Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 14.07.2014 Entsorgung anmooriger Böden Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viel m3 anmoorige Böden fallen in Bayern pro Jahr zur Entsorgung an? 2. Wie werden anmoorige Böden entsorgt? 3. a) In welche Schadstoffklasse werden anmoorige Böden bei der Entsorgung eingestuft? b) Welche Schwermetalle sind in welchen Konzentrationen in anmoorigen Böden enthalten? c) Wie hoch ist die Gesamtbelastung an Schwertmetall? 4. In welchen Bereichen können anmoorige Böden wieder verbaut werden? a) Können anmoorige Böden auf landwirtschaftliche Flä- chen verbracht werden? 5. a) Wie lange dürfen anmoorige Böden zwischengelagert werden? b) Welche Anforderungen müssen solche Zwischenlager erfüllen? c) Welche Mengen anmoorigen Materials liegen derzeit in Bayern in Zwischenlagern? 6. Ist derzeit von der Staatsregierung eine Weiterentwicklung der „Regelung zur Verfüllung von Gruben und Brüchen“ geplant und welche Überlegungen gibt es hier, die Entsorgung der anmoorigen Böden zu regeln ? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 19.09.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. Wie viel m³ anmoorige Böden fallen in Bayern pro Jahr zur Entsorgung an? Den Abfallüberwachungsbehörden liegen keine Mengenangaben vor, denn statistische Erhebungen werden keine geführt. Bei anmoorigen Böden, die nach dem Aushub an andere Orte verbracht werden, handelt es sich zwar um Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), jedoch in der Regel nicht um gefährliche Abfälle. Für nicht gefährliche Abfälle werden gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) von den Abfallüberwachungsbehörden keine Mengenangaben erhoben. 2. Wie werden anmoorige Böden entsorgt? Sofern ein Wiedereinbau am Standort nicht vorgesehen ist, kommen aus hiesiger Sicht grundsätzlich die nachstehenden Entsorgungswege infrage. Dabei ist nach der fünfstufige Abfallhierarchie zu beachten, dass Abfälle (in dieser Reihenfolge) vorrangig zu vermeiden, zur Wiederverwendung vorzubereiten, zu recyclen oder auf sonstige Weise zu verwerten sind. Nur wenn dies technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist, sind Abfälle zu beseitigen. Eine Beseitigung des natürlichen Bodenmaterials auf Deponien kann gemäß der Deponieverordnung (DepV) allenfalls ausnahmsweise, unter engen Voraussetzungen sowie nach Zustimmung der zuständigen Behörde erfolgen. Die Ablagerung natürlichen Bodenmaterials auf Deponien und damit die Nutzung wertvollen Deponievolumens ist aus umweltfachlicher Sicht nicht sinnvoll. 3. a) In welche Schadstoffklasse werden anmoorige Böden bei der Entsorgung eingestuft? Dies hängt von den im Einzelfall vorhandenen Inhaltsstoffen ab und kann nicht generell beantwortet werden. Soweit anmoorige Böden als Abfall einzustufen sind, handelt es sich in der Regel um nicht gefährliche Abfälle (vgl. Antwort zu Frage 1). b) Welche Schwermetalle sind in welchen Konzentrationen in anmoorigen Böden enthalten? Anmoorige Böden entsprechen in der Bodenkunde dem Bodentyp der Anmoorgleye. Für das Bayerische Bodeninfor- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3079 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3079 mationssystem (BIS) wurden insgesamt zu 110 Standorten mit Anmoorgleyen Schwermetallanalysen durchgeführt. Es wurden folgende Analysenergebnisse gefunden. Tabelle 1: Elementspezifische Übersicht aller Analysenergebnisse der 110 Anmoorgleye Element n* (∑ 3444 Minimum [mg/kg] Maximum [mg/kg] Mittelwert [mg/kg] *** As 255 n.n.** 940,0 36,33 Cd 293 n.n. 2,2 0,28 Co 144 n.n. 21,3 6,25 Cr 293 n.n. 148,0 26,45 Cu 293 n.n. 67,0 15,71 Hg 255 n.n. 0,6 0,12 Mo 144 n.n. 12,0 0,59 Ni 293 n.n. 55,4 16,11 Pb 293 n.n. 520,0 19,18 Sb 144 n.n. 3,0 0,60 Se 144 n.n. 3,6 0,31 Sn 144 n.n. 5,3 0,85 Tl 252 n.n. 3,2 0,11 U 60 0,3 21,0 3,64 V 144 n.n. 135,0 42,04 Zn 293 n.n. 150,0 40,15 n*: Anzahl der elementspezifischen Analysenergebnisse; **n.n. bedeutet, dass der Analysenwert unterhalb der jeweiligen Nachweisgrenze liegt. *** gemessen in mg/kg Trockensubstanz im Feinboden c) Wie hoch ist die Gesamtbelastung an Schwermetall ? Eine „Gesamtbelastung“ ergäbe sich aus den Konzentrationen aller in Tabelle 1 ausgewiesenen untersuchten Einzelelemente . Eine Summierung der Elementkonzentrationen ist nicht aussagekräftig und wird daher (im Regelfall) nicht vorgenommen. Eine objektive Beurteilung der Stoffgehalte erfolgt vielmehr anhand der Einzelparameter. 4. In welchen Bereichen können anmoorige Böden wieder verbaut werden? Siehe Antwort zu Frage 2. Verwertungswege für anmoorige Böden: ● Verwertung für flächige Geländeauffüllungen, im Bereich der durchwurzelbaren Bodenschicht unter Berücksichtigung der Anforderungen in § 12 der Bundes-Bodenschutz - und Altlastenverordnung (Anforderung an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden). ● Bei geringen Schadstoffgehalten Verwertung zur Bodenverbesserung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen unter Beachtung zuvor genannter Rahmenbedingungen. ● In technischen Bauwerken bei einem eingeschränkten offenen Einbau oder bei einem Einbau mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen besteht die Möglichkeit , auch Boden mit höheren Organik-Anteilen im Einzelfall zuzulassen, wenn sichergestellt ist, dass das entstehende Bauwerk hierdurch nicht in seiner Funktion beeinträchtigt ist. Dieser Einzelfall muss durch die örtlich zuständige Behörde geprüft werden, welche bei Bedarf das zuständige Wasserwirtschaftsamt zur Beurteilung hinzuzieht. ● Verwertung in Erdenwerken. ● Verwendung zur Herstellung einer Rekultivierungsschicht auf Deponien. Zu berücksichtigen sind dabei die Parameter gemäß Anhang 3, Tabelle 2, Deponieverordnung (DepV) unter Beachtung von Empfehlungen der bundeseinheitlichen Qualitätsstandards BQS „Rekultivierungsschichten in Deponieoberflächenabdichtungssystemen“. ● Verwendung zur Herstellung einer Rekultivierungsschicht über verfüllten Gruben, Brüchen und Tagebauen, jedoch auf keinen Fall als Verfüllmaterial. a) Können anmoorige Böden auf landwirtschaftliche Flächen verbracht werden? Anmoorige Böden, die bei Aushubarbeiten anfallen, können auf landwirtschaftliche Flächen verbracht werden, soweit es sich um eine Verwertung handelt und bodenschutzrechtliche sowie ggf. baurechtliche Vorgaben erfüllt sind. Einschlägig sind insbesondere die in § 12 der BundesBodenschutz - und Altlastenverordnung (BBodSchV) geregelten Anforderungen. 5. a) Wie lange dürfen anmoorige Böden zwischengelagert werden? Die Zwischenlagerung von anmoorigen Böden als Abfall kann maximal 12 Monate dauern. Bei längeren Zeiträumen handelt es sich nicht mehr um ein Zwischenlager, sondern um ein Langzeitlager. Zur Abgrenzung von Zwischen- und Langzeitlagern verweisen wir auf die Nummern 8.12 und 8.14 im Anhang zur 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV). b) Welche Anforderungen müssen solche Zwischenlager erfüllen? Ein Zwischenlager für nicht gefährliche Abfälle unter 100 Tonnen Lagerkapazität ist ggf. baurechtlich zu genehmigen. Von ihm darf keine Grundwassergefährdung ausgehen. Ab einer Lagermenge von 100 Tonnen nicht gefährlicher Abfälle muss ein Zwischenlager im vereinfachten Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 19 BundesImmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigt werden. Im Rahmen der Genehmigung werden von der Genehmigungsbehörde Auflagen für das Zwischenlager gemacht. Je nach Standort, Materialart und -menge können an Zwischenlager unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Für Zwischenlager können im immissionsschutzrechtlichen, aber auch im baurechtlichen Verfahren z. B. folgende Auflagen gemacht werden: ● Die Lager- und Betriebsflächen sind dicht und bestän- dig gegenüber den gehandhabten Abfällen auszuführen, Nachweise über die Dichtheit und Beständigkeit sind vorzulegen . Die Dichtheit der Flächen ist in regelmäßigen Abstanden zu überprüfen. ● Alle Bereiche, in denen verunreinigte Wässer anfallen, sind mit einer separaten Abwassererfassung auszurüsten . Die Abwässer sind, soweit sie nicht abgeleitet werden dürfen, als Abfälle einer geeigneten Entsorgung zuzuführen . ● Im Einzelfall können auch Maßnahmen zum Nachbarschaftsschutz vor Immissionen notwendig sein (v. a. Begrenzung der Betriebszeiten, Befeuchtung zum Schutz vor Staubverwehungen). Eine Bereitstellung zur Abholung am Ort des Aushubs kann u. U. – sofern keine wasserwirtschaftlichen oder immissionsschutzfachlichen Gründe dagegensprechen – ohne weitere Maßnahmen erfolgen. Drucksache 17/3079 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Um die Qualität des Bodenmaterials für die Verwertung zu erhalten, kann z. B. die DIN 19731 herangezogen werden, die unter 7.2 zur Zwischenlagerung von Bodenmaterial Folgendes festlegt: „Muss Bodenmaterial zwischengelagert werden, ist es vor Verdichtungen und Vernässungen zu schützen. Das Lager sollte nicht mit Radfahrzeugen (Lastkraftwagen, Radlader) befahren werden. Die Miete ist zu profilieren und zu glätten . Bei einer Lagerungsdauer über sechs Monate ist die Miete mit tief wurzelnden, winterharten und stark wasserzehrenden Pflanzen (z. B. Luzernen, Waldstauden-Roggen, Lupine, Ölrettich) zu begrünen. Um die Verdichtung durch Auflast zu begrenzen, sollte die Mietenhöhe bei humosem Bodenmaterial höchstens 2 m betragen.“ c) Welche Mengen anmoorigen Materials liegen derzeit in Bayern in Zwischenlagern? Aus den Gründen, die in der Antwort auf Frage 1 erläutert werden, liegen hierfür keine Angaben vor. 6. Ist derzeit von der Staatsregierung eine Weiterent- wicklung der „Regelung zur Verfüllung von Gruben und Brüchen“ geplant und welche Überlegun- gen gibt es hier, die Entsorgung der anmoorigen Böden zu regeln? Nach der aktuellen Fassung des Leitfadens zu den Eckpunkten für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen ist die Verfüllung von anmoorigem Bodenmaterial in Gruben, Brüchen und Tagebauen unterhalb der Rekultivierungsschicht nicht zulässig. Derzeit arbeitet die Bundesregierung an einer Mantelverordnung zur Ergänzung der Grundwasserverordnung, Änderung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung. Bislang sind nur Arbeitsentwürfe bekannt. Mit Änderung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung soll nach derzeitigem Kenntnisstand das Einbringen von Material mit erhöhtem Organik-Anteil unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht auch bundesrechtlich ausgeschlossen werden. Andere Wege der Verwertung oder Entsorgung des anmoorigen Bodenmaterials werden in diesem Zusammenhang nicht geregelt. Inwieweit der Leitfaden nach Inkrafttreten dann bundesweit geltender Regelungen noch Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3079