Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benno Zierer FREIE WÄHLER vom 04.08.2014 Beweidung von Deichflächen und Vorland Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie groß ist die Deichfläche in Hektar an Gewässern 1. und 2. Ordnung in Bayern (bitte getrennt angeben)? 2. a) Wie viele Hektar Deichfläche werden mit Schafen beweidet ? b) Können alle Deichflächen von Schafen beweidet werden ? c) Wenn nein, welche Gründe sprechen gegen eine Beweidung ? 3. Welche rechtlichen Regelungen gibt es bezüglich der Instandhaltung, Bewirtschaftung und Unterhaltung der Deiche? 4. a) In welchem Umfang vergeben Wasserwirtschaftsämter jährlich Aufträge für Mäharbeiten an Hochwasserschutz -Deichen an Fremdfirmen? b) Wie hoch liegen die durchschnittlichen Kosten pro Hektar, wenn eine Fremdfirma die Mäharbeiten und die Entsorgung des Schnittguts übernimmt? c) Gibt es für die Deichflächen regionale Mähkonzepte? 5. a) Bezahlen die Schäfer für diese Flächen Pacht? b) Wenn ja, wie hoch ist der durchschnittliche Pacht- preis? c) Erhalten die Schäfer für die Deichpflege eine Vergü- tung? d) Wenn ja, wie hoch ist die durchschnittliche Vergütung pro Hektar? 6. Werden die Deichflächen als Futterflächen anerkannt, sodass Schäfer Anspruch auf Direktzahlungen oder Förderung für Agrarumweltmaßnahmen haben? 7. a) Gibt es eine Empfehlung des zuständigen Ministeriums an die Wasserwirtschaftsämter, Hochwasserschutz -Deiche bevorzugt mit Schafen beweiden zu lassen, wenn dies anhand der Gegebenheiten vor Ort möglich ist? b) Wie beurteilt das Ministerium aus naturschutzfachlicher Sicht die Beweidung im Gegensatz zur teilweise intensiven Pflege der Deiche? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 16.09.2014 1. Wie groß ist die Deichfläche in Hektar an Gewässern 1. und 2. Ordnung in Bayern (bitte getrennt angeben)? Der Freistaat Bayern betreibt ca. 1.315 km Deiche. Davon liegen ca. 1.165 km an Gewässern 1. Ordnung und ca. 150 km an Gewässern 2. Ordnung. Ein deutlicher geografischer Schwerpunkt liegt an der Donau und deren südbayerischen Zuflüssen. Auf Grundlage der in einem Bauwerkskataster der bayerischen Wasserwirtschaft erfassten Deichgeometrien ergibt sich für die Deiche in staatlicher Baulast eine Deichfläche (Böschungen und Krone) von ca. 1.050 ha (überwiegend an Gewässern 1. Ordnung). 2. a) Wie viele Hektar Deichfläche werden mit Schafen beweidet? Zentrale Erhebungen über die Beweidung von Deichen liegen nicht vor. Aufgrund von langjährigen Erfahrungen kann aber davon ausgegangen werden, dass auf etwa einem Drittel der Deichflächen regelmäßig beweidet wird. Großräumige Beweidungen finden z. B. in den Schwerpunkten des Deichbestandes an der Donau (Wasserwirtschaftsämter Deggendorf, Regensburg und Donauwörth) statt. Neben Deichflächen werden eine Vielzahl an weiteren Flächen (Deichvor- und -hinterland, Flutmulden, Uferstreifen ) aus dem besonderen Grundvermögen Wasserwirtschaft u. a. durch Schafe, Ziegen und Rinder beweidet. Eine detaillierte Unterscheidung zwischen beweideten Deichflächen und sonstigen Flächen erfolgt nicht. b) Können alle Deichflächen von Schafen beweidet werden? c) Wenn nein, welche Gründe sprechen gegen eine Beweidung? Der konstruktive Aufbau einiger Deiche schränkt deren Eignung zur Beweidung ein. Dies gilt z. B. für Deiche mit Oberflächendichtungen und technischen Deckwerken. Pauschal kann aber davon ausgegangen werden, dass der weit überwiegende Teil der Deichflächen aus wasserbautechnischer Sicht für eine Beweidung mit Schafen und Ziegen geeignet ist. 3. Welche rechtlichen Regelungen gibt es bezüglich der Instandhaltung, Bewirtschaftung und Unterhaltung der Deiche? Rechtliche Vorgaben an die Instandhaltung, Bewirtschaftung und Unterhaltung sind im Bayerischen Wassergesetz und in den Bedingungen und Auflagen der wasserrechtlichen Genehmigungsbescheide verankert. Sie verpflichten den Betreiber von Hochwasserschutzanlagen, diese dau- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3062 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3062 erhaft in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten. Abgesehen von einzelfallbezogenen Sonderregelungen werden Art und Umfang der durchzuführenden Arbeiten in den allgemein anerkannten Regeln der Technik (DIN 19712, DWA-M 507-1) definiert. Dies schließt eine regelmäßige Mahd oder Beweidung der Deiche mit dem Ziel einer stabilen , geschlossenen Grasnarbe ein. Rechtlich relevante Regelungen können sich bei Überlagerung der Deichflächen mit Natura2000-Gebieten auch aus den FFH-Managementplänen ergeben. Die Bayerische Kompensationsverordnung (BayKompV) trifft in § 8 Abs. 4 Aussagen zur Kompensationspflicht für Hochwasserschutzmaßnahmen. Diese hat Auswirkungen auf die naturnahe Pflege und Gestaltung von neu zu errichtenden Deichen auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen. § 8 Abs. 4 Sätze 6 bis 9 BayKompV ist am 01.09.2013 in Kraft getreten. 4. a) In welchem Umfang vergeben Wasserwirtschafts- ämter jährlich Aufträge für Mäharbeiten an Hochwasserschutz -Deichen an Fremdfirmen? Daten über den Umfang vergebener Pflegeleistungen an Fremdfirmen liegen nicht vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass neben dem Einsatz der staatlichen Flussmeisterstellen ein Teil der konventionellen Mäharbeiten an Fremdfirmen sowie an Maschinen- und Betriebsringe bzw. Landwirte (Pflegeverträge) vergeben wird. b) Wie hoch liegen die durchschnittlichen Kosten pro Hektar, wenn eine Fremdfirma die Mäharbeiten und die Entsorgung des Schnittguts übernimmt? Bei den Kosten gibt es aufgrund der unterschiedlichen Verwertbarkeit des Schnittgutes regional und saisonal sehr große Unterschiede. Beim Abtransport des Schnittgutes spielt zudem die Befahrbarkeit der Deichböschungen mit landwirtschaftlichen Geräten eine wesentliche Rolle. Pauschal kann abhängig vom Auftragsvolumen bei einer Kompostierung des Schnittgutes mit Kosten zwischen 0,05 und 0,08 Euro pro m2 Fläche ausgegangen werden. Diese können bei Mehraufwendungen (z. B. Handarbeit, Absaugen bei nicht befahrbaren Böschungen) höher, bei energetischer oder landwirtschaftlicher Nutzung des Schnittgutes aber auch niedriger ausfallen. c) Gibt es für die Deichflächen regionale Mähkon- zepte? Pflegekonzepte für Deiche werden in den Gewässerentwicklungskonzepten (GEK) oder in separaten Deichpflegeplänen mit Naturschutzbehörden und Landschaftspflegeverbänden vereinbart. Beispiele für regionale Pflege- und Mahdkonzepte an Deichen sind die Salzach, der Lech und die Wertach. Liegen keine abgestimmten Konzepte vor, werden die notwendigen Pflege- und Unterhaltungsarbeiten mit den beteiligten Fachstellen direkt abgestimmt. 5. a) Bezahlen die Schäfer für diese Flächen Pacht? b) Wenn ja, wie hoch ist der durchschnittliche Pachtpreis ? Es wird keine Pacht erhoben. c) Erhalten die Schäfer für die Deichpflege eine Ver- gütung? d) Wenn ja, wie hoch ist die durchschnittliche Vergü- tung pro Hektar? Für die Beweidung von gepachteten Flächen der Wasserwirtschaftsverwaltung erhalten Schäfer grundsätzlich keine Vergütung. In Ausnahmefällen wird die Beweidung im Rahmen einer Regieleistung an den Schäfer vergeben. Dies kann bei besonderen Aufwendungen (z. B. Koppelbetrieb, Zu- und Anwegungen), oder wenn aus naturschutzfachli- chen oder örtlichen Gründen eine Förderung der Beweidung (vgl. Frage Nr. 6) nicht möglich ist, zu einer Vergütung füh- ren. Die finanzielle Gegenleistung bewegt sich dann im Rahmen einer Vergütung nach Vertragsnaturschutzprogramm (VNP). 6. Werden die Deichflächen als Futterflächen aner- kannt, sodass Schäfer Anspruch auf Direktzahlungen oder Förderung für Agrarumweltmaßnahmen haben? Verpachtete Deichflächen werden als Bewirtschaftungs- flächen anerkannt, hierfür kann der Schäfer auch entsprechende Förderungen (AUM-KULAP, VNP) erhalten. Agrarumweltmaßnahmen (AUM) mit Förderungen aus dem Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) oder Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm (VNP/EA) erfolgen durch die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) mit Mitwirkung der unteren Naturschutzbehörden (VNP/EA). 7. a) Gibt es eine Empfehlung des zuständigen Ministeriums an die Wasserwirtschaftsämter, Hochwasserschutz -Deiche bevorzugt mit Schafen beweiden zu lassen, wenn dies anhand der Gegebenheiten vor Ort möglich ist? b) Wie beurteilt das Ministerium aus naturschutzfachlicher Sicht die Beweidung im Gegensatz zur teilweise intensiven Pflege der Deiche? Über die zu Frage 3 angegebenen technischen Regeln hi- nausgehende Empfehlungen oder Richtlinien zur Beweidung existieren in Bayern nicht. Die extensive Beweidung von Deichen wird im Einklang mit dem technischen Regelwerk aus wasserbautechnischer Sicht positiv bewertet und überall dort angestrebt, wo sie unter den geforderten Randbedingungen wirtschaftlich ist. Naturschutzfachlich stellt die Schafbeweidung eine gute Möglichkeit dar, blütenreiche Heiden in ihrer ursprünglichen Artenvielfalt und -zusammensetzung zu erhalten. Schafe tragen zusätzlich durch die Verbreitung der Samen, die im Fell und über die Verdauungswege transportiert werden, erheblich zum Biotopverbund entlang der Gewässer bei.