Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 11.08.2014 Vergabe Sportwettenkonzessionen, Glücksspielkollegium Der Erste Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV) ist am 1. Juli 2012 in Kraft getreten. Für eine probeweise Öffnung des Sportwettenmarktes sollen befristet bis zum 30.06.2019 20 Lizenzen für private Anbieter von Sportwetten vergeben werden. Erlaubnisbehörde gegenüber den Sportwettenkonzessionären ist das hessische Innenministerium (bzw. das Regierungspräsidium Darmstadt), das auch die Glücksspielaufsicht mit Wirkung für alle Länder ausübt. Betroffene Unternehmen klagen jedoch über das „chaotische“ Verfahren bei der Konzessionsvergabe, angeblich wurde noch immer keine einzige Konzession vergeben. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um eine der 20 Konzessionen für Sportwetten zu erhalten? b) Konnte der Sportwettenmarkt durch die Vergabe der Lizenzen reguliert und die von Sportwetten ausgehenden Suchtgefahren bekämpft werden? c) Welche Maßnahmen werden unternommen, um gegen illegale Anbieter vorzugehen? 2. a) Wie wird ein „transparentes, diskriminierungsfreies Auswahlverfahren“ (§ 4 b Abs. 1 GlüStV) für die Konzessionsverteilung garantiert? b) Welche personellen und finanziellen Mittel werden zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens bereit- gestellt? c) Trifft der Vorwurf betroffener Unternehmer zu, das Konzessionsverfahren sei chaotisch? 3. a) Wie viele Anträge zur Vergabe der Lizenzen für Sportwettenanbieter nach § 10 a GlüStV liegen vor? b) Wie viele Konzessionen wurden ggf. bislang an wen erteilt? 4. Falls bislang keine Konzessionen erteilt wurden: a) Ab wann ist mit der Vergabe zu rechnen? b) Wie erklärt sich die Staatsregierung die Verzögerung seit Inkrafttreten des GlÄndStV? c) Welche Konsequenzen zieht sie daraus? 5. a) Hält die Staatsregierung die vorgesehenen 20 Konzessionen für ausreichend? b) Welche Folgen hat ggf. die Verzögerung der Vergabe der Sportwettenlizenzen? c) Wird dieser Schwebezustand von illegalen Anbietern ausgenutzt und dadurch andere Interessenten, die auf die Vergabe warten, benachteiligt? 6. a) Wer ist der Vertreter bzw. Stellvertreter für die Staatsregierung im Glücksspielkollegium? b) Wie bewertet die Staatsregierung die Beschwerden von Bewerbern über mangelnde Transparenz und weshalb wurde die Geheimhaltung in die Geschäftsordnung des Glücksspielkollegiums aufgenommen? 7. Welche Kontroll- und Informationsrechte hat der Landtag hinsichtlich des Glücksspielkollegiums? 8. Welchen Inhalt haben ggf. bereits vorliegende Gerichtsentscheidungen zur Vergabe der Konzessionen und welche Konsequenzen werden gezogen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 16.09.2014 1. a) Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um eine der 20 Konzessionen für Sportwetten zu erhalten? Die Mindestanforderungen an die Bewerbung sind in § 4 b Abs. 2 GlüStV geregelt. Die Bewerbung muss demnach in deutscher Sprache insbesondere alle Angaben und Nachweise enthalten, die in der Bekanntmachung des Konzessionsverfahrens bezeichnet sind und welche für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 4 a Abs. 4 GlüStV erforderlich sind und die Auswahl nach § 4 b Abs. 5 GlüStV ermöglichen. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern ist nach § 4 b Abs. 5 GlüStV insbesondere danach zu treffen, welcher Bewerber nach Beurteilung der zuständigen Behörde – das ist das Hessische Ministerium des Innern und für Sport – am besten geeignet ist, die in dieser Vorschrift näher erläuterten , fünf Zuschlags- und Eignungskriterien zu erfüllen. b) Konnte der Sportwettenmarkt durch die Vergabe der Lizenzen reguliert und die von Sportwetten ausgehenden Suchtgefahren bekämpft werden? Die Auswahlentscheidung zur Vergabe der Sportwettenkonzessionen ist zwar vor Kurzem gefallen, mit Rücksicht auf effektiven Rechtsschutz für die im Auswahlverfahren unterlegenen Antragsteller wurden die Konzessionen aber noch nicht erteilt. Nach Erteilung der Konzessionen sind die Ergebnisse der Evaluierung nach § 32 GlüStV, die fünf Jahre nach Inkrafttreten des Staatsvertrages vorzulegen ist, notwendig, um die Frage, ob die von Sportwetten ausgehenden Suchtgefahren bekämpft werden konnten, tragfähig beantworten zu können. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.11.2014 17/3060 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3060 c) Welche Maßnahmen werden unternommen, um gegen illegale Anbieter vorzugehen? Die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür kann durch die zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde des jeweiligen Landes nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV untersagt werden. Von dieser Möglichkeit machen die bayerischen Glücksspielaufsichtsbehörden nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung Gebrauch. 2. a) Wie wird ein „transparentes, diskriminierungsfreies Auswahlverfahren“ (§ 4 b Abs. 1 GlüStV) für die Konzessionsverteilung garantiert? Insbesondere die frühzeitige Offenlegung der Auswahl- und Bewertungskriterien gegenüber den Antragstellern und die gleichmäßige und vergleichende Anwendung dieser Kriterien bei der Bestenauslese nach § 4 b Abs. 5 GlüStV sollen die Erfordernisse eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens garantieren. b) Welche personellen und finanziellen Mittel werden zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens bereitgestellt? Im Wirtschaftsplan des Landes Hessen für das Jahr 2014, vertreten durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport, sind für die Durchführung des Konzessionsverfahrens Personal- und Sachkosten in Höhe von 979.385 € (Soll) veranschlagt. Diese Personalkosten inklusive Arbeitsplatzkosten verteilen sich für das Jahr 2014 auf insgesamt 11,5 Stellenanteile, die überwiegend auf Landesbeamte des höheren Dienstes entfallen. c) Trifft der Vorwurf betroffener Unternehmer zu, das Konzessionsverfahren sei chaotisch? Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport hat den Bewerbern seine grundsätzlichen Vorstellungen zum Verfahrensablauf bereits in der europaweiten Bekanntmachung des Konzessionsverfahrens mitgeteilt. Die Bewerber wurden vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport auch jeweils frühzeitig über die Konkretisierungen des Verfahrensablaufs unterrichtet. 3. a) Wie viele Anträge zur Vergabe der Lizenzen für Sportwettenanbieter nach § 10 a GlüStV liegen vor? Es liegen noch 35 Anträge vor. b) Wie viele Konzessionen wurden ggf. bislang an wen erteilt? Siehe Antwort zu 1 b. 4. Falls bislang keine Konzessionen erteilt wurden: a) Ab wann ist mit der Vergabe zu rechnen? Die Konzessionen sollen im September 2014 erteilt werden, wenn dies nicht durch die Gerichte untersagt wird. b) Wie erklärt sich die Staatsregierung die Verzögerung seit Inkrafttreten des GlÄndStV? Die konkreten Gründe für die Dauer des Konzessionsverfahrens werden nach Verfahrensabschluss durch das Hessische Ministerium des Innern und des Sport aufgearbeitet und im Rahmen der Evaluierung bewertet werden. c) Welche Konsequenzen zieht sie daraus? Siehe Antwort zu 4 b. 5. a) Hält die Staatsregierung die vorgesehenen 20 Konzessionen für ausreichend? Die Staatsregierung hält die Festlegung der Höchstzahl der Konzessionen auf 20 (§ 10 a Abs. 3 GlüStV) für ausreichend und verweist insbesondere auf die Erläuterungen zu § 10 a GlüStV (LT-Drs. 16/11995). Danach soll die konzessionierte Öffnung in Maß und Umfang auf das beschränkt werden, was angesichts des festgestellten Schwarzmarkts erforderlich ist. Die Zahl der Konzessionen kann aufgrund von Ergebnissen der Evaluierung sowie einer wissenschaftlichen Untersuchung oder der Bewertung des Fachbeirats entsprechend § 9 Abs. 5 GlüStV durch einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mit mindestens 13 Stimmen festgelegt, erhöht oder gesenkt werden, um die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV besser zu gewährleisten (§ 4 a Abs. 3 Satz 2 GlüStV). b) Welche Folgen hat ggf. die Verzögerung der Vergabe der Sportwettenlizenzen? Siehe Antwort zu 4 b. c) Wird dieser Schwebezustand von illegalen Anbietern ausgenutzt und dadurch andere Interessenten , die auf die Vergabe warten, benachteiligt? Die Rechtsprechung hat für den Vollzug gegen die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten sowie gegen die Werbung hierfür für den Zeitraum vor Abschluss des Konzessionsverfahrens erhöhte Anforderungen gestellt. Diese Rechtsprechung war und ist auch für Antragsteller im Konzessionsverfahren anwendbar. 6. a) Wer ist der Vertreter bzw. Stellvertreter für die Staatsregierung im Glücksspielkollegium? Für den Freistaat Bayern hat das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr den dort für das Glücksspiel zuständigen Sachgebietsleiter als Mitglied des Glücksspielkollegiums benannt. Stellvertretendes Mitglied ist ein Mitarbeiter dieses Sachgebiets. b) Wie bewertet die Staatsregierung die Beschwerden von Bewerbern über mangelnde Transparenz und weshalb wurde die Geheimhaltung in die Geschäftsordnung des Glücksspielkollegiums aufgenommen ? Die Staatsregierung ist der Auffassung, dass das Konzessionsverfahren dem Transparenzgebot entspricht. Für diese Bewertung sind zwei Gesichtspunkte wesentlich. Zum einen beruht das Konzessionsverfahren, zu dem wirkungsvoller Rechtsschutz offensteht, auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien. Zum anderen hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit zugunsten der potenziellen Bewerber sichergestellt, indem es das Verfahren zur Vergabe der Konzessionen europaweit bekannt gemacht hat. Die Geschäfts- und Verfahrensordnung des Glücksspielkollegiums hebt in ihrem § 5 Abs. 2 Satz 4 die Pflicht zur Beachtung der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 6 GlüStV hervor. Nach § 9 Abs. 6 Satz 1 GlüStV dürfen Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personengesellschaft sowie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den zuständigen Behörden, ihren Organen, ihren Bediensteten oder von ihnen beauftragten Dritten im Rahmen der Drucksache 17/3060 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Durchführung ihrer Aufgabenerfüllung anvertraut oder sonst bekannt geworden sind, nicht unbefugt offenbart werden. Aus den Schutzrichtungen dieser Verschwiegenheitspflicht ergibt sich zugleich, dass die Sitzungen des Glücksspielkollegiums nicht öffentlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 der Geschäfts- und Verfahrensordnung des Glücksspielkollegiums). 7. Welche Kontroll- und Informationsrechte hat der Landtag hinsichtlich des Glücksspielkollegiums? Der Landtag hat in Bezug auf die Mitwirkung des Freistaates Bayern im Glücksspielkollegium die üblichen Informations- und Kontrollrechte (vgl. §§ 67 ff. der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag). 8. Welchen Inhalt haben ggf. bereits vorliegende Gerichtsentscheidungen zur Vergabe der Konzessionen und welche Konsequenzen werden gezogen? Die Rechtsprechung hat insbesondere die zweistufige Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens und die Setzung der Ausschlussfristen für die Ergänzung der in den Anträgen auf Erteilung einer Konzession enthaltenen Angaben anerkannt . Da noch keine Konzessionen erteilt worden sind, hat sich die Rechtsprechung noch nicht mit der Konzessionsvergabe als solcher befasst.