Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Müller FREIE WÄHLER vom 26.05.2014 Beratungsangebote im Bereich Prostitution Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche statistischen Daten über Prostituierte werden in Bayern erhoben? 2. Welche Hilfen und Beratungsangebote gibt es für Pros- tituierte (bitte aufgeschlüsselt nach Bayern insgesamt, nach Schwaben, nach staatlichen und anderen Einrichtungen und insbesondere als Unterstützungsangebote zum Ausstieg)? 3. Mit welchen Mitteln und Instrumenten geht die Staatsre- gierung gegen Zwangsprostitution vor? 4. Gibt es im Bereich des Dreiländerecks Deutschland – Österreich – Schweiz auf bayerischer Seite gemeinsame Maßnahmen mit den dort ansässigen Behörden, und falls ja, welcher Art? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 21.07.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz, dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sowie dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Welche statistischen Daten über Prostituierte werden in Bayern erhoben? Eine offizielle Registrierung von Prostituierten findet seit der Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 nicht mehr statt. Daten werden durch die Polizei im Rahmen von Kontrollen erhoben. Ergänzend dazu dürfen wir auf unsere Antwort zur Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr vom 10.12.2013 verweisen (vgl. Drs. 17/636 vom 28.02.2014, dort Antwort zu Frage 1). Statistische Zahlen liegen über Beratungsangebote nicht vor. 2. Welche Hilfen und Beratungsangebote gibt es für Prostituierte (bitte aufgeschlüsselt nach Bayern insgesamt , nach Schwaben, nach staatlichen und anderen Einrichtungen und insbesondere als Unterstützungsangebote zum Ausstieg)? Es gibt folgende überregionale Beratungsangebote: – JADWIGA und SOLWODI Opfer von Zwangsprostitution finden Beratung, Betreu- ung und Unterstützung insbesondere in den Fachberatungsstellen von Jadwiga Ökumenische GmbH (JADWIGA ) und Solwodi Bayern e. V. (SOLWODI) – zum Teil mit angegliederten Schutzwohnungen. Fachberatungsstellen von SOLWODI befinden sich in Passau, Augsburg, München und Bad Kissingen. Fachberatungsstellen von JADWIGA gibt es in München und Nürnberg. Sie werden vom Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration aus Haushaltsmitteln gefördert. – TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e. V. in Berlin TERRE DES FEMMES setzt sich für die Menschenrechte von Frauen und Mädchen ein. – KASSANDRA e. V. (Beratungsstelle für Prostituierte in Nürnberg) Frauen, die in der Prostitution arbeiten oder gearbeitet haben oder aus der Prostitution aussteigen wollen, finden dort Beratung und Unterstützung in rechtlichen, gesundheitlichen und persönlichen Fragen. Einzugsbereich ist die Metropolregion Nürnberg/Fürth/Erlangen sowie der Bezirk Mittelfranken. Bereits seit vielen Jahren werden Projekte des Vereins zur Ausstiegsberatung aus Landesmitteln gefördert; derzeit das Projekt PUMA (Perspektive Umstieg aus der Prostitution durch kompetente Selbsthilfe mit Multiplikatoren-Aufgaben), das als niedrigschwelliges Beratungs- und Orientierungsangebot Prostituierte unterstützt, die sich beruflich und persönlich neu orientieren möchten und eine Erwerbstätigkeit außerhalb des Sexgewerbes anstreben (Förderung in Höhe von 15.000 € im Jahr). Ein besonderer Ansatz des Projektes ist hierbei auch die Unterstützung durch ehemalige Prostituierte. Der Verein KASSANDRA e. V.bietet darüber hinaus derzeit mit dem Bundesmodellprojekt OPERA Qualifizierung und Förderung der beruflichen Neuorientierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern in einem eigenen Bildungsraum an. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit Dezember 2009 noch bis Ende 2014 finanziell gefördert. – JANA JANA ist ein Gesundheitspräventionsprojekt des Frei- staates Bayern. JANA arbeitet in der Prostitutionsszene entlang der bayerisch-tschechischen Grenze mit dem Ziel, die Ausbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten zu verhindern. Örtliche Hilfsangebote gibt es in erster Linie bei den Diakonien und der Caritas. Ergänzend dazu gibt es exemplarisch in Nürnberg seit 2007 den „Gemeinsamen Arbeitskreis Pro- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.08.2014 17/2806 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2806 stitution“ mit der Stadt Nürnberg (Vertreter des Ordnungsamtes , des Stadtplanungsamtes der Bauordnungsbehörde, des Rechtsamtes und des Stadtrechtsdirektoriums sowie des Gesundheitsamtes/Streetworker) und der Polizei. Damit ist eine Vernetzung gewährleistet, um den Prostituierten einzelfallbezogen entsprechende Hilfe und Beratung zukommen zu lassen. Im Bereich der Polizeipräsidien Schwaben Nord und Schwaben Süd/West gibt es hinsichtlich von Sicherheits- oder Ausstiegsangeboten darüber hinaus keine speziellen Hilfsangebote. Die nächstgelegene Hilfsorganisation ist „SOLWODI“ in Augsburg. Dorthin werden Hilfesuchende durch die Polizei auch verwiesen. Prostituierte, die Opfer von Kriminalität geworden sind, können sich auch an die Beauftragten der Polizei für Frauen und Kinder (BPFK) sowie deren Ansprechpartnerinnen bei den Kriminalpolizeidienststellen wenden. 3. Mit welchen Mitteln und Instrumenten geht die Staatsregierung gegen Zwangsprostitution vor? Ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung der Zwangspros- titution ist das Strafrecht. Straftaten im Zusammenhang mit der Zwangsprostitution werden von den Strafverfolgungsbehörden in Bayern konsequent verfolgt. Darüber hinaus setzt sich die Staatsregierung bereits seit Längerem dafür ein, dass eine Strafbarkeit für sogenannte „Freier“ von Zwangsprostituierten eingeführt wird, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen. Es ist auch ein Erfolg bayerischer Rechtspolitik, dass der am 17.12.2013 beschlossene Koalitionsvertrag auf Bundesebene dieses Thema aufgegriffen hat. In der polizeilichen Aufbauorganisation sind in den beiden Polizeipräsidien der Ballungsräume München und Nürnberg jeweils Spezialdienststellen zur Bekämpfung der Straftaten Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, der Zuhälterei sowie der jugendgefährdenden Prostitution eingerichtet. Hierzu werden nicht nur Maßnahmen der Strafverfolgung , sondern vor allem auch der Kriminalitätsprävention ergriffen. Ausdrücklich zu nennen sind Milieu-Streifen der Polizei und polizeiliche Beratungsgespräche mit den Prostituierten. In den Flächenpräsidien der Bayerischen Polizei wird die Bekämpfung der Zwangsprostitution und des Menschenhandels durch die Fachkommissariate für höchstpersönliche Rechtsgüter oder organisierte Kriminalität wahrgenommen . Seit 2013 ist der Deliktsbereich fester Bestandteil der Ausbildung junger Führungskräfte an der Fachhochschule für Verwaltung und Recht, Fachbereich Polizei. Die Schulung wird durch die Zentralstelle unterstützt. Im Intranet der Bayerischen Polizei wurde das „Infoportal Menschenhandel“ eingerichtet. Dort werden Informationen zu dem Phänomen, wie z. B. Handlungsempfehlungen, Fachberatungsstellen, Lagebilder, Gesetze, Gerichtsurteile und Abhandlungen zur Verfügung gestellt. Ergänzend dazu dürfen wir auf unsere Antwort zur Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr vom 10.12.2013 verweisen (vgl. Drs. 17/636, dort Antwort zu Frage 5). 4. Gibt es im Bereich des Dreiländerecks Deutschland – Österreich – Schweiz auf bayerischer Seite gemeinsame Maßnahmen mit den dort ansässigen Behörden, und falls ja, welcher Art? Beim Zweiten Europäischen Kontrolltag zur Bekämpfung des nigerianischen Menschenhandels am 12.06.2014 beteiligten sich auch die kriminalpolizeilichen Fachdienststellen aus dem Bereich Schwaben Süd/West. Prostitution ist durch die Regierung von Schwaben im gesamten Lindauer Bereich offiziell verboten. Bei länderübergreifenden Vorfällen wird eine Fallkonferenz einberufen, bei der notwendige Maßnahmen abgesprochen werden.