Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.08.2018 Perspektiven der Notaufnahmen in Unterfranken Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche heute an der Notaufnahme beteiligten Krankenhäuser in Unterfranken werden nach der Umsetzung des Konzeptes des Gemeinsamen Bundesausschusses Abschläge hinnehmen müssen? 2. Welche Notaufnahmen welcher Versorgungsstufen werden in Unterfranken nach der Umsetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses verbleiben? 3. Plant die Staatsregierung Maßnahmen zum Erhalt der derzeit bestehenden Notaufnahmen in Unterfranken und, falls ja, welche? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 31.10.2018 Vorbemerkung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 19.04.2018 die Regelungen zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) beschlossen, die am 19.05.2018 in Kraft getreten sind. Sie bilden die Grundlage für die im Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) vorgesehenen Zu- und Abschläge für die Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung, die ab 01.01.2019 im Rahmen der jährlichen Pflegesatzverhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen vereinbart werden. Der Beschluss unterscheidet drei Stufen der Notfallvorhaltungen , nämlich – Basisnotfallversorgung, – erweiterte Notfallversorgung und – umfassende Notfallversorgung. Für die Basisnotfallversorgung werden u. a. vorausgesetzt: – die Fachabteilungen Innere Medizin und Chirurgie oder Unfallchirurgie, – eine organisatorisch eigenständige Notaufnahme, – eine Intensivstation mit mindestens sechs Betten, davon mindestens drei mit Beatmungsmöglichkeit, – eine 24-stündig verfügbare computertomografische Bildgebung . Krankenhäuser, die die Vorgaben der G-BA-Regelungen zu den sogenannten Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Abs. 3 SGB V, aber nicht die für eine der drei Stufen der Notfallversorgung erfüllen, werden mindestens der Basisnotfallversorgung zugeordnet. Krankenhäuser, die nicht die Voraussetzungen der Basisnotfallversorgung erfüllen, aber spezielle Notfallversorgung anbieten, erhalten ebenfalls Zuschläge. Dies betrifft die überregionalen Traumazentren, die Kindernotfallversorgung , die Stroke Units (Schlaganfallversorgung) sowie die sogenannten Chest Pain Units (Versorgung von Durchblutungsstörungen am Herzen). Abschlagsfrei bleiben Einrichtungen für die Fachgebiete Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Krankenhäuser werden von der Abschlagspflicht befreit, wenn sie von der Krankenhausplanungsbehörde „in eng begrenzten Ausnahmefällen“ (etwa bei regionalen Besonderheiten oder besonderen Versorgungsangeboten) als Spezialversorger oder unentbehrliche Einrichtungen der Notfallversorgung ausgewiesen werden. Zuschläge für die Teilnahme an der Notfallversorgung können trotz derzeit noch fehlender Voraussetzungen vereinbart werden, wenn die zuständige Landesbehörde im Einvernehmen mit den Parteien der Pflegesatzvereinbarung Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.12.2018 Drucksache 17/24273 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24273 durch Auflagen sicherstellt, dass das Krankenhaus spätestens in fünf Jahren die Voraussetzungen erfüllen wird. Für einzelne Voraussetzungen im Zusammenhang mit den generell geforderten Zentralen Notaufnahmen gewährt der G-BA-Beschluss eine dreijährige Übergangsfrist. Krankenhäuser, die keine der genannten Voraussetzungen erfüllen oder Ausnahmeregelungen für sich reklamieren können, müssen einen Vergütungsabschlag hinnehmen . Bei der überwiegenden Anzahl der Vorgaben aus den G- BA-Regelungen ist nur den Krankenhäusern selbst bekannt, inwieweit sie diese erfüllen können. Daher ist vonseiten der Krankenhausplanungsbehörde nicht konkret abschätzbar, welche Krankenhäuser in Bayern die Voraussetzungen für einen Zuschlag für die Teilnahme an der Notfallversorgung erfüllen werden. Eine grobe Folgeabschätzung ist lediglich auf Basis einer Selbsteinschätzung der Krankenhäuser möglich. Die Bayerische Krankenhausgesellschaft hat dazu in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) mit Schreiben vom 04.05.2018 eine Umfrage durchgeführt, welche ihrer Mitgliedshäuser nach eigener Einschätzung die Voraussetzungen einer Zuschlagsstufe erfüllen oder bis 01.01.2019 erfüllen wollen. Da diese Angaben Gegenstand der Pflegesatzverhandlungen sind, haben einige Krankenhäuser der Veröffentlichung ihrer „Selbsteinstufung“ widersprochen . Um deren Angaben zu schützen, sind daher grundsätzlich keine Angaben zu einzelnen Krankenhäusern möglich, weil sie Rückschlüsse auf die gesperrten Daten ermöglichen würden. Als Vergleichsmaßstab hat das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement am Klinikum der Universität München (INM) dem StMGP im Auftrag des Staatsministeriums des Innern und für Integration eine Auswertung der Rettungsdiensteinsätze für das Jahr 2017 zur Verfügung gestellt. Mit diesen Einschränkungen lassen sich die Fragen wie folgt beantworten: 1. Welche heute an der Notaufnahme beteiligten Krankenhäuser in Unterfranken werden nach der Umsetzung des Konzeptes des Gemeinsamen Bundesausschusses Abschläge hinnehmen müssen ? 2. Welche Notaufnahmen welcher Versorgungsstufen werden in Unterfranken nach der Umsetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses verbleiben ? Der Beschluss des G-BA hat keine krankenhausplanerischen Folgen. Bei Nichterfüllung der Voraussetzungen müssen weder die Notfallversorgung eingestellt noch Abteilungen an Krankenhäusern geschlossen werden. Die Erfüllung der Beschlussvoraussetzungen kann jedoch finanzielle Folgen für die Krankenhäuser haben, da die Einstufung in das Stufenmodell relevant für Zu- oder Abschläge bei der Vergütung ist. Es ist nicht absehbar, inwieweit Krankenhäuser ihre Teilnahme an der Notfallversorgung künftig tatsächlich reduzieren werden, wenn sie einen Abschlag hinnehmen müssen. Dies gilt insbesondere, da die Höhe der Abschläge bis zur Vereinbarung der Selbstverwaltung auf Bundesebene nicht bekannt ist. Von den 43 Kliniken in Unterfranken haben sechs einer Veröffentlichung widersprochen. Diese sechs Kliniken machen etwa 13 Prozent der Bettenkapazitäten aus. Ihr Anteil an den 2017 per Rettungsdienst eingelieferten Notfallpatienten beträgt etwa 15 Prozent. 14 Kliniken mit gut 61 Prozent der Bettenkapazitäten in Unterfranken werden die Voraussetzungen einer Notfallstufe erreichen. Sie hatten 2017 einen Anteil von 79 Prozent der per Rettungsdienst eingelieferten Patienten. Elf Kliniken erfüllen die Voraussetzungen der Spezialversorgung (insbesondere in den Fachrichtungen Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) und bleiben abschlagsfrei. Sie machen 18 Prozent der Bettenkapazitäten aus, haben aber lediglich einen Anteil von 4 Prozent an den 2017 per Rettungsdienst eingelieferten Patienten. Zwölf Kliniken müssen sich auf einen Abschlag einstellen. Sie halten 8 Prozent der Bettenkapazitäten in Unterfranken vor, haben aber 2017 nur 2 Prozent der per Rettungsdienst eingelieferten Patienten aufgenommen. Keine dieser Kliniken hat 2017 durchschnittlich mehr als drei Rettungsdienstpatienten pro Tag behandelt, acht Kliniken weniger als einen pro Tag und zwei Kliniken gar keinen. 3. Plant die Staatsregierung Maßnahmen zum Erhalt der derzeit bestehenden Notaufnahmen in Unterfranken und, falls ja, welche? Ein Notfallzu- oder -abschlag ist das Ergebnis von Pflegesatzverhandlungen . Selbst die grundlegende Einstufung in die Basisnotfallversorgung kann vorab nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden. Es ist derzeit nicht absehbar, ob ein Krankenhaus die Feststellung eines Ausnahmetatbestandes bei der zuständigen Landesbehörde beantragen wird. Fehlende organisatorische Voraussetzungen können vom Krankenhaus selbst geschaffen werden, für strukturelle Voraussetzungen der Notaufnahme sieht die Regelung selbst eine dreijährige Übergangsfrist vor. Inwieweit die betroffenen Krankenhäuser entsprechende Anstrengungen unternehmen werden, wird entscheidend von der bisher nicht bekannten Höhe der Zu- und Abschläge abhängen. Bayern hat im Bundesrat zum Gesetzgebungsverfahren zum Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) einen Entschließungsantrag eingebracht, um eine erhebliche Verminderung des Abschlags zu erreichen, wenn ein Krankenhaus die Voraussetzungen der Basisnotfallversorgung nicht erfüllt , aber dennoch weiter an der Notfallversorgung teilnimmt. Eine solche Differenzierung der Abschläge scheint dringend notwendig. Auch wenn diese Krankenhäuser bisher nur in geringem Umfang an der Notfallversorgung beteiligt waren, würde ihr Wegfall die Notfallkrankenhäuser weiter belasten und besonders in Ballungszentren die angespannte Personalsituation weiter zuspitzen.