Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 14.08.2014 Sind Radarkontrollen Abzocke? Durchgehend wird von Autofahrern beklagt, dass es bei Radarkontrollen vor allem um das Abkassieren von Autofahrern geht. Dabei sind 70 Prozent der befragten Autofahrer für Radarkontrollen , die ausschließlich der Sicherheit dienen. Die Zeitschrift „Mobil in Deutschland“ berichtet hingegen, dass eigenen Untersuchungen zurfolge die „TOP-Unfallstraßen“ nicht mit den „TOP-Blitzstraßen“ übereinstimmen. In München zum Beispiel würde am meisten in der Wasserburger Landstraße geblitzt, während sich die meisten Unfälle auf der Landsberger Straße ereignen würden. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Nach welchen Kriterien werden Radarfallen aufgestellt? 2. Entspricht es der Tatsache, dass vor allem dort geblitzt werde, wo nichts passiert, und dort, wo viel passiert, fehle es an Radarkontrollen? 3. Sind die Grundsätze der Aufstellung von Radarfallen durch die staatliche Polizei und durch die kommunale Verkehrsüberwachung identisch und finden zwischen diesen Abstimmungen statt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.09.2014 1. Nach welchen Kriterien werden Radarfallen aufgestellt ? Polizei und Gemeinden (auch Zweckverbände) haben bei Maßnahmen der Geschwindigkeitsüberwachung die Richtlinie für die polizeiliche Verkehrsüberwachung (VÜ-Richtlinie) des StMI, Az. IC4-3618.2-31, vom 12.05.2006 sowie die hierzu erlassenen Ergänzenden Weisungen zu beachten. Neben allgemeinen Grundsätzen und Vorgaben zur Durchführung ergeben sich hieraus auch Abläufe zur Ahndung und spezielle Vorgaben für Gemeinden und Zweckverbände . Bei den Ergänzenden Weisungen handelt es sich um innerdienstliche Handlungsanweisungen. Im Zusammenhang mit der Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen finden sich dort auch Vorgaben, nach welchen Kriterien im Wesentlichen eine Auswahl von Überwachungsstrecken zu erfolgen hat. Neben Strecken, die als Unfallschwer-/gefahrenpunkte bekannt sind, sind dort auch Bereiche aufgeführt, bei denen eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Belästigung von Bewohnern (durch Verkehrslärm/ Abgase) führen kann. Der Einsatz stationärer Geschwindigkeitsmessanlagen für Zwecke der Verkehrssicherheit erfolgt in Bayern nach folgenden Kriterien: Es muss eine Örtlichkeit mit hohem Unfallrisiko und besonders hohem Verkehrsaufkommen gegeben sein, an der eine dauerhafte Überwachung erforderlich oder eine andere Form von Geschwindigkeitsüberwachung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich oder zumindest erschwert ist. Beim Betreiben von stationären Messanlagen muss einer Reduzierung von Verkehrsunfällen absolute Priorität eingeräumt werden. Eine stationäre Überwachung ist (neben einer Überwachung aus verkehrssicherheitstechnischen Aspekten) auch aus Gründen des Immissionsschutzes möglich, also auf Straßen, auf denen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen Geschwindigkeitsbeschränkungen (als Teil eines Luftreinhalte -, Lärmaktionsplans oder als planunabhängige Maßnahme ) angeordnet sind und ohne eine dauerhafte Überwachung die durch die Geschwindigkeitsbeschränkung bezweckte Absenkung der Lärmbelastung bzw. Einhaltung der Grenzwerte nicht erreicht werden kann. Der Nachweis ist in der Regel durch ein immissionsschutzrechtliches Gutachten zu führen. 2. Entspricht es der Tatsache, dass vor allem dort ge- blitzt werde, wo nichts passiert, und dort, wo viel passiert , fehle es an Radarkontrollen? Nein, dies entspricht nicht den Tatsachen. Die Bayerische Polizei kontrolliert regelmäßig insbesondere die Geschwindigkeit an unfallträchtigen Streckenabschnitten und analysiert intensiv Geschwindigkeitsunfälle sowie geschwindigkeitsbedingte Auffälligkeiten. Nicht angepasste und überhöhte Geschwindigkeit sind nach wie vor die häufigsten Ursachen von Verkehrsunfällen. Die Prüfung der Notwendigkeit und Intensität von Geschwindigkeitsmessungen erfolgt dabei unter Beachtung der in Richtlinien geregelten Grundsätze für die Verkehrsüberwachung (siehe oben) eigenverantwortlich durch die örtlich und sachlich zuständigen Polizeidienststellen und Gemeinden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2014 17/3171 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3171 3. Sind die Grundsätze der Aufstellung von Radarfallen durch die staatliche Polizei und durch die kommunale Verkehrsüberwachung identisch und finden zwischen diesen Abstimmungen statt? Um eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen der Bayer . Polizei und den Gemeinden zu gewährleisten, erfolgt die räumliche und zeitliche Abgrenzung der Tätigkeiten durch schriftliche Vereinbarung. Die Gemeinden legen die Kontrollstellen im Benehmen mit der Polizei fest. Ich weise darauf hin, dass in Bayern weder von der Polizei noch von den Kommunen „Radarfallen“ (siehe Fragestellung zu 1. und 3.) eingesetzt werden. Geschwindigkeitsüberschreitungen und nicht angepasste Geschwindigkeit sind die Hauptunfallursachen bei den Verkehrsunfällen mit Schwerverletzten und Toten. Wegen zu hoher Geschwindigkeit wurden im Jahr 2013 insgesamt 200 Menschen auf Bayerns Straßen getötet. Die Geschwindigkeitsüberwachung gehört deshalb zu den Kernaufgaben der Polizei in der Verkehrssicherheitsarbeit. Die Verkehrssicherheitsarbeit besitzt einen hohen Stellenwert in Bayern. Es ist uns ein großes Anliegen, die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auf bayerischen Straßen weiter zu erhöhen. Wirtschaftliche Interessen spielen bei der Durchführung polizeilicher Verkehrsüberwachungsmaßnahmen keine Rolle. Ebenso ist den Gemeinden die Verfolgung rein fiskalischer Interessen untersagt.