Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 08.05.2014 Deckelung/Festlegung des Dispozinssatzes für Girokonten Bereits 2013 forderte die SPD in der Koalitionsverhandlung , die Zinssätze für die Dispokredite der Banken, an den aktuellen Leitzins angepasst, allgemeingültig festzulegen. Die Varianz der von den verschiedenen Kreditinstituten erhobenen Dispozinsen ist groß: je nach Bank sind es zwischen 5 und 14 %, wohingegen die Zinsen für die Spareinlagen der Bürger zurzeit oft weniger als 1 % betragen. In unseren europäischen Nachbarländern Frankreich, Schweiz und den Niederlanden gibt es gesetzliche Obergrenzen für die Überziehungszinsen. Bisher sind seitens der Regierung noch keine erfolgreichen Gespräche mit den Banken geführt worden, damit auch in Deutschland eine verbraucherfreundliche und einheitliche Regelung eingeführt werden kann. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. Wurden bisher Maßnahmen ergriffen, um bei der Fest- legung des Dispozinssatzes zu einer allgemeingültigen Regelung zu kommen? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, will die Bayerische Staatsregierung in die- sem Bereich tätig werden, wie es Verbraucherschutzminister Marcel Huber in der Süddeutscher Zeitung vom 28.04.2014 angekündigt hat, und wie? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 20.06.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Verkehr und Technologie und dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: Zu 1. a) und b): Gesetzgeberische Maßnahmen zur Festlegung des Dispozinssatzes wurden bisher nicht ergriffen. Die durchschnittlichen Zinsen, die Banken für eingeräumte und geduldete Kontoüberziehungen erheben, betragen nach einer vom damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Auftrag gegebenen Studie („Studie zu Dispozinsen/Ratenkrediten“ des Instituts für Finanzdienstleistungen und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung vom 18. Juli 2012) im Durchschnitt 10 %. Einzelne Kreditinstitute verlangen Dispokreditzinsen, die erheblich über diesem Durchschnitt liegen. Die Dispokreditzinsen der meisten Banken übersteigen nach allgemeiner Einschätzung deutlich die Refinanzierungskosten . Der 3-Monats-Euribor, der als Referenzwert herangezogen werden kann, bewegt sich derzeit zwischen 0,26 % und 0,35 %. Bei den tatsächlichen Kosten der Banken sind außerdem die Kreditausfallrate und Verwaltungskosten zu berücksichtigen, die allerdings niedriger sind als bei herkömmlichen Konsumentenkrediten. Ein Entschließungsantrag des Landes Baden-Württemberg vom 14. September 2012, der unter anderem einen Prüfauftrag an die Bundesregierung zur Deckelung von Dispokreditzinsen vorsah, wurde vom Bundesrat mit Beschluss vom 12. Oktober 2012 nicht angenommen. Die Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit der Thematik der Dispokreditzinsen befasst. Die 9. VSMK am 17. Mai 2013 legte das Augenmerk allerdings im Wesentlichen darauf, Verbraucher durch erweiterte Informations- und Beratungspflichten der Banken vor der Gefahr der Überschuldung zu schützen. Die 10. VSMK hat sich nunmehr am 16. Mai 2014 mit der bayerischen Stimme für eine gesetzliche Deckelung von Dispokreditzinsen auf Basis eines marktabhängigen Referenzzinssatzes ausgesprochen, sollten die Banken nicht innerhalb von sechs Monaten eine flächendeckende Korrektur der Zinssätze für Dispokredite und geduldete Überziehungen vornehmen. Bayern hat sich in der Vergangenheit für mehr Transparenz bei den vorvertraglichen Informationen über Dispokreditzinsen eingesetzt, um den Wettbewerb und damit eine Senkung der Dispokreditzinsen zu fördern. Über den Bundesrat (BR-Drs. 418/13 [B], Ziff. 7) wurde die Bundesre- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.08.2014 17/2427 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2427 gierung aufgefordert, im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über Zahlungskonten (KOM 2013 [266]) darauf hinzuwirken, dass Dispokreditzinsen in die von den Banken zu veröffentlichenden Gebühreninformationen aufgenommen werden. Das Europäische Parlament ist mit seinem Beschluss vom 15. April 2014 dem Anliegen Bayerns insoweit gefolgt, als nach den vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen nunmehr auch eingeräumte und geduldete Kontoüberziehungen zu den vom Geltungsbereich der Richtlinie erfassten Bankdienstleistungen zählen. Unter der Voraussetzung, dass Kontoüberziehungen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu den repräsentativen Bankdienstleistungen gezählt werden, würde sich damit eine Pflicht zur Veröffentlichung der Dispokreditzinsen im Internet geben. Darüber hinaus wird die Bayerische Staatsregierung die weitere Entwicklung der Dispokreditzinsen sorgfältig beob- achten und Maßnahmen unterstützen, mit denen Verbraucher besser vor den Gefahren der Überschuldung geschützt werden. Aufgrund der Koalitionsvereinbarung ist insoweit mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu rechnen, bei dem das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz seine verbraucherpolitischen Anliegen einbringen wird. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass gerade mit Blick auf jüngere Verbraucher der Einräumung des Dispokredits eine bewusste, auf entsprechende Informationen gestützte Entscheidung des Bankkunden vorausgehen sollte. Wie dies auch vor dem Hintergrund der weitgehenden europäischen Harmonisierung der Vorschriften über Verbraucherkredite (Richtlinie 2008/48/EG) konkret gesetzgeberisch umgesetzt werden kann, wird näher geprüft werden, sobald ein Gesetzentwurf des Bundes vorliegt. Sollten die Banken nicht in absehbarer Zeit sicherstellen, dass die Dispokreditzinsen flächendeckend auf eine angemessene Höhe begrenzt werden, ist die Bundesregierung von der VSMK aufgefordert, eine gesetzliche Deckelung einzuführen. Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wird in diesem Fall unter Einbeziehung der Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, in denen Regelungen zur Begrenzung von Dispokreditzinsen bestehen , Möglichkeiten einer gesetzlichen Regulierung prüfen und sich aktiv an den weiteren Entwicklungen beteiligen.