Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 07.07.2014 Soilasee im Labergebiet (Gemeinde Oberammergau, Landkreis Garmisch-Partenkirchen) – Möglichkeiten zur Wiederbelebung dieses Bergsees Ich frage die Staatsregierung: 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, ob es aus naturschutzrechtlichen Motiven heraus möglich wäre, den mittlerweile verlandeten Soilasee so abzudichten , dass er wieder ganzjährig mit Wasser gefüllt ist? 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um den Soilasee wieder als See erlebbar zu machen? 3. Wie bewertet die Staatsregierung eine entsprechende Reaktivierung dieses Bergsees, aufgeschlüsselt nach: a) touristischen Erwägungen? b) forst- und landwirtschaftlichen Erwägungen und c) ökologischen Erwägungen? 4. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche Fördermöglichkeiten bei einer entsprechenden Maßnahme zur Reaktivierung genutzt werden können (Landes-, Bundes- bzw. Europamittel)? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25.08.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Im Oktober 1987 hat die Gemeinde Oberammergau das (damalige) Bayerische Geologische Landesamt um gutachtliche Stellungnahme zu Möglichkeiten der Stabilisierung des Wasserspiegels des Soilasees gebeten. Die nachfolgend dargelegten Erkenntnisse entstammen dieser Stellungnahme aus dem Jahr 1987. Der Soilasee ist ein eiszeitlich überprägter Dolinensee unterhalb des Ettaler Manndls in fast 1.400 m NN Höhe. Der Felsenkessel, in dem der See liegt, hat nur nach Norden einen schmalen Durchlass, der von einem mehrere Meter hohen Moränenwall abgedämmt wird. Bei höchsten Wasserständen erreicht der See in seiner maximalen Ausdehnung ca. 2 ha mit jahreszeitlich wechselndem Wasserstand. Die maximale Wassertiefe liegt bei schätzungsweise 5 m asymmetrisch im nördlichen Drittel. Das bei diesem Wasserstand nach Norden abfließende Wasser versickert wenig nördlich des Moränenwalls in Dolinen des Hauptdolomits. Der See hat ein ca. 0,3 km2 großes Einzugsgebiet und keinen oberirdischen Ablauf. Das deutet darauf hin, dass erhebliche Wassermengen im Untergrund versickern können müssen, sonst würde sich zumindest bei Starkregen ein oberirdischer Ablauf nach Norden etabliert haben. In extrem niederschlagsarmen Jahren kann der See trockenfallen, während er in besonders niederschlagsreichen Jahren im Bereich des Moränenwalls überläuft. Vermutlich besteht am Seeboden eine Abdichtung durch toniges-bindiges Material und im Randbereich Verklüftungen mit grobem Gesteinsmaterial. Zu Zeiten, in denen der See nicht überläuft, erfolgt seine Entwässerung vollständig unterirdisch. Die dabei benutzten Abflusswege sind nicht bekannt und könnten nur durch einen groß angelegten Markierungsversuch nachgewiesen werden. Die gutachtliche Stellungnahme führt aus, dass aufgrund der geologischen Verhältnisse – Verkarstung und weitflächig etwas dürftige, tonig-bindige Auskleidung des Seebeckens – eine völlige Abdichtung des Seeuntergrundes, außer mit immensem Aufwand, nicht möglich sein dürfte. Des Weiteren wird in der Stellungnahme des (damaligen) Geologischen Landesamts vermutet, dass durch das Verschließen der Hauptversickerungsstellen an den Rändern des Sees mit Ton oder Lehm der Seespiegel längere Zeit (Sommer/Herbst) auf höherem Niveau verharren könnte. Wirkungsvolle Abdichtungsmaßnahmen würden aber einen erheblichen Arbeits- und Materialaufwand auf größeren Flächen erfordern. Hierbei würden kleinräumige Abdichtungen nur von geringem Erfolg und vorübergehender Wirkung sein. Zudem wäre Vorsorge zu treffen, dass das eingebrachte Dichtungsmaterial nicht abgespült wird. Das Geologische Landesamt wies darauf hin, dass Bodenbewegungen an der derzeitigen Geländeoberfläche möglichst zu vermeiden sind, weil dabei neue Wasserwegsamkeiten geöffnet werden könnten. Zuletzt hatte sich die Gemeinde Oberammergau im Jahr 2005 beim Landratsamt Garmisch-Partenkirchen über Stabilisierungsmaßnahmen des Wasserspiegels erkundigt und nach einer Stellungnahme des Landratsamts, die das o. g. Gutachten und eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts Weilheim miteinbezog, die Angelegenheit nicht weiterverfolgt . Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.09.2014 17/2931 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2931 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, ob es aus naturschutzrechtlichen Motiven heraus möglich wäre, den mittlerweile verlandeten Soilasee so abzudichten, dass er wieder ganzjährig mit Wasser gefüllt ist? Wie in den „Vorbemerkungen“ beschrieben, handelt es sich bei den Wasserstandsschwankungen des Soilasees um einen natürlichen Vorgang. Durch diese Wasserstandsschwankungen entstehen besondere ökologische Standortbedingungen , die wiederum besondere Lebensräume schaffen. Eine ganzjährige stabile Füllung mit nur wenig schwankendem Wasserstand war schon in der Vergangenheit nicht gegeben (z. B. völliger Trockenfall des Sees im Jahr 1947, Überlauf im Jahr 1965). Der See trocknet nach längeren Trockenperioden fast vollständig aus und ist mit ausgeprägten SchachtelhalmRöhrichten und Schnabel-Seggenriedern fast vollständig zugewachsen. Seine ephemere Erscheinungsform macht ihn für Amphibien und Libellen besonders attraktiv. Kenntnisse über besondere Libellenvorkommen liegen nicht vor. Schutzgebiete sind nicht betroffen. Der See ist in der Alpenbiotopkartierung als geschützter Feuchtlebensraum beschrieben und als Biotop nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützt. Es ist zu vermuten, dass der See als Reproduktionsraum für Amphibien besondere Bedeutung hat, da dort die Amphibienlarven (besonders Bergmolch) dem Fraßdruck von Fischen nicht standhalten müssen. Ein dauerhafter Anstau könnte zur Folge haben, dass konkurrenzschwache Arten wie Libellen oder Amphibien durch dann eine sich voraussichtlich etablierende Fischfauna verdrängt werden. Exakte Erhebungen über die tierökologische Bedeutung des Sees wurden bisher nicht vorgenommen. Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim hatte im Jahr 2005 mitgeteilt, dass aus gewässerökologischer Sicht die natürlichen Seespiegelschwankungen kein Problem darstellen, sondern vielmehr besondere Lebensraumqualitäten schaffen , die durchaus einen eigenen Wert haben. Zudem sei es aus gewässerökologischer Sicht kritisch zu hinterfragen, ob es unbedingt notwendig und sinnvoll ist, in einen natürlichen Vorgang einer an sich urtümlichen Landschaft einzugreifen, zumal die Erfolgsaussichten von Abdichtungsmaßnahmen eher skeptisch zu beurteilen sind. Ergänzend darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die Erschließung des Sees derzeit auf einer Strecke von ca. 200 m–300 m nur durch einen Fußweg gegeben ist, der für den Materialtransport ausgebaut werden müsste. Zudem ist der frühere Hinweis des Geologischen Landesamtes, Bodenbewegungen möglichst zu vermeiden, auch heute noch gültig. 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um den Soilasee wieder als See erlebbar zu machen? Hierzu darf auf die Vorbemerkung sowie auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen werden. 3. Wie bewertet die Staatsregierung eine entsprechende Reaktivierung dieses Bergsees, aufgeschlüsselt nach: a) touristischen Erwägungen? Oberammergau und die Ammergauer Alpen sind aufgrund ihrer vielfältigen naturräumlichen und kulturellen Attraktionen eine beliebte oberbayerische Tourismusregion. Es ist davon auszugehen, dass ein reaktivierter Soila-Bergsee, der sich natürlich in die Alpenlandschaft einfügt, den bereits hohen Erlebniswert der umgebenden Alpenlandschaft aus Sicht der Gäste nochmals erhöhen würde. Sofern einer Reaktivierung keine naturschutzfachlichen Bedenken entgegenstehen und eine Reaktivierung in einem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis steht, hat ein dauerhafter See durchaus seinen touristischen Reiz. Zu berücksichtigen wäre allerdings die Kompatibilität mit der laufenden Bewerbung der Tourismusregion Ammergauer Alpen als Naturparkregion. Die Entscheidung über die touristische Schwerpunktsetzung obliegt den zuständigen Tourismusfachleuten vor Ort. b) forst- und landwirtschaftlichen Erwägungen? Nach Auskunft des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weilheim sind landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Belange nicht berührt. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bisher keine Nutzung des Sees besteht. Als Fischgewässer ist er aufgrund der Wasserspiegelschwankungen ungeeignet. Das Umfeld des Sees ist Teil der Oberammergauer SoilaAlm , die mit Jungrindern beweidet wird. Im Umfeld des Sees bestehen keine Waldflächen. c) ökologischen Erwägungen? Hier darf zunächst auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen werden. Aus naturschutzfachlicher Sicht erscheint es fragwürdig, in 1.400 m Höhe solche aufwendigen Maßnahmen durchzuführen , um die touristische Attraktivität zu steigern. Vor dem Hintergrund der gutachterlichen Stellungnahme des Geologischen Landesamts dürfte die Reaktivierung in keinem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen. Zu befürchten ist außerdem, dass sich am See bei einem Ausbau eine höhere Freizeitaktivität entwickeln könnte, die mit der Alpenbiotopkartierung als geschützter Feuchtlebensraum bzw. mit § 30 BNatSchG nicht vereinbar wäre. In Biotopen sind Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung führen können, grundsätzlich verboten. 4. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche Fördermöglichkeiten bei einer entsprechenden Maßnahme zur Reaktivierung genutzt werden können (Landes-, Bundes- bzw. Europamittel)? Grundsätzlich kommt nur bei Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes und der Landschaftspflege eine Förderung nach den Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes, der Landschaftspflege sowie der naturverträglichen Erholung in Naturparken (LNPR) in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass die Maßnahme fachlich für förderfähig gehalten wird. Dies ist in diesem Fall nicht gegeben, da gerade die Schwankungen des Wasserkörpers besondere ökologische Bedingungen und somit besondere Lebensräume schaffen und eine mit massiven Eingriffen verbundene, technisch fragwürdige (Teil-)Abdichtung des Sees zu einer erheblichen Beeinträchtigung dieses geschützten Biotopes führen würde.