Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 11.08.2014 Behandlung planfestgestellter, aber beklagter Bundesstraßenbauvorhaben Ich frage die Staatsregierung: 1. Auf wessen Veranlassung und mit welcher Begründung wurde entschieden, dass die Landesanwaltschaft in Absprache mit dem Kläger für dessen beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängige Klage gegen die planfestgestellte OU Marktoberdorf/Bertoldshofen im Zuge der B 472 das Ruhen des Verfahrens beantragt bzw. diesem Verfahrensschritt zugestimmt hat? 2. Welche Beteiligten wurden über diesen Schritt informiert und weshalb wurde die Stadt Marktoberdorf als Hauptbetroffene nicht informiert? 3. Wie viele Klagen gegen planfestgestellte Straßenbauvorhaben in Bayern sind derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig und um welche Bauvorhaben handelt es sich dabei? 4. In wie vielen Fällen wurde seitens der Vertreter des Freistaats Bayern in den Fällen zu Frage 3 das Ruhen des Verfahrens beantragt oder veranlasst und welche Bauvorhaben betrifft dies? 5. a) Mit welchen Begründungen wurde dieser Verfahrensschritt jeweils gerechtfertigt? b) Bei welchen Bauvorhaben wurde als Begründung die fehlende Finanzierungsoption zugrunde gelegt? 6. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um zu entsprechenden Finanzierungsoptionen für planfestgestellte, aber beklagte Straßenbaumaßnahmen zu gelangen? 7. Wann sieht die Staatsregierung die für die OU Marktoberdorf /Bertoldshofen notwendige Finanzierungsoption als gegeben an und welche Schritte unternimmt sie dafür? 8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass eine parlamentarische Entscheidung des Deutschen Bundestags und damit der Legislative über den Bundesverkehrswegeplan durch Maßnahmen der Bayerischen Staatsverwaltung und damit der Exekutive „kassiert “ wird? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.09.2014 1. Auf wessen Veranlassung und mit welcher Begründung wurde entschieden, dass die Landesanwaltschaft in Absprache mit dem Kläger für dessen beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängige Klage gegen die planfestgestellte OU Marktoberdorf/Bertoldshofen im Zuge der B 472 das Ruhen des Verfahrens beantragt bzw. diesem Verfahrensschritt zugestimmt hat? Beim Neubau der Ortsumfahrungen Marktoberdorf und Bertoldshofen im Zuge der B 16/B 472 erfolgt die Realisierung in zwei Bauabschnitten. Ein erster Abschnitt wurde bereits gebaut und vor Kurzem dem Verkehr übergeben. Für den zweiten Bauabschnitt, der derzeit beklagt ist, gibt es aktuell keine Finanzierungsperspektive. Insbesondere vor diesem Hintergrund hat die Staatsbauverwaltung einer Anregung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs folgend dem Ruhen des Verfahrens zugestimmt. Selbstverständlich wird die Fortsetzung des Verfahrens beantragt , sobald sich eine Finanzierungsmöglichkeit abzeichnet . 2. Welche Beteiligten wurden über diesen Schritt informiert und weshalb wurde die Stadt Marktoberdorf als Hauptbetroffene nicht informiert? Über diesen Schritt waren der Bayerische Verwaltungsgerichtshof , die Landesanwaltschaft Bayern und die Bayerische Straßenbauverwaltung informiert. Die Stadt Marktoberdorf wurde nicht informiert, da aufgrund der mangelnden Finanzierungsmöglichkeit eine Realisierung des Projekts unabhängig von der Frage des Ruhens des Gerichtsverfahrens derzeit nicht absehbar ist. 3. Wie viele Klagen gegen planfestgestellte Straßenbauvorhaben in Bayern sind derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig und um welche Bauvorhaben handelt es sich dabei? Bei Abschluss des Rechtsstreits um die Planfeststellung für die dritte Startbahn des Flughafens München waren beim Bayerische n Verwaltungsgerichtshof folgende Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Straßenbauvorhaben an Straßen in staatlicher Verwaltung anhängig: A 93, Lärmsanierung Oberaudorf B 2, Tunnel Starnberg B 4f, Autobahnanbindung Flughafen Nürnberg B 13, Ausbau Rothenstein – Siebenkreuzhof B 13, Mainbrücke Ochsenfurt B 15/B 16, Regensburg B 16/B 472, OU Marktoberdorf/Bertoldshofen B 85, OU Neubäu B 173, OU Zeyern B 289, OU Münchberg mit Eisenbahnüberführung Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3162 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3162 B 304/B 299, OU Altenmarkt B 304, Traunstein St 2399, Mertenberg St 2069, OU Olching St 2083, OU Vilshofen St 1082, Bachhagel – Burghagel Die Straßenbauverwaltung wirkt über die Landesanwaltschaft Bayern bei der Priorisierung dieser Verfahren durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass nach Möglichkeit solche Verfahren bevorzugt zum Abschluss gebracht werden, die einen unmittelbaren Baubeginn ermöglichen, da die Planung abgeschlossen und die Finanzierung gesichert ist. Bis heute (Stand 01.09.2014) konnten bereits fünf Verfahren erledigt werden. 4. I n wie vielen Fällen wurde seitens der Vertreter des Freistaats Bayern in den Fällen zu Frage 3 das Ruhen des Verfahrens beantragt oder veranlasst und welche Bauvorhaben betrifft dies? In folgenden Verfahren hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Ruhen des Verfahrens angeordnet, jedoch nicht auf Initiative der Bayerischen Straßenbauverwaltung, sondern in allen Fällen auf Initiative der Klägerseite bzw. entsprechende gerichtliche Anregung hin. A 93, Lärmsanierung Oberaudorf B 4f, Autobahnanbindung Flughafen Nürnberg B 16/B 472, OU Marktoberdorf/Bertoldshofen B 304/B 299, OU Altenmarkt 5. a) Mit welchen Begründungen wurde dieser Verfahrensschritt jeweils gerechtfertigt? Die derzeit fehlende Finanzierungsperspektive bzw. die fehlende Möglichkeit eines kurzfristigen Baubeginns sowie anderweitig anhängige Vergleichsverhandlungen haben dazu geführt, dass die Bayerische Straßenbauverwaltung der Anregung des Gerichts bzw. den Anträgen der Klägerseite gefolgt ist. b) Bei welchen Bauvorhaben wurde als Begründung die fehlende Finanzierungsoption zugrunde gelegt? B 16/B 472, OU Marktoberdorf/Bertoldshofen B 304/B 299, OU Altenmarkt 6. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um zu entsprechenden Finanzierungsoptionen für planfestgestellte , aber beklagte Straßenbaumaßnahmen zu gelangen? Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat sich vorbehalten, für einzelne Maßnahmen bei vollziehbarem Baurecht dem Baubeginn zuzustimmen. Es erteilt seine Zustimmung regelmäßig nur dann, wenn die dem Freistaat Bayern für den Neubau von Bundesfernstraßen zugewiesenen Haushaltsmittel eine geordnete Finanzierung des Vorhabens zulassen. Aufgrund der begrenzten Finanzausstattung wird derzeit mit keinen weiteren Zustimmungen zu Baubeginnen gerechnet. Abhilfe könnte nur geschaffen werden, wenn im Bundeshaushalt mehr Mittel für den Neubau von Bundesfernstraßen veranschlagt werden. 7. Wann sieht die Staatsregierung die für die OU Marktoberdorf/Bertoldshofen notwendige Finanzierungsoption als gegeben an und welche Schritte unternimmt sie dafür? Selbstverständlich wird die Fortsetzung des Verfahrens beantragt , sobald sich eine Finanzierungsperspektive abzeichnet . Voraussichtlich soll von der Landesanwaltschaft Bayern in der ersten Jahreshälfte 2015 ein Antrag auf Fortführung des Verfahrens gestellt werden, damit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in 2016 das Verfahren zur Entscheidung bringen kann. Im Fall eines positiven Urteils wäre die OU Marktoberdorf/Bertoldshofen sodann eine weitere Maßnahme mit vollziehbarem Baurecht. Die Entscheidung über einen Baubeginn obliegt dann dem Bund. Unabhängig davon hat das Staatliche Bauamt Kempten bereits mit den Vorbereitungen zur Baureifplanung begonnen. Hierzu sind aber noch weitere kostenträchtige Fachplanungen erforderlich , die zweckmäßigerweise im zeitlichen Zusammenhang mit einem absehbaren Baubeginn erfolgen sollten. 8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass eine parlamentarische Entscheidung des Deutschen Bundestags und damit der Legislative über den Bundesverkehrswegeplan durch Maßnahmen der Bayerischen Staatsverwaltung und damit der Exekutive „kassiert“ wird? Das Projekt „Neubau der Ortsumfahrungen Marktoberdorf und Bertoldshofen“ im Zuge des B 16/B 472 ist eine Bedarfsplanmaßnahme des Vordringlichen Bedarfs. Über die Planung dieser Maßnahmen entscheidet die Bayerische Straßenbauverwaltung in Abstimmung mit dem Bund. Sobald das BMVI dem Baubeginn zugestimmt hat (vgl. Antwort zu Frage 6), müssen Vorhaben mit Baukosten über 5 Mio. € einzeln in Anlage 5 des Straßenbauplans ausgewiesen werden . Dies erfolgt durch den Deutschen Bundestag mit dem Haushaltsgesetz.