Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Güller SPD vom 08.11.2013 Abwicklung des Verkaufs der GBW AG II; insbesondere gesellschaftsrechtliche Konstruktion und Vorkaufsrecht der Kommunen Die Bayerische Landesbank (BayernLB) hat die GBW AG im April an ein Bieterkonsortium unter Führung der Patrizia AG für rund 2,5 Milliarden Euro veräußert. Herr Ministerpräsident Seehofer und Herr Finanzminister Söder versprachen den Mieterinnen und Mietern der GBW-Wohnungen, dass ihre Rechte durch eine sogenannte Sozialcharta geschützt und Staatsregierung und Bayerische Landesbank auf die Einhaltung der Sozialcharta achten werden. Den Kommunen sollte ein wirksames Vorkaufsrecht eingeräumt werden. Nunmehr gibt es erste Berichte über den Verkauf von GBW-Wohnungen sowie über Mieterhöhungen. Außerdem berichtet der BR über eine äußerst verschachtelte gesellschaftsrechtliche Konstruktion, mit deren Hilfe der GBWKauf von der Patrizia AG abgewickelt wurde. Bei der hierzu gegründeten GmbH und Co. KG sei nur ein persönlich haftender Gesellschafter mit einem sehr beschränkten Eigenkapital von 25.000 € vorhanden. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wie bewertet die Bayerische Staatsregierung die gesellschaftsrechtliche Konstruktion beim Kauf der GBW-Aktien im Hinblick auf den gewünschten langfristigen Erhalt des Wohnungsbestands im sozialen Bereich („nachhaltiges Bestandsmanagement“)? Ist durch diese komplizierte Gesellschaftsstruktur die Geltendmachung von gegebenenfalls anfallenden Haftungs- und Schadensersatzansprüchen aus dem Kaufvertrag bis hin zu einer Rückabwicklung des Kaufs überhaupt noch gesichert? 2. Wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung die gesellschaftsrechtliche Konstruktion hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen bei anfallenden Gewinnen des Konsortiums? Wird hierdurch eine Steuerpflicht in der Bundesrepublik Deutschland umgangen? 3. Da im Falle der Geltendmachung des Vorkaufsrechts der Kommunen von diesen ein pauschaler Aufschlag von 5 % zum Kaufpreis verlangt wird, der laut Vertrag dafür vorgesehen ist, Kosten des Drittkäufers (der bei Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zum Zuge kommt) zu erstatten, frage ich die Staatsregierung, kann und wird vonseiten der BayernLB kontrolliert, ob dieser Betrag tatsächlich nur zweckgebunden anfällt, und ist die Staatsregierung gegebenenfalls bereit, sich für eine solche Zweckbindung und auch Kontrolle einzusetzen? 4. Ist nach Ansicht der Staatsregierung durch den Verkaufsvertrag gewährleistet, dass die Kommunen rechtzeitig und vor allem mit allen notwendigen Informationen, wie etwa Wohnungsgröße, aktuelle Miethöhe und anonymisierte Angaben zu den betroffenen Mietern, vom Konsortium informiert werden, damit die Kommunen eine auf soliden Informationen gegründete Entscheidung treffen können? Ist die Staatsregierung gegebenenfalls bereit, hier auf Nachbesserungen beziehungsweise eine verbesserte Umsetzung zu drängen? 5. Wann war der konkrete Vollzugstag des Kaufvertrags, der das Startdatum für die Laufzeit von Fristen bildet? 6. Ist im Vertragswerk zum Verkauf der GBW zur Auslegung unbestimmter Begriffe wie „Luxussanierung“ oder „angemessene wirtschaftliche Verwertung“ eine sogenannte „salvatorische Klausel“ enthalten, gegebenenfalls warum nicht? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 09.12.2013 1. Wie bewertet die Bayerische Staatsregierung die gesellschaftsrechtliche Konstruktion beim Kauf der GBW-Aktien im Hinblick auf den gewünschten langfristigen Erhalt des Wohnungsbestands im sozialen Bereich („nachhaltiges Bestandsmanagement“)? Ist durch diese komplizierte Gesellschaftsstruktur die Geltendmachung von gegebenenfalls anfallenden Haftungs- und Schadensersatzansprüchen aus dem Kaufvertrag bis hin zu einer Rückabwicklung des Kaufs überhaupt noch gesichert? Maßnahmen zum nachhaltigen Bestandsmanagement und zum langfristigen Bestandserhalt wurden in der von der BayernLB dem Verkauf zugrunde gelegten Sozialcharta festgelegt . Negative Einflüsse der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion des Erwerbskonsortiums auf die Einhaltung der Sozialcharta oder die Durchsetzung eventueller Haftungs- und Schadensersatzansprüche sowie etwaiger Rückabwicklungsansprüche sind für die BayernLB nicht erkennbar. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.01.2014 17/309 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/309 Der vor Kurzem von der Hauptversammlung der GBW AG beschlossene Squeeze Out und die Zustimmung zu einem Beherrschungsvertrag zwischen der GBW AG und der Pearl AcquiCo Eins GmbH & Co. KG sind notwendige Maßnahmen des Erwerbskonsortiums, um die Sozialcharta gesellschaftsrechtlich bei der GBW AG umsetzen zu können. Entsprechende Meldungen sind aus Sicht der Staatsregierung daher positiv zu beurteilen. 2. Wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung die gesellschaftsrechtliche Konstruktion hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen bei anfallenden Gewinnen des Konsortiums? Wird hierdurch eine Steuerpflicht in der Bundesrepublik Deutschland umgangen ? Die gesellschaftsrechtliche Konstruktion aufseiten des Bieterkonsortiums wird im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer der im Inland steuerpflichtigen Beteiligten für das Erwerbsjahr 2013 von den zuständigen Finanzbehörden geprüft werden. Die Prüfung im Veranlagungsverfahren und ggf. durch eine spätere Außenprüfung erfolgt nach Abgabe der Steuererklärungen. Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen sind spätestens bis 31. Mai 2014 abzugeben. Gegenstand der Prüfung wird auch sein, ob die aufseiten des Bieterkonsortiums geschlossenen Vereinbarungen über Gewinnabführungen, Gewinnausschüttungen und andere Leistungen das der Bundesrepublik Deutschland zustehende Besteuerungssubstrat in Übereinstimmung mit dem geltenden Steuerrecht wahren. 3. Da im Falle der Geltendmachung des Vorkaufsrechts der Kommunen von diesen ein pauschaler Aufschlag von 5 % zum Kaufpreis verlangt wird, der laut Vertrag dafür vorgesehen ist, Kosten des Drittkäufers (der bei Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zum Zuge kommt) zu erstatten, frage ich die Staatsregierung, kann und wird vonseiten der BayernLB kontrolliert, ob dieser Betrag tatsächlich nur zweckgebunden anfällt, und ist die Staatsregierung gegebenenfalls bereit, sich für eine solche Zweckbindung und auch Kontrolle einzusetzen? Die BayernLB hat den 5%-Aufschlag als einen langjährigen Erfahrungswert in der Immobilienbranche und eine marktübliche Regelung vereinbart. Patrizia hat der BayernLB mitgeteilt , dass in den Kaufverträgen mit den Ersterwerbern ein entsprechender Passus zum Kostenersatz im Falle der Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts enthalten ist. Den Kommunen steht es im Übrigen frei, bereits vor Eintritt des Vorkaufsrechts bei der GBW AG ihr Interesse an Wohnungen anzumelden oder an Ausschreibungen teilzunehmen . Der in der Sozialcharta nur im Rahmen des Vorkaufsrechts vorgesehene Pauschalbetrag fällt in diesen Fällen nicht an. 4. Ist nach Ansicht der Staatsregierung durch den Verkaufsvertrag gewährleistet, dass die Kommunen rechtzeitig und vor allem mit allen notwendigen Informationen , wie etwa Wohnungsgröße, aktuelle Miethöhe und anonymisierte Angaben zu den betroffenen Mietern, vom Konsortium informiert werden, damit die Kommunen eine auf soliden Informationen gegründete Entscheidung treffen können? Ist die Staatsregierung gegebenenfalls bereit, hier auf Nachbesserungen beziehungsweise eine verbesserte Umsetzung zu drängen? Es sind die im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zum Vorkaufsrecht bestehenden Informationspflichten des Verkäufers zu beachten. Nach Mitteilung der BayernLB muss danach der Vorkaufsberechtigte so vollständig unterrichtet werden, dass ihm die fristgerechte Entscheidung über die Ausübung seines Vorkaufsrechts möglich ist. Werde dem Vorkaufsberechtigten beispielsweise nur der Text des Kaufvertrages übersendet und verbleiben Unklarheiten, so ist der Berechtigte befugt, ergänzende Auskünfte zu verlangen. 5. Wann war der konkrete Vollzugstag des Kaufvertrags , der das Startdatum für die Laufzeit von Fristen bildet? Vollzugstag ist der 27.05.2013. 6. Ist im Vertragswerk zum Verkauf der GBW zur Auslegung unbestimmter Begriffe wie „Luxussanierung “ oder „angemessene wirtschaftliche Verwertung “ eine sogenannte „salvatorische Klausel“ enthalten, gegebenenfalls warum nicht? Laut § 1 Ziffer 1.4 der im Internet von der Patrizia AG veröffentlichten Sozialcharta sind „Luxusmodernisierungen“ bauliche Maßnahmen, die die Ausstattung, den baulichen Zuschnitt und das Wohnumfeld in einer Weise ändern, dass die betroffene Bestandswohnung nach einer solchen Maßnahme eine andere Zielgruppe als die bisherige Mieterstruktur anspricht. Keine Luxusmodernisierungen sind bauliche Maßnahmen, mit denen Bestandswohnungen auf ein übliches und zeitgemäßes Ausstattungsniveau gebracht werden. Der Begriff der „angemessenen wirtschaftlichen Verwertung“ entspricht dem Wortlaut des § 573 BGB.