Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian von Brunn, Harry Scheuenstuhl , Klaus Adelt, Herbert Woerlein SPD vom 24.06.2014 28 Jahre nach Tschernobyl – verseuchte Lebensmittel Auch 28 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl bleibt die Belastung von Pflanzen, insbesondere Pilzen und Wildtieren , ein aktuelles Thema in Bayern, das in Deutschland vom radioaktiven Fallout am stärksten betroffen wurde. Bei einzelnen Spitzenwerten von über 10.000 Becquerel/kg bei Wildtieren für Caesium 137 und 6.900 Becquerel/kg bei Pilzen , wie Zeitungsberichte jüngst erneut hervorhoben, ist das öffentliche Interesse an aktueller und umfangreicher Information über die radioaktive Belastung in Bayern ungebrochen groß. Wir fragen daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Wildtiere wurden in Bayern 2013 geschos- sen, sortiert nach Landkreisen? b) Wie viele davon mussten wegen zu hoher radioaktiver Belastung entsorgt werden, sortiert nach Landkreisen ? c) Wie weit lagen die Werte durchschnittlich über den zulässigen Grenzwerten? 2. a) Wie viele Messstellen stehen für Privatpersonen bayernweit zur Verfügung, aufgeführt nach Landkreisen? b) Für wie viele Anfragen sind diese Messstationen ausgestattet ? c) Wie hoch ist deren Auslastung im Durchschnitt? 3. a) Wie und wo wird radioaktiv kontaminiertes Wild in Bayern entsorgt? 4. a) Wie oft und in welchem Umfang finden Pilzmessungen auf radioaktive Belastung statt, aufgeteilt nach Landkreisen mit welchen Ergebnissen im Jahr 2013? b) Welche Maßnahmen werden bei den Grenzwert überschreitenden Messergebnissen ergriffen? 5. a) Stehen Pilzsammlern Messstationen für gesammelte Pilze zur Verfügung? b) Wenn ja, in welcher Anzahl, aufgeteilt nach Landkreisen ? 6. a) Welche weiteren Lebensmittel werden derzeit regelmäßig auf Strahlenbelastung überprüft? b) Mit welchen Ergebnissen 2013? c) Wie werden diese ggf. entsorgt? 7. a) Wie werden Verbraucher in Bayern über die Gefahr radioaktiver Verseuchung von Lebensmitteln aufgeklärt? b) Wie werden die Angebote nach Erkenntnissen der Staatsregierung von den Verbrauchern genutzt? c) Ist dieses Informationsangebot nach Auffassung der Staatsregierung ausreichend? 8. Gibt es nach Erkenntnissen der Staatsregierung Verbraucher in Bayern, die aktuell an Beeinträchtigungen durch den Verzehr radioaktiv kontaminierter Lebensmittel leiden? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 05.09.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. a) Wie viele Wildtiere wurden in Bayern 2013 geschossen , sortiert nach Landkreisen? b) Wie viele davon mussten wegen zu hoher radioaktiver Belastung entsorgt werden, sortiert nach Landkreisen? c) Wie weit lagen die Werte durchschnittlich über den zulässigen Grenzwerten? Die Statistik über die Abschusszahlen 2013 und die Radioaktivitätsmesswerte der Bayerischen Staatsforsten 2013 liegen erst im Herbst 2014 vor. Tabelle 1 zeigt die Anzahl der Messwerte und Grenzwertüberschreitungen (größer 600 Bq/kg) des Bayerischen Jagdverbandes und der amtlichen Lebensmittelüberwachung für das Jahr 2013. Erlegte Tiere, bei denen der Radiocäsiumgehalt über 600 Bq/kg liegt, dürfen als Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden und müssen entsorgt werden. Erkenntnisse, wie weit die Grenzwerte im Durchschnitt überschritten wurden, liegen nicht vor. Tabelle 1: Anzahl der Radioaktivitätsmesswerte der Amtlichen Lebensmittelüberwachung und des Bayerischen Jagdverbandes Landkreis Anzahl der gemessenen Proben davon über dem Grenzwert Aichach-Friedberg 315 41 Altötting 58 9 Amberg-Sulzbach 129 1 Ansbach 109 0 Aschaffenburg 28 0 Augsburg 628 333 Bad Kissingen 0 0 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.10.2014 17/3020 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3020 Landkreis Anzahl der gemessenen Proben davon über dem Grenzwert Bad Tölz- Wolfratshausen 16 6 Bamberg 78 0 Bayreuth 296 20 Cham 538 88 Coburg 23 2 Dachau 143 6 Deggendorf 113 27 Dillingen a. d. Donau 292 55 Dingolfing-Landau 55 0 Donau-Ries 25 0 Ebersberg 2 0 Eichstätt 231 42 Erding 2 0 Erlangen 2 0 Forchheim 20 0 Freising 262 20 Freyung-Grafenau 229 77 Fürstenfeldbruck 217 37 Fürth 11 0 Garmisch-Partenkirchen 5 3 Günzburg 247 70 Haßberge 18 0 Hof 750 192 Ingolstadt 380 28 Kehlheim 62 7 Kitzingen 2 0 Kronach 3 0 Kulmbach 240 11 Landsberg a. Lech 209 56 Landshut 4 0 Lauf 2 0 Lichtenfels 5 0 Lindau 2 0 Main-Spessart-Kreis 2 0 Miesbach 2 0 Miltenberg 2 0 Mühldorf 1 0 München 8 0 Neuburg-Schrobenhausen 0 0 Neumarkt 5 0 Neustadt a. d. Aisch 56 2 Neustadt a. d. Waldnaab 257 58 Neu-Ulm 106 36 Nürnberg (Landkreis) 90 2 Oberallgäu 4 0 Ostallgäu 100 64 Passau 94 6 Pfaffenhofen 808 171 Pfarrkirchen 3 0 Regen 272 183 Regensburg 174 5 Röhn-Grabfeld 1 0 Rosenheim 38 1 Landkreis Anzahl der gemessenen Proben davon über dem Grenzwert Roth 47 0 Schwabach 1 0 Schwandorf 531 63 Schweinfurth 2 0 Starnberg 133 45 Straubing 89 17 Tirschenreuth 305 16 Traunstein 3 0 Unterallgäu 396 197 Weilheim-Schongau 170 69 Weißenburg-Gunzenhausen 90 0 Wunsiedel 60 20 Würzburg 2 0 2. a) Wie viele Messstellen stehen für Privatpersonen bayernweit zur Verfügung, aufgeführt nach Landkreisen ? b) Für wie viele Anfragen sind diese Messstationen ausgestattet? c) Wie hoch ist deren Auslastung im Durchschnitt? Privatpersonen (Verbraucher) können an jeder Kreisverwaltungsbehörde , beim Landesamt für Umwelt (Augsburg) und beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Lebensmittel mit der Maßgabe abgeben, dass das Lebensmittel auf radioaktive Belastung untersucht werden sollte. Jägern, die erlegtes Wild messen wollen, stehen die Messstellen der Kreisverbände des Bayerischen Jagdverbandes und der Bayerischen Staatsforsten zur Verfügung. Diese Messstellen sind auf folgender Internetseite veröffentlicht . (http://www.lfu.bayern.de/strahlung/caesium_wildbret/ messstellen_jaeger/index.htm) Über die Anzahl der Anfragen und die Auslastung liegen keine Erkenntnisse vor. 3. a) Wie und wo wird radioaktiv kontaminiertes Wild in Bayern entsorgt? Die aufgrund einer Grenzwertüberschreitung als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähigen Körper von Wildtieren stellen aufgrund ihrer Aktivitätskonzentration keinen radioaktiven Abfall im Sinne der Strahlenschutzverordnung dar und müssen deshalb nicht wie dieser entsorgt werden. Die Tierkörper werden über Tierkörperbeseitigungsanstalten entsorgt. 4. a) Wie oft und in welchem Umfang finden Pilzmessungen auf radioaktive Belastung statt, aufgeteilt nach Landkreisen mit welchen Ergebnissen im Jahr 2013? b) Welche Maßnahmen werden bei den Grenzwert überschreitenden Messergebnissen ergriffen? Tabelle 2 informiert über die im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung durchgeführten Messungen von Pilzen und deren Messergebnisse. Bei Grenzwertüberschreitungen von Pilzen aus dem Lebensmittelhandel oder aus Gaststätten werden die Pilze aus dem Verkehr gezogen. Bei Grenzwertüberschreitungen von Pilzen von Privatpersonen wird der jeweilige Sammler informiert . Die Messergebnisse werden ins IMIS (Integrierte Mess- und Informationssystem) eingestellt. Drucksache 17/3020 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Tabelle 2: Messungen und Ergebnisse von Wildpilzen der Amtlichen Lebensmittelüberwachung Landkreis Anzahl der Messwerte Radiocäsium Bq/kg Minimum Maximum Aichach-Friedberg 3 143 640 Augsburg 2 <1 17 Ansbach 1 18 Altötting 2 <2 <5 Aschaffenburg 2 53 89 Bamberg 2 22 40 Berchtesgadener Land 1 33 Bayreuth 3 32 66 Cham 3 17 186 Coburg 2 1 69 Dachau 2 4 110 Deggendorf 3 8 845 Dingolging 1 298 Dillingen 3 57 398 Donau-Ries 4 11 15 Ebersberg 1 98 Erding 5 <1 113 Freyung-Grafenau 3 127 276 Freising 1 <1 Garmisch-Partenkirchen 4 32 6913 Günzburg 3 48 511 Hof 1 4 Kronach 3 1 6 Kelheim 2 200 218 Bad Kissingen 2 <1 <1 Kulmbach 6 <1 50 Landshut 2 <7 <8 Lichtenfels 1 13 Lindau 2 21 22 Landsberg 1 485 Miesbach 2 105 222 München 3 231 290 Mühlheim 1 198 Neuburg-Schrobenhausen 10 5 961 Neustadt an der Waldnaab 2 39 88 Neumarkt 7 4 147 Neu-Ulm 2 77 213 Oberallgäu 2 20 29 Ostallgäu 3 <1 350 Pfaffenhofen 2 180 223 Passau 1 178 Pfarrkirchen 1 65 Regen 4 155 2.023 Regensburg 3 <1 233 Rosenheim 6 35 1.238 Schwandorf 2 119 138 Straubing 4 66 420 Starnberg 1 365 Tirschenreuth 2 27 97 Bad Tölz/Wolfratshausen 4 43 295 Traunstein 2 74 179 Unterallgäu 1 830 Wendelstein 7 <1 95 Weilheim 2 <5 Wunsiedel 1 88 5. a) Stehen Pilzsammlern Messstationen für gesammelte Pilze zur Verfügung? b) Wenn ja, in welcher Anzahl, aufgeteilt nach Landkreisen ? Siehe Antwort zu Frage 2. 6. a) Welche weiteren Lebensmittel werden derzeit regelmäßig auf Strahlenbelastung überprüft? b) Mit welchen Ergebnissen 2013? c) Wie werden diese ggf. entsorgt? Tabelle 3 zeigt die 2013 im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung untersuchten Lebensmittel (außer Wildpilze und Wild) und deren Messergebnis. Zur Entsorgung siehe Antwort zu Frage 3. Tabelle 3: Messungen und Ergebnisse Messergebnisse von Lebensmitteln (außer Wild und Pilze) durchgeführt von der Amtlichen Lebensmittelüberwachung Bezeichnung Probenzahlen Radiocäsiumgehalt in Bq/kg bzw. Bq/L Import Inland Min. Max. MW Sammelmilch 218 <1 <1 <1 Rindfleisch 3 89 <1 8 <1 Kalbfleisch 3 6 <1 1 <1 Schweinefleisch 46 <1 <1 <1 Geflügelfleisch 3 29 <1 <1 <1 Getreide 1 70 <1 <1 <1 Kartoffeln 3 31 <1 <1 <1 Gemüse 14 122 <1 1 <1 Beeren- und Kernobst 9 30 <1 139 4 Fische 4 6 <1 <1 <1 Käse 11 16 <1 <1 <1 Säuglingsnahrung 22 <1 1 <1 Trink/-Rohwasser 31 <1 <1 <1 Sonstige 68 <1 1 <1 7. a) Wie werden Verbraucher in Bayern über die Gefahr radioaktiver Verseuchung von Lebensmitteln aufgeklärt ? b) Wie werden die Angebote nach Erkenntnissen der Staatsregierung von den Verbrauchern genutzt? c) Ist dieses Informationsangebot nach Auffassung der Staatsregierung ausreichend? Die beiden Landesämter, Landesamt für Umwelt und Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, stellen auf ihren Internetseiten ein umfangreiches und nach Ansicht der Staatsregierung ausreichendes Informationsangebot über die radioaktive Belastung von Wildtieren und Wildpilzen zur Verfügung (zum Beispiel: http://www.lfu.bayern.de/ strahlung/caesium wildbret/wer misst/index.htm http://www. lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/kontaminanten/radioakti vitaet/ue 2013 radioaktivitaet.htm 8. Gibt es nach Erkenntnissen der Staatsregierung Verbraucher in Bayern, die aktuell an Beeinträchtigungen durch den Verzehr radioaktiv kontaminierter Lebensmittel leiden? Die stichprobenartigen Untersuchungen von Lebensmitteln auf radioaktive Kontaminationen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung ergaben 2013 keine Erkenntnisse, dass radioaktive kontaminierte Lebensmittel in den Verkehr gebracht worden wären.