Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 10.07.2014 Bayerische Biergartenverordnung Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Kriterien muss ein Biergarten erfüllen, um un- ter die Bayerische Biergartenverordnung zu fallen? 2. Wie viele Biergärten gibt es nach dieser Definition ak- tuell in: a) Bayern, b) Niederbayern und c) im Landkreis Landshut? 3. Wie hat sich die Anzahl der bayerischen Biergärten in den letzten 10 Jahren entwickelt? 4. Trifft es zu, dass es in Unter- und Mittelfranken kei- nen einzigen Biergarten gibt, welcher der Bayerischen Biergartenverordnung unterliegt, und wenn ja, warum? 5. Trifft es zu, dass die Bayerische Biergartenverordnung als Anwendungskriterium eine gewisse Tradition erfordert , und wenn ja, wie lange muss so ein Biergarten dann bestehen, um dieses Kriterium Tradition zu erfüllen ? 6. Wie gestaltet sich die Einstufung eines Biergartens nach der Biergartenverordnung bei: a) einer Neugründung und b) einem Betreiberwechsel? 7. Ist es zulässig, einen bestehenden Betrieb statt als Biergarten als Wirtsgarten einzustufen, obwohl die alte Konzession diesen ausdrücklich als Biergarten genehmigt hat, und wenn ja, welche Voraussetzungen müssen für solch eine Umstufung gegeben sein? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 09.09.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. Welche Kriterien muss ein Biergarten erfüllen, um unter die Bayerische Biergartenverordnung zu fallen ? In früheren Jahrhunderten wurde Bier nur in der kühlen Jahreszeit gebraut, unter anderem weil für eine gelungene Gärung und für die Haltbarkeit tiefe Temperaturen notwendig waren. Um den Menschen jedoch auch in der warmen Jahreszeit kühles Bier anbieten zu können, wurden spezielle kühle Bierkeller gebaut – oft unter Schatten spendenden Kastanien. Im königlichen Dekret vom 4. Januar 1812 wurden die Voraussetzungen eines Biergartens erstmals festgelegt . Bierkeller durften einen Ausschank betreiben, allerdings durften außer Brot keine Speisen verkauft werden. In dem Dekret wurde zudem bestimmt, dass die Biergartengäste weiterhin ihre eigenen Brotzeiten mitbringen durften. Bis heute ist es in den traditionellen bayerischen Biergärten erlaubt, Brotzeiten mitzubringen und zu verzehren. Die Biergartenverordnung (BierGaV) knüpft an diese Tradition an, indem sie die Privilegierung bei der Geräuschbeurteilung und der Tagesbetriebszeit davon abhängig macht, dass der Wirtsbetrieb in Erscheinungsbild und Betriebsweise einem traditionellen bayerischen Biergarten entspricht. Kennzeichnend für den bayerischen Biergarten im Sinne der BierGaV sind insbesondere zwei Merkmale: • der Gartencharakter (d. h. der typisch bayerische Bier- garten ist eine Gaststätte bzw. der im Freien gelegene Teil einer solchen, deren Betrieb im Wesentlichen auf Schönwetterperioden während der warmen Jahreszeit beschränkt ist. Der Biergarten liegt im Grünen, jedenfalls im Freien. Das Idealbild des Biergartens ermöglicht, unter großen Bäumen im Schatten zu sitzen.) sowie • die traditionelle Betriebsform (insbesondere die Möglichkeit , mitgebrachte Brotzeit unentgeltlich verzehren zu können). 2. Wie viele Biergärten gibt es nach dieser Definition aktuell in: a) Bayern, b) Niederbayern und c) im Landkreis Landshut? Da Biergärten in keiner amtlichen Statistik erfasst werden, liegen der Staatsregierung keine belastbaren Zahlen vor. Aufgrund einer Umfrage bei den zuständigen Gaststättenbehörden geht die Staatsregierung allerdings davon aus, dass es bayernweit ca. 150 Biergärten im Sinne der BierGaV gibt, wobei der Schwerpunkt in Oberbayern (73 Bier- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.10.2014 17/3021 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3021 gärten) liegt. Im Regierungsbezirk Niederbayern gibt es ca. sechs Biergärten und im Landkreis Landshut einen Biergarten im Sinne der BierGaV. 3. Wie hat sich die Anzahl der bayerischen Biergärten in den letzten 10 Jahren entwickelt? Aufgrund des fehlenden Zahlenmaterials (siehe Frage 2) ist es nicht möglich, die Entwicklung der Anzahl der Biergärten in Bayern in den letzten zehn Jahren genauer zu bewerten. Wesentliche Veränderungen wurden aus den Regierungsbezirken jedenfalls nicht berichtet. 4. Trifft es zu, dass es in Unter- und Mittelfranken keinen einzigen Biergarten gibt, welcher der Bayerischen Biergartenverordnung unterliegt und wenn ja, warum? Nein. Nach Angaben der zuständigen Regierung sind in Unterfranken 19 und in Mittelfranken 12 Biergärten bekannt. 5. Trifft es zu, dass die Bayerische Biergartenverordnung als Anwendungskriterium eine gewisse Tradition erfordert und wenn ja, wie lange muss so ein Biergarten dann bestehen, um dieses Kriterium Tradition zu erfüllen? Die BierGaV gilt ausschließlich für Biergärten im traditionellen Sinn. Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange ein bestimmter Biergarten existiert. Vielmehr ist Voraussetzung, dass die aktuelle Erscheinungsform und Betriebsweise den Anforderungen an einen typisch bayerischen Biergarten genügen (siehe Antwort zu Frage 1). 6. Wie gestaltet sich die Einstufung eines Biergartens nach der Biergartenverordnung bei: a) einer Neugründung und b) einem Betreiberwechsel? Bei Neugründung eines Biergartens wird geprüft, ob die Voraussetzungen der BierGaV vorliegen, bzw. bei Betreiberwechsel , ob die Erfordernisse der BierGaV weiterhin erfüllt werden. Biergärten zählen zu den nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes , für die kein immissionsschutzrechtliches Fachverfahren stattfindet. Die Einstufung als Biergarten kann im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens oder in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis erfolgen. 7. Ist es zulässig, einen bestehenden Betrieb statt als Biergarten als Wirtsgarten einzustufen, obwohl die alte Konzession diesen ausdrücklich als Biergarten genehmigt hat, und wenn ja, welche Voraussetzungen müssen für solch eine Umstufung gegeben sein? Mit dem Wegfall der für die Einstufung als Biergarten maßgeblichen Kriterien (siehe Antwort zu Frage 1) wird auch die Umstufung eines Biergartens zu einem Wirtsgarten zulässig . Die Entscheidung liegt letztlich beim Betreiber. In der gaststättenrechtlichen Erlaubnis muss hierzu regelmäßig die Betriebsart geändert werden.