Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 09.07.2014 Kontrolle der Tierhaltungsanlagen durch Veterinärämter 2 Laut Medienberichten in den letzten Wochen soll es in einigen Putenmastbetrieben bei Dillingen zu schweren Verstößen gegen das Tierschutzgesetz gekommen sein. In diesem Zusammenhang wird auch dem Landratsamt Dillingen der Vorwurf gemacht, nicht alle vorgeschriebenen Kontrollen durchgeführt zu haben. Ebenso gab es sehr unterschiedliche Aussagen zur Zulässigkeit unangemeldeter Kontrollen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele tierhaltende Betriebe wurden im Jahr 2013 und im 1. Quartal 2014 von den Behörden tierschutzrechtlich kontrolliert? Bitte auch angeben: – wie viele Kontrollen fanden angemeldet und – wie viel fanden nicht angemeldet statt. 2. In wie vielen Fällen gab es welche Art von Beanstandungen ? Bitte auch angeben: – Betrieb und Standort, Produktionsrichtung, Anzahl der Tierplätze, – welche Kontrollbehörde, – Anlass der Kontrolle, – angekündigte oder unangekündigte Kontrolle, – Ergebnisse und Inhalt von Beanstandungen. 3. Wie viele – Ordnungsverfügungen- Ordnungswidrigkeiten, – Cross-Compliance-Verfahren (CC-Kontrollen), – Strafanzeigen und Strafverfahren ergaben sich durch welche festgestellten Beanstandun- gen gemäß Frage 1? Bitte auch Art und Höhe von ggf. verhängten Ordnungs-, Buß- oder Zwangsgeldern sowie die Höhe der CC-Sanktionen angeben. 4. Wie viele und welche Maßnahmen gemäß § 16 a TierSchG wurden 2013 und im 1. Quartal 2014 angeordnet? 5. In welcher Relation stehen die unter Frage 1 durchgeführten Kontrollen zur Gesamtanzahl der Tierhaltungsbetriebe in Bayern? 6. Wie bewertet die Landesregierung die Anzahl und die Gründe der in Frage 2, 3 und 4 genannten Beanstandungen , Ordnungsverfügungen, Ordnungswidrigkeiten, Cross-Compliance-Verfahren (CC-Kontrollen), Strafanzeigen und Strafverfahren? 7. Inwiefern sieht die Staatsregierung Handlungsbedarf zur Reduzierung von Rechtsverstößen in der Nutztierhaltung ? 8. Welche konkreten Vorschläge könnten zur Reduzierung führen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 29.08.2014 Die Schriftliche Anfrage im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. Wie viele tierhaltende Betriebe wurden im Jahr 2013 und im 1. Quartal 2014 von den Behörden tierschutzrechtlich kontrolliert? Bitte auch angeben: – wie viele Kontrollen fanden angemeldet und – wie viel fanden nicht angemeldet statt. Im Jahr 2013 wurden 3.065 landwirtschaftliche Tierhaltungen (Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Geflügel) kontrolliert. Die Zahl der kontrollierten Betriebe ist geringer, da Mehrfachhaltungen (z. B. gleichzeitige Haltung von Rindern und Schweinen) auf einem Betrieb vorkommen. Nicht berücksichtigt wurden bei dieser Zahl Mehrfachkontrollen einer Tierhaltung. Für das 1. Quartal 2014 können noch keine entsprechenden Angaben gemacht werden, da die tierschutzrechtlichen Kontrollen in Nutztierhaltungen jeweils rückwirkend für das gesamte Jahr ausgewertet werden. Alle tierschutzrechtlichen Kontrollen sind grundsätzlich ohne Vorankündigung durchzuführen, es sei denn eine effektive Überprüfung ist ohne Vorankündigung nicht möglich bzw. gefährdet (aktive Mitwirkung des Betriebsinhabers erforderlich). Die Ankündigungsfrist ist so zu bemessen, dass die Zuverlässigkeit der Kontrolle, d. h. der Erfolg der Kontrolle dadurch nicht gefährdet wird. Der Spielraum für die Ankündigungsfrist beträgt daher maximal 48 Stunden. Er darf nur im absoluten Ausnahmefall mit entsprechender Begründung überschritten werden. Aufgrund des organisatorischen Aufwands (Beteiligung mehrerer Kontrollbehörden) für die Durchführung der CrossCompliance -Kontrollen (CC-Kontrollen) ist bei diesen Kontrollen von einem höheren Anteil angekündigter Kontrollen auszugehen. Die Anzahl der vorangekündigten Kontrollen außerhalb der CC-Kontrollen ist dem StMUV nicht bekannt. Eine Abfrage der Veterinärämter ist in der vorgegebenen Zeit zur Beantwortung der Anfrage nicht möglich. Bei den CC-Kontrollen erfolgte 2013 bei den drei tierschutzrelevanten CC-Rechtsakten (Tierschutz-Nutztiere, Tierschutz-Schweine, Tierschutz-Kälber) bei ca. 97 % der Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.10.2014 17/2965 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2965 Kontrollen eine Vorankündigung innerhalb von 48 Stunden vor der Kontrolle. 2. In wie vielen Fällen gab es welche Art von Beanstandungen ? Bitte auch angeben: – Betrieb und Standort, Produktionsrichtung, Anzahl der Tierplätze, – welche Kontrollbehörde, – Anlass der Kontrolle, – angekündigte oder unangekündigte Kontrolle, – Ergebnisse und Inhalt von Beanstandungen. Bei den tierschutzrechtlich kontrollierten 3.065 Tierhaltungen wurden in 652 Haltungen Verstöße gegen das Tierschutzrecht festgestellt. Angaben zu Betrieb und Standort sind aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Bei den tierschutzrechtlich kontrollierten 3.065 Tierhaltungen handelt es sich um Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltungen . Angaben zur Anzahl der Tierplätze in den Betrieben sind in der vorgegebenen Zeit zur Beantwortung der Anfrage nicht möglich. Kontrollbehörde war die jeweils zuständige Kreisverwaltungsbehörde . Angaben zum Kontrollanlass und zur Ankündigung der Kontrollen bei den Betrieben mit Verstoß sind nur für die CCKontrollen möglich: Beim Anlass kann bei den CC-Kontrollen unterschieden werden in systematische CC-Kontrollen bei Betrieben, die aufgrund einer Risikoanalyse für die Kontrolle ausgewählt wurde und Anlasskontrollen. Sofern bei Anlasskontrollen Verstöße gegen CC-relevante Anforderungen festgestellt werden, sind die betroffenen Betriebe nach CCRecht zu sanktionieren (Kürzungen der Prämien). Betriebe mit Verstößen gegen die tierschutzrechtlichen Anforderungen: Ankündigung1 Systematische Kontrollen Anlasskontrollen Ohne Ankündigung 25 466 Bis 48 Stunden vorher 198 134 Noch früher 7 8 Summe 230 608 1Die gegenüber der Zahl der Haltungen mit Verstößen (652) höhere Zahl der Kontrollen ist durch Mehrfachkontrollen einzelner Betriebe bedingt. Die Beanstandungen waren wie folgt auf die verschiedenen Tierarten bzw. Tierartgruppen verteilt: Beanstandungsgrund Rinder Schweine Schafe Ziegen Geflügel Personal 10 *2 5 2 1 0 Kontrollen (der Tiere) 105 *14 35 10 4 8 **5 Aufzeichnungen 168 *80 37 13 5 28 **3 Bewegungsfreiheit 163 *123 8 1 1 **5 Besatzdichte *49 72 0 0 **2 Gebäude und Unterbringung 163 *99 24 3 2 19 **16 Mindestbeleuchtung *15 3 0 0 **4 Böden/Einstreu 0 51 0 0 0 Automatische und mechanische Anlagen 37 *6 7 0 0 0 Füttern, Tränken, beigefügte Stoffe, 142 *93 38 3 3 7 **3 Raufutterangebot *32 0 0 0 0 Eingriffen 12 *5 1 0 0 **2 * davon Kälberhaltung ** davon Legehennen 3. Wie viele: – Ordnungsverfügungen-Ordnungswidrigkeiten, – Cross-Compliance-Verfahren (CC-Kontrollen), – Strafanzeigen und Strafverfahren ergaben sich durch welche festgestellten Beanstandungen gemäß Frage 1? Bitte auch Art und Höhe von ggf. verhängten Ordnungs-, Buß- oder Zwangsgeldern sowie die Höhe der CC-Sanktionen angeben. Die Verstöße gegen das Tierschutzrecht teilten sich wie folgt in die administrativen Verstoßkategorien auf: Tierart/-gruppe Aufforderung, Verstöße binnen einer Frist von weniger als drei Monaten zu beseitigen Aufforderung, Verstöße binnen einer Frist von mehr als drei Monaten zu beseitigen Sofortige Einleitung eines Ordnungs widrigkeiten - oder Strafverfahrens Rinder ohne Kälber 330 5 43 Kälber 490 8 20 Schweine 191 35 55 Schafe 29 0 3 Ziegen 12 0 4 Geflügel ohne Legehennen 32 0 3 Legehennen 33 5 2 Zu Art und Höhe verhängter Ordnungs-, Buß- oder Zwangsgelder können innerhalb der Bearbeitungsfrist der vorliegenden Anfrage keine Angaben gemacht werden. Zur Höhe der betriebsindividuellen CC-Sanktionen können innerhalb der Bearbeitungsfrist für diese Anfrage keine Angaben gemacht werden. Da die absolute Höhe der Sanktion vom beantragten Prämienvolumen eines Betriebes abhängt, ist diese auch nicht aussagekräftig. Insgesamt bedingten Verstöße im Bereich Tierschutz folgende prozentualen Kürzungen der Prämien: Systematische CC-Kontrollen Prämienkürzungssatz 1 % 3 % 5 % Vorsatz (15–100 %) Kälber 0 53 16 2 Schweine 0 8 8 0 Ldw. Nutztiere 60 61 24 3 Anlasskontrollen Kälber 1 161 47 4 Schweine 4 64 67 1 Ldw. Nutztiere 35 154 76 12 Angegeben ist jeweils die Zahl der Betriebe, die bei der jeweiligen Rechtsanforderung (Kälber , Schweine, Nutztiere) mit einer Kürzung von 1, 3 oder 5% bzw. bei Vorsatz bis zu 100% der Prämien sanktioniert wurden. Drucksache 17/2965 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 4. Wie viele und welche Maßnahmen gemäß § 16 a TierSchG wurden 2013 und im 1. Quartal 2014 angeordnet ? Wegen des Verwaltungsaufwandes für die Erhebung der Art und Anzahl der angeordneten Maßnahmen gemäß § 16 a TierSchG können hierzu keine Angaben gemacht werden. 5. In welcher Relation stehen die unter Frage 1 durchgeführten Kontrollen zur Gesamtzahl der Tierhaltungsbetriebe in Bayern? Im Jahr 2013 waren 57.715 Rinderhaltungen (ohne Kälber), 51.449 Kälberhaltungen, 18.194 Schweinehaltungen, 7.681 Schafhaltungen, 4.664 Ziegenhaltungen, 2.481 Masthühnerhaltungen , 553 Legehennenhaltungen, 77 Laufvogelhaltungen , 3.247 Entenhaltungen, 1.923 Gänsehaltungen und 907 Putenhaltungen in Bayern behördlich erfasst. Zu den Kontrollzahlen verweisen wir auf Frage 1. 6. Wie bewertet die Landesregierung die Anzahl und die Gründe der in Frage 2, 3 und 4 genannten Beanstandungen , Ordnungsverfügungen, Ordnungswidrigkeiten , Cross-Compliance-Verfahren (CC-Kontrollen), Strafanzeigen und Strafverfahren? Für die Beurteilung der Situation ist weniger die Anzahl der Verstöße insgesamt relevant, als vielmehr die Beurteilung der einzelnen Betriebe im Hinblick auf Ausmaß und Schwere der Verstöße. Betriebe, die aus mangelnder Sachkenntnis und/oder aufgrund fehlenden Verständnisses für die Belange des Tierschutzes schwere Verstöße oder ggf. immer wiederkehrende Verstöße gegen das Tierschutzrecht aufweisen, müssen anders beurteilt werden, als Betriebe, die aus Fahrlässigkeit geringe Verstöße begehen. Eine detaillierte Beurteilung der Situation ist nur auf Ebene der Kontrollbehörden möglich. 7. Inwiefern sieht die Staatsregierung Handlungsbedarf zur Reduzierung von Rechtsverstößen in der Nutztierhaltung ? Die Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung ist eine Daueraufgabe, die nur gemeinsam mit den Tierhaltern bewältigt werden kann. Daher muss neben der Effizienz der behördlichen Kontrollen die Eigenverantwortung der Tierhalter gesteigert werden. Dies spiegelt sich auch in der Vorgabe des 2013 geänderten Tierschutzgesetzes wider, wonach bei der Nutztierhaltung zu Erwerbszwecken durch betriebliche Eigenkontrollen das Wohlbefinden der Tiere sichergestellt werden muss. Die Entwicklung von wirksamen Eigenkontroll- und Qualitätssicherungssystemen wird in den kommenden Jahren eine wesentliche Aufgabe für alle an der Erzeugung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Nutztieren beteiligten Organisationen sein. 8. Welche konkreten Vorschläge könnten zur Reduzierung führen? Siehe Antwort zu Frage 7.