Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joachim Unterländer CSU vom 04.08.2014 Kommunale Zulagen für Erzieherinnen und Erzieher sowie für Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger durch die Kommunen im Freistaat Bayern Aufgrund des Fachkräftemangels in Kindertageseinrichtun­ gen hat als eine der letzten Organisationen der Kommunale Arbeitgeberverband Bayern (KAV) beschlossen, dass Kom­ munen eine finanzielle Zulage zum Tariflohn von Erzieherin­ nen und Erziehern zahlen können. Ich frage in diesem Zusammenhang die Staatsregierung: 1. Wie bewertet die Staatsregierung den Beschluss des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern angesichts des Fachkräftemangels in bayerischen Kindertagesein­ richtungen? 2. Hat dieser Beschluss förderrechtliche Konsequenzen nach dem Bayerischen Kinderbildungs­ und ­betreuungs­ gesetz? 3. Ist dieser Beschluss übertragbar auf die zahlreichen Kin­ dertageseinrichtungen im Freistaat Bayern in freigemein­ nütziger oder sonstiger Trägerschaft? 4. Sind von dieser Regelung auch Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger betroffen? 5. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, über den aktuellen Beschluss des Kommunalen Arbeitgeber­ verbandes Bayern hinaus die Attraktivität des Erzieher­ berufs zu erhöhen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 22.09.2014 1. Wie bewertet die Staatsregierung den Beschluss des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern angesichts des Fachkräftemangels in bayerischen Kindertageseinrichtungen ? Die Öffnung der sog. Arbeitsmarktzulage auf den TVöD, wie sie der Kommunale Ar beitgeberverband Bayern (KAV) beschlossen hat, ermöglicht es den Kommunen, ei ne Zu­ lage von bis zu 20 % an Beschäftigte in Mangelberufen zu zahlen, also insbe sondere auch im Erzieherberuf. Dies wird seitens der Staatsregierung begrüßt. Im Bereich der Er­ zieherinnen und Erzieher besteht derzeit vor allem in den Großstädten noch ein Fachkräftebedarf, obwohl die Staats­ regierung bereits zahlreiche Maßnah men zur Deckung die­ ses Fachkräftebedarfs initiiert hat (u. a. Aufstockung der Ausbil dungskapazitäten, Qualifizierung von geeigneten Quereinsteigern). Generell ist das Gehalt ein maßgebliches Kriterium für die Attraktivität des Erzieherberufs. Dieses le­ gen die Tarifparteien in eigener Zuständigkeit fest, während staatlicherseits keine Einflussmöglichkeit besteht (Tarifauto­ nomie). Auch wenn der Staatsregierung derzeit noch keine Informationen zur konkreten Umsetzung der Arbeitsmarkt­ zulage durch die einzelnen Kommunen vorliegen, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Um eine spürbare Wirkung bei der Fachkräftegewinnung zu zeitigen, müsste die Zulage aber möglichst breit und langfristig angelegt sein. Würde sie auf einzelne, neu zu beset zende Stellen beschränkt, würde die Zulage als Vorteil im Wettbewerb um vorhande ne Fach­ kräfte wirken, nicht jedoch als wirksames Mittel, um neue Personen für den Erzieherberuf zu gewinnen. 2. Hat dieser Beschluss förderrechtliche Konsequenzen nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz ? Der Freistaat passt die Betriebskostenförderung bei Steige­ rung der Personalkosten nach dem Bayerischen Kinderbil­ dungs­und ­betreuungsgesetz (BayKiBiG) automa tisch an. So schlägt sich beispielsweise der Tarifabschluss im Be­ reich des TVöD vom 1. April 2014 in einer höheren Betriebs­ kostenförderung nieder, insoweit sogar rück wirkend für das gesamte Kindergartenjahr 2013/2014. Bei der Berechnung des sog. Basiswerts als Ausgangs­ wert der Betriebskostenförde rung werden nach § 20 Abs. 1 der Ausführungsverordnung zum BayKiBiG die Ent­ wicklungen der Tarife nach dem Tarifvertrag für den öffent­ lichen Dienst (TVöD) – All gemeiner Teil – und dem Beson­ deren Teil Pflege­und Betreuungseinrichtungen (BT B) sowie die Entgeltnebenkosten berücksichtigt. Eine außertarifliche Zulage, die an lass­und einzelfallbezogen ausbezahlt wird, führt demnach nicht zu einer höheren staatlichen Betriebs­ kostenförderung. Eine andere Betrachtung wäre allenfalls Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3076 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3076 dann möglich, wenn eine entsprechende Zulage an alle Er­ zieherinnen und Erzieher in Bayern ausbezahlt würde und sich das Lohnniveau entsprechend insgesamt erhöht. Hier­ von ist nach den vorliegenden Verlautbarungen jedoch nicht auszugehen. 3. Ist dieser Beschluss übertragbar auf die zahlreichen Kindertageseinrichtungen im Freistaat Bayern in freigemeinnütziger oder sonstiger Trägerschaft? Der Beschluss betrifft den TVöD, also den Bereich der kom­ munalen Arbeitgeber, und ist insoweit jedenfalls nicht unmit­ telbar auf Kindertageseinrichtungen in freigemein nütziger oder sonstiger Trägerschaft zu übertragen. Generell sind jedoch freigemeinnützige oder sonsti­ ge Träger, auch wenn sie tarifge bunden sind, nicht von vornherein daran gehindert, ihr pädagogisches Personal über tariflich zu bezahlen und insbesondere ihrerseits eine Arbeitsmarktzulage zu gewäh ren. Das sog. Besserstel­ lungsverbot ist auf die gesetzliche Betriebskostenförderung grundsätzlich nicht anwendbar. Was eine entsprechende Erhöhung der gesetzlichen Betriebskostenförderung an­ geht, wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Liegt in einer bestimmten Kommune ein Mangel an Erzieherinnen und Erziehern vor und gewährt die Kommune als Arbeit­ geberin deshalb eine Arbeitsmarktzulage, liegt es nahe, dass die Kommune, deren gesetzliche Aufgabe im eigenen Wirkungskreis die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangebots ist, durch eine ent sprechende Erhöhung der Zuschüsse an freie und sonstige Träger auch diesen eine Aufstockung der Bezahlung der pädago­ gischen Fachkräfte ermöglicht. 4. Sind von dieser Regelung auch Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger betroffen? Die Möglichkeit der Zahlung einer Arbeitsmarktzulage ist auf Mangelberufe be schränkt. Im Bereich der Kinderpfle­ gerinnen und Kinderpfleger stehen nahezu flä chendeckend ausreichend Kräfte zur Verfügung. Daher ist davon auszu­ gehen, dass die kommunalen Arbeitgeber den Kinderpflege­ rinnen und Kinderpflegern in aller Re gel keine Arbeitsmarkt­ zulage gewähren werden. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, über den aktuellen Beschluss des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern hinaus die Attraktivität des Erzieherberufs zu erhöhen? Die Attraktivität des Erzieherberufs ist durch materielle und immaterielle Faktoren beeinflusst. Im materiellen Bereich ist es, wie gezeigt, wünschens­ wert, dass sich das Lohnniveau im pädagogischen Be­ reich insgesamt und nicht nur punktuell erhöht. Die neu­ en Her ausforderungen und die hohen Erwartungen an die frühpädagogische Arbeit bedin gen eine nachvollziehbare Erwartungshaltung der Erzieherinnen und Erzieher, was ihre Vergütung anbelangt. Eine Verbesserung des allge­ meinen Lohnniveaus hat den Vorteil, dass sich durch den Finanzierungsmechanismus im BayKiBiG der Finanzie­ rungsanteil des Freistaates quasi automatisch an Tarif­ steigerungen anpasst und die se somit refinanziert. Der Tarifabschluss vom 1. April 2014 ist insoweit ein Schritt in die richtige Richtung. Es bestehen allerdings noch weitere Handlungsfelder, wie die häufig begrenzten Aufstiegsmög­ lichkeiten, die nicht immer vorhandene Honorierung einer akademischen Ausbildung in Kindertageseinrichtungen so­ wie die häufig geringe Ausschöpfung der Eingruppierungs­ und Einstufungsmöglichkeiten gerade beim Wechsel des Arbeitgebers. Für alle Zielgruppen der Erzieherausbildung spielt darü­ ber hinaus die Frage einer Vergütung während der Ausbil­ dungszeit eine wichtige Rolle. Für die einen steigert sie die Attraktivität der beruflichen Erstausbildung, für die anderen ermöglicht sie die Fi nanzierung einer drei Jahre umfassen­ den vollständigen Neuqualifikation (Querein steiger) oder einer Aufstiegsqualifizierung (Personen mit einschlägiger Erstausbil dung). Zu den immateriellen Faktoren, die die Attraktivität des Erzieherberufes beeinflussen, zählt die gesellschaftliche Anerkennung des Berufs. Mit ihrer Wertschätzungskam­ pagne im Rahmen der Initiative „Herzwerker“ würdigt die Staatsregierung die Fähig keiten der Erzieherinnen und Er­ zieher im täglichen Umgang mit den Kindern. Die Wertschät­ zung der Arbeit trägt nicht nur zur Stärkung des beruflichen Selbstverständ nisses, sondern auch zur gesellschaftlichen Anerkennung des Berufsbildes bei. Daneben spielen auch Faktoren wie gute Arbeits­ und Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle. Hier bestehen Ansatzpunkte bei der Verbesserung der Arbeitszeitge­ staltung, der Personalausstattung und der Gruppengröße. Mit dem Aufschlag auf den Basiswert zugunsten der Quali­ tätssicherung und ­entwicklung ab 2015 werden u. a. auch die finanziellen Voraussetzungen für derartige Veränderun­ gen verbessert. Die Staatsregierung unterstützt schließlich Maßnahmen und fördert Fortbildungen zum Gesundheits­ management in Kindertageseinrichtungen. Hiermit trägt sie bei zu einer Wahrnehmung des Erzieherberufs als Arbeits­ feld, in dem der „Mensch“ im Mittel punkt steht.