Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.08.2014 Festnahme in München-Obersendling nach bedrohlichen rechtsextremen Äußerungen Laut Presseberichten wurde am 21. Juli 2014 in MünchenObersendling ein 25-Jähriger festgenommen, nachdem er in einem Video auf seiner Facebook-Seite mit einer Schusswaffe hantierte und ankündigte, „dass er Ausländer umbringen werde“ (http://www.merkur-online.de/lokales/muen chen/sued/muenchner-25-kuendigt-mord-auslaendern- 3721014.html). Der Presse war auch zu entnehmen, dass gegen den 25-Jährigen in der Vergangenheit bereits „wegen rechtsmotivierter Äußerungen“ ermittelt worden sei. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Welche exakten Kenntnisse hat die Staatsregierung über den in der Vorbemerkung geschilderten Fall? 1.1 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über konkrete Anschlagspläne oder die Planung sonstiger Gewalttaten durch die festgenommene Person? 2. Wurden die Wohnräume der festgenommenen Person durchsucht? 2.1 Wurden dabei ggf. weitere Waffen oder Sprengstoff gefunden? 2.2 Wurden dabei ggf. Nazi-Devotionalien oder sonstige Materialien gefunden, die auf einen rechtsextremen Hintergrund schließen lassen? 3. Besitzt der 25-Jährige für die bei ihm aufgefundenen Waffen die dafür benötigte waffenrechtliche Erlaubnis? 4. Wegen welcher Delikte wird momentan gegen den 25-Jährigen ermittelt? 5. In welcher Statistik schlägt sich der in der Vorbemerkung geschilderte Fall nieder? 6. Durch welche rechtsextremen Aktivitäten bzw. Straftaten ist der Festgenommene in der Vergangenheit auffällig geworden (Fälle bitte einzeln auflisten)? 6.1 Zu welchem Ergebnis kamen jeweils die Ermittlungen? 7. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung grundsätzlich über Verbindungen des 25-Jährigen zur rechtsextremen Szene? 7.1 Welche Rolle spielen diese Verbindungen ggf. in den Ermittlungen? 8. Stand der 25-Jährige unter Beobachtung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz? 8.1 Falls ja, seit wann? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.09.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. Welche exakten Kenntnisse hat die Staatsregierung über den in der Vorbemerkung geschilderten Fall? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums München ging am 21. Juli 2014, um 14.09 Uhr, beim dortigen Polizeinotruf der Anruf eines Verwandten des späteren Beschuldigten ein. Dieser schilderte, dass der Beschuldigte soeben zwei Videos auf dem Internetportal Facebook gepostet habe, welche ihn beim Hantieren mit einer Schusswaffe zeigen. Des Weiteren sei zu sehen bzw. zu hören, wie der Beschuldigte die Schusswaffe zwei Mal in einem Raum abfeuert und Suizidgedanken äußert. In der Chronik des Facebook-Profils habe er darüber hinaus gepostet: „Davor nehme ich Ausländer mit.“ Bei einer sofortigen Wohnsitzüberprüfung konnte der Beschuldigte nicht angetroffen werden. Eingeleitete Fahndungsmaßnahmen verliefen zunächst erfolglos. Zwischenzeitlich war beim Mitteiler eine SMS eingegangen , in welcher der Beschuldigte sinngemäß ankündigte, dass innerhalb der nächsten 30 Minuten „was passieren würde und er Waffen dabei hätte“. Kurze Zeit darauf ging beim Polizeinotruf des Polizeipräsidiums München ein weiterer Anruf mit dem Hinweis ein, dass vor einem Verbrauchermarkt eine Person vier Schüsse abgegeben hätte. Die Person habe die Waffe anschließend in einen Rucksack gesteckt und den Verbrauchermarkt betreten. Bei Eintreffen der Einsatzkräfte am Verbrauchermarkt war die Person bereits nicht mehr vor Ort, allerdings traf deren Beschreibung auf den Gesuchten zu. Der Beschuldigte konnte schließlich gegen 17.00 Uhr in seiner Unterkunft festgenommen und bei ihm eine ungeladene Schreckschusspistole sichergestellt werden. Aufgrund der geäußerten Suizidgedanken wurde der Beschuldigte am 21. Juli 2014 in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Das Amtsgericht München ordnete am 23. Juli 2014 die einstweilige Unterbringung gemäß § 126 a StPO an. Aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens können keine genaueren Einzelheiten mitgeteilt werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3122 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3122 1.1 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über konkrete Anschlagspläne oder die Planung sonstiger Gewalttaten durch die festgenommene Person? Neben der in der oben genannten SMS verfassten Ankündigung , dass „was passieren“ werde, und dem Eintrag in der Chronik des Facebook-Profils des Beschuldigten „davor nehme ich Ausländer mit“ wurde im Rahmen der Ermittlungen weiterhin bekannt, dass der Beschuldigte gegenüber einer dritten Person angab, er werde den Polizeibeamten, welche zu ihm kommen, in den Kopf schießen. Nach Auskunft des Polizeipräsidiums München ergaben sich darüber hinaus bislang keine Erkenntnisse, die auf die bevorstehende Begehung von Straftaten durch den Beschuldigten hinweisen. 2. Wurden die Wohnräume der festgenommenen Per- son durchsucht? 2.1 Wurden dabei ggf. weitere Waffen oder Spreng- stoff gefunden? 2.2 Wurden dabei ggf. Nazi-Devotionalien oder sonsti- ge Materialien gefunden, die auf einen rechtsextremen Hintergrund schließen lassen? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums München wurde beim erstmaligen Betreten der Unterkunft des Beschuldigten im Rahmen der Fahndung eine Dose mit Schreckschusspatronen sowie zwei abgefeuerte Patronenhülsen aufgefunden und sichergestellt. Eine spätere Absuche der Unterkunft mit Einverständnis des Beschuldigten führte zum Fund einer weiteren Patronenhülse. Am 22. Juli 2014 wurde von der Staatsanwaltschaft München I ein Durchsuchungsbeschluss gegen den Beschuldigten beantragt und noch am selben Tag durch das Amtsgericht München erlassen. Der Vollzug erfolgte ebenfalls am 22. Juli 2014. In der Unterkunft des Beschuldigten wurden keine Gegenstände aufgefunden, die auf einen rechtsextremen Hintergrund schließen lassen. Auch die Auswertung von sichergestellten elektronischen Geräten sowie alle weitergehenden Ermittlungen geben nach Mitteilung des Polizeipräsidiums München keinen Rückschluss auf einen rechtsextremen Hintergrund. 3. Besitzt der 25-Jährige für die bei ihm aufgefunde- nen Waffen die dafür benötigte waffenrechtliche Erlaubnis? Der Erwerb der beim Täter sichergestellten Schreckschusswaffe ist grundsätzlich ab einem Alter von 18 Jahren erlaubnisfrei möglich, das Führen und Abfeuern der Waffe außerhalb des eigenen befriedeten Besitztums bedarf jedoch einer Erlaubnis. Nach Auskunft der zuständigen Waffenbehörde ist der Beschuldigte nicht im Besitz der hierfür erforderlichen waffenrechtlichen Erlaubnis. Die zuständige Waffenbehörde prüft zurzeit die Erteilung eines Waffenbesitzverbotes nach § 41 Waffengesetz, um künftig einen Umgang selbst mit erlaubnisfreien Waffen zu unterbinden. Ein entsprechendes Anhörungsschreiben ist dem Beschuldigten bereits zugestellt worden. 4. Wegen welcher Delikte wird momentan gegen den 25-Jährigen ermittelt? Gegen den Beschuldigten wird wegen eines Vergehens der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten gem. § 126 StGB sowie wegen eines Vergehens gemäß § 52 Absatz 3 Nr. 2a Waffengesetz (Führen der Schusswaffe) ermittelt. 5. In welcher Statistik schlägt sich der in der Vorbe- merkung geschilderte Fall nieder? Die Delikte werden der „Politisch motivierten Kriminalität – Rechts“ zugeordnet. Daneben werden sie in der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ erfasst. 6. Durch welche rechtsextremen Aktivitäten bzw. Straftaten ist der Festgenommene in der Vergangenheit auffällig geworden (Fälle bitte einzeln auflisten )? 6.1 Zu welchem Ergebnis kamen jeweils die Ermittlungen ? Gegen den Beschuldigten wurde bislang wegen einer politisch rechts motivierten Beleidigung gegenüber einem türkischstämmigen Polizeibeamten und einer sexistischen Beleidigung gegen eine Polizeibeamtin während einer Personenkontrolle in München gemäß § 185 StGB ermittelt. Mit Verfügung vom 19. März 2014 sah die Staatsanwaltschaft , in Absprache mit dem Polizeipräsidium München, von einer Strafverfolgung wegen der Äußerungen gegenüber dem männlichen Polizeibeamten gemäß § 154 a Abs. 1 StPO ab, da die zu erwartende Strafe im Hinblick auf die Strafe, die wegen der Beleidigung der Polizeibeamtin zu erwarten war, voraussichtlich nicht beträchtlich ins Gewicht fiel. Wegen der Beleidigung zum Nachteil der Polizeibeamtin beantragte die Staatsanwaltschaft am 19. März 2014 beim Amtsgericht München den Erlass eines Strafbefehls über eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 15 Euro. Dieser wurde am 25. März 2014 erlassen und ist seit dem 12. April 2014 rechtskräftig. 7. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung grundsätzlich über Verbindungen des 25-Jährigen zur rechtsextremen Szene? 7.1 Welche Rolle spielen diese Verbindungen ggf. in den Ermittlungen? Die noch laufenden Ermittlungen ergaben bislang keinerlei Verbindungen des Beschuldigten in die rechtsextreme Szene . Darüber hinaus ist auch dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz keine derartige Verbindung des Beschuldigten bekannt. 8. Stand der 25-Jährige unter Beobachtung des Bay- erischen Landesamtes für Verfassungsschutz? 8.1 Falls ja, seit wann? Der Beschuldigte ist dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz einzig durch die in der Antwort zu Frage 6 bezeichnete Straftat mit fremdenfeindlichem Hintergrund seit 5. Dezember 2013 bekannt und wurde dort als Ersttäter erfasst .