Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Arif Taşdelen SPD vom 14.07.2014 Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen Am 01.08.2013 trat das Bayerische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BayBQFG) in Kraft. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Anerkennungsanträge wurden im Jahre 2013 in Bayern gestellt? 2. Wie viele Anerkennungsbescheide wurden im Jahre 2013 in Bayern positiv beschieden? 3. Inwiefern wird bei der Erfassung der Anträge nach der Aufenthaltsdauer der Antragstellenden differenziert (Neuzuwanderer, Altansässige)? 4. Wie hoch sind die Gebühren für die Bescheidung der Anträge? 5. Gibt es in Bayern Nachqualifizierungsangebote für die Fälle einer Teilanerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse ? a) Wenn ja, welche und wie oft wurden sie im Jahr 2013 in Anspruch genommen? 6. Wie bewertet die Staatsregierung die Wirkung des Gesetzes auf die nachholende Integration von bereits im Freistaat lebenden Migranten sowie auf die Eingliederung von Neuzuwanderern? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 20.08.2014 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Arif Taşdelen wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, dem Staatsministerium der Justiz, dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie und dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: Im Folgenden wird beantwortet, wie sich die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen entwickelte nach Inkrafttreten des Bayerischen Berufsqualifikationsgesetzes (BayBQFG) am 01.08.2013. 1. Wie viele Anerkennungsanträge wurden im Jahre 2013 in Bayern gestellt? In Bayern wurden im Jahr 2013 23 Anträge gestellt. Im Einzelnen: Im Geschäftsbereich des StMAS wurden 9 Anträge gestellt. Im Geschäftsbereich des StMI wurden 2 Anträge gestellt. Im Geschäftsbereich des StMWi wurden 2 Anträge gestellt. Im Geschäftsbereich des StMGP wurden 10 Anträge gestellt . Im Geschäftsbereich des StMJ gibt es keine Berufe, die in den Anwendungsbereich des BayBQFG fallen. In den Geschäftsbereichen des StMUV, StMFLH, StMBW und StMELF wurden 2013 keine Anträge auf Anerkennung von im Ausland erworbener Berufsqualifikationen gestellt. 2. Wie viele Anerkennungsbescheide wurden im Jahre 2013 in Bayern positiv beschieden? In Bayern wurden im Jahr 2013 11 Anerkennungsbescheide positiv beschieden. Im Einzelnen: Im Geschäftsbereich des StMAS wurden 7 Anerkennungsbescheide positiv beschieden. Im Geschäftsbereich des StMGP wurden 4 Anerkennungsbescheide positiv beschieden. In den Geschäftsbereichen des StMI und StMWi wurde kein Anerkennungsbescheid positiv beschieden. 3. Inwiefern wird bei der Erfassung der Anträge nach der Aufenthaltsdauer der Antragstellenden differenziert (Neuzuwanderer, Altansässige)? Bei der Erfassung der Anträge wird nicht nach der Aufenthaltsdauer der Antragstellenden differenziert. 4. Wie hoch sind die Gebühren für die Bescheidung der Anträge? Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des (bayerischen) Kostengesetzes (KG) besagt, dass die Behörden des Staates für Tätigkeiten, die sie in Ausübung hoheitlicher Gewalt vornehmen (Amtshandlungen ), Kosten (Gebühren und Auslagen) erheben. Der Antragsteller trägt die Kosten für das Anerkennungsverfahren und eventuell erforderliche Ausgleichsmaßnahmen also grundsätzlich in voller Höhe selbst. Eine Kostenunterdeckung zulasten des Freistaates Bayern ist durch die Erhebung von Gebühren, die wenigstens den Verwaltungsaufwand decken, zu vermeiden. Grundsätzlich bemisst sich die Höhe der Gebühr nach dem Kostenverzeichnis (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG). Sofern Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.10.2014 17/2948 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2948 eine Regelung im Kostenverzeichnis fehlt und im Kostenverzeichnis nicht eine vergleichbare Amtshandlung bewertet ist – in diesem Fall wäre die dafür vorgesehene Gebühr heranzuziehen (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 KG) – wird eine Gebühr gemäß des Rahmens in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 KG festgesetzt. Für Amtshandlungen nach dem BayBQFG gibt es noch keine Regelung im Kostenverzeichnis. Eine solche ist in Vorbereitung , kann aber wohl frühestens Anfang 2015 in Kraft treten. Somit ist für die Gebührenerhebung derzeit die Gebühr einer vergleichbaren Amtshandlung oder der Gebührenrahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 KG heranzuziehen. Im Einzelnen: Im Geschäftsbereich des StMAS: Bei der Festsetzung des Betrages wurde der zeitliche Aufwand der Antragsbearbeitung zugrunde gelegt. Die durchschnittlichen Verfahrenskosten betrugen 378,15 €. Im Geschäftsbereich des StMI: Im Jahr 2013 wurden Gebühren von 100 € im Einzelfall erhoben . Im Geschäftsbereich des StMWi: Die zuständigen Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern haben einen Gebührenrahmen zwischen 100 € und 600 € für die Bearbeitung von Anerken-nungsfällen nach dem BayBQFG festgelegt. Die Gebühr bemisst sich nach dem Arbeitsaufwand im jeweiligen Verfahren. Im Geschäftsbereich des StMGP: Die Bayerische Landesärztekammer hat im Jahr 2013 keine Gebühren für die Bescheidung von Anträgen erhoben. Die Bayerische Landeszahnärztekammer teilte mit, dass die Höhe der Gebühren gemäß der Gebührensatzung der BLZK je nach Arbeitsaufwand zwischen 100 € und 400 € variieren kann. Im Geschäftsbereich des StMBW: Im Falle der Bescheidung von Anträgen nach dem BayBQFG werden Gebühren zwischen 15 € und 450 € erhoben. Im Geschäftsbereich des StMELF: Im Falle der Bescheidung von Anträgen nach dem BayBQFG werden je nach Verwaltungsaufwand 120 € bis 180 € erhoben. 5. Gibt es in Bayern Nachqualifizierungsangebote für die Fälle einer Teilanerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse? In Bayern gibt es für die teilweise anerkannten ausländischen Berufsabschlüsse unterschiedliche Nachqualifizierungsangebote . Im Einzelnen: Im Geschäftsbereich des StMAS: Für Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen wird als Anpassungslehrgang im Sinne des Art. 11 BaySozKiPädG von der Katholischen Stiftungsfachhochschule (KSFH) München ein „Internationales Brückenseminar Soziale Arbeit“ angeboten. Das Seminar beginnt Ende September 2014 mit voraussichtlich ca. 15–20 Teilnehmern. a) Wenn ja, welche und wie oft wurden sie im Jahr 2013 in Anspruch genommen? Im Jahr 2013 hatte noch kein Nachqualifizierungsangebot bestanden. Für eine Antragstellerin wurde im Jahr 2014 eine individuell konzipierte Eignungsprüfung von der KSFH München abgenommen. Angesichts des derzeit noch geringen Nachqualifizierungsbedarfs ist ein eigenständiger Anpassungslehrgang für Kindheitspädagoginnen und Kindheitspädagogen noch nicht tragfähig. Ein Nachqualifizierungsangebot der bayerischen Hochschulen erfolgt daher individuell durch die KSFH München. Ausgleichsmaßnahmen in diesem Sinne wurden bislang noch nicht in Anspruch genommen. Im Geschäftsbereich des StMI: Es sind keine Nachqualifizierungsangebote für Fälle einer Teilanerkennung vorhanden. Für den Bereich der Berufsausbildungen in der Zuständigkeit des StMI sind Nachqualifizierungsangebote nicht erforderlich, da es sich um nicht reglementierte Berufe handelt und somit der gesetzliche Anwendungsbereich des Angebots von Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der reglementierten Berufe nicht eröffnet ist. Im Geschäftsbereich des StMWi: Im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammern gab es 2013 kein Verfahren, bei dem es bei einer teilweisen Gleichwertigkeitsfeststellung zu Nachqualifizierungsbedarf kam. Mangels Nachfrage werden daher auch keine speziellen Nachqualifizierungsangebote angeboten. Größtenteils können bereits existierende Seminare/Weiterbildungsangebote genutzt werden. Sofern mehrere Teilnehmer mit den gleichen „Qualifizierungslücken “ vorhanden sind, wären Kursanbieter sicherlich auch bereit, spezielle Kurse anzubieten. Im Geschäftsbereich des StMGP: Die Ausgleichsmaßnahmen (Nachqualifizierungsangebote) sind nach Art. 11 BayBQFG lediglich für die reglementierten Berufe vorgesehen. Da der Abschluss Medizinische(r) Fachangestellte(r) zu den nicht reglementierten Berufen gehört, finden durch die Bayerische Landesärztekammer keine diesbezüglichen, spezifischen Nachqualifizierungsangebote statt. Im Geschäftsbereich des StMFLH: Im Bereich der Steuerverwaltung wurden keine Nachqualifizierungsangebote erforderlich. In der Vermessungsverwaltung kommen Ausbildungsberufe , für die im Falle eines ausländischen Abschlusses eine Anerkennung nach dem BayBQFG notwendig wäre, nicht vor. Somit gibt es auch keine Nachqualifizierungsangebote für die Fälle einer Teilanerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse . Das Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung ist zuständige Stelle für die Ausbildungsberufe Vermessungstechniker und Geomatiker (Letztere nur soweit im öffentlichen Dienst). Diese sind jedoch Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und damit durch den Bund geregelt. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erfolgt daher ggf. nach dem Bundes-BQFG. Selbst in diesem Bereich gab es im letzten Jahr keinerlei Anfragen und damit auch keine Notwendigkeit eines Nachqualifizierungsangebotes . Drucksache 17/2948 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Im Geschäftsbereich des StMBW: Für den sozialpflegerischen und sozialpädagogischen Bereich hat die Regierung von Niederbayern 2013 ein Nachqualifizierungsangebot entwickelt, das Bewerberinnen und Bewerber seit Juni 2014 in Anspruch nehmen können. Für den gewerblich-technischen und kaufmännischen Bereich verweist die Regierung von Oberbayern hinsichtlich der Nachqualifizierung auf bereits bestehende Kursangebote zur beruflichen Qualifizierung (z. B. der Kammern) und eine mögliche Aufnahme in entsprechende Fachschulen und Fachakademien ins zweite Schuljahr. Für Übersetzer und Dolmetscher besteht die Möglichkeit, wesentliche Unterschiede zwischen der nachgewiesenen Berufsqualifikation und der bayerischen Ausbildung durch das Absolvieren eines Anpassungslehrgangs oder einer Eignungsprüfung an einer Fachakademie für Übersetzen und Dolmetschen bzw. einer staatlichen Prüfungsstelle für Übersetzer und Dolmetscher auszugleichen. Im Geschäftsbereich des StMELF: In Fällen einer Teilanerkennung können zukünftig für Nachqualifizierungsangebote Maßnahmen der überbetrieblichen Ausbildung oder Erwachsenenbildungsmaßnahmen der Landwirtschaftsverwaltung vorgeschlagen werden. Besondere Bedeutung werden wohl Qualifikationen zur Sachkunde wie beispielsweise der Pflanzenschutzkundenachweis haben. 6. Wie bewertet die Staatsregierung die Wirkung des Gesetzes auf die nachholende Integration von bereits im Freistaat lebenden Migranten sowie auf die Eingliederung von Neuzuwanderern? Die Wirkung des BayBQFG auf die Integration von bereits rechtmäßig und auf Dauer im Freistaat lebenden Menschen mit Migrationshintergrund lässt sich zwar statistisch noch nicht abschließend bewerten. Integrationspolitisch ist die Anerkennung ausländischer Qualifikationen aus Sicht der Staatsregierung aber von besonders hohem Wert: Die Integration in die Arbeitswelt ist die beste Integration in die bayerische Lebenswelt – sie ist neben Deutschkenntnissen ein wichtiger Schlüssel für die erfolgreiche Integration von Neuzuwanderern ebenso wie im Bereich der nachholenden Integration. Das BayBQFG hat die Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit von aus- und inländischen Berufsabschlüssen , die Menschen mit Migrationshintergrund nach Bayern mitbringen, maßgeblich verbessert. Es ist damit ein wichtiger Baustein, um die hohe Arbeitsmarktbeteiligung der Migrantinnen und Migranten in Bayern weiter auszubauen: Mit 75,4 % [2012] liegt die Erwerbsquote von Menschen mit Migrationshintergrund nämlich bereits deutlich über dem Bundesdurchschnitt [70,4 %; Quelle: Datenreport Soziale Lage in Bayern 2013]. Auch ist die berufliche Anerkennung ein Ausdruck der Wertschätzung von Integrationsleistungen, die Menschen mit Migrationshintergrund als Leistungsträger im Erwerbsleben in Bayern erbringen.