Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Stümpfig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 03.06.2014 Wiedersbacher Brunnen in der Gemeinde Leutershausen mit Pflanzenschutzmitteln belastet Laut einem Bericht der Fränkischen Landzeitung vom 17.01.14 sind die Wiedersbacher Brunnen in der Gemeinde Leutershausen, Landkreis Ansbach, mit Pflanzenschutzmitteln belastet. Aus der Antwort der Staatsregierung vom 12.03.2014 (Drs. 17/1007) auf eine Anfrage des Abgeordenten Markus Ganserer ergeben sich weitere Fragen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie oft wurde in den Jahren 1975 bis 1988 auf der Bahnstrecke Ansbach – Stuttgart eine sogenannte Chemische Vegetationskontrolle durchgeführt? b) Welche Pflanzenschutzmittel wurden dabei in den einzelnen Jahren eingesetzt? c) Welche Mengen der einzelnen Pflanzenschutzmittel wurden dabei eingesetzt (Angaben bitte Wirkstoff pro km für die einzelnen Jahre)? d) Ist es denkbar, dass die Belastung der Brunnen durch die sogenannte Chemische Vegetationskontrolle der Bahn verursacht wurde? e) Welche Untersuchungen liegen der Deutschen Bahn vor bzw. hat sie durchführen lassen, die die Aussage zulassen, dass eine Beeinträchtigung ausgeschlossen werden kann (Bezug nehmend Antwort 3 und 4 vom 12.03.2014)? 2. a) Gibt es schon Ergebnisse der angekündigten Untersuchungen der bekannt gewordenen Belastungen, wie dies die Staatsregierung in ihrer Antwort vom 12.03.2014 erläutert? b) Wenn nein, wurden schon Untersuchungen eingeleitet und wann ist mit Ergebnissen zu rechnen? c) Welche Maßnahmen wurden aufgrund der bekannt gewordenen Belastungen eingeleitet? 3. a) Wie kommt das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr zu dem Schluss, dass Wiedersbach an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden muss? b) Wie sind die in der GO erwähnten „Einrichtungen zur Versorgung mit Trinkwasser“ definiert? 4. Wie wird sichergestellt, dass die Maßnahme der Gemeinde nicht die Grenzen der Leistungsfähigkeit der betroffenen Bürger überschreitet? 5. a) Wie viele der Brunnen mit Grenzwertüberschreitungen liegen zwischen der Bahn und dem Krämleinsbach und somit in dem Bereich, der von der Bahn beeinflusst wird? b) Wie viele flachen Brunnen (Schachtbrunnen) zwischen Bahn und Krämleinsbach weisen keine Grenzwertüberschreitungen bei Pestiziden auf? c) Wie viele Anwesen mit Flachbrunnen Nördlich des Krämleinsbaches weisen keine Grenzwertüberschreitung von Atrazin bzw. eine Abbauproduktes von Atrazin (Desethylatrazin) auf? 6. a) Wie bewertet die Staatsregierung diese örtliche Konzentration der Grenzwertüberschreitung? b) Wurden weitere an die Bahn angrenzende Grundwasservorkommen auf Atrazin, Ethidimuron, Simazin bzw. deren Abbauprodukte hin untersucht? c) Wo fanden diese Untersuchungen statt und welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung diesbezüglich vor? 7. Wurde in der Landwirtschaft das Pflanzenschutzmittel Ethidimuron eingesetzt? 8. a) Ist es durch Probenahme im Bereich der Gleise möglich zu ermitteln, ob die Bahn diese Stoffe ausgebracht hat? b) Wenn ja, wird die Staatsregierung entsprechende Probenahmen veranlassen? c) Wenn nein, wie begründet die Staatsregierung den Verzicht auf entsprechende Untersuchungen, die dazu dienen könnten, konkrete Verursacher zu ermitteln? d) Gibt es in den Orten entlang der Bahnstrecken Stuttgart – Nürnberg: Schnelldorf, Oberampfrach, Dombühl , Schalkhausen, Ansbach, Sachsen bei Ansbach, Wicklesgreuth, Petersaurach, Heilsbronn, Hinweise auf Belastung durch Pflanzenschutzmittel des Grundwassers bzw. Brunnen, die zur Wasserversorgung verwendet wurden und werden (bitte einzeln aufschlüsseln nach Orten und Stoffen)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.09.2014 17/2838 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2838 Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.07.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Gesundheit und Pflege sowie des Innern , für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. a) Wie oft wurde in den Jahren 1975 bis 1988 auf der Bahnstrecke Ansbach – Stuttgart eine sogenannte Chemische Vegetationskontrolle durchgeführt? b) Welche Pflanzenschutzmittel wurden dabei in den einzelnen Jahren eingesetzt? c) Welche Mengen der einzelnen Pflanzenschutzmittel wurden dabei eingesetzt (Angaben bitte Wirkstoff pro km für die einzelnen Jahre)? Angaben zu den gestellten Fragen für die Jahre 1975 bis 1988 sind den Behörden nicht bekannt und wurden von der Deutschen Bahn (DB Netz AG) nicht zur Verfügung gestellt. d) Ist es denkbar, dass die Belastung der Brunnen durch die sogenannte Chemische Vegetationskont- rolle der Bahn verursacht wurde? Allgemein ist bekannt, dass die Deutsche Bundesbahn im Zeitraum 1985 bis 1989 – im Gegensatz zu den letzten 25 Jahren – noch Pflanzenschutzmittel mit den Wirkstoffen Atrazin , Simazin und Ethidimuron zur Vegetationskontrolle auf Gleisanlagen angemeldet hat und deren Einsatz von der Biologischen Bundesanstalt zugelassen war (BundestagsDrucksache 11/4919). Es ist weder ausgeschlossen noch nachgewiesen, dass diese Wirkstoffe tatsächlich auch im Einzugsgebiet der Wiedersbacher Hausbrunnen eingesetzt wurden und die Belastung der Brunnen darauf zurückgehen kann. e) Welche Untersuchungen liegen der Deutschen Bahn vor bzw. hat sie durchführen lassen, die die Aussage zulassen, dass eine Beeinträchtigung ausgeschlossen werden kann (Bezug nehmend Antwort 3 und 4 vom 12.03.2014)? Eingehende Untersuchungen der Deutschen Bahn zu dieser Fragestellung sind nicht bekannt. 2. a) Gibt es schon Ergebnisse der angekündigten Untersuchungen der bekannt gewordenen Belastungen , wie dies die Staatsregierung in ihrer Antwort vom 12.03.2014 erläutert? b) Wenn nein, wurden schon Untersuchungen eingeleitet und wann ist mit Ergebnissen zu rechnen? c) Welche Maßnahmen wurden aufgrund der bekannt gewordenen Belastungen eingeleitet? Um eine mögliche Herkunft der Belastung aus landwirtschaftlichen Flächen abzuklären, hat sich das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Ansbach mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ansbach in Verbindung gesetzt und um fachliche Einschätzung der Situation aus landwirtschaftlicher Sicht gebeten. Der Antwort der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ist zu entnehmen, dass aufgrund der hohen Befunde an Pflanzenschutzmitteln (PSM) der Bereich Wiedersbach im Jahr 2014 als Verdichtungsgebiet für systematische staatliche Atrazin-Kontrollen ausgewiesen wird. Bei der weiteren Ursachenforschung stimmen sich das WWA Ansbach und das Landratsamt Ansbach ab. Das WWA Ansbach wurde im Juni 2014 vom Landratsamt Ansbach beauftragt, im Stadtteil Wiedersbach im Rahmen der orientierenden Erkundung repräsentative Messstellen zu errichten und zu beproben. Das WWA Ansbach bereitet die Vergabe der Einrichtung der Grundwassermessstellen vor. Es ist geplant, dass die Messstellen bis Ende September 2014 erstellt werden. 3. a) Wie kommt das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr zu dem Schluss, dass Wiedersbach an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden muss? Aus Sicht der Fachbehörden ist derzeit eine geordnete Trinkwasserversorgung im Stadtteil Wiedersbach nicht gewährleistet . Eine Bereitstellung von einwandfreiem Trinkwasser über die Hausbrunnen, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) entspricht, ist nur mit einem unverhältnismäßig hohen technischen und finanziellen Aufwand für die Erstellung und den Betrieb der erforderlichen Anlagen möglich. Aus diesem Grund wird der Anschluss des Stadtteils Wiedersbach an die öffentliche Trinkwasserversorgung als notwendig angesehen. b) Wie sind die in der GO erwähnten „Einrichtungen zur Versorgung mit Trinkwasser“ definiert? Gemäß Art. 57 Abs. 2 Satz 1 GO sind Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, die aus Gründen des öffentlichen Wohls erforderlichen Einrichtungen zur Versorgung mit Trinkwasser herzustellen und zu unterhalten . Erfasst werden hiervon Anlagen zur Trinkwasserversorgung , die aus Gründen des Allgemeinwohls erforderlich sind. Hausbrunnen fallen nicht unter diese Regelung. 4. Wie wird sichergestellt, dass die Maßnahme der Gemeinde nicht die Grenzen der Leistungsfähigkeit der betroffenen Bürger überschreitet? Die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung öffentlicher Einrichtungen zur Wasserversorgung sind im Kommunalabgabengesetz (KAG) geregelt. Führt die Erhebung beim Beitragspflichtigen zu unbilligen Härten, kann die Gemeinde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens diese durch Billigkeitsmaßnahmen, wie Ratenzahlung, Stundung oder Erlass, sozialverträglich abmildern . 5. a) Wie viele der Brunnen mit Grenzwertüberschreitungen liegen zwischen der Bahn und dem Krämleinsbach und somit in dem Bereich, der von der Bahn beeinflusst wird? Nach den dem Gesundheitsamt Ansbach vorliegenden Unterlagen liegen 97 Hausbrunnen zwischen der Bahn und dem Krämleinsbach. Bei 78 Brunnen wurden Wasseruntersuchungen bezüglich PSM durchgeführt, wobei bei 57 Brunnen Grenzwertüberschreitungen bei den PSM festgestellt worden sind. b) Wie viele flachen Brunnen (Schachtbrunnen) zwischen Bahn und Krämleinsbach weisen keine Grenzwertüberschreitungen bei Pestiziden auf? Nach den dem Gesundheitsamt Ansbach vorliegenden Erkenntnissen bestehen in diesem Bereich 40 Flachbrunnen (bis max. 10 m Tiefe). Von den 40 Brunnen wurden 32 Brun- Drucksache 17/2838 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 nen beprobt, wobei bei 24 Brunnen Grenzwertüberschreitungen bei den PSM festgestellt worden sind. c) Wie viele Anwesen mit Flachbrunnen Nördlich des Krämleinsbaches weisen keine Grenzwertüberschreitung von Atrazin bzw. eine Abbauproduktes von Atrazin (Desethylatrazin) auf? Bei den 35 untersuchten Brunnen wurden keine Grenzwertüberschreitungen für Atrazin bzw. Desethylatrazin festgestellt . 6. a) Wie bewertet die Staatsregierung diese örtliche Konzentration der Grenzwertüberschreitung? Die in den Hausbrunnen von Wiedersbach festgestellten Konzentrationen an PSM-Wirkstoffen liegen z. T. über vergleichbaren Werten bei Wasseruntersuchungen von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen oder von Grundwassermessstellen , die dem WWA Ansbach zugänglich sind. Aus der Sicht der Wasserwirtschaftsverwaltung kann derzeit weder ausgeschlossen noch nachgewiesen werden, dass die Deutsche Bahn AG als Verursacher durch mehr als 25 Jahre zurückliegende Maßnahmen infrage kommen könnte. b) Wurden weitere an die Bahn angrenzende Grundwasservorkommen auf Atrazin, Ethidimuron, Sima- zin bzw. deren Abbauprodukte hin untersucht? c) Wo fanden diese Untersuchungen statt und welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung diesbezüglich vor? Siehe hierzu Antwort zu Frage 2 und zu 6 a. 7. Wurde in der Landwirtschaft das Pflanzenschutzmittel Ethidimuron eingesetzt? Nach den Erkenntnissen des Landwirtschaftsamts Ansbach ist der Wirkstoff Ethidimuron des Präparats Ustilan ein bodenwirksames Totalherbizid und von daher für den Einsatz auf Gleisanlagen und auf Nichtkulturland gut geeignet. Aufgrund der nicht vorhandenen Selektivität wurde Ethidimuron in der Landwirtschaft nicht eingesetzt. 8. a) Ist es durch Probenahme im Bereich der Gleise möglich zu ermitteln, ob die Bahn diese Stoffe ausgebracht hat? Aus fachlicher Sicht besteht bei günstigen Rahmenbedingungen die Möglichkeit, mittels Bodenproben im Bereich der Gleisanlagen die eingesetzten Wirkstoffe festzustellen. Würden dabei Rückstände im Boden festgestellt, wäre dies jedoch lediglich ein Indiz für eine mögliche Ursache der vorhandenen Grundwasserbelastung. Da auch andere Verursacher für die Grundwasserbelastung in Betracht kommen können, wird die vom WWA Ansbach vorgeschlagene Vorgehensweise für zielführend gehalten, in einem ersten Schritt zunächst die räumliche Herkunft der Grundwasserverunreinigung einzugrenzen. b) Wenn ja, wird die Staatsregierung entsprechende Probenahmen veranlassen? c) Wenn nein, wie begründet die Staatsregierung den Verzicht auf entsprechende Untersuchungen, die dazu dienen könnten, konkrete Verursacher zu ermitteln ? Wie aus der Antwort zu Frage 2 ersichtlich, wird das WWA Ansbach über einzurichtende Grundwassermessstellen und deren anschließende Beprobung versuchen, die räumliche Herkunft der Grundwasserverunreinigung zu ermitteln. Erst nach Vorliegen der entsprechenden Untersuchungsergebnisse kann über das weitere Vorgehen entschieden werden. d) Gibt es in den Orten entlang der Bahnstrecken Stuttgart – Nürnberg: Schnelldorf, Oberampfrach, Dombühl, Schalkhausen, Ansbach, Sachsen bei Ansbach, Wicklesgreuth, Petersaurach, Heilsbronn , Hinweise auf Belastung durch Pflanzenschutzmittel des Grundwassers bzw. Brunnen, die zur Wasserversorgung verwendet wurden und werden (bitte einzeln aufschlüsseln nach Orten und Stoffen)? Dem Gesundheitsamt Ansbach ist bekannt, dass in Ansbach zwei und in Petersaurach ein Hausbrunnen in unmittelbarer Nähe zu den Bahngleisen bestehen. Bei einem Hausbrunnen in Ansbach liegen Untersuchungsergebnisse über PSM vor. Die Beprobung war negativ. Die zwei anderen Hausbrunnen wurden nicht auf PSM untersucht. Die Orte Schnelldorf, Oberampfrach, Dombühl, Schalkhausen, Ansbach , Sachsen bei Ansbach, Wicklesgreuth, Petersaurach und Heilsbronn sind an überregionale Wasserversorgungsunternehmen (Fernwasserversorgung) angeschlossen bzw. verfügen über eine eigene zentrale Wasserversorgung. Dem WWA Ansbach liegen Analysenergebnisse der öffentlichen Wasserversorgung sowie von eigenen Messstellen vor. Von den aufgeführten Kommunen liegt lediglich bei einer eine Trinkwassergewinnungsanlage (Stadtwerke Heilsbronn, Wasserschutzgebiet Heilsbronn) an der Bahnstrecke Stuttgart – Nürnberg. Die Analysenergebnisse der dortigen Wasserfassungen zeigen vereinzelt Belastungen über dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung bei folgenden PSM-Wirkstoffen bzw. PSM-Abbauprodukten: Desethylatrazin, Metazachlor, Propazin, Terbuthylazin, Desethylterbuthylazin, Propazin, Simazin, Sebuthylazin und Diuron. Durch Zusetzung von unbelastetem Trinkwasser wird in jedem Fall sichergestellt, dass die Grenzwerte eingehalten werden.