Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 17.07.2014 Apothekenbetriebsordnung Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Auswirkungen hat die „Vierte Änderungs- verordnung der Apothekenbetriebsordnung“ (vom 12.06.2012) grundsätzlich auf die Apotheken in den kommunalen Krankenhäusern in Niederbayern (aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten). b) Ab welcher Betten-Einheit ist ein Ausbau der Apotheke auf die neuen Anforderungen wirtschaftlich sinnvoll? 2. In welchen Krankenhäusern (aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten) wird es aufgrund der jetzigen Personalbesetzung zu einer Stellenmehrung führen, wenn der § 33 – Ausgestaltung der Dienstbereitschaft – umgesetzt werden muss? a) Wie können kleine kommunale Krankenhäuser, die bisher nur mit 1–2 Apothekern besetzt sind, diese Richtlinie kostenneutral einhalten? 3. In welchen Krankenhäusern in Niederbayern (aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten) ist mit welchen Investitionen zu rechnen, wenn § 35 – Herstellung von parenteralen Lösungen- umgesetzt wird? a) Gibt es dafür Sonderzuschüsse, wenn die Forderung eines „Schleusenkonzepts“, das vorsieht, dass Material - und Personenschleusen getrennt sind, bzw. dass toxische und nichttoxische Arzneimittel in unterschiedlichen Räumen hergestellt werden müssen, Baumaßnahmen erfordert? 4. Welche Möglichkeiten gibt es, angesichts der anstehenden Investitionen, Förderprogramme für Um strukturierungsmaßnahmen bei Kooperationen kommunaler Krankenhäuser untereinander in der Apothekenversorgung abzurufen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.08.2014 Vorbemerkungen: Eine ordnungsgemäße und qualitativ hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten der bayerischen Krankenhäuser liegt der Bayerischen Staatsregierung sehr am Herzen. Dies beinhaltet, dass in den Krankenhäusern auch die apotheken- und arzneimittelrechtlichen Vorgaben für eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung, die insbesondere das Patientenwohl im Auge haben, beachtet werden . Rein wirtschaftliche Gesichtspunkte können hier nur nachrangig Berücksichtigung finden. Angestrebtes Ziel der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung im Jahr 2012 war sowohl die Erhöhung der Arzneimittelsicherheit, insbesondere bei der Herstellung in Apotheken, als auch die Abschaffung überholter und nicht mehr gerechtfertigter Regelungen. Versorgung eines Krankenhauses mit Arzneimitteln: Grundsätzlich ist eine Krankenhausversorgung durch jede Apotheke möglich, die die apothekenrechtlichen Anforderungen erfüllt und eine Versorgung aus einer Hand gewährleistet (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11.09.2008, Az. C-141/07). Alternativ zur Versorgung durch eine eigene Krankenhausapotheke sieht das Apothekengesetz (ApoG) dementsprechend die Versorgung durch eine vertraglich gebundene andere Krankenhausapotheke oder öffentliche Apotheke vor. Unabhängig vom eventuell auch aus wirtschaftlichen Gründen gewählten Versorgungsmodell unterliegt die Arzneimittelversorgung der Krankenhäuser aber denselben Qualitätsanforderungen (vgl. BVerwG vom 30.08.2012, Az. 3 C 24.11, Rn. 16). Versorgung mit patientenindividuellen Zubereitungen zur parenteralen Anwendung: Die Abgabe von Arzneimitteln aus (Krankenhaus-)Apotheken an andere Krankenhaus- oder Krankenhaus versorgende Apotheken ist grundsätzlich nicht zulässig. Eine Ausnahme stellt allerdings die Abgabe von patientenindividuell zubereiteten Zytostatikalösungen in „Lohnherstellung“ für eine andere (auch Krankenhaus-)Apotheke entsprechend § 11 Abs. 3 ApoG dar. Die Einführung der Möglichkeit dieser externen Versorgung mit patientenindividuell zubereiteten Zytostatika erfolgte mit dem Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes im Jahr 2002. Schon damals bat der Bundesrat die Bundesregierung (Beschluss des Bundesrats vom 21.06.2002, BRDrs . 523/02), die durch die Änderung des ApoG in § 11 Abs. 3 eingeführte neue Rechtssituation „...bei der Herstellung und Abgabe von Rezepturen (hier anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen ) durch öffentliche und Krankenhausapotheken zeitnah mit den notwendigen Folgeregelungen und Klarstellung des Gewollten in der Apothekenbetriebs- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.09.2014 17/2927 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2927 ordnung und im Arzneimittelgesetz zu unterlegen“. Die Sicherstellung einer angemessenen Qualität der Herstellung und ein geordneter Vertriebsweg seien dabei sicherzustellen . Explizit benannt hat der Bundesrat die Fragen nach dem Qualitätsniveau der Herstellung und der anzuwendenden Rechtsvorschriften (Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO oder Pharmabetriebsverordnung, im Jahr 2006 abgelöst durch die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung – AMWHV). Dem Anliegen des Bundesrats wurde nun mit der Änderung der ApBetrO zum 12.06.2012 vollumfänglich entsprochen. Anforderungen an die Herstellung patientenindividueller Zubereitungen zur parenteralen Anwendung: Bis zur Änderung der ApBetrO 2012 galten grundsätzlich auch für Apotheken die strengen Regelungen des Annexes 1 „Herstellung steriler Arzneimittel“ des EG-Leitfadens der Guten Herstellungspraxis. Danach mussten die Apotheken bei der Herstellung patientenindividueller Zubereitungen zur parenteralen Anwendung (z. B. Zytostatika, Schmerzpumpen , parenterale Ernährungslösungen) grundsätzlich dieselben Anforderungen erfüllen wie pharmazeutische Unternehmer . Mit den durch Änderung der ApBetrO mit Wirkung vom 12.06.2012 eingeführten Vorschriften zur Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung ist nun geregelt, dass die strengen Vorschriften des EG-Leitfadens der Guten Herstellungspraxis in (Krankenhaus-)Apotheken nicht vollumfänglich anzuwenden sind. Wesentliche Vorschriften etwa zu Reinräumen und Personal sind nun explizit in § 35 ApBetrO enthalten. Ansonsten gilt der Stand von Wissenschaft und Technik, zu dessen Einhaltung die Gegebenheiten in einer Apotheke berücksichtigt werden können. Damit sind die Regelungen auch flexibler als die Anforderungen des EG-Leitfadens. Weitere wesentliche Änderungen der Apothekenbetriebsordnung : Mit der Änderung der ApBetrO 2012 wurde ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) für die Apotheken verbindlich vorgeschrieben (§ 2 a ApBetrO). Für Apotheken, die patientenindividuelle Zubereitungen zur parenteralen Anwendung herstellen, sahen die Leitlinien der Bundesapothekerkammer bereits seit Jahren ein QMS vor. Daher ist davon auszugehen , dass die meisten Krankenhausapotheken schon vor Änderung der ApBetrO 2012 ein QMS hatten. Ein Mehraufwand für Apotheken besteht in geringem Umfang durch erweiterte Dokumentationspflichten nach §§ 7, 8 ApBetrO für Herstellungstätigkeiten. Dies dürfte aber keine wesentlichen Auswirkungen auf den Personalbedarf haben. 1. Welche Auswirkungen hat die „Vierte Änderungsverordnung der Apothekenbetriebsordnung“ (vom 12.06.2012) grundsätzlich auf die Apotheken in den kommunalen Krankenhäusern in Niederbayern (aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Im Regierungsbezirk Niederbayern werden aktuell neun Krankenhausapotheken betrieben. Drei davon befinden sich in den drei kreisfreien Städten Landshut (Klinikum Landshut), Straubing (Apotheke des Klinikums St. Elisabeth Straubing) und Passau (Apotheke des Klinikums Passau). In Landshut befindet sich außerdem die Apotheke der Krankenhäuser des Landkreises Landshut (Landshut Achdorf). Von den fünf weiteren Apotheken befinden sich – zwei im Landkreis Deggendorf (DONAUISAR Klinikum Deggendorf-Dingolfing-Landau gKU, Apotheke des Bezirksklinikums Mainkofen), – eine im Landkreis Freyung (Zentralapotheke der Kliniken Am Goldenen Steig gGmbH), – eine im Landkreis Straubing (Apotheke des Schwesternkrankenhauses St. Maria Mallersdorf) und – eine im Landkreis Kelheim (Apotheke der Goldberg-Klinik Kelheim GmbH). Wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, ergibt sich durch die Änderung der ApBetrO zum 12.06.2012 ein Mehrbedarf in geringem Umfang durch erweiterte Dokumentationspflichten nach §§ 7, 8 ApBetrO. Zudem müssen Apotheken, die nicht schon aufgrund ihrer Herstellungstätigkeit von Zubereitungen zur parenteralen Anwendung ein QMS betreiben, ein QMS einführen. Ansonsten hat diese Änderung auf Krankenhausapotheken, die den Stand von Wissenschaft und Technik sowie die Anforderungen der ApBetrO schon zuvor eingehalten haben, keine Auswirkungen. Damit kann davon ausgegangen werden, dass die Vierte Änderungsverordnung der ApBetrO keinen zusätzlichen Personalbedarf in den Krankenhausapotheken und keine Umbaumaßnahmen erforderlich macht. a) Ab welcher Betten-Einheit ist ein Ausbau der Apotheke auf die neuen Anforderungen wirtschaftlich sinnvoll? Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Ausbaus einer Krankenhausapotheke liegen der Bayerischen Staatsregierung keine Daten vor. Unabhängig von der ggf. durch die Versorgungslage bedingten Notwendigkeit der Einrichtung eines apothekeneigenen Reinraums zur Herstellung patientenindividueller parenteraler Arzneimittel (insbesondere Zytostatika, z. B. wegen der z. T. sehr kurzen Haltbarkeit von nur wenigen Stunden) ist die Wirtschaftlichkeit aber weniger von der Bettenzahl eines versorgten Krankenhauses, sondern vielmehr u. a. von folgenden Faktoren abhängig: – Ausrichtung des Krankenhauses (z. B. ambulante Onko- logie) – weitere versorgte Krankenhäuser (auch Lohnherstellung für andere Apotheken) – räumliche und personelle Ausgangslage 2. In welchen Krankenhäusern (aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten) wird es aufgrund der jetzigen Personalbesetzung zu einer Stellenmehrung führen, wenn der § 33 – Ausgestaltung der Dienstbereitschaft – umgesetzt werden muss? Die Verpflichtung zur Dienstbereitschaft bestand bereits vor Änderung der ApBetrO zum 12.06.2012. Bei dem in § 33 ApBetrO neu eingefügten Satz 2 „Dies schließt auch ein, dass die Beratung durch einen Apotheker der Apotheke gewährleistet ist“ handelt es sich lediglich um eine Klarstellung und Hervorhebung der Bedeutung der Beratung . Die Beratungspflicht auch in der Dienstbereitschaft bestand im Rahmen der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung schon zuvor. Im Übrigen ist der Bayerischen Staatsregierung die aktuelle Personalsituation in den Krankenhausapotheken sowie Drucksache 17/2927 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 eine eventuell notwendige Stellenmehrung des pharmazeutischen Personals in Krankenhausapotheken nicht bekannt. a) Wie können kleine kommunale Krankenhäuser, die bisher nur mit 1–2 Apothekern besetzt sind, diese Richtlinie kostenneutral einhalten? Wie die Dienstbereitschaft geregelt wird, ist apothekenrechtlich nicht vorgeschrieben und von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig. 3. In welchen Krankenhäusern in Niederbayern (aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten) ist mit welchen Investitionen zu rechnen, wenn § 35 – Herstellung von parenteralen Lösungen – umgesetzt wird? Wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, sind die Anforderungen an die Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung nicht neu. Welche Investitionen für die Erfüllung dieser Anforderungen notwendig sind, ist im Einzelfall durch die Krankenhausträger selbst zu entscheiden. a) Gibt es dafür Sonderzuschüsse, wenn die Forderung eines „Schleusenkonzepts“, das vorsieht, dass Material- und Personenschleusen getrennt sind, bzw. dass toxische und nichttoxische Arzneimittel in unterschiedlichen Räumen hergestellt werden müssen, Baumaßnahmen erfordert? 4. Welche Möglichkeiten gibt es, angesichts der anstehenden Investitionen, Förderprogramme für Umstrukturierungsmaßnahmen bei Kooperationen kommunaler Krankenhäuser untereinander in der Apothekenversorgung abzurufen? Die Fragen 3 a und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Die Vorhaltung von Krankenhausapotheken sind jeweils Organisations- und Investitionsentscheidungen der Krankenhausträger , auf die der Freistaat Bayern keinen Einfluss nimmt. Da krankenhauseigene Apotheken zur akutstationären Versorgung der Patienten nicht zwingend erforderlich sind (vgl. Vorbemerkungen), wurden sie mittlerweile von der Förderung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) ausgeschlossen. Mit dem Förderausschluss wurde die Benachteiligung von Kliniken ohne eigene Apotheke beseitigt und die Gleichbehandlung aller Krankenhäuser gewährleistet .