Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 21.08.2014 Aktivitäten von sogenannten „Reichsbürgern“ in Bayern Vorbemerkung In einer Reihe von Bundesländern gibt es zunehmend Aktivitäten von Gruppen, die zu den sogenannten „Reichsbürgern “ gezählt werden. Diese Gruppen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie die völkerrechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland bestreiten, die geltenden Gesetze nicht anerkennen und den offenen Konflikt mit Vertretern öffentlicher Stellen suchen. Dabei kam es schon öfter zu Situationen, die bedrohlich für Gesundheit, Leib und Leben von Beamten oder Angestellten öffentlicher Stellen wurden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Gibt es auch in Bayern aktive Gruppen und/oder Ein- zelpersonen, die den sogenannten „Reichsbürgern“ zuzurechnen sind? 2. Wie viele Gruppen und Anhänger dieser Gruppen bzw. Einzelpersonen, gibt es nach Kenntnis der Staatsregierung ? 3. Wie viele Widerstandshandlungen oder Übergriffe gegen Beschäftigte des Freistaats, der Kommunen oder anderer öffentlicher Stellen sind der Staatsregierung seit 2008 bekannt geworden (gegliedert nach Jahr, Regierungsbezirk, Funktion des/der Angegriffenen (Polizei, Gerichtsvollzieher, etc), Art des Angriffs/Übergriffs , strafrechtliche Folgen)?. 4. Wie bewertet das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Gruppen und Anhänger der sogenannten „Reichsbürger“ in Bayern? 5. a) Erhalten Bedienstete des Freistaats oder anderer öffentlicher Stellen in Bayern Hinweise und Schulungen im Umgang mit sogenannten Reichsbügern? b) Wenn ja, in welchem Umfang geschieht das und an welche Beschäftigte richtet sich das besonders? 6. a) Gibt es nach Kenntnis der Staatsregierung auch Gruppen oder Einzelpersonen, die sich dem sogenannten Deutschen Polizeihilfswerk zuordnen? b) Wenn ja, wie steht die Staatsregierung zu den laufenden Ermittlungsverfahren in Sachsen gegen diese Gruppe? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.09.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz und dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: In den letzten Jahren konnten Aktivitäten von Gruppen oder Einzelpersonen sogenannter „Reichsbürger“ beobachtet werden, die mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bestreiten, das Rechtssystem nicht anerkennen und den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen. Die „Reichsbürger“ sind in keiner einheitlichen „Reichsbürgerbewegung “ organisiert. Vielmehr existiert eine Reihe unterschiedlichster Personen und Gruppierungen, die unter Berufung auf das „Deutsche Reich“ die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen. Mit verschiedenen Thesen zum „Deutschen Reich“ treten seit Jahren diverse und untereinander konkurrierende Splittergruppen und Einzelpersonen auf. Dabei lassen sich vereinzelt rechtsextremistische oder revisionistische Tendenzen erkennen. Einige der Protagonisten behaupten mit pseudojuristischen Argumenten, sie selbst seien Vertreter des „Deutschen Reiches“. In vielen Fällen handeln lediglich Einzelpersonen , die vorgeben, eine oder gar mehrere strukturierte Organisationen zu vertreten, und zudem unter wechselnden Namen und mit mehrfachen bzw. wechselnden Internetpräsenzen auftreten. Angehörige der verschiedenen Kleinstgruppierungen weisen sich teilweise auch durch Fantasiepapiere, wie z. B. „Reichsausweise“, aus und vergeben Pseudo-Ämter wie „Reichskanzler“, „Reichsminister“ etc. Daneben werden auch amtlich anmutende Schreiben bzw. „Verfügungen“ versandt . Andere Gruppierungen treten als Hilfsgemeinschaften für angebliche Justizopfer auf. Sie erkennen das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland nicht an und suggerieren den Bürgern, dass sie sich z. B. nicht der bestehenden Gerichtsbarkeit unterwerfen oder Steuern zahlen müssten. Gegen Geld bieten sie Bürgern „Rechtsbeistand“ bei Gerichtsverfahren (vorwiegend Zwangsvollstreckungsverfahren) an, treten als Störer bei Gerichtsprozessen auf oder widersetzen sich der Zwangsvollstreckung. Die bayerischen Finanzämter berichten in den letzten Monaten vermehrt über Fälle, in denen Steuerpflichtige die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bestreiten und – z. T. aggressiv – jedwede Mitwirkung im Besteuerungsverfahren verweigern und auch ihren Steuerzahlungspflichten nicht aus freien Stücken nachkommen. Die Bediensteten Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.11.2014 17/3268 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3268 in den Finanzämtern, vor allem soweit sie im Außendienst tätig sind, sehen sich in diesem Zusammenhang auch zunehmend mit Drohungen und Schadenersatzforderungen konfrontiert. Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz ist das Phänomen bekannt, dass Justizbedienstete – insbesondere Gerichtsvollzieher im Rahmen der Zwangsvollstreckung – damit konfrontiert werden, dass Beteiligte die Existenz bzw. Souveränität der Bundesrepublik Deutschland leugnen und/oder die Existenz eines „eigenen“ Staates auf dem Gebiet der Bundesrepublik behaupten. Damit einher geht in der Regel die Behauptung, dass die im konkreten Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften keine Gültigkeit hätten und/oder dass den mit der Sache befassten Justizbediensteten die Befugnis fehle, hoheitlich tätig zu werden. Die häufig aggressiv auftretenden Beteiligten, die derartige Behauptungen aufstellen, rechnen sich meist bestimmten Gruppierungen zu. An Selbstbezeichnungen dergestalt in Erscheinung getretener Gruppierungen sind insbesondere zu nennen: „Germaniten“, „Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen“ („StaSeVe“), „Reichsbürgerbewegung“ (auch: „Reichsideologen“), „Reichsverfassungsrechtlicher Staat Deutsches Reich“, „Volksbewegung dem Deutschen Volke“ und „Rechtsnormen-Schutzverein“. Zudem sind die „Neue Gemeinschaft von Philosophen“, die „Kommissarische Reichsregierung“ (KRR) und das „Deutsche Polizei Hilfswerk“ (DPHW) der „Reichsbürgerbewegung“ zuzurechnen . Die sogenannten „Reichsbürger“ sind den Sicherheitsbehörden zwar bekannt, diese sind aber kein Beobachtungsobjekt des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV). Die bayerischen Sicherheitsbehörden behalten die „Reichsbürger“ aber insbesondere hinsichtlich möglicher extremistischer Bestrebungen im Blick. 1. Gibt es auch in Bayern aktive Gruppen und/oder Einzelpersonen, die den sogenannten „Reichsbürgern “ zuzurechnen sind? 2. Wie viele Gruppen und Anhänger dieser Gruppen bzw. Einzelpersonen gibt es nach Kenntnis der Staatsregierung? Im Bereich der Bayerischen Polizei findet eine statistische Erfassung des Merkmals „Reichsbürger“ nicht statt. Zwar wurde aufgrund einer bei den Landespolizeipräsidien durchgeführten Abfrage deutlich, dass verschiedenste Gruppierungen und Einzelpersonen existieren, die gemeldeten Zahlen bzgl. Anhänger und Einzelpersonen jedoch aufgrund des Fehlens einer Statistik nicht als valide anzusehen sind. Es darf in diesem Zusammenhang auch auf die Drucksachen 17/11970 und 17/14049 (betreffend Frage 2) des Deutschen Bundestags hingewiesen werden. Größere Strukturen oder ein politisch-extremistisches Wirken von größerer Bedeutung sind nicht erkennbar. Insgesamt ist eine weite Aufsplitterung in kleine Gruppierungen ohne Bildung nennenswerter Personenzusammenschlüsse oder differenzierter Organisationsstrukturen feststellbar. Die bisher in Bayern bekannt gewordenen Erkenntnisse im Zusammenhang mit Personen oder Gruppierungen aus dem Spektrum der „Reichsbürgerbewegung“ resultieren überwiegend aus „provokanten“ Schreiben von Einzelpersonen an kommunale oder staatliche Einrichtungen. Mit der Behauptung, dass die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht existiere, werden die geltenden Normen, die staatlichen Strukturen und die ausführende Verwaltung in Abrede gestellt. Die Behörden bzw. die agierenden Amtsträger werden, verbunden mit pseudo-rechtlichen Belehrungen , aufgefordert, ihre Maßnahmen bzw. ihr Handeln gegenüber dem Betroffenen zu unterlassen, andernfalls würden sie „zur Verantwortung“ gezogen. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz prüft laufend, ob extremistische Bestrebungen erkennbar werden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3. Wie viele Widerstandshandlungen oder Übergriffe gegen Beschäftigte des Freistaats, der Kommunen oder anderer öffentlicher Stellen sind der Staatsregierung seit 2008 bekannt geworden (gegliedert nach Jahr, Regierungsbezirk, Funktion des/der Angegriffenen (Polizei, Gerichtsvollzieher, etc.), Art des Angriffs/Übergriffs, strafrechtliche Folgen)? Aufgrund fehlender Statistikdaten bei der Bayerischen Polizei ist ein belastbarer Rückschluss von Widerstandshandlungen oder Übergriffen gegen Beschäftigte des Freistaats Bayern, der Kommunen oder anderer öffentlichen Stellen auf „Reichsbürger“ nicht möglich. Belastbare Zahlen zu Störungen und Übergriffen bei Gerichtsverhandlungen oder Zwangsvollstreckungen, zu Drohungen mit Verhaftungen oder Schadenersatzansprüchen sowie zu Beleidigungen in Schriftsätzen durch Angehörige der in Rede stehenden Personengruppen gegen öffentlich Bedienstete können nicht angegeben werden, da hierzu auch im Bereich des StMJ und im Bereich der Steuerverwaltung keine Statistiken geführt werden. Gleiches gilt hinsichtlich Ermittlungs- und Strafverfahren gegen solche Personen . Auch in diesen wird statistisch nicht eigens erfasst, ob der Beschuldigte Anhänger einer entsprechenden Idee ist; die statistische Erfassung erfolgt im Wesentlichen deliktsbezogen . Eine Abfrage bei den Verbänden der Landespolizei und dem Bayerischen Landeskriminalamt ergab, dass sich das Deliktsspektrum sog. „Reichsbürger“ im Bereich „Widerstand /Übergriffe“ u. a. von Widerstandshandlungen über Bedrohung bis hin zur Körperverletzung erstreckt, bei denen die Opfer verschiedenste Funktionen im öffentlichen Bereich innehatten. Eine vor dem Hintergrund der vorliegenden Schriftlichen Anfrage kurzfristig durchgeführte Umfrage bei den Generalstaatsanwaltschaften in Bayern ergab folgende Verfahren, die seitens der verfahrensführenden Staatsanwaltschaften lediglich aus dem Gedächtnis genannt wurden, weswegen die folgende Aufstellung keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt: Im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft München führte die Staatsanwaltschaft Kempten (Allgäu) im Jahr 2012 Ermittlungen wegen Verleumdungen und der Androhung von Verhaftungen zulasten eines Landrats, von Mitarbeitern eines Landratsamts sowie zweier Richter. Das Verfahren wurde an die Wohnsitzstaatsanwaltschaft des Beschuldigten nach Köln abgegeben. Die Staatsanwaltschaft Traunstein führte im Jahr 2010 ein Strafverfahren wegen Widerstandshandlungen zum Nachteil eines Polizisten bei der Vollziehung eines Vollstreckungshaftbefehls . Der Beschuldigte wurde wegen dieser Tat zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt. Im Jahr 2013 kam es bei der Vollziehung eines Haftbefehls durch eine Gerichtsvollzieherin und einen zur Unterstützung hinzugezogenen Polizeibeamten zu einer Widerstandshandlung und Drucksache 17/3268 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 einer Körperverletzung. Die Tat wurde durch eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen geahndet. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt berichtete betreffend das Jahr 2013, dass in einem Fall einmal vom Vater, das andere Mal von dessen Sohn eine Widerstandshandlung im Rahmen der Vollziehung von Vollstreckungshaftbefehlen begangen wurde. Gegen den Vater wurde eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen, gegen den Sohn ein Zuchtmittel nach Jugendstrafrecht verhängt. Im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg sind entsprechende Verfahren nicht bekannt. Im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg führte die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg zwei entsprechende Verfahren. So im Jahr 2010 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlicher Körperverletzung zulasten von Polizeibeamten bei der Vollziehung eines Durchsuchungs - und Beschlagnahmebeschlusses. Das Verfahren wurde im Hinblick auf eine anderweitige Verurteilung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Im Jahr 2012 kam es in Erledigung eines Vollzugshilfeersuchens für eine KFZ-Zulassungsstelle zu einer Widerstandshandlung gegen einen Polizeibeamten. Das entsprechende Ermittlungsverfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO wegen Schuldunfähigkeit des Beschuldigten eingestellt. Die Frage des Umgangs mit „Reichsideologen“, „Germaniten “ und ähnlichen Personen aus strafrechtlicher Sicht wurde in grundsätzlicher Hinsicht bei der Dienstbesprechung des Staatsministeriums der Justiz mit den Leiterinnen und Leitern der bayerischen Staatsanwaltschaften vom 26. bis 28. März 2014 im Kloster Banz erörtert. Es bestand Einigkeit , dass bei strafrechtlich relevantem Verhalten – z. B. bei strafrechtlich relevanten Drohungen, körperlicher Gewalt , Beleidigungen, (versuchtem) Betrug, oder (versuchter) Nötigung – die Strafverfolgung konsequent betrieben werden soll. Insbesondere soll bei an sich privatklagefähigen Delikten grundsätzlich nicht auf den Privatklageweg verwiesen werden. Diese Fälle sind aus oben genannten Gründen als nicht abschließend anzusehen. 4. Wie bewertet das Bayerische Landesamt für Ver- fassungsschutz Gruppen oder Anhänger der sogenannten „Reichsbürger“ in Bayern? Die bekannt gewordenen Einzelfälle weisen bisher eher auf querulatorische Motive der Akteure hin als auf eine ernsthafte politische Zielsetzung. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz prüft laufend, ob extremistische Bestrebungen erkennbar werden. Zugleich erfolgt ein intensiver Informationsaustausch innerhalb des Verfassungsschutzverbundes , um frühzeitig tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Strukturen und Strategien aufklären zu können. 5. a) Erhalten Bedienstete des Freistaats oder anderer öffentlicher Stellen in Bayern Hinweise und Schulungen im Umgang mit sogenannten Reichsbürgern ? b) Wenn ja, in welchem Umfang geschieht das und an welche Beschäftigte richtet sich das besonders? Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) bietet über das gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit betriebene Internetportal www.bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de umfassende Informationen zur Lage in Bayern und den Gefahren des Rechtsextremismus an. In dem Internetportal publiziert die BIGE auch Hinweise und Tipps zum Umgang mit Schreiben sogenannter „Reichsbürger“. Neben einer rechtlichen Betrachtung werden auch Handlungsempfehlungen gegeben. Polizeivollzugsbeamte in Bayern werden im Rahmen ihrer Ausbildung darauf vorbereitet, dass sie beruflich und ggf. auch privat auf Bürger treffen, die aus politisch-ideologischen , religiösen oder sonstigen Gründen die freiheitlich demokratische Grundordnung und die davon abgeleitete Rechtsordnung in Teilen oder im Extremfall sogar ganz ablehnen . Um dies bereits im Ansatz erkennen und darauf nicht nur mit polizeilichen Mitteln, sondern auch argumentativ reagieren zu können, erhalten die Polizeibeamten eine weitgehende politische und staatsbürgerliche Bildung. Sie bekommen Hintergrundwissen zu aktuell gängigen Formen von Extremismus und zum Ablauf von Radikalisierungsprozessen vermittelt. Sie werden sensibilisiert, dass das Grundgesetz eine Werteordnung darstellt, an die sich jeder Bürger unabhängig von persönlichen Präferenzen zu halten hat und die es zu verteidigen gilt. Dabei wird stark auf Aktualität Wert gelegt, wozu im Rahmen der Ausbildung auch tagespolitische Ereignisse diskutiert und ggf. in einen geschichtlichen Kontext gebracht werden. Allein das Fach „Politische Bildung und Zeitgeschehen“ umfasst im aktuellen Ausbildungsplan für Polizeivollzugsbeamte der 2. Qualifizierungsebene 129 Unterrichtseinheiten. Darüber hinaus findet in zahlreichen anderen rechtlichen oder einsatzpraktischen Fächern eine Verknüpfung mit den vorgenannten Inhalten und Zielen statt. Die Fortbildung baut auf diesen Inhalten auf, um diese zu erhalten und zu vertiefen . Darüber hinaus wird hierzu in den polizeiinternen Medien aktuelles Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Allen Bediensteten der Steuerverwaltung wurden Anfang dieses Jahres durch das Bayerische Landesamt für Steuern ausführliche Hinweise zum Umgang mit Personen gegeben, die sich auf das Nichtbestehen der Bundesrepublik Deutschland berufen. Unabhängig davon werden Bediensteten, die in besonders gefahrgeneigten Bereichen der Steuerverwaltung tätig sind (z. B. Steuerfahndung, Vollstreckungsaußendienst ), regelmäßige arbeitspsychologische Schulungen und Eigensicherungstrainings angeboten. Die Gemeinden als Pass- und Personalausweisbehörden wurden 2013 und 2014 seitens des StMI über den Umgang mit Mitgliedern diverser Gruppierungen wie z. B. „Reichsbürger “ und „Germaniten“ informiert. Insbesondere wurde auf die Beachtung der Ausweispflicht gemäß § 1 Personalausweisgesetz (PAuswG) und die Ahndung von vorsätzlichen Verstößen hingewiesen. Durch das Staatsministerium der Justiz wurde eine Handreichung erstellt, mit der die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Problematik dargestellt und Empfehlungen für den Umgang mit diesem Phänomen gegeben werden. Diese beziehen sich insbesondere auf das empfehlenswerte Vorgehen bei der Vornahme von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sowie ggf. bei Konfrontation mit strafrechtlich relevantem Verhalten sowie auf Gesichtspunkte, deren Beachtung sich im Schriftverkehr mit Angehörigen einschlägiger Gruppierungen empfiehlt. Die Handreichung enthält ferner Formulierungsbeispiele, die illustrieren, wie ggf. auf die von den einschlägigen Gruppierungen typischerweise vorgetragene rechtliche Argumentation in knapper Form eingegangen werden kann, sofern dies Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3268 veranlasst ist. Weiter wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass ggf. Rechtsschutz für Bedienstete im Zivilverfahren gewährt werden kann, wenn Justizbedienstete im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit selbst verklagt werden. Die Handreichung wurde mit Schreiben des Amtschefs des Staatsministeriums der Justiz vom 21. Dezember 2012 an die Präsidenten der Oberlandesgerichte sowie an die Generalstaatsanwälte übermittelt, verbunden mit der Bitte, sie den Aus- und Fortbildungsreferenten im jeweiligen Geschäftsbereich zur Verfügung zu stellen und die Leiterinnen und Leiter der jeweils nachgeordneten Behörden zu informieren. In der Ausbildung der Gerichtsvollzieher ist im Rahmen eines neuen Ausbildungskonzepts ab dem Zulassungsjahrgang 2014 eine Unterweisung und Sensibilisierung für den Umgang mit sogenannten „Reichsbürgern“ und ähnlichen Gruppierungen geplant. Ferner ist beabsichtigt, die Problematik künftig auch in den Fortbildungsveranstaltungen für Gerichtsvollzieher aufzugreifen. Um möglichen Gefährdungen von Gerichtsvollziehern bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch als gefährlich oder gewaltbereit bekannte Schuldner zu begegnen, hat das Staatsministerium der Justiz außerdem die Präsidenten der Oberlandesgerichte darauf hingewiesen, dass im Einzelfall die Erkenntnisse der bayerischen Polizeibehörden zur Gefährlichkeit eines Schuldners herangezogen werden sollten. Nach Art. 40 Abs. 4 Nr. 3 Polizeiaufgabengesetz (PAG) kann die Polizei auf Ersuchen personenbezogene Daten an Behörden und öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies zur Wahrung sonstiger schutzwürdiger Interessen erforderlich ist. Die Präsidenten der Oberlandesgerichte wurden gebeten , die Gerichtsvollzieher ihres Geschäftsbereichs über die Möglichkeit und Modalitäten einer Anfrage nach Art. 40 Abs. 4 Nr. 3 PAG zu informieren. 6. a) Gibt es nach Kenntnis der Staatsregierung auch Gruppen oder Einzelpersonen, die sich dem sogenannten Deutschen Polizeihilfswerk zuordnen? Dem BayLfV liegen keine hinreichenden verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse zum Deutschen Polizeihilfswerk (DPHW) vor. Das DPHW ist kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes in Bayern. Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd konnte eine inzwischen verstorbene Frau mit dem „Deutschen Polizei Hilfswerk“ in Verbindung gebracht werden. b) Wenn ja, wie steht die Staatsregierung zu den laufenden Ermittlungsverfahren in Sachsen gegen diese Gruppe? Die Bayerische Staatsregierung bewertet grundsätzlich kein laufendes Ermittlungsverfahren in einem anderen Bundesland .