Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.07.2014 Auslegungsleitlinien zur Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße Am 29. März 2014 sind die Auslegungsleitlinien zur Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße der Europäischen Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wie verändern die am 29. März veröffentlichten Auslegungsleitlinien zur Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße das Verwaltungshandeln in Bayern? 2. Inwieweit verändern sich die Voraussetzungen für Direktvergaben an interne Betreiber hinsichtlich Selbsterbringungsquote bzw. Unterauftragsvergabe, nachdem die Staatsregierung für das Merkmal „überwiegend“ bisher fordert, dass der interne Betreiber einen Anteil von mehr als 50 Prozent der Verwaltung und der tatsächlichen Betriebsleistung des Personenverkehrsdienstes selbst erbringt , den Leitlinien aber entnommen werden kann, dass es für die Untervergabe von mehr als einem Drittel der öffentlichen Verkehrsdienste guter Gründe bedürfe? 3. Wie gewährleistet die Staatsregierung einen einheitlichen und insbesondere einen transparenten Vollzug der Verordnung 1370/2007 ohne formelle Handreichungen für Aufgabenträger und Genehmigungsbehörden? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.08.2014 1. Wie verändern die am 29. März veröffentlichten Auslegungsleitlinien zur Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße das Verwaltungshandeln in Bayern? Im Gegensatz zu europäischen Verordnungen oder Richtlinien handelt es sich bei den am 29.03.2014 veröffentlichten Auslegungsleitlinien der Kommission nicht um für Gerichte oder Behörden unmittelbar bindende Rechtsnormen. Zwar geben diese die Rechtsauffassung der Europäischen Kommission im Hinblick auf die Anwendung und Auslegung der VO (EG) 1370/2007 wieder und können daher Relevanz für etwaige Beihilfeprüfverfahren entfalten. Die Befugnis zur Entscheidung über die konkrete rechtliche Auslegung der jeweiligen Normen verbleibt dagegen weiterhin bei dem Gerichtshof der Europäischen Union. Gleichwohl wird das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr den Regierungen empfehlen, die von der Kommission aufgestellten Leitlinien bei der Auslegung und Anwendung der VO (EG) 1370/2007 zu berücksichtigen. Wichtig bleibt allerdings auch die Feststellung, dass die jeweiligen Aufgabenträger , welche die Aufgaben des ÖPNV im eigenen Wirkungskreis erfüllen, eine hohe Eigenverantwortung in der Sicherstellung der korrekten Auslegung Europäischen Rechts bei dessen Vollzug besitzen. 2. Inwieweit verändern sich die Voraussetzungen für Direktvergaben an interne Betreiber hinsichtlich Selbsterbringungsquote bzw. Unterauftragsvergabe, nachdem die Staatsregierung für das Merkmal „überwiegend “ bisher fordert, dass der interne Betreiber einen Anteil von mehr als 50 Prozent der Verwaltung und der tatsächlichen Betriebsleistung des Personenverkehrsdienstes selbst erbringt, den Leitlinien aber entnommen werden kann, dass es für die Untervergabe von mehr als einem Drittel der öffentlichen Verkehrsdienste guter Gründe bedürfe? Wie bereits in Punkt 1 erläutert, können die Auslegungsleitlinien der Europäischen Kommission vom 29.03.2014 lediglich als Hilfestellungen bei der Auslegung der VO (EG) 1370/2007 dienen. Verbindlichen Charakter haben sie dagegen nicht. Festzuhalten ist, dass die Kommission in den Auslegungsleitlinien von der bisher vertretenen Auffassung , das Kriterium des „überwiegenden Teils“ in Art. 5 Absatz 1 Buchst. e der VO (EG) 1370/2007 umfasse bereits über 50 % eigen erbrachter öffentlicher Personenverkehrsdienste , abweicht. Dass es nach der Kommission bei einer Untervergabe von mehr als einem Drittel der öffentlichen Verkehrsdienste guter Gründe bedarf, wird künftig in stärkerem Maße von den Aufgabenträgern zu berücksichtigen sein. Allerdings muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Kommission selbst in den Auslegungsleitlinien die Bedeutung einer Einzelfallbewertung herausstellt. Diese kann gegebenenfalls zu abweichenden Ergebnissen führen. 3. Wie gewährleistet die Staatsregierung einen einheitlichen und insbesondere einen transparenten Vollzug der Verordnung 1370/2007 ohne formelle Handreichungen für Aufgabenträger und Genehmigungsbehörden ? Gemäß Art. 8 Absatz 1 Satz 1, 9 BayÖPNVG erfüllen die Landkreise, die kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Gemeinden (sofern ihnen Aufgaben des ÖPNV übertragen worden sind) die Planung, Organisation und Sicherstellung des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs als freiwillige Aufgaben im eigenen Wirkungskreis. Wie bereits Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.09.2014 17/2942 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2942 erwähnt, obliegt diesen damit zunächst selbst die Verantwortung für die Einhaltung von EU-Recht. Die Bezirksregierungen haben lediglich im Wege der Rechtsaufsicht im Einzelfall Möglichkeiten, den Vollzug der VO (EG) 1370/2007 zu überwachen. Den Aufgabenträgern verbleibt aber im Rahmen der Anwendung und Auslegung bzw. des Vollzugs der VO (EG) 1370/2007 ein Spielraum, soweit die Normen dies zulassen. Dennoch wird vonseiten der Staatsregierung darauf geachtet werden, im Rahmen der turnusmäßigen Dienstbesprechungen sowie gegebenenfalls durch Informationsschreiben einen einheitlichen und transparenten Vollzug möglichst sicherzustellen. Die Entscheidung über eine bestimmte verbindliche Auslegung unbestimmter oder auslegungsbedürftiger Rechtsbegriffe in der VO (EG) 1370/2007 obliegt dagegen dem Gerichtshof der Europäischen Union.