Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 27.09.2018 Bundessozialgerichtsurteil vom 19.06.2018 zur Schlaganfallversorgung Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung als Kon sequenz aus dem aktuellen Urteil des Bundessozial gerichts (BSG) zum Strukturmerkmal der halb stündigen Transportentfernung für neurologische Komplexbehandlungen? 2. a) Inwieweit sieht die Staatsregierung die Versorgung von Schlaganfallpatienten in Bayern durch das Urteil gefährdet? b) Welche Konsequenzen ergeben sich für die Abrechen und Finanzierbarkeit von Stroke Units in Bayern? c) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie viele Kranken häuser in Bayern von dem aktuellen Urteil mittelbar betroffen sein werden? 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Einschätzung von Fachgesellschaften, dass das neu interpretierte enge Zeitfenster des BSG selbst in Ballungszentren mitunter nicht einzuhalten ist? 4. Welche Maßnahmen will die Staatsregierung ergreifen, um betroffene Krankenhäuser zu unterstützen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 24.10.2018 1. Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung als Konsequenz aus dem aktuellen Urteil des Bundessozial gerichts (BSG) zum Strukturmerkmal der halbstündigen Transportentfernung für neurologische Komplexbehandlungen? Die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass die im Operationen und Prozedurenschlüssel (OPS) zur neu rologischen Komplexbehandlung genannte erforderliche „höchs tens halbstündige Transportentfernung“ unter Ver wendung des schnellstmöglichen Transportmittels bereits mit der Entscheidung, ein Transportmittel anzufordern, be ginnt und mit der Übergabe des Patienten an die behandeln de Einheit des Kooperationspartners endet, weicht von der ursprünglichen Intention des Deutschen Instituts für Medizi nische Dokumentation und Information (DIMDI) bei Erlass diametral ab. Das Einhalten des 30minütigen Zeitfensters wird dadurch erheblich erschwert. Der OPS bedarf daher ei ner Präzisierung des Begriffs der Transportzeit, um das Ge wollte klarzustellen sowie die bisherigen Behandlungs und Abrechnungsmöglichkeiten zu erhalten. 2. a) Inwieweit sieht die Staatsregierung die Versorgung von Schlaganfallpatienten in Bayern durch das Urteil gefährdet? Krankenhäusern, die bisher die Strukturmerkmale der neurologischen Komplexbehandlung mithilfe von Koope rationsvereinbarungen sichergestellt haben, wird die Ver schlüsselung des OPSCodes durch die höchstrichterliche Neuauslegung der Transportzeit erheblich erschwert. Än dern sich die Rahmenvorgaben nicht, würde in der Folge eine Vielzahl von Kliniken die neurologischen Komplexpau schalen zukünftig nicht mehr abrechnen können und mög licherweise zusätzlich mit erheblichen Rückforderungen der Kostenträger für die Jahre 2014–2018 konfrontiert. Dies würde zu erheblichen Erlösausfällen führen, die die Fi nanzierung der bewährten Strukturen zur Versorgung von Schlaganfallpatienten erheblich gefährden würden. b) Welche Konsequenzen ergeben sich für die Abrechen - und Finanzierbarkeit von Stroke Units in Bayern? Auf die Ausführungen zu Frage 2 a wird verwiesen. c) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie viele Krankenhäuser in Bayern von dem aktuellen Urteil mittelbar betroffen sein werden? Der Staatsregierung liegen keine exakten Erkenntnisse dazu vor, wie viele Krankenhäuser in Bayern die Struktur voraussetzungen grundsätzlich nicht mehr erfüllen könnten. Jedenfalls dürften praktisch alle Kooperationskliniken der Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.12.2018 Drucksache 17/24267 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24267 anerkannten SchlaganfallNetzwerke TEMPiS, STENO, NEVAS und TRANSIT betroffen sein. 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Einschätzung von Fachgesellschaften, dass das neu interpretierte enge Zeitfenster des BSG selbst in Ballungszentren mitunter nicht einzuhalten ist? Die Staatsregierung teilt diese Einschätzung. Krankenhäu ser, die Strukturmerkmale der neurologischen Komplexbe handlung bisher mithilfe von Kooperationsvereinbarungen gewährleistet haben, werden auch in Ballungszentren teil weise Probleme haben, das Strukturmerkmal der halbstün digen Transportentfernung zu erfüllen. 4. Welche Maßnahmen will die Staatsregierung ergreifen , um betroffene Krankenhäuser zu unterstützen ? Die Staatsregierung hat sich bereits Anfang September 2018 an das Bundesgesundheitsministerium gewandt und darum gebeten, die OPSCodes möglichst rasch im Sinne der ursprünglichen Intention zu ändern, um die bewährten Finanzierungsstrukturen für die Krankenhäuser sicherzu stellen. Der Bundesgesundheitsminister hat der Staatsregie rung bereits geantwortet und bestätigt, dass der Begriff der Transportzeit in den OPSCodes präzisiert werden soll, um den negativen Folgen des BSGUrteils zu begegnen. Dies hat auch Niederschlag in der Gegenäußerung der Bundesregierung (Drs. 19/4729) zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf des PflegepersonalStär kungsgesetzes (PpSG) gefunden. Hier wird von der Bun desregierung klargestellt, dass die Transportzeit im Opera tionen und Prozedurenschlüssel für das Jahr 2019 dahin gehend präzisiert werde, dass es auf die Zeit ankommt, die der Patient oder die Patientin im Transportmittel verbringt. Mittlerweile haben die Fraktionen der CDU/CSU und SPD im Deutschen Bundestag einen Änderungsantrag zum Ent wurf des PpSG gestellt, der dem DIMDI bei Auslegungsfra gen zu den Diagnose und Prozedurenschlüsseln Klarstel lungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit ermöglicht.