Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 12.06.2014 Naturschutz in Bayerns Staatswäldern Die genaue Erfassung des Zustandes des Waldes ist die unverzichtbare Grundlage für effektive Waldschutzprogramme. Wälder, die dauerhaft nicht forstwirtschaftlich genutzt werden , spielen für den Erhalt und den Schutz der biologischen Vielfalt nicht nur global, sondern auch national eine zentrale Rolle (Auszug aus der Bekanntmachung des Umweltministeriums 2012 unter Leitung von Peter Altmaier, CDU). Im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie wird zur Erhaltung der Artenvielfalt in Deutschland dem Wald eine besondere Rolle zugesprochen. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viel Hektar (absolut und in Prozent gegenüber der Gesamtfläche) des Bayerischen Staatswaldes sind aktuell dauerhaft stillgelegt, aufgeschlüsselt b) nach Regierungsbezirken und c) nach Art des Schutzstatus? 2. a) Wie hoch war der Anteil der unbewirtschafteten Wald- flächen des Bayerischen Staatswaldes in den einzelnen Jahren 2000 bis 2012 in Hektar und in Prozent gegenüber der Gesamtfläche, b) aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken c) Wie viel Hektar sollen nach Ansicht der Staatsregie- rung in den nächsten 10 Jahren noch stillgelegt werden ? 3. a) Hat die Staatsregierung diese Werte bereits an den Bund weitergegeben? b) Wenn ja, wann? c) Wenn nein, warum nicht? 4. Wie steht die Staatsregierung zum Beschluss der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie , dass bis zum Jahre 2020 5 % des Gesamtwaldes Naturwald ohne Bewirtschaftung sein sollen, und da die Privatwaldbesitzer hierzu nicht verpflichtet werden, letztlich ca. 10 % des Staatswaldes zur Erreichung der Ziele stillgelegt werden müssten? 5. a) Wie beteiligte bzw. beteiligt sich die Staatsregierung konkret an der Entwicklung einer Strategie von Bund und Ländern zur vorbildlichen Berücksichtigung der Biodiversitätsbelange für alle Wälder im Besitz der öffentlichen Hand bis 2010 b) und an ihrer Umsetzung bis 2020? 6. a) Welche Projekte der Bundesregierung gibt es im Rahmen der Biodiversitätsstrategie für Wälder? b) An welchen beteiligt sich Bayern in welcher Form? c) An welchen beteiligt sie sich aus welchen Gründen nicht? 7. a) Welche Rolle und Funktion hat der Staatswald in Bay- ern aus Sicht der Staatsregierung aktuell und in Zukunft ? b) Wie sieht die Staatsregierung die Bedeutung des Baye rischen Staatswaldes zur Holznutzung? c) Wie will die Staatsregierung betriebswirtschaftliche Erwartungen, die damit verbundenen Hiebziele der Bayerischen Staatsforsten und die Naturschutz-Anforderungen aufgrund internationaler und nationaler Vereinbarungen miteinander vereinen? 8. a) Wie werden von den Bayerischen Staatsforsten kon- kret Klima- und Naturschutzziele aktuell umgesetzt? b) Unterscheiden sich Bewirtschaftungskonzepte und Bewirtschaftung von Staatswäldern durch die Bayerischen Staatsforsten in Schutzgebieten (LSG, FFH, NSG) von der Bewirtschaftung in ungeschützten Landschaftsbestandteilen bzw. Wäldern? c) Unterscheiden sich Bewirtschaftungskonzepte und Bewirtschaftung von Erholungswäldern durch die Bayerischen Staatsforsten von der Bewirtschaftung nicht als Erholungswälder ausgewiesener Staatswälder? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.08.2014 Vorbemerkung Unter Bayerns Staatswäldern werden hier die Wälder in Bayern gem. Art. 2 BayWaldG, welche den Bayerischen Staatsforsten AöR (BaySF) zur Bewirtschaftung obliegen (ohne Saalforste), verstanden. 1. a) Wie viel Hektar (absolut und in Prozent gegenüber der Gesamtfläche) des Bayerischen Staatswaldes sind aktuell dauerhaft stillgelegt, aufgeschlüsselt b) nach Regierungsbezirken und c) nach Art des Schutzstatus? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.09.2014 17/2923 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2923 2. a) Wie hoch war der Anteil der unbewirtschafteten Waldflächen des Bayerischen Staatswaldes in den einzelnen Jahren 2000 bis 2012 in Hektar und in Prozent gegenüber der Gesamtfläche, b) aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken Die BaySF haben den gesetzlichen Auftrag, die in ihrem Verantwortungsbereich befindlichen Waldflächen vorbildlich zu bewirtschaften, und zielen auf eine Optimierung des Gesamtnutzens aller Waldfunktionen ab. Bestandteile dieser integrativen Waldbewirtschaftung sind naturschutzfachliche Elemente wie beispielsweise Biotopbäume, MethusalemBäume , Altholzinseln oder Totholz. Hierfür gibt es gem. dem Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforsten gestaffelte Zielgrößen (vgl. http://www.baysf.de/de/waldschuetzen .html). Grundsätzlich sind diese Elemente von der Nutzung ausgenommen. Aufgrund ihrer kleinräumigen Ausdehnung und natürlichen Dynamik werden diese Bausteine natürlicher Entwicklung nicht mit ihrer Flächenausdehnung erfasst. Sie sind jedoch als Spender- und Vernetzungsstrukturen von erheblicher naturschutzfachlicher Bedeutung. Einen Überblick der Schutzgebiete gibt die Homepage der BaySF unter http://www.baysf.de/de/wald-schuetzen/ schutzgebiete.html. Detailliertere Informationen können aus den jeweiligen Regionalen Naturschutzkonzepten der Forstbetriebe entnommen werden. Diese sowie eine digitale Karte der Klasse-1-Wälder nach BaySF-Naturschutzkonzept mit Angabe von Lage, Fläche, Schutzstatus, Bestockung und Bestandsalter sind auf der Homepage der BaySF (http:// www.baysf.de/de/ueber-uns/standorte.html bzw. http://www. baysf.de/de/wald-schuetzen/klasse-1-waelder.html) frei einsehbar . Regierungsbezirksgrenzen stellen als solche keine forstliche Planungs- oder Bewirtschaftungsgrenze für die BaySF dar. Als Bezugsgröße für forstfachliche Auswertungen der BaySF finden sie daher keine Verwendung. Auswertungen zu Flächenkulissen bzw. deren Anteil an der Staatswaldkulisse in Zuständigkeit der BaySF liegen daher insoweit nicht vor. Eine systematische jährliche Erfassung unbewirtschafteter Waldflächen bei den BaySF existiert nicht. Die mittel - und langfristige Forstbetriebsplanung (Forsteinrichtung) als Kernbestandteil und Grundlage der vorbildlichen Waldbewirtschaftung durch die BaySF erfolgt verbunden mit einer systematischen Stichprobeninventur auf Forstbetriebsebene in einem regelmäßigen Turnus von 10 Jahren bzw. im Hochgebirge von 20 Jahren. Somit werden belastbare Kulissen unterschiedlich intensiver Waldbewirtschaftung für die gesamte von BaySF bewirtschaftete Staatswaldfläche nicht mit jährlichem Bezug ausgeschieden. Zudem werden mit dem Naturschutzkonzept der BaySF seit 2009 Klasse- 1-Waldbestände systematisch im Zuge der Forsteinrichtung erfasst und sukzessive in Regionalen Naturschutzkonzepten der Forstbetriebe abgebildet. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, sodass BaySF-weit derzeit keine vollständigen Daten vorliegen. c) Wie viel Hektar sollen nach Ansicht der Staatsregierung in den nächsten 10 Jahren noch stillgelegt werden? Zu Frage 2 c wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 3. a) Hat die Staatsregierung diese Werte bereits an den Bund weitergegeben? b) Wenn ja, wann c) Wenn nein, warum nicht? Nein. Es besteht für die Länder keine Meldepflicht gegenüber dem Bund, zumal die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (Nationalen Biodiversitätsstrategie) für die Länder nicht bindend ist. 4. Wie steht die Staatsregierung zum Beschluss der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie , dass bis zum Jahre 2020 5 % des Gesamtwaldes Naturwald ohne Bewirtschaftung sein sollen, und da die Privatwaldbesitzer hierzu nicht verpflichtet werden, letztlich ca. 10 % des Staatswaldes zur Erreichung der Ziele stillgelegt werden müssten? Oberstes Schutzziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie (NBS) ist der Erhalt der Biodiversität selbst. Die Stilllegung von Wäldern, wie sie die NBS fordert, wäre ggf. nur ein Weg, sich diesem Ziel anzunähern. Ein anderer, aus bayerischer Sicht besserer und in der Bayerischen Biodiversitätsstrategie konsequent verankerter Weg ist die integrative Erbringung von Naturschutzleistungen nach dem Leitsatz „Schützen und Nutzen“. Dies schließt im Bedarfsfall Schutzgebiete, dort wo sie fachlich begründet und erforderlich sind, mit ein. Ein Beispiel dafür ist der im letzten Jahr abgeschlossene Prozess zur Erweiterung des Biosphärenreservats Rhön, bei dem zusätzlich zu dem bestehenden Naturwaldreservat mit rd. 400 ha weitere rd. 2.200 ha Staatswald durch die Bay erischen Staatsforsten für die Kernzone eingebracht wurden. Voraussetzung für die Ausweisung von Großschutzgebieten ist für die Staatsregierung die breite Unterstützung durch die örtlich betroffene Bevölkerung. 5. a) Wie beteiligte bzw. beteiligt sich die Staatsregierung konkret an der Entwicklung einer Strategie von Bund und Ländern zur vorbildlichen Berücksichtigung der Biodiversitätsbelange für alle Wälder im Besitz der öffentlichen Hand bis 2010 b) und an ihrer Umsetzung bis 2020? Für Bayern besteht hier kein Bedarf, da der Bayerische Minis terrat am 01.04.2008 die Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Bayern (Bayerische Biodiversitätsstrategie ) beschlossen hat. Der Ministerrat hat darüber hinaus am 01.04.2014 für Bayern als erstes Bundesland die Entwicklung eines eigenen Umsetzungsprogramms (Biodiversitätsprogramm Bayern 2030) auf den Weg gebracht und dieses am 29.07.2014 beschlossen. Die Anforderung der Vorbildlichkeit ist für den öffentlichen Wald in Bayern bereits im BayWaldG verankert. 6. a) Welche Projekte der Bundesregierung gibt es im Rahmen der Biodiversitätsstrategie für Wälder? b) An welchen beteiligt sich Bayern in welcher Form? c) An welchen beteiligt sie sich aus welchen Gründen nicht? Welche Projekte die Bundesregierung im Rahmen ihrer Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (Nationalen Biodiversitätsstrategie) in Auftrag gegeben hat oder unterstützt , liegt nicht im Verantwortungsbereich der Bayerischen Staatsregierung. Daher kann die gewünschte Auslistung leider nicht erstellt werden. Im Übrigen wird auf die Antworten zu Frage 3 und Frage 5 verwiesen. Drucksache 17/2923 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 7. a) Welche Rolle und Funktion hat der Staatswald in Bayern aus Sicht der Staatsregierung aktuell und in Zukunft? b) Wie sieht die Staatsregierung die Bedeutung des Baye rischen Staatswaldes zur Holznutzung? c) Wie will die Staatsregierung betriebswirtschaftliche Erwartungen, die damit verbundenen Hiebziele der Bayerischen Staatsforsten und die NaturschutzAnforderungen aufgrund internationaler und nationaler Vereinbarungen miteinander vereinen? Die Rolle und Funktion des Staatswaldes ist im BayWaldG ausgewogen und weitsichtig beschrieben. Er dient dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße. Die Bewirtschaftung zielt daher auf die Optimierung des Gesamtnutzens ab. Interne Vorgaben der BaySF wie das betriebseigene Naturschutzkonzept sowie die Selbstverpflichtung über die Zertifizierung nach PEFC runden die Sicherung der Nachhaltigkeit in ihren drei Säulen ab. Bei der Holznutzung im Staatswald ist die Vorbildlichkeit der Bewirtschaftung im Sinne des BayWaldG die maßgebliche Richtschnur. Das Holz aus dem Staatswald ist die Grundlage für eine vielfältige Branche, die für Bayern zahlreiche Arbeitsplätze – gerade im ländlichen Raum – und eine hohe Wertschöpfung in vor allem regionalen Kreisläufen sichert. Bei der naturnahen Bewirtschaftung ist diese Leistung des Staatswaldes mit seinen anderen wichtigen Funktionen zu vereinbaren. Betriebswirtschaftliche Erwartungen stehen bei der strategischen Ausrichtung der Staatswaldbewirtschaftung nicht im Vordergrund. Sie werden mit den anderen Zielen laut dem BayWaldG im Sinn einer umfassenden Nachhaltigkeit ausbalanciert. 8. a) Wie werden von den Bayerischen Staatsforsten konkret Klima- und Naturschutzziele aktuell umgesetzt ? Die BaySF haben neben den gesetzlichen Anforderungen in ihren Waldbaugrundsätzen (http://www.baysf.de/de/waldverstehen .html und http://www.baysf.de/fileadmin/user_ upload/04-wald_verstehen/Publikationen/Waldbaugrund saetze.pdf) verankert, dass bei der Bewirtschaftung des Staatswaldes gezielt Klima- und Naturschutzziele beachtet und umgesetzt werden. Klima- und Naturschutzziele werden in die mittel- und langfristige Forstbetriebsplanung (Forsteinrichtung) integriert und konkret bei der Waldbewirtschaftung durch die Forstbetriebe umgesetzt. Belange des Klima- und Naturschutzes werden dabei in einem integrativen Ansatz auf der gesamten Staatswaldfläche berücksichtigt. Schutzgebiete und wertvolle Einzelobjekte erfahren dabei besondere Aufmerksamkeit . Konkrete Klima- und Naturschutzziele sind darüber hinaus in der Balanced Scorecard (BSC, Ökologie-Ziele 2, 5, 6, 7 und 8) der BaySF verankert. Die BSC überführt allgemein formulierte Strategien in anspruchsvolle, messbare Ziele (Kennzahlen) der vier Dimensionen Ökologie, Ökonomie , Gesellschaft und Mitarbeiter. Auf diese Art und Weise wird eine ausgewogene und damit nachhaltige Zielerreichung gewährleistet. Die Klima- und Naturschutzziele der BSC werden jährlich in den Statistikbänden der BaySF veröffentlicht (http://www.baysf.de/de/publikationen.html). b) Unterscheiden sich Bewirtschaftungskonzepte und Bewirtschaftung von Staatswäldern durch die BayerischeN Staatsforsten in Schutzgebieten (LSG, FFH, NSG) von der Bewirtschaftung in ungeschützten Landschaftsbestandteilen bzw. Wäldern ? Ja. Die jeweiligen Anforderungen der Verordnungen bzw. Managementpläne fließen in Bewirtschaftungskonzepte und Bewirtschaftung ein. c) Unterscheiden sich Bewirtschaftungskonzepte und Bewirtschaftung von Erholungswäldern durch die BayerischeN Staatsforsten von der Bewirtschaftung nicht als Erholungswälder ausgewiesener Staatswälder? Die Erholungsfunktionen werden bei der Bewirtschaftung von Staatswäldern entsprechend der Waldbaugrundsätze der BaySF beachtet. Erholungswälder nach Art. 12 BayWaldG und spezielle Belange der Erholungsnutzung nach Waldfunktionsplanung finden im Rahmen der mittel- und langfristigen Forstbetriebsplanung (Forsteinrichtung) der BaySF besondere Beachtung, werden planerisch forstbetriebsspezifisch integriert und bei der operativen Waldbewirtschaftung berücksichtigt bzw. konkret umgesetzt. Die von den Forstbetrieben erstellten Regionalen Erholungskonzepte bieten dabei wertvolle Informationen und Grundlagen für eine zielführende und zielgruppenspezifische Sicherung und Verbesserung der Erholungsfunktionen . Auf der Grundlage der Regionalen Erholungskonzepte setzen die Forstbetriebe konkrete Maßnahmen und Projekte um, von der ganzjährigen Bereitstellung besonders gepflegter Erholungswege (Wanderwege, Radwege) und Parkplätze bis hin zu Wildparken und -gehegen, Spielplätzen, Lehrpfaden, Aussichtstürmen, Schutzhütten etc. insbesondere im Bereich von Erholungsschwerpunkten. Derartige Maßnahmen und Projekte werden i. d. R. als besondere Gemeinwohlleistungen durch die BaySF umgesetzt und vom Freistaat Bayern gefördert.