Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.04.2014 Vorfälle nach dem Fußball-Regionalliga-Spiel zwischen dem FC Bayern München II und dem FC 05 Schweinfurt Nachdem die in den Medien wiedergegebenen Aussagen über die Vorfälle nach dem Fußball-Regionalliga-Spiel zwischen dem FC Bayern München II und dem FC 05 Schweinfurt äußerst widersprüchlich sind, frage ich die Staatsregierung : 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Vorfälle, insbesondere über das Verhalten der Schweinfurter Fußballfans und der Polizeieinsatzkräfte nach dem Spiel? 2. Wie viele Personen wurden dabei wie verletzt? a) Welche Sachschäden sind dabei entstanden? b) Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Tatbe- stände wurden eingeleitet? 3. Weshalb wurde die von den Polizeieinsatzkräften angeordnete Blocksperre des Gästeblocks nicht, wie sonst üblich, vorab über Lautsprecher bekannt gegeben ? 4. Wie bewertet die Staatsregierung die Vorwürfe des Schweinfurter Fanbeauftragten und Jugendtrainers Dominik Gross, dass es vonseiten der Polizeieinsatzkräfte zu „gezielten Schlägen auf den Kopf“ gekommen sei (Main Post, 15.04.2014)? 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Vorwürfe des Schweinfurter Sicherheitsbeauftragten Ewald Höltkemeier -MacLean, dass sowohl von Fanseite als auch vonseiten der Polizeieinsatzkräfte ein „Gewaltexzess“ ausging und „die USK-Leute auf alles geschlagen“ hätten, „was keine Uniform getragen hat“ (Main Post, 15.04.2014)? a) Wie bewertet die Staatsregierung die Vorwürfe des Schweinfurter Sicherheitsbeauftragten Ewald Höltkemeier -MacLean, dass selbst deeskalierend auftretende Beteiligte von den Polizeieinsatzkräften „einen gezielten Schlagstockhieb auf den Kopf“ bzw. „einen Schlag in die Nieren“ bekommen hätten (Main Post, 15.04.2014)? 6. Trifft die Schilderung des Schweinfurter Fans Bastian B. zu, dass ein anderer verletzter Fan „einige Minuten “ auf ärztliche Hilfe warten musste, „weil die Polizei niemanden durch die Absperrung ließ“, dass die Sanitäter „sowohl vor, als auch nach der Behandlung (…) von den Beamten aufgehalten“ worden seien und dass der Verletzte „erst nach mehrfachen Bitten der Rettungskräfte “ ins Krankenhaus gebracht werden konnte (http://www.fussball-vorort.de/verein-1.-FC-Schwein furt-05/mannschaftsart-Herren/Herren-Team-1.-FCSchweinfurt -05/artikel-%22So-hat-die-Polizei-meinenSchwager -zugerichtet%22-_12515)? a) Wenn ja, wie bewertet die Staatsregierung dieses Verhalten der Polizeieinsatzkräfte und welche Konsequenzen werden daraus gezogen? 7. Inwiefern hat vor dem Spiel ein Austausch zwischen den Polizeieinsatzkräften und dem Fan- bzw. Sicherheitsbeauftragten des FC 05 Schweinfurt stattgefunden , um eine Eskalation bereits im Vorfeld zu verhindern ? 8. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um mit den Betroffenen und Verantwortlichen die Vorgänge aufzuarbeiten ? a) Welche Erkenntnisse zieht die Staatsregierung aus dem Geschehen für künftige Einsätze bei Fußballspielen ? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.06.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Vorfälle, insbesondere über das Verhalten der Schweinfurter Fußballfans und der Polizeieinsatzkräfte nach dem Spiel? Am Samstag, 12.04.2014, fand um 14.00 Uhr im Stadion an der Grünwalder Straße in München das Regionalligaspiel zwischen dem FC Bayern München II und dem 1. FC Schweinfurt 05 statt. Nach Darstellung des Polizeipräsidiums München waren bei dem Spiel etwa 130 Fans des 1. FC Schweinfurt 05, darunter 34 gewaltbereite Personen anwesend. Die gewaltbereiten Personen standen zum Großteil unter erheblichem Einfluss von Alkohol und zeigten eine sehr hohe Aggressivität . Vor und während des Spiels mussten drei stark alkoholisierte Personen in Gewahrsam genommen werden. Nach dem Führungstreffer des FC Bayern München II erfolgten aus dem Gästeblock heraus mehrere Bierbecherwürfe in das Stadioninnere und einige Fans erkletterten den Stadionzaun und äußerten verbal und durch Gesten massiv ihren Unmut. Ein Schweinfurter Anhänger drohte verbal einem szenekundigen Beamten (SKB), dass er „etwas erleben Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 08.08.2014 17/2509 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2509 würde“, wenn die in Gewahrsam genommenen Fans nach Spielschluss nicht sofort bei ihnen sein sollten. Einige Personen standen während des Spieles überwiegend am Bierausschank . Diese versuchten durch demonstratives Filmen und Gestikulieren USK-Beamte zu provozieren, die sich jedoch deeskalierend im Hintergrund hielten. Als Schweinfurtfans zwei Bayernfans angriffen, mussten die Beamten kurzzeitig einschreiten und diese durch eine Polizeikette schützen. Nach Spielende wurde auf der Volckmerstraße östlich des Ausgangs eine Polizeiabsperrung errichtet, um eine Trennung zu abwandernden Bayernfans und die Sicherheit der dort geparkten Mannschaftsbusse zu gewährleisten. Dies stellt am Grünwalder Stadion eine Standardmaßnahme dar. Ein Verlassen des Stadions in westlicher Richtung führte die Zuschauer aus Schweinfurt unmittelbar zu ihrem Fanbus bzw. zum U-Bahnhof Candidplatz. Am Stadionausgang erfolgte lediglich die selektive Anhaltung von Fußballfans, um sie geschlossen zu ihrem Bus bzw. zur U-Bahn begleiten zu können. Diese Maßnahme war erforderlich, weil nach dem Spiel die Gefahr gewalttätiger Auseinandersetzungen bestand. Eine Lautsprecherdurchsage war an dieser Stelle nicht möglich, jedoch wurde die Maßnahme von einem Schweinfurter SKB den Fans erläutert. Während friedliche Fans die Maßnahme nach einigen Diskussionen hinnahmen , führte die Ankündigung bei anderen zu aufgebrachten Unmutsäußerungen. Einige dieser Schweinfurter Fans gingen nach Verlassen des Stadions nicht westlich in Richtung Busparkplatz bzw. U-Bahnhof Candidplatz, sondern östlich zur Polizeiabsperrung. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Einsatzes liegen seitens der Betroffenen und der eingesetzten Polizeibeamten unterschiedliche Sachverhaltsschilderungen vor, die Gegenstand des noch laufenden Vorermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft München I sind. Nach Information des Polizeipräsidiums München versuchten Schweinfurter Fans, sich durch die Polizeiabsperrung durchzudrängen, nachdem sie aufgefordert wurden, in die entgegengesetzte Richtung wegzugehen. Als dies von den Einsatzkräften unterbunden wurde, griffen weitere, zum Teil mit Sonnenbrille und Kapuze vermummte Personen die Beamten in der Absperrung brüllend an. Dabei wurde ein Beamter gepackt und gegen den Stadionzaun geschleudert. Nach Darstellung des Polizeipräsidiums München war die Polizei aufgrund der plötzlichen Angriffe gezwungen, die Personen mittels unmittelbaren Zwangs und unter Einsatz des Einsatzmehrzweckstocks hinter den Stadionausgang zurückzudrängen und den Stadionausgang durch eine Polizeikette abzusperren. In der Folge kam es zur Sympathisierung und zu massiven Angriffen durch weitere Fans. Polizeibeamte wurden beleidigt, bespuckt, mit Bier überschüttet, mit Bierbechern, Zigarettenkippen und einem Papierkorb beworfen sowie mit Tritten und Faustschlägen traktiert. Nach den bislang dem Polizeipräsidium München vorliegenden Erkenntnissen schubste eine Schweinfurterin ihren 9-jährigen Sohn während der Anwendung unmittelbaren Zwangs mittels des Einsatzmehrzweckstocks in die Polizeikette . Der betroffene Beamte konnte dabei gerade noch rechtzeitig seinen Einsatzmehrzweckstock wieder zurückziehen . Zu einer Berührung kam es nicht. Mutter und Sohn wurden anschließend aus dem Gefahrenbereich gebracht und Strafanzeige gegen die Schweinfurterin erstattet. Diese erstattete ihrerseits Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen die eingesetzten Polizeibeamten. 2. Wie viele Personen wurden dabei wie verletzt? Insgesamt wurden sechs Polizeibeamte durch Tritte und Schläge von Fußballfans leicht verletzt. Bei der späteren Anzeigenerstattung gaben acht Fußballfans an, verletzt worden zu sein, sieben von ihnen jeweils durch Schläge mit dem Einsatzmehrzweckstock; eine Betroffene durch Drücken gegen einen Zaun. Die Verletzungen reichten hierbei von Hautrötungen über Kratzer und Hämatomen bis hin zu einer Platzwunde am Kopf. a) Welche Sachschäden sind dabei entstanden? Aufseiten der Polizei wurde ein Funkgerät, eine Hörsprechgarnitur und ein Einsatzoverall beschädigt. Bei einem Betroffenen wurde nach bisherigem Kenntnisstand eine Brille beschädigt. b) Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Tatbestände wurden eingeleitet? Beim Bayerischen Landeskriminalamt (Derzernat 13 – Interne Ermittlungen) sind inzwischen acht betroffene Fußballfans namentlich bekannt. Diese erstatteten insgesamt vier Strafanzeigen gegen die eingesetzten Polizeibeamten wegen gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung. Die Ermittlungen des Bayerischen Landeskriminalamtes werden in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Staatsanwaltschaft München I geführt, die bereits am 14.04.2014 eigeninitiativ ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet hat. Gegen elf bekannte und drei noch nicht identifizierte Tatverdächtige werden darüber hinaus vom Polizeipräsidium München Ermittlungsverfahren wegen Vergehen des Landfriedensbruchs in Verbindung mit weiteren Straftaten wie gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung geführt. 3. Weshalb wurde die von den Polizeieinsatzkräften angeordnete Blocksperre des Gästeblocks nicht, wie sonst üblich, vorab über Lautsprecher bekannt gegeben? In Fällen, in denen eine Blocksperre erforderlich ist, wird diese Maßnahme während des Spiels mit dem Verein und der Feuerwehr abgesprochen und zeitgerecht an die Fans durch Lautsprecherdurchsagen bekannt gegeben. Bei dieser Fußballbegegnung erfolgte keine Sperre eines Fanblocks. 4. Wie bewertet die Staatsregierung die Vorwürfe des Schweinfurter Fanbeauftragten und Jugendtrainers Dominik Gross, dass es vonseiten der Polizeieinsatzkräfte zu „gezielten Schlägen auf den Kopf“ gekommen sei (Main Post, 15.04.2014)? 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Vorwürfe des Schweinfurter Sicherheitsbeauftragten Ewald Höltkemeier-MacLean, dass sowohl von Fanseite als auch vonseiten der Polizeieinsatzkräfte ein „Gewaltexzess“ ausging und „die USK-Leute auf alles geschlagen“ hätten, „was keine Uniform getragen hat“ (Main Post, 15.04.2014)? a) Wie bewertet die Staatsregierung die Vorwürfe des Schweinfurter Sicherheitsbeauftragten Ewald Höltkemeier-MacLean, dass selbst deeskalierend auftretende Beteiligte von den Polizeieinsatzkräften „einen gezielten Schlagstockhieb auf den Kopf“ bzw. „einen Schlag in die Nieren“ bekommen hätten (Main Post, 15.04.2014)? Drucksache 17/2509 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Die Fragen 4, 5 und 5 a werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Aufgrund der laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren können derzeit keine weiteren Auskünfte gegeben werden. 6. Trifft die Schilderung des Schweinfurter Fans Bastian B. zu, dass ein anderer verletzter Fan „einige Minuten“ auf ärztliche Hilfe warten musste, „weil die Polizei niemanden durch die Absperrung ließ“, dass die Sanitäter „sowohl vor, als auch nach der Behandlung (…) von den Beamten aufgehalten“ worden seien und dass der Verletzte „erst nach mehrfachen Bitten der Rettungskräfte“ ins Krankenhaus gebracht werden konnte (http://www. fussball-vorort.de/verein-1.-FC-Schweinfurt-05/ mannschaftsart-Herren/Herren-Team-1.-FCSchweinfurt -05/artikel-%22So-hat-die-Polizei-mei nen-Schwager-zugerichtet%22-_12515)? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums München trifft die Schilderung nicht zu. Vielmehr wurde von den Polizeibeamten in der Absperrung mehrmals angeboten, dass Verletzte den Bereich sofort verlassen könnten, um sich vor Ort ärztlich behandeln zu lassen. Nach Information des Polizeipräsidiums München wurden von den Einsatzkräften während des Einsatzes vier verletzte Anhänger des 1. FC Schweinfurt 05 festgestellt. Zwei Personen mit Arm- bzw. Handverletzungen wurden nach einer ambulanten Behandlung vor Ort wieder entlassen. Eine Person mit einer Kopfplatzwunde wurde in Begleitung einer Frau mit dem Rettungswagen in das Krankenhaus Harlaching verbracht. Vor dem Transport ins Krankenhaus wurde auf die Erhebung der Personalien verzichtet, um eine zeitliche Verzögerung des Transports zu vermeiden. Auch dem Bayerischen Landeskriminalamt liegen bislang keine Erkenntnisse vor, dass verletzten Fußballfans die ärztliche Behandlung verweigert oder der Einsatz der Rettungskräfte in irgendeiner Weise behindert worden wäre. a) Wenn ja, wie bewertet die Staatsregierung dieses Verhalten der Polizeieinsatzkräfte und welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 7. Inwiefern hat vor dem Spiel ein Austausch zwischen den Polizeieinsatzkräften und dem Fan- bzw. Sicherheitsbeauftragten des FC 05 Schweinfurt stattgefunden, um eine Eskalation bereits im Vorfeld zu verhindern? Die Polizeiinspektion Schweinfurt unterstützte das Polizeipräsidium München durch zwei szenekundige Beamte (SKB). Konkrete Hinweise auf Störungen lagen im Vorfeld der Fußballbegegnung nicht vor. Die SKB übermittelten ihre Erkenntnisse dem Polizeipräsidium München telefonisch und in Form eines Vorausberichts. Vor und während des Spiels standen die SKB sowohl mit ihrer Fanszene als auch mit dem Fanbeauftragten und dem Sicherheitsbeauftragten des 1. FC Schweinfurt 05, Herrn Höltkemeier-MacLean, in engem Kontakt. Während des Einsatzes hielt der polizeiliche Einsatzleiter ständig Verbindung zu den SKB und dem anwesenden Sicherheitsbeauftragten. 8. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um mit den Betroffenen und Verantwortlichen die Vorgänge aufzuarbeiten? a) Welche Erkenntnisse zieht die Staatsregierung aus dem Geschehen für künftige Einsätze bei Fußballspielen ? Aufgrund des inneren Sachzusammenhangs werden die Fragen 8 und 8 a gemeinsam beantwortet. Der Polizeieinsatz wurde nach Auswertung aller Einsatzunterlagen entsprechend der bundesweit gültigen Vorschriftenlage von allen Beteiligten umfassend nachbereitet. Nach einem Gespräch des Polizeipräsidiums München, Landesinformationsstelle für Sporteinsätze Bayern, mit dem Bayerischen Fußballverband veranlasste dieser am 15.05.2013 eine Sicherheitsbesprechung. An der Sicherheitsbesprechung nahmen der Bayerische Fußballverband, der 1. FC Schweinfurt 05 sowie die Polizeipräsidien München und Unterfranken teil. Dabei wurden konkrete Maßnahmen des Vereins zur Verhinderung von Sicherheitsstörungen bei künftigen Spielen vereinbart.