Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 11.08.2014 Sportwettensteuer, Wettvermittler, Zwischenbericht GlüÄndStV Der Erste Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV) ist am 1. Juli 2012 in Kraft getreten. Danach werden probeweise 20 Lizenzen für private Anbieter von Sportwetten vergeben. Erlaubnisbehörde gegenüber den Sportwettenkonzessionären ist das hessische Innenministerium (bzw. das Regierungspräsidium Darmstadt), das auch die Glücksspielaufsicht mit Wirkung für alle Länder ausübt. Die Bewerber beschweren sich dabei über das angeblich „chaotische“ Verfahren. Die Zahl der zu vergebenden Wettvermittlungsstellen für Sportwettenkonzessionäre ist in Bayern auf höchstens 400 begrenzt . Die Regierungen sind für die Erlaubnis zuständig, eine Überwachung erfolgt anlassbezogen und stichprobenartig . Zum 01.05.2013 gab es in Bayern insgesamt noch 207 Wettbüros ohne eine glücksspielrechtliche Erlaubnis. Betroffene Unternehmen klagen insgesamt über die negativen Auswirkungen der getroffenen Regelungen im GlüAndStV. Eine Evaluierung der Auswirkungen des Staatsvertrages ist bis 2017 vorgesehen, demnächst soll es hierzu einen Zwischenbericht geben. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie hoch sind die Einnahmen aus der Sportwettensteuer seit Juli 2012 bis heute (bundesweit/für Bayern)? b) Wie viele Sportwettenanbieter entrichten die Einsatzsteuer und wie hoch werden die unversteuerten Umsätze ausländischer über das Internet tätiger Anbieter geschätzt? 2. Wie bewertet die Staatsregierung die Möglichkeit der Erhebung einer Wettbürosteuer, wie sie bereits von einer Kommune in Nordrhein-Westfalen erhoben wird, und ist dies von bayerischen Kommunen beabsichtigt? 3. Wie viele Wettvermittlerstellen für Sportwettenkonzessionäre sind derzeit a) mit glücksspielrechtlicher Erlaubnis b) und ohne glücksspielrechtlicher Erlaubnis in Bayern aktiv und wie oft wurde seit der zugunsten des Freistaates ergangenen Entscheidung des BVerwG vom 16.05.2013 von der Ausübung der Untersagungsbefugnis Gebrauch gemacht? 4. a) Wie werden die Wettvermittlungsstellen unter den Konzessionsinhabern verteilt? b) Was bedeutet in diesem Zusammenhang „unter gleichmäßiger Berücksichtigung der Interessen der Konzessionsnehmer “ in Art. 7 AGGlüStV? c) Erfolgt eine Absprache mit angrenzenden Bundesländern in grenznahen Regionen? 5. a) Wer erstellt den Zwischenbericht zur im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehe Evaluation und wann ist damit zu rechnen? b) Wird die Evaluation durch externe Gutachter unterstützt ? 6. Wie wird Transparenz bei der Erstellung des Zwischenberichtes sichergestellt, wird die Öffentlichkeit, insbesondere betroffene Unternehmer beteiligt, falls nein, weshalb nicht? 7. Wie steht die Staatsregierung zu der Forderung der betroffenen Unternehmen nach einem öffentlichen Anhörungsverfahren zur Evaluierung des GlüStV? 8. Besteht aus Sicht der Staatsregierung Nachbesserungsbedarf im Bereich des Glücksspielrechts? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.09.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. a) Wie hoch sind die Einnahmen aus der Sportwet- tensteuer seit Juli 2012 bis heute (bundesweit/für Bayern)? Bayern hat aus der Sportwettensteuer seit Juli 2012 bis einschließlich Juni 2014 insgesamt rund 55 Mio. € eingenommen . Bundesweit lagen die Einnahmen aus der Sportwettensteuer im gleichen Zeitraum nach hier vorliegenden Informationen bei rund 379 Mio. €. b) Wie viele Sportwettenanbieter entrichten die Einsatzsteuer und wie hoch werden die unversteuerten Umsätze ausländischer über das Internet tätige Anbieter geschätzt? Derzeit sind im Bundesgebiet 61 Anbieter von Sportwetten steuerlich erfasst. Informationen zu unversteuerten Umsätzen ausländischer über das Internet tätiger Anbieter liegen hier nicht vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3123 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3123 2. Wie bewertet die Staatsregierung die Möglichkeit der Erhebung einer Wettbürosteuer, wie sie bereits von einer Kommune in Nordrhein-Westfalen erhoben wird und ist dies von bayerischen Kommunen beabsichtigt? Nach den dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vorliegenden Informationen erhebt eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen eine Wettbürosteuer in Gestalt einer Vergnügungssteuer. Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Kommunalabgabengesetz ist die Erhebung einer Vergnügungssteuer in Bayern nicht zulässig. Die Vergnügungssteuer wurde – zusammen mit anderen sogenannten kommunalen Bagatellsteuern – in Bayern im Jahr 1980 verboten, um Wirtschaft und Bürger zu entlasten und eine grundsätzliche Vereinfachung der Verwaltung zu erreichen. 3. Wie viele Wettvermittlerstellen für Sportwetten- konzessionäre sind derzeit a) mit glücksspielrechtlicher Erlaubnis b) und ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis in Bay- ern aktiv und wie oft wurde seit der zugunsten des Freistaates ergangenen Entscheidung des BVerwG vom 16.05.2013 von der Ausübung der Untersagungsbefugnis Gebrauch gemacht? Nach § 10 a Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 29 Abs. 2 Satz 2 GlüStV haben die Konzessionsnehmer nach Erteilung der Konzessionen für die Sportwettenvermittler, mit denen sie zur Vermarktung ihres Angebots zusammenarbeiten möchten, Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis bei der Regierung zu stellen, in deren Bezirk die Wettvermittlung stattfinden soll. Eine Antragstellung durch die Sportwettenvermittler selbst ist nach dem Gesetz nicht zulässig. Sportwettenkonzessionen wurden bislang noch nicht erteilt. Ein privates Angebot konzessionierter Sportwetten gibt es daher bislang nicht. Die Staatliche Lotterieverwaltung verfügte zum Stichtag 01.07.2014 laut einer Auskunft vom 08.07.2014 über die nach Art. 1 Abs. 3 Satz 2 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV) zulässige Höchstzahl von 3700 Lottoannahmestellen, in denen ganz überwiegend auch das staatliche Sportwettenangebot Oddset vermittelt wird. Bis zum Stichtag 01.07.2014 wurden durch bayerische Kreisverwaltungsbehörden und Gemeinden neun Untersagungsverfügungen gegenüber Betreibern von Wettbüros erlassen; in drei weiteren Fällen war das Verwaltungsverfahren zum Erlass einer solchen Verfügung noch nicht abgeschlossen . In 13 Fällen wurde die Vermittlung von Sportwetten nach Einleitung eines Verwaltungsverfahrens freiwillig eingestellt. 4. a) Wie werden die Wettvermittlungsstellen unter den Konzessionsinhabern verteilt? b) Was bedeutet in diesem Zusammenhang „unter gleichmäßiger Berücksichtigung der Interessen der Konzessionsnehmer“ in Art. 7 AGGlüStV? c) Erfolgt eine Absprache mit angrenzenden Bundesländern in grenznahen Regionen? Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV ist die Zahl der Wettvermittlungsstellen der Konzessionsnehmer auf höchstens 400 begrenzt. Sie ist unter gleichmäßiger Berücksichtigung der Interessen der Konzessionsnehmer zu verteilen, wobei jedoch eine übermäßige Häufung von Wettvermittlungsstellen in bestimmten Gebieten zu vermeiden ist (Art. 7 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AGGlüStV). Die Bewerber um eine Konzes- sion haben darzulegen, ob und an welchen Orten sie Sportwettangebote auch über Wettvermittlungsstellen zu vertreiben beabsichtigen (Art. 7 Abs. 2 AGGlüStV). Nach Erteilung der Konzessionen haben die Konzessionsnehmer daher unverzüglich die im Vertriebskonzept vorgesehenen Wettvermittlungsstellen bei den zuständigen Regierungen zu beantragen. Die Regierungen werden bei der Erteilung der Erlaubnisse und der Verteilung der Wettvermittlungsstellen eng zusammenarbeiten. Jedem Konzessionsinhaber werden zunächst 20 Wettvermittlungsstellen zugeteilt. Die Zuweisung weiterer Wettvermittlungsstellen ist möglich, wenn ein Konzessionsnehmer – sei es im Konzessionsverfahren oder durch schriftliche Erklärung gegenüber den Erlaubnisbehörden – auf die Vermittlung zu Lande verzichtet hat oder sein Anrecht auf Wettvermittlungsstellen ganz oder teilweise an einen anderen Konzessionsinhaber abtritt (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV). Soweit Konzessionsnehmer auf einen Vertrieb ihres Angebots über Wettvermittlungsstellen verzichten, werden diese Wettvermittlungsstellen gleichmäßig auf Konzessionsnehmer verteilt, die Erlaubnisse für weitere Wettvermittlungsstellen beantragen. In einer Wettvermittlungsstelle i. S. v. Art. 7 Abs. 1 AGGlüStV dürfen Angebote verschiedener Konzessionäre vermittelt werden; die Konzessionsnehmer können bezüglich der Nutzung der Wettvermittlungsstellen Vereinbarungen treffen (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV). Ein von mehreren Veranstaltern genutztes Wettbüro ist als eine einzige Wettvermittlungsstelle i. S. v. Art. 7 Abs. 1 AGGlüStV zu betrachten (vgl. LT-Drs. 16/12192 Buchst. B zu Nr. 8). Die betreffenden Konzessionsinhaber legen einvernehmlich fest, auf wessen „Wettvermittlungsstellenkontingent“ die gemeinsam genutzte Wettvermittlungsstelle angerechnet wird. Da sowohl die Zahl der zulässigen Wettvermittlungsstellen als auch deren Verteilung landesgesetzlich jeweils unterschiedlich geregelt sind, sind Absprachen mit angrenzenden Bundesländern derzeit nicht beabsichtigt. 5. a) Wer erstellt den Zwischenbericht zur im Glücks- spielstaatsvertrag vorgesehenen Evaluation und wann ist damit zu rechnen? Der gegenüber der Europäischen Kommission abzugebende Zwischenbericht wird von den obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und einer durch die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder installierten Arbeitsgruppe erstellt. Mit der Fertigstellung des Berichts ist demnächst zu rechnen. b) Wird die Evaluation durch externe Gutachter unterstützt ? Die Evaluierung nach § 32 Satz 1 GlüStV wird durch Sachverständige unterstützt. Zu nennen sind hier insbesondere der aufgrund der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GlüStV eingerichtete Fachbeirat Glücksspielsucht, der sich aus Persönlichkeiten mit ausgewiesener Erfahrung und Fachwissen in den Bereichen Suchtforschung, -prävention und -hilfe, Jugend- und Spielerschutz sowie Betrugs- und Kriminalitätsbekämpfung zusammensetzt. Darüber hinaus wirken durch die Länder getragene Fachstellen wie die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern an der Evaluation mit. 6. Wie wird Transparenz bei der Erstellung des Zwischenberichtes sichergestellt, wird die Öffentlich- Drucksache 17/3123 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 keit, insbesondere betroffene Unternehmer beteiligt , falls nein, weshalb nicht? Die Erstellung des Zwischenberichts folgt einer im Notifizierungsverfahren an Deutschland gerichteten Bitte der Kommission, ihr zwei Jahre nach Inkrafttreten des Staatsvertrags zu bestimmten Fragen, denen sie im Notifizierungsverfahren besondere Bedeutung beigemessen hatte, zu berichten . Dieser Bericht gegenüber der Kommission ist nicht Teil der Evaluierung nach § 32 GlüStV, die fünf Jahre nach Inkrafttreten des Staatsvertrags abzuschließen ist. Er wird ohne Beteiligung der Öffentlichkeit erstellt. 7. Wie steht die Staatsregierung zu der Forderung der betroffenen Unternehmen nach einem öffentlichen Anhörungsverfahren zur Evaluierung des GlüStV? Die Evaluierung nach § 32 Satz 1 GlüStV dient der fachlichen Vorbereitung einer politischen Entscheidung über das Fortgelten des Staatsvertrags und über eine dauerhafte Fortsetzung des Konzessionsmodells für Sportwetten. Hierzu sind durch die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder unter wissenschaftlicher Begleitung die Auswirkungen der geänderten Regeln in den Bereichen Internet, Sportwetten und Spielhallen auf die Bevölkerung zu ermitteln und zu beurteilen. Ein zusammenfassender Bericht ist fünf Jahre nach Inkrafttreten des Staatsvertrages, d. h. zum 01.07.2017 vorzulegen. Zu diesem Zweck wurden sowohl staatlichen als auch privaten Veranstaltern in den Erlaubnisbescheiden entsprechende Berichtspflichten zu den Auswirkungen ihres Angebots auferlegt. Auf Grundlage der durchgeführten Evaluierung kann sodann eine rechtspolitische Diskussion unter Beteiligung der Marktteilnehmer geführt werden. 8. Besteht aus Sicht der Staatsregierung Nachbesse- rungsbedarf im Bereich des Glücksspielrechts? Derzeit besteht kein Grund, von dem im Glücksspielstaatsvertrag festgelegten Zeitplan (s.o. Antwort zu Frage 7) abzuweichen . Vor einer Entscheidung über die Beibehaltung oder Änderung des rechtlichen Rahmens für das Glücksspielrecht ist zunächst die Evaluierung nach § 32 GlüStV abzuwarten. In die Entscheidung sind auch die Auswirkungen der Änderung der Spielverordnung einzubeziehen, die nach den vom Bundesrat beschlossenen Änderungen derzeit das Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission durchläuft.