Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21.05.2014 Ergebnisse des Projektes „V71-Biodiversitätsstrategien im Vergleich“ Von April 2010 bis Juni 2012 wurde von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft das Projekt „V71-Biodiversitätsstrategien im Vergleich“ durchgeführt, um die ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen einer Umsetzung der „Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt“ und der „Bayerischen Biodiversitätsstrategie “ zu vergleichen. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Warum wurden die Ergebnisse der Studie bis heute nicht veröffentlicht? 2. Soll diese Studie noch veröffentlicht werden, und wenn nein, warum nicht? 3. Zu welchen konkreten Ergebnissen kam diese Studie? 4. Auf wie viel Prozent der Waldfläche Bayerns kann bereits eine ungestörte natürliche Waldentwicklung ohne menschliche Eingriffe stattfinden? 5. Welche Flächen kamen seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage „Verweigerung der Herausgabe naturschutzrelevanter Daten durch die Bayerischen Staatsforsten “ (Landtagsdrucksache 16/12557) neu hinzu, wie groß sind diese Flächen und wo liegen sie? 6. Wo werden in nächster Zeit Flächen in öffentlichen Wäldern aus der Nutzung genommen, um den Zielen der Nationalen Biodiversitätsstrategie zu entsprechen? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16.07.2014 1. Warum wurden die Ergebnisse der Studie bis heute nicht veröffentlicht? 2. Soll diese Studie noch veröffentlicht werden, und wenn nein, warum nicht? Die Studie der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) unterstützt die Bayerische Staatsregierung bei der Politikfolgenabschätzung und der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Biodiversitätsstrategien und deren Umsetzung in den bayerischen Wäldern. Die Ergebnisse der Studie werden schrittweise zielgruppenorientiert veröffentlicht. Bisher sind bereits folgende Veröffentlichungen erfolgt: • Borchert, H.; Adelmann, W. (2012): Bedarf an nachhal- tigem Holz steigt. Großflächige Stilllegungen widersprechen dem wachsenden Bedarf an der nachhaltigen Ressource Holz. LWF-aktuell Nr. 90, S. 50–53. • Borchert, H. (2012): Wirtschaftsfaktor Holz. Bayer. Landwirtschaftliches Wochenblatt Nr. 43 vom 26.10.2012, S. 32–33. • Borchert, H.; Adelmann, W. (2013): Chancen und Grenzen einer integrativen Bewirtschaftung zum Schutz von Verantwortungsarten im Wald. Vortrag im Rahmen des 17. Statusseminar am 10. April 2013 in Freising. 3. Zu welchen konkreten Ergebnissen kam diese Studie ? 4. Auf wie viel Prozent der Waldfläche Bayerns kann bereits eine ungestörte natürliche Waldentwicklung ohne menschliche Eingriffe stattfinden? Im Projekt wurden die Folgen einer 5%igen Stilllegung der Waldfläche in Bayern untersucht, die für die Umsetzung der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt gefordert wird. Ökologische und sozioökonomische Effekte der Stilllegung wurden dabei analysiert und erbrachten folgende Ergebnisse : • Eine artenschutzfachliche Begründung für nutzungsfreie Phasen oder dauerhaft stillgelegte Flächen gibt es ggf. zugunsten von sogenannten Verantwortungsarten, die auf Nutzungsfreiheit angewiesen sind. Diese Begründung erfordert jedoch eine Herangehensweise, die sich eng an den spezifischen Anforderungen dieser Arten orientiert. Ihr Flächenbedarf ist in der Regel gering. Die pauschale Forderung nach 5 % Stilllegung ist damit nicht wissenschaftlich begründet. • Die ökonomischen Kalkulationen quantifizierten die unmittelbaren betrieblichen Verluste mit 150 bis 420 € je ha stillgelegter Fläche und Jahr. Diese steigern sich jedoch über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg auf das 10-Fache. Die sozialen Auswirkungen bestehen vor allem im Verlust von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.08.2014 17/2805 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2805 die durch Kompensationsmaßnahmen nur bedingt ausgeglichen werden könnten, sowie dem Import von Holz und Holzprodukten aus Regionen mit niedrigen Nachhaltigkeitsstandards . Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass Bayern faktisch über umfangreiche Flächen ohne forstliche Nutzung verfügt. Unter Einbeziehung temporärer Entwicklungsflächen seien die Stilllegungsforderungen der Nationalen Biodiversitätsstrategie in Bayern bereits im Wesentlichen erfüllt. Die Studie hatte jedoch keine umfassende Flächenerhebung und detaillierte prozentuale Auswertung möglicher nutzungsfreier Waldflächen zum Zweck. 5. Welche Flächen kamen seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage „Verweigerung der Herausgabe naturschutzrelevanter Daten durch die Bayerischen Staatsforsten“ (Landtagsdrucksache 16/12557) neu hinzu, wie groß sind diese Flächen und wo liegen sie? Zwischenzeitlich wurden von den Bayerischen Staatsforsten für folgende weitere Forstbetriebe die Regionalen Naturschutzkonzepte fertiggestellt: Allersberg, Berchtesgaden, Coburg, Flossenbürg, Landsberg, Nordhalben, Oberammergau , Pegnitz, Rothenburg ob der Tauber, Wasserburg am Inn und Weißenhorn. Die jeweiligen Regionalen Naturschutzkonzepte sowie eine digitale Karte der Klasse- 1-Wälder nach BaySF-Naturschutzkonzept mit Angabe von Lage, Fläche, Schutzstatus, Bestockung und Bestandsalter sind auf der Homepage der BaySF (http://www.baysf.de/de/ ueber-uns/standorte.html bzw. http://www.baysf.de/de/wald schuetzen/klasse-1-waelder.html) frei einsehbar. 6. Wo werden in nächster Zeit Flächen in öffentlichen Wäldern aus der Nutzung genommen, um den Zielen der Nationalen Biodiversitätsstrategie zu entsprechen ? Oberstes Schutzziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie (NBS) ist der Erhalt der Biodiversität selbst. Die Stilllegung von Wäldern, wie sie die NBS fordert, wäre ggf. nur ein Weg, sich diesem Ziel anzunähern. Ein anderer, aus bayerischer Sicht besserer und in der Bayerischen Biodiversitätsstrategie konsequent verankerter Weg ist die integrative Erbringung von Naturschutzeistungen nach dem Leitsatz „Schützen und Nutzen“. Dies schließt im Bedarfsfall Schutzgebiete, dort wo sie fachlich begründet und erforderlich sind, mit ein. Ein Beispiel dafür ist der im letzten Jahr abgeschlossene Prozess zur Erweiterung des Biosphärenreservats Rhön, bei dem zusätzliche 2.600 ha Staatswald durch die Bayerischen Staatsforsten für die Kernzone eingebracht wurden. Voraussetzung für die Ausweisung von Großschutzgebieten ist für die Staatsregierung die breite Unterstützung durch die örtlich betroffene Bevölkerung.