz in den letzten zehn Jahren? Im landesweiten Vergleich bewegt sich die Pünktlichkeit der S-Bahn München seit mehreren Jahren insgesamt auf einem zufriedenstellenden Niveau (aktuell Rang 10 von 31 Netzen im bayerischen Schienenpersonennahverkehr). Die Ursachen für Verspätungen sind zunehmend infrastrukturell bedingt (z. B. Stellwerke Ostbahnhof und Laim, Signalstörungen , Kurzschlüsse), die aber häufig auch durch externe Einflüsse hervorgerufen werden (metallbeschichtete Luftballons in der Oberleitung etc.). Stark zunehmend ist das Problem von Personen im Gleis, immer öfter auch im Tunnelbereich , sowie von Notarzteinsätzen, die häufig zu Streckensperrungen führen. 7. Wie weit ist die Planung sogenannter Tangentialverbindungen vorangeschritten? Neben den 28 Maßnahmen des „Programms Bahnausbau Region München“ gibt es eine Vielzahl weiterer Maßnahmen , die zunächst auf ihre verkehrliche Sinnhaftigkeit sowie eisenbahnbetriebliche und bautechnische Machbarkeit geprüft werden müssen, bevor sie Bestandteil des Programms werden können (siehe Ausführungen zu Frage 1). Die Liste der zu untersuchenden Maßnahmen berücksichtigt tangentiale S-Bahn-Verbindungen, wie zum Beispiel einen S-Bahn- Ring über den Nord- und Südring. Im August dieses Jahres wurde die europaweite Ausschreibung für die erforderlichen umfangreichen gutachterlichen Leistungen gestartet. Die fachlichen Arbeiten sollen noch zum Jahresende starten. Aufgrund der Komplexität der Untersuchungen sind erste Ergebnisse frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2019 zu erwarten. 8. Wie beurteilt die Staatsregierung aktuell die Zufriedenheit der Fahrgäste der Münchner S-Bahn? Viele Menschen in und um München sind bei ihren täglichen Wegen auf den öffentlichen Schienenpersonennahverkehr angewiesen. Verspätungen und Störungen im S-Bahn-Ver- Drucksache 17/24259 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 kehr – ganz unabhängig von deren Ursache – oder fehlende Informationen wirken sich unmittelbar auf die Zufriedenheit der Fahrgäste aus. Die S-Bahn München ist angesichts der aktuellen Fahrgastzahlen an ihre Kapazitätsgrenze gelangt. Deutliche qualitative und quantitative Verbesserungen kann es erst mit der Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke und der damit verbundenen Kapazitätserweiterung geben. Der Freistaat legt aber Wert darauf, dass auch bis zur Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke die Deutsche Bahn als verantwortliches Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen die Qualität im täglichen S-Bahn-Betrieb kontinuierlich verbessert. Die Deutsche Bahn wurde daher aufgefordert, ein konkretes Maßnahmenpaket zur Steigerung der Pünktlichkeit umzusetzen. Zudem verbessern die sukzessiv modernisierten und erneuerten Fahrzeuge der Münchner S-Bahn die Ein- und Ausstiegssituation und tragen so zu mehr Pünktlichkeit bei. Großflächige Monitore informieren in den neuen Fahrzeugen künftig in Echtzeit über den Fahrtverlauf der Züge sowie über Umsteigemöglichkeiten, Störungen und Fahrplanänderungen im Rahmen von Bauarbeiten. Überdies erhalten 60 Stationen der Münchner S-Bahn, an denen die Fahrgäste heute nur per Lautsprecher informiert werden können, auf Veranlassung des Freistaates zusätzlich optische Fahrgastinformationsanlagen.