Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander König CSU vom 10.09.2018 Asyl- und Ausländerrecht Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Zusammensetzung und welche konkreten Auf gaben hat die behördenübergreifende Arbeitsgruppe „Beschleunigte Identifizierung und Rückführung von Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Ter rorismus/Extremismus“ (BIRGiT) des Staatsministeri ums des Innern und für Integration? 2. Wie viele Fälle wurden und werden aktuell von BIRGiT bearbeitet? 3. Welche zehn Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbe werber sind in welcher Reihenfolge räumlich am nä hesten zu welchen Polizeidienststellen gelegen? 4. Welche Polizeidienststellen wurden auch deshalb neu errichtet oder mit zusätzlichem Personal ausgestattet, weil in ihrem Dienstbezirk mit einem erhöhten Aufkom men von durch Ausländer begangenen Straftaten ge rechnet wurde? 5. Welche Gemeinschaftsunterkünfte sind warum beson ders für die Unterbringung von zur Abschiebung anste henden straffällig gewordenen Ausländern geeignet? 6. Ist es sinnvoller, zur Abschiebung anstehende Auslän der in Gemeinschaftsunterkünften in der Nähe von zur Abschiebung genutzten Flughäfen unterzubringen? 7. Ist es sinnvoll, zur Abschiebung anstehende Ausländer in Gemeinschaftsunterkünften in unmittelbarer Nähe zur grünen Grenze zur Tschechischen Republik unter zubringen, zumal ein Untertauchen im benachbarten Ausland bereits vorgekommen sein soll? 8. Welche Gemeinschaftsunterkünfte sind zur Unterbrin gung des von dem Landgericht Bayreuth verurteilten und zur Haftentlassung anstehenden Ausländers M. A., dem Verbindungen und Unterstützungshandlungen hinsichtlich des Islamischen Staates vorgeworfen wur den, worüber die Medien ausführlich berichteten, wa rum nicht geeignet? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration vom 22.10.2018 1. Welche Zusammensetzung und welche konkreten Aufgaben hat die behördenübergreifende Arbeitsgruppe „Beschleunigte Identifizierung und Rückführung von Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus/Extremismus“ (BIRGiT) des Staatsministeriums des Innern und für Integration ? Die Arbeitsgruppe BIRGiT („Beschleunigte Identifizierung und Rückführung von Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus/Extremismus“) besteht aus Ver tretern der Regierungen von Oberbayern und Mittelfranken als Zentralstellen Ausländerextremismus Süd bzw. Nord bayern (künftig: Vertreter des Landesamtes für Asyl und Rückführungen), der Landeshauptstadt München, der Stadt Nürnberg, des Landesamtes für Verfassungsschutz, des Landeskriminalamtes und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Geleitet wird die Arbeitsgruppe durch einen Vertreter des Staatsministeriums des Innern und für Integra tion. Seit Januar 2018 beteiligt sich auch die Bundespolizei an der Arbeitsgruppe. Die Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die zur Verfügung stehenden si cherheitsrechtlichen Instrumente des Aufenthaltsgesetzes im Sinne einer ganzheitlichen Vorgehensweise umfassend genutzt werden, um den Aufenthalt sicherheitsgefährdender Ausländer im Bundesgebiet unter Ausschöpfung aller recht lichen Möglichkeiten zu beenden bzw. in den Fällen, in denen eine Ausreise rechtlich nicht durchsetzbar ist, den Handlungsspielraum sicherheitsgefährdender Ausländer durch konsequente Anwendung des geltenden Rechts so weit wie möglich einzuschränken. Die Arbeitsgruppe koordi niert hierbei die Zusammenarbeit zwischen den Ausländer behörden und den Behörden, bei denen Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende Ausländer vorliegen. 2. Wie viele Fälle wurden und werden aktuell von BIRGiT bearbeitet? Seit der Gründung im Jahr 2004 bis zum 17.09.2018 hat die Arbeitsgruppe BIRGiT bei 1.394 Personen geprüft, ob die vorliegenden Erkenntnisse aufenthaltsbeendende Maßnah men erforderlich machen. Hiervon wurden zum Stand 17.09.2018 299 Personen als aktive Fälle der AG BIRGiT geführt. Hierbei sind auch Personen mitgezählt, bei denen der Aufenthalt bereits er folgreich beendet wurde und bei denen die AG BIRGiT über wacht, dass keine Wiedereinreise stattfindet. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.12.2018 Drucksache 17/24265 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24265 3. Welche zehn Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sind in welcher Reihenfolge räumlich am nähesten zu welchen Polizeidienststellen gelegen ? Aktuell werden durch die Regierungen knapp 430 Gemein schaftsunterkünfte für Asylbewerber (GU) betrieben. Zur Beantwortung der Frage müsste zunächst eine verwal tungsaufwendige und zeitintensive Entfernungsmessung zwischen den einzelnen GU und den jeweiligen Polizei dienststellen vor Ort vorgenommen werden. Aufgrund des damit verbundenen unvertretbaren Aufwands wurde hiervon Abstand genommen. 4. Welche Polizeidienststellen wurden auch deshalb neu errichtet oder mit zusätzlichem Personal ausgestattet , weil in ihrem Dienstbezirk mit einem erhöhten Aufkommen von durch Ausländer begangenen Straftaten gerechnet wurde? Eine Neuerrichtung von Dienststellen bei der Bayerischen Polizei hat es in diesem Zusammenhang nicht gegeben. Die Bayerische Polizei befindet sich jedoch fortlaufend im Sinne einer „lernenden Organisation“ in einer Überprüfung hinsicht lich ihrer Wirkungsentfaltung. Hierbei ist es die Führungsauf gabe der Polizeipräsidien, permanent die Entwicklungen in ihren Bereichen zu beobachten und darauf belastungs und kräfteorientiert zu reagieren. Falls erforderlich, sind aber auch Änderungen an der Aufbauorganisation (dazu würde z. B. auch die Errichtung einer Polizeidienststelle zählen) zu prüfen. Aufgrund dieser kontinuierlichen Be obachtung der Entwicklungen und der daraus resultierenden Maßnahmen wird sichergestellt, dass es der Bayerischen Polizei möglich ist, sich ständig durch kurz, mittel und langfristige orga nisatorische und personelle Maßnahmen neuen Gegeben heiten, Anforderungen und Bedürfnissen anzupassen. Im Zuge der Entscheidung zur Errichtung der dama ligen Ankunfts und Rückführungseinrichtungen (ARE) für Asylbewerber in Manching/Ingolstadt sowie Bamberg (jetzt ANKEREinrichtungen) wurde den jeweils örtlich zuständi gen Polizeiinspektionen in Ingolstadt und Bamberg für die polizeiliche Betreuung dieser Einrichtungen und wegen der in diesem Zusammenhang entstehenden zusätzlichen Be lastungen eine personelle Verstärkung und die Zuweisung von jeweils 20 Stellen zugesagt. Die Zuweisung der zugesagten jeweils 20 Sollstellen an die Polizeiinspektionen Ingolstadt und BambergStadt erfolgte mit Wirkung zum 01.04.2017 als Vorabzuweisung aus dem Doppelhaushalt 2017/2018, wodurch sich die Sollstärke der Polizeiinspektion Ingolstadt von 201 auf 221 und der Polizeiinspektion BambergStadt von 149 auf 169 erhöhte. Die Iststärke beider Polizeiinspektionen, also die Zahl der tatsächlich zu den Polizeiinspektionen versetzten Beamtinnen und Beamten, hat sich seit Inbetriebnahme der damaligen ARE, jetzt ANKEREinrichtungen, ebenfalls suk zessive um über 20 Beamtinnen und Beamte erhöht. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass die Per sonalverteilung innerhalb der Verbände grundsätzlich in der Führungsverantwortung der Polizeipräsidien liegt. Die Ver teilung des Personals erfolgt lage und belastungsorientiert sowie unter Berücksichtigung aller nachgeordneten Dienst stellen. Die Polizeipräsidien beobachten die Entwicklungen in ihren Bereichen fortlaufend. Auf kurzfristige Kräftebedarfe z. B. aufgrund aktueller Lageentwicklungen wird mit tem porären, mitunter sogar mittelfristigen Unterstützungsmaß nahmen (wie z. B. Abordnungen) reagiert. 5. Welche Gemeinschaftsunterkünfte sind warum besonders für die Unterbringung von zur Abschiebung anstehenden straffällig gewordenen Ausländern geeignet? 6. Ist es sinnvoller, zur Abschiebung anstehende Ausländer in Gemeinschaftsunterkünften in der Nähe von zur Abschiebung genutzten Flughäfen unterzubringen? 7. Ist es sinnvoll, zur Abschiebung anstehende Ausländer in Gemeinschaftsunterkünften in unmittelbarer Nähe zur grünen Grenze zur Tschechischen Republik unterzubringen, zumal ein Untertauchen im benachbarten Ausland bereits vorgekommen sein soll? Die Sicherheit in und im Umfeld von Asylunterkünften, ins besondere der Schutz der Bewohner und des Personals, aber auch der Schutz der Allgemeinheit, ist der Staatsregie rung ein wichtiges Anliegen. Durch das umfangreiche System an Gemeinschaftsunter künften wurden vielfältige Möglichkeiten geschaffen, um be stimmte Personengruppen bzw. Personen unterzubringen. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Unterbrin gung von straffällig gewordenen Ausländern in Asylunter künften gelegt. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Ab schiebung bevorsteht oder nicht. Insbesondere in besonders problematischen Konstellatio nen, die ihre Ursachen in der Persönlichkeit des Unterzu bringenden oder in den von diesem verwirklichten Delikten haben mögen, wird unter Beteiligung verschiedener Akteure, insbesondere der Justizbehörden, der Bayerischen Polizei, der Ausländerbehörden und der Unterbringungsverwaltung, im Rahmen von Einzelfallentscheidungen geprüft, welche Asylbewerberunterkunft am besten für eine Unterbringung der entsprechenden Person geeignet ist. Im Rahmen dieser Einzelfallentscheidung werden zahl reiche Faktoren und Parameter (bspw. Lage der Einrich tung, Zusammensetzung der Bewohnergemeinschaft nach Grundrecht, Religion oder Nationalität, Nähe zur Polizei dienststelle, Sicherheitsdienst in der Einrichtung etc.) be rücksichtigt, sodass eine pauschale Beantwortung der o. g. Fragen nicht möglich ist. Für den Fall einer voraussichtlich anstehenden Abschiebung kann auch die Nähe zu einem Flughafen ein solcher Faktor sein. Bei Ausländern, die die Voraussetzungen für Abschie bungshaft oder Ausreisegewahrsam erfüllen, werden diese vorrangig angewendet, um ein Untertauchen des Auslän ders auszuschließen. Drucksache 17/24265 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 8. Welche Gemeinschaftsunterkünfte sind zur Unterbringung des von dem Landgericht Bayreuth verurteilten und zur Haftentlassung anstehenden Ausländers M. A., dem Verbindungen und Unterstützungshandlungen hinsichtlich des Islamischen Staates vorgeworfen wurden, worüber die Medien ausführlich berichteten, wa rum nicht geeignet ? Für die Haftentlassung des Herrn M. A. musste zur Durch führung von wirksamen präventivpolizeilichen Maßnahmen im Einklang mit dem Bescheid der Regierung von Mittelfran ken eine geeignete Gemeinschaftsunterkunft gefunden wer den. Die AG BIRGiT prüfte im ersten Schritt in enger Abstim mung mit mehreren Polizeipräsidien, welche Unterkünfte für eine Unterbringung des M. A. in Betracht kommen. Im Er gebnis wurde eine Unterbringung im Zuständigkeitsbereich des schon bis dahin sachbearbeitenden Polizeipräsidiums Oberfranken als zielführend angesehen. In die Prüfung, welche Unterkünfte in Oberfranken für die Unterbringung des Herrn M. A. geeignet bzw. nicht geeignet sind, wurde eine Vielzahl von Gemeinschaftsunterkünften im Regierungsbezirk Oberfranken einbezogen. Im Rahmen dieser Prüfung erfolgte bezüglich der Unterkünfte eine ganz heitliche Betrachtung durch die Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben des Polizeipräsidiums Oberfranken. Dabei wurden u. a. die nachfolgenden, sicherheitsrelevanten As pekte berücksichtigt: – Betreuung der Unterkunft durch eine Verwalterin/einen Verwalter oder eine Hausmeisterin/einen Hausmeister; – räumliches und soziokulturelles Umfeld in der Gemein schaftsunterkunft und der Nachbarschaft; – sicherheitsrelevante Erkenntnisse zu ortsansässigen Personen und Gruppen; – Infrastruktur, insbesondere Verkehrsanbindung und Kommunikationsmöglichkeiten. Auf Grundlage dieser Kriterien schieden z. B. Unterkünfte in städtisch geprägter Umgebung aus, da hier die Umsetzung des umfangreichen präventiven Maßnahmenbündels aus polizeilicher Sicht erschwert gewesen wäre. Nach einer abschließenden Abwägung wurde die gewähl te Gemeinschaftsunterkunft unter den geprüften Unterkünf ten als die am besten geeignete und verfügbare Örtlichkeit eingestuft. Diese Bewertung ist aus Sicht des Polizeipräsidi ums Oberfranken unverändert gültig.