Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.07.2014 Sonderführungen und Sonderveranstaltungen auf Schloss Neuschwanstein Anlässlich der Gerichtsverhandlungen zur Praxis von Sonderführungen und Sonderveranstaltungen im Schloss Neuschwanstein , frage ich die Staatsregierung: 1. a) Zu welchen Tageszeiten waren und sind Sonderfüh- rungen bzw. -veranstaltungen erlaubt. b) Wie sind sie buchbar bzw. wie sind die Zugangsmoda- litäten und die Regeln? c) Welche Summe wird den Kunden für die Führung bzw. Veranstaltung in Rechnung gestellt, an welcher Stelle werden die Einnahmen verbucht und welche Summe erhalten die Führer/-innen insgesamt für ihre Leistung? 2. Wie wurden die in der Presse erwähnten 20,– Euro, die pro Sonderführung an den Führer/die Führerin angeblich bar bezahlt wurden, transferiert, an wen, wie versteuert und wie verbucht? a) Sind diese 20 Euro ein Bonus zusätzlich zum normalen Gehalt? b) Zählt die Zeit der Führung als normale Arbeitszeit? c) Wie lange dauert eine Sonderführung? d) Wie lange war die Praxis, dass Fremdenführer/-innen für Sonderführungen Barzahlungen bekommen haben , üblich, aus welchem Grund beendet (bitte Zeitpunkt angeben)? e) Wurden die erhaltenen Zahlungen von Fremdenführer/ -innen quittiert bzw. darauf hingewiesen, dass die Einkünfte versteuert werden müssen? 3. War die Anzahl der Besucher/-innen der Sonderführungen und -veranstaltungen in den offiziellen Besucher/ -innenzahlen, enthalten? a) Wie hoch waren die regulären Besucherzahlen von 2007 bis 2013 bzw. die zusätzlichen Besucher/-innenzahlen durch Sonderführungen und Sonderveranstaltungen von 2007–2013? 4. Wie viele Sonderführungen und Sonderveranstaltungen wurden von 2007 bis 2013 durchgeführt (bitte nach Jahren getrennt aufführen)? 5. Wie viele Führer/-innen sind in Vollzeit bzw. Teilzeit (mit der Bitte um Angabe der Stundenzahl) bei der Schlösserverwaltung in den letzten 10 Jahren beschäftigt gewesen, bitte aufgegliedert nach Jahren, Beamten- bzw. Angestelltenverhältnis? 6. Wie wurde die private Nutzung von Dienstfahrzeugen geregelt, welche Möglichkeiten hatten die Mitarbeiter/- innen auf Dienstfahrzeuge zuzugreifen, und welcher Form mussten sie dafür bezahlen? 7. Wurden im Rahmen der Entdeckung der Problematik der Scheinselbständigkeit von Führer/-innen am Obersalzberg die Arbeitsverhältnisse an den Bayerischen Schlössern überprüft? 8. In welcher Weise hat die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung die Handhabung der Führungen und ihrer Bezahlung überprüft? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 23.09.2014 1. a) Zu welchen Tageszeiten waren und sind Sonderführungen bzw. -veranstaltungen erlaubt. b) Wie sind sie buchbar bzw. wie sind die Zugangsmodalitäten und die Regeln? c) Welche Summe wird den Kunden für die Führung bzw. Veranstaltung in Rechnung gestellt, an welcher Stelle werden die Einnahmen verbucht und welche Summe erhalten die Führer/-innen insgesamt für ihre Leistung? Aktuell finden bis zu zwei Führungen pro Tag in Schloss Neuschwanstein statt, die außerhalb des regulären Führungsturnus gebucht werden können: Sommersaison (lange Öffnungszeiten 9–18 Uhr) um 8:30 Uhr und 8:45 Uhr; Wintersaison (kurze Öffnungszeiten: 10–16 Uhr) um 9:15 Uhr und 9:30 Uhr. Die Buchung erfolgt anhand eines festgelegten schriftlichen Anmeldeverfahrens bei der Schlossverwaltung Neu- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3078 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3078 schwanstein (Anmeldung, Bestätigung, Rechnung). Die Führungen werden nach Preiskategorie in Rechnung gestellt : Preisgruppe I. Gruppe bis 5 Personen: 150 € Preisgruppe II. Gruppe von 6–10 Personen: 291 € Preisgruppe III. Gruppe von 11–15 Personen: 432 € Preisgruppe IV. Gruppe von 16–20 Personen: 570 € Preisgruppe V. Gruppe von 21–25 Personen: 712 € Preisgruppe VI. Gruppe von 26–30 Personen: 837 € Die Führungen werden von Arbeitnehmern der Schlossverwaltung Neuschwanstein im Rahmen ihres Arbeitsvertrages durchgeführt, die dafür ihren regulären nach TV-L festgelegten Arbeitslohn erhalten. Die Einnahmen werden im Staatshaushalt auf Kap. 06 16 Tit. 111 02-7 „Einnahmen aus Sonderausstellungen und sonstigen Sonderveranstaltungen “ verbucht. 2. Wie wurden die in der Presse erwähnten 20.- Euro, die pro Sonderführung an den Führer/die Führerin angeblich bar bezahlt wurden, transferiert, an wen, wie versteuert und wie verbucht? a) Sind diese 20,– Euro ein Bonus zusätzlich zum normalen Gehalt? b) Zählt die Zeit der Führung als normale Arbeitszeit? c) Wie lange dauert eine Sonderführung? d) Wie lange war die Praxis, dass Fremdenführer/- innen für Sonderführungen Barzahlungen bekommen haben, üblich, aus welchem Grund beendet (bitte Zeitpunkt angeben)? e) Wurden die erhaltenen Zahlungen von Fremden- führer/-innen quittiert bzw. darauf hingewiesen, dass die Einkünfte versteuert werden müssen? Bei der Schlossverwaltung Neuschwanstein wurde festgestellt , dass außerhalb des regulären Führungstaktes zu gehobenem Preis Sonderführungen durchgeführt wurden. Dabei wurden von den per Führungsvereinbarung festgelegten Entgelten Beträge von 20 Euro, ab 2010 25 Euro, aus dem vom Leistungsempfänger der Führung in bar entrichteten Führungsentgelt einbehalten. Dies erfolgte , obwohl die Führungszeiten den Führungskräften als Arbeitszeit angerechnet wurden. Demgemäß fand eine ordnungsgemäße Verbuchung dieser Teilbeträge des Führungsentgelts in der Staatskasse nicht statt. Die Sonderführung dauerte ca. eine Stunde. Diese rechtswidrige Praxis wurde im Februar 2011 durch den damaligen neuen Verwalter des Schlosses Neuschwanstein abgestellt. Der Einbehalt der o. g. Beträge wurde nicht auf stringente einheitliche Weise dokumentiert. So wurde dies oftmals entweder auf den einzelnen Vorgängen vom jeweiligen Führer selbst quittiert oder bei der Vereinnahmung des restlichen Führungshonorars vom Schlosspersonal vermerkt. Die Einkünfte wurden durch die Schlösserverwaltung auf Grundlage eines Bescheides des zuständigen Finanzamtes nachversteuert. 3. War die Anzahl der Besucher/-innen der Sonderführungen und -veranstaltungen in den offiziellen Besucher/-innenzahlen enthalten? a) Wie hoch waren die regulären Besucherzahlen von 2007 bis 2013 bzw. die zusätzlichen Besucher/ -innenzahlen durch Sonderführungen und Sonderveranstaltungen von 2007 bis 2013? Jahr 2007 2008 2009 2010 offizielle Besucherzahlen (ohne SoFühr) 1.361.540 1.315.505 1.279.051 1.342.050 Besucher i.R.v. SoFühr 1.037 1.415 941 1.035 Jahr 2011 2012 2013 offizielle Besucherzahlen (ohne SoFühr) 1.412.094 1.402.717 1.520.128 Besucher i.R.v. SoFühr 1.732 746 1.725 4. Wie viele Sonderführungen und Sonderveranstaltungen wurden von 2007 bis 2013 durchgeführt (bitte nach Jahren getrennt aufführen)? Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Anzahl SoFühr 78 78 111 132 154 89 186 5. Wie viele Führer/-innen sind in Vollzeit bzw. Teilzeit (mit Bitte um Angabe der Stundenzahl) bei der Schlösserverwaltung in den letzten 10 Jahren beschäftigt gewesen (bitte aufgegliedert nach Jahren , Beamten- bzw. Angestelltenverhältnis)? Siehe Tabelle in Anlage 1. 6. Wie wurde die private Nutzung von Dienstfahrzeugen geregelt, welche Möglichkeiten hatten die Mitarbeiter/-innen auf Dienstfahrzeuge zuzugreifen und in welcher Form mussten sie dafür bezahlen ? Zur Benutzung von Dienstkraftwägen zu Privatfahrten darf auf die für die gesamte Staatsverwaltung geltende Anlage 3 zu den Verwaltungsvorschriften zum BayBesG (BayVwVBes ) vom 22.12.2010 verwiesen werden, die dieser Antwort als Anlage 2 beigefügt wurde. 7. Wurden im Rahmen der Entdeckung der Problematik der Scheinselbständigkeit von Führer/-innen am Obersalzberg die Arbeitsverhältnisse an den Bayerischen Schlössern überprüft? Für eine gesonderte Überprüfung aller Arbeitsverhältnisse bestand kein Anlass. 8. In welcher Weise hat die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung die Handhabung der Führungen und ihrer Bezahlung überprüft? Die Erfahrungen aus der Prüfung in der Schlossverwaltung Neuschwanstein (s. o. Antwort zu Frage 2) waren Anlass, die bestehende Praxis der Abwicklung von Sonderführungen in Hauptverwaltung und Außenverwaltungen der Schlösserverwaltung zu überprüfen. Die Außenverwaltungen wurden gebeten, die Abwicklung von Sonderführungen darzulegen. Anhand der Rückmeldungen konnten bei keiner anderen Verwaltung Strukturen wie in der Schlossverwaltung Neuschwanstein festgestellt werden. Die in Rede stehenden Vorgänge in der Schlossverwaltung Neuschwanstein stellen damit einen Einzelfall dar. Drucksache 17/3078 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Anlage 1 Tabelle zu Frage 5: Wie viele Führer/-innen sind in Vollzeit bzw. Teilzeit (mit Bitte um Angabe der Stundenzahl) bei der Schlösserverwaltung in den letzten 10 Jahren beschäftigt gewesen (bitte aufgegliedert nach Jahren, Beamten- bzw. Angestelltenverhältnis)? Jahr Beamte (Vollzeit) Arbeitnehmer (Vollzeit) Anzahl Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt/ Arbeitszeitanteil als Anteil einer Vollzeitstelle 2005 1 43 2/jeweils 0,75 2006 0 41 1/ 0,75 2007 0 43 0 2008 0 48 0 2009 0 48 3/jeweils 0,75 (Wechsel zu 1,0) 2010 0 45 4/jeweils 0,75 (Wechsel zu 1,0) 2011 0 51 0 2012 0 41 1/0,8 4/0,75 (Wechsel zu 1,0) 3/0,75 4/0,6 2013 0 24 2/0,8 8/0,75 (Wechsel zu 1,0) 7/0,75 1/0,6 2/0,5 1/0,44 3/geringfügig Beschäftigte 2014 0 35 2/0,8 3/0,75 (Wechsel zu 1,0) 6/0,75 1/0,6 10/0,5 1/0,44 2/geringfügig Beschäftigte Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3078 Anlage 2 Drucksache 17/3078 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5