Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 12.08.2014 Geschwindigkeitsüberwachung mittels Lasersäulen Ich frage die Staatsregierung: 1. Warum wird die Geschwindigkeitsmessung per Poliscan Speed in Bayern nicht genehmigt? 2. Stimmt die Aussage, dass dies in Bayern nicht möglich ist, da dieses stationäre System einer Litfaßsäule ähnlich sieht und die bayerischen Verwaltungsvorschriften zur Verkehrsüberwachung die Verwendung tarnender Mittel untersagen? 3. Wenn bei 2. ja, plant die Staatsregierung eine Änderung der Verwaltungsvorschriften, um Poliscan Speed in Bayern ebenfalls wie z.B. in Hessen und Baden Württemberg zuzulassen? 4. Wenn bei 2. nein, welche anderen Gründe führt die Staatsregierung an? 5. Sind nicht die Menschen, die in Bayern unter Lärm, Verkehrsgefahren und Feinstaubbelastung leiden, gegenüber jenen Menschen im benachbarten Hessen und Baden -Württemberg durch den Nichteinsatz von Poliscan Speed benachteiligt bzw. hat die Staatsregierung andere Konzepte, um Geschwindigkeitsüberschreitungen zum messen? 6. An einer Geschwindigkeitsmessanlage mit Smiley an der Staatsstraße 2309 in Großheubach/Main (Landkreis Miltenberg) fuhren am 18.03.2012 vormittags 86 Prozent aller passierenden Pkws schneller als die vorgeschriebenen 30 Stundenkilometer – Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, solche Geschwindigkeitsüberschreitungen in Zukunft zu reduzieren? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.09.2014 1. Warum wird die Geschwindigkeitsmessung per Poliscan Speed in Bayern nicht genehmigt? Wir gehen bei der nachfolgenden Beantwortung davon aus, dass die Fragestellung ausschließlich auf eine stationäre Verwendung von PoliScan Speed abzielt, da sich die mobile Variante des Poliscan-Systems bereits seit geraumer Zeit bei der Bayer. Polizei im Einsatz befindet. Dem Polizeipräsidium München wurde mit IMS IC43618.309258 vom 26.07.2013 die Erlaubnis erteilt, die Kombinierte Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachungsanlage Poli-Scan F 1 red+speed („Messsäule“) im regionalen Zuständigkeitsbereich im Echtbetrieb zu erproben. Die tatsächliche Aufnahme des Echtmessbetriebes erfolgte am 25.09.2013. Nach Abschluss der Pilotierung kann über eine landesweite Einführung entschieden werden. Nach bisherigem Kenntnisstand sind keine Faktoren erkennbar, die einer bayernweiten Freigabe nach Projektabschluss entgegenstehen würden. Poli-Scan F1 red+speed ist zur stationären Geschwindigkeitserfassung und/oder Feststellung und Dokumentation von Rotlichtverstößen im Straßenverkehr bestimmt. Die Messanlage überwacht Geschwindigkeits- sowie Rotlichtverstöße gleichzeitig. Eine Verwendung der „Messsäule“ allein für den Zweck der Geschwindigkeitsüberwachung wäre aus technischer Sicht ebenso möglich. Zudem wird aktuell die Aufnahme des Testbetriebs einer in Traunreut (Nähe Bahnübergang Ortsteil St. Georgen), B 304 errichteten stationären Geschwindigkeitsmessanlage (Poli-Scan speed M1 / „Messkabine“) geprüft. 2. Stimmt die Aussage, dass dies in Bayern nicht mög- lich ist, da dieses stationäre System einer Litfaßsäule ähnlich sieht und die bayerischen Verwaltungsvorschriften zur Verkehrsüberwachung die Verwendung tarnender Mittel untersagen? In Ziff. 2.9 der VÜ-Richtlinie des Bayer. Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr, Az. IC43618.231 vom 12.05.2006, ist festgelegt, dass die Verwendung tarnender Mittel beim Einsatz von technischem Gerät (z. B. in Mülltonnen ) und Messfahrzeugen nicht zulässig ist. Der Einsatz einer Messsäule (siehe Ziff. 1) steht nicht im Gegensatz zu Ziff. 2.9 der VÜ-Richtlinie. Es wird kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs (z. B. Mülltonne, Litfaßsäule ) vorgetäuscht. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3161 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3161 3. Wenn bei 2. ja, plant die Staatsregierung eine Änderung der Verwaltungsvorschriften, um Poliscan Speed in Bayern ebenfalls wie z. B. in Hessen und Baden-Württemberg zuzulassen? Entfällt (siehe Ziff. 2). 4. Wenn bei 2. nein, welche anderen Gründe führt die Staatsregierung an? In Bayern werden zur Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten nur Messgeräte eingesetzt, die von der Physikalisch -Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen sind. Sie müssen geeicht und (vom Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr) zum Einsatz freigegeben sein. Der Freigabe geht im Regelfall ein Testverfahren voraus. Hier werden neben zahlreichen technischen Details auch aus- bzw. fortbildungsrelevante Aspekte geprüft. Diese Vorgehensweise ist auch erforderlich, um den vom Bundesgerichtshof festgelegten Kriterien eines standardisierten Messverfahrens gerecht zu werden. Diesem Begriff kommt in verkehrsrechtlichen Bußgeldangelegenheiten und Begründungsanforderungen erhebliche Bedeutung zu. Für das standardisierte Messverfahren legte der Bundesgerichtshof vereinfachte Beweisanforderungen fest. Ebenso wird auf unsere Ausführungen zu Ziff. 1 hingewiesen . 5. Sind nicht die Menschen, die in Bayern unter Lärm, Verkehrsgefahren und Feinstaubbelastung leiden, gegenüber jenen Menschen im benachbarten Hessen und Baden-Württemberg durch den Nichteinsatz von Poliscan speed benachteiligt bzw. hat die Staatsregierung andere Konzepte, um Geschwindigkeitsüberschreitungen zu messen? In Bayern gelten – unabhängig vom Messgerätetyp – folgende Kriterien für den Einsatz stationärer Geschwindigkeitsmessanlagen für Zwecke der Verkehrssicherheit: Es muss eine Örtlichkeit mit hohem Unfallrisiko und besonders hohem Verkehrsaufkommen gegeben sein, an der eine dauerhafte Überwachung erforderlich oder eine andere Form von Geschwindigkeitsüberwachung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich oder zumindest erschwert ist. Ebenso ist eine stationäre Überwachung auch aus Gründen des Immissionsschutzes möglich, also auf Straßen, auf denen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen Geschwindigkeitsbeschränkungen (als Teil eines Luftreinhalte- Lärmaktionsplans oder als planunabhängige Maßnahme) angeordnet sind und ohne eine dauerhafte Überwachung die durch die Geschwindigkeitsbeschränkung bezweckte Absenkung der Lärmbelastung bzw. Einhaltung der Grenzwerte nicht erreicht werden kann. Der Nachweis ist in der Regel durch ein immissionsschutzrechtliches Gutachten zu führen. Eine „Benachteiligung“ bayerischer Bevölkerungsgruppen gegenüber denen anderer Bundesländer ist daher nicht gegeben. 6. An einer Geschwindigkeitsmessanlage mit Smiley an der Staatsstraße 2309 in Großheubach/Main (Landkreis Miltenberg) fuhren am 18.03.2012 vormittags 86 Prozent aller passierenden Pkws schneller als die vorgeschriebenen 30 Stundenkilometer. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, solche Geschwindigkeitsüberschreitungen in Zukunft zu reduzieren? Hinsichtlich des von Ihnen angeführten Ergebnisses der stillen Messung vom 18.03.2012 weisen wir darauf hin, dass bei Echtmessungen Abzüge vorzunehmen sind. Verbleibt nach Abzug der jeweils für das Messgerät festgelegten Verkehrsfehlergrenze eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 5 km/h, so ist sie als unbedeutender Verstoß zu werten. Von der Verfolgung ist in der Regel abzusehen. Der in der Fragestellung dargelegte Messwert lässt daher nicht auf Ergebnisse schließen, welche im gleichen Fall mit einem von der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt (PTB) zugelassenen Messgerät nach Abzug von Verkehrsfehlergrenzen (etc.) erreicht worden wären. Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Unterfranken zeigt das Unfallgeschehen in der Ortsdurchfahrt Großheubach (St 2309) keine Auffälligkeiten. Unfälle aufgrund überhöhter oder nicht angepasster Geschwindigkeit konnten – mit Ausnahme eines Falles (Fahrzeugführer war alkoholisiert) – nicht festgestellt werden. Im Markt Großheubach wird die Verkehrsüberwachung durch den Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung Untermain vorgenommen. Die uns bekannten Messergebnisse zeigen ebenso keine Auffälligkeiten . Die Bayerische Polizei kontrolliert regelmäßig insbesondere die Geschwindigkeit an unfallträchtigen Streckenabschnitten und analysiert intensiv Geschwindigkeitsunfälle sowie geschwindigkeitsbedingte Auffälligkeiten. Sollte festgestellt werden, dass eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vorliegt, werden Gegenmaßnahmen getroffen. Die Geschwindigkeitsüberwachung gehört zu den Kernaufgaben der Polizei in der Verkehrssicherheitsarbeit. Wir versichern , dass die Verkehrssicherheitsarbeit in Bayern einen hohen Stellenwert hat und es uns ein großes Anliegen ist, die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auf bayerischen Straßen weiter zu erhöhen.