Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Alexandra Hiersemann SPD vom 11.08.2014 Bundeserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen – Paragrafenbremse Nach der Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (BuT) durch den Bundesgesetzgeber 2011 wurde die vollständige Erstattung der BuT-Leistungen aus Bundesmitteln gegenüber den Kommunen in § 46 Absätze 6 und 7 SGB II verbindlich geregelt . Dies betrifft Sachleistungen für Kinder, deren Eltern z. B. SGB II, Wohngeld oder Kinderzuschlagsleistungen beziehen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen (Föderalismus ) können diese kommunalen Ausgaben jedoch nicht unmittelbar aus dem Bundeshaushalt an die Kommunen erstattet werden, sondern nur über den Umweg über den Haushalt des jeweiligen Bundeslandes. Hierbei wird die Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten (KdU) nach § 46 Abs. 5 SGB II um einen Zuschlag aufgestockt, durch den die Erstattung des örtlichen BuT-Aufwandes sichergestellt werden soll. Die Auszahlung dieser Bundesbeteiligung zur Weiterverteilung an die Kommunen hat gem. § 46 Absatz 5 SGB II zweckgebunden zu erfolgen. Die Länder als Empfänger der Erstattungsleistungen des Bundes sind zur Weitergabe an die Kommunen verpflichtet. Die korrekte Umsetzung dieser bundesrechtlichen Zweckbindung ist durch Landesrecht sicherzustellen . Die Teilsummen aus KdU- und BuT-Mitteln müssten aufgrund unterschiedlichen örtlichen Aufwands und insbesondere aufgrund unterschiedlicher Zwecke demnach nach unterschiedlichen Maßstäben an die Kommunen verteilt werden. Mit Schreiben vom 07.07.2014 des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration an die Stadt Erlangen wird diese gesetzliche Vorgabe der Zweckbindung teilweise in Abrede gestellt und in Zusammenhang mit der von der Staatsregierung vorgegebenen „Paragrafenbremse “ einer Auslegung unterzogen, die erhebliche Fragen aufwirft. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1. Wie begründet die Staatsregierung den Widerspruch zwi- schen der im obigen Schreiben getätigten Aussage des zuständigen Ministeriums „Eine auf die BuT bezogene, belastungsadäquate Verteilung findet bisher nicht statt“ gegenüber der gesetzlichen Verpflichtung der Länder zur zweckgebundenen und damit aufwandsentsprechenden Weiterleitung an die Kommunen? 2. Wie erklärt sich angesichts der gesetzlichen Zweckbindung die Aussage des zuständigen Ministeriums „Weder die Stadt Erlangen noch andere Kommunen haben ‚An- spruch‘ auf eine bestimmte Verteilungsregelung“ mit der Folge einer nicht aufwandsentsprechenden Erstattung der Kosten an die Kommunen durch hierfür ausgereichte Bundesmittel? 3. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Staatsregierung zur Einführung eines landesweiten Ausgleichsmechanismus, der eine möglichst an den BuT-Ausgaben orientierte Verteilung der zur Erstattung des örtlichen BuT-Aufwandes bestimmten Bundesmittel gewährleistet, wie vom Bayerischen Landkreistag und vom Bayerischen Städtetag gefordert ? 4. Ist aus der in obigem Schreiben des zuständigen Ministeriums getätigten Aussage „….kann eine Vollkostenerstattung zu Fehlanreizen und zu unwirtschaftlichem Verhalten führen. Es ist strukturell problematisch, die politischen Entscheidungsträger vor Ort in die Lage zu setzen, auf fremde Rechnung, also ohne jedes finanzielle Eigenrisiko, unlimitierte sozialpolitische Wunschvorstellungen umsetzen zu können“ zu folgern, dass zweckgebundene Bundesmittel unter „erzieherischen“ Erwägungen der Staatsregierung nicht in vollem Umfang an die berechtigten Kommunen weitergereicht werden? Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage wird die Staatsregierung hier tätig? 5. Vertritt die Staatsregierung die Auffassung, dass bei der Abwägung auf eine entsprechende Regelung zu sachgerechter und aufwandsentsprechender Verteilung von zweckgebundenen Bundesmitteln unter dem Gesichtspunkt eines „erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwands “ und in Zusammenhang mit der „neu eingeführten Paragrafenbremse“ verzichtet werden kann, wie obiges Schreiben des zuständigen Staatsministeriums vermuten lässt? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 04.10.2014 1. Wie begründet die Staatsregierung den Widerspruch zwischen der im obigen Schreiben getätigten Aussage des zuständigen Ministeriums „Eine auf die BuT bezogene, belastungsadäquate Verteilung findet bisher nicht statt“ gegenüber der gesetzlichen Verpflichtung der Länder zur zweckgebundenen und damit aufwandsentsprechenden Weiterleitung an die Kommunen? Es wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Alexandra Hiersemann betreffend „Bun- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.11.2014 17/3296 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3296 deserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen“ (siehe Drs. 17/3295), dort Antwort zu Frage 2 verwiesen. 2. Wie erklärt sich angesichts der gesetzlichen Zweckbindung die Aussage des zuständigen Ministeriums „Weder die Stadt Erlangen noch andere Kommunen haben ‚Anspruch‘ auf eine bestimmte Verteilungsregelung “ mit der Folge einer nicht aufwandsentsprechenden Erstattung der Kosten an die Kommunen durch hierfür ausgereichte Bundesmittel? Es wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Alexandra Hiersemann betreffend „Bundeserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen“ (siehe Drs. 17/3295), dort Antwort zu Frage 2 verwiesen. Keiner Kommune wird vorenthalten, was ihr „zusteht“. 3. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Staatsregierung zur Einführung eines landesweiten Ausgleichsmechanismus , der eine möglichst an den BuT-Ausgaben orientierte Verteilung der zur Erstattung des örtlichen BuT-Aufwandes bestimmten Bundesmittel gewährleistet , wie vom Bayerischen Landkreistag und vom Bayerischen Städtetag gefordert? Die Staatsregierung hat noch nicht entschieden, ob und in welcher Richtung sie initiativ wird. Im Einzelnen wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Alexandra Hiersemann betreffend „Bundeserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen“ (siehe Drs. 17/3295), dort Antwort zu Frage 3 verwiesen. 4. Ist aus der in obigem Schreiben des zuständigen Ministeriums getätigten Aussage „… kann eine Vollkostenerstattung zu Fehlanzeigen und zu unwirtschaftlichem Verhalten führen. Es ist strukturell problematisch , die politischen Entscheidungsträger vor Ort in die Lage zu setzen, auf fremde Rechnung, also ohne jedes finanzielle Eigenrisiko, unlimitierte sozialpolitische Wunschvorstellungen umsetzen zu kön- nen“ zu folgern, dass zweckgebundene Bundesmittel unter „erzieherischen“ Erwägungen der Staatsregierung nicht in vollem Umfang an die berechtigten Kommunen weitergereicht werden? Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage wird die Staatsregierung hier tätig? Die Bayerische Staatsregierung wird nicht erzieherisch tätig, sondern wägt ein Bündel von Argumenten ab, die teils für, teils gegen die Umverteilung sprechen. Im Einzelnen wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Alexandra Hiersemann betreffend „Bundeserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen“ (siehe Drs. 17/3295), dort Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Vertritt die Staatsregierung die Auffassung, dass bei der Abwägung auf eine entsprechende Regelung zu sachgerechter und aufwandsentsprechender Verteilung von zweckgebundenen Bundesmitteln unter dem Gesichtspunkt eines „erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwands“ und im Zusammenhang mit der „neu eingeführten Paragrafenbremse“ verzichtet werden kann, wie obiges Schreiben des zuständigen Staatsministeriums vermuten lässt? Ja, ein Verzicht auf eine Umverteilung ist zulässig. Es ist Aufgabe des Landesgesetzgebers, den bestehenden Gestaltungsspielraum zu nutzen und entweder eine Umverteilung vorzunehmen oder die bisherige schlichte Weitergabe der Mittel zu belassen; es wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Alexandra Hiersemann betreffend „Bundeserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen“ (siehe Drs. 17/3295), dort Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die Paragrafenbremse berührt als interne Festlegung der Staatsregierung nur deren Initiativ-Verhalten. Insofern wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Alexandra Hiersemann betreffend „Bundeserstattungen Bildungs- und Teilhabeleistungen“ (siehe Drs. 17/3295), dort Antwort zu Frage 3 verwiesen.