Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Volkmar Halbleib SPD vom 01.09.2014 Förderung von Verbänden und kulturellen Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Sinne des § 96 BVFG – Errichtung eines Schlesischen Kultur- und Begegnungszentrums Die Stiftung „Schlesien.Bayern – MMIX“ und der Landesverband Bayern der „Landsmannschaft Schlesien – Nieder - und Oberschlesien“ streben nach wie vor ein Kultur- und Begegnungszentrum an – mit dem Ziel, in Bayern das kulturelle Erbe der Schlesier im öffentlichen Bewusstsein zu erhalten, Kulturgut der Schlesier für die Öffentlichkeit zugänglich aufzubewahren, die Begegnung von vertriebenen Schlesiern bzw. ihren Nachkommen und den in Polen verbliebenen Schlesiern zu ermöglichen und zu fördern, sowie die seit einigen Jahren von der Landsmannschaft alljährlich durchgeführten Seminare für polnische Lehrerinnen und Lehrer an einem zentralen Ort zu konzentrieren. Die Stadt Treuchtlingen hat nach wie vor großes Interesse , dass ein solches Kultur- und Begegnungszentrum in ihren Mauern angesiedelt wird, und würde sich finanziell ggf. entsprechend beteiligen. Auch wurden bereits Mittel aus der Städtebauförderung zur Renovierung eines geeigneten Gebäudes in Aussicht gestellt. Zu diesem Vorhaben gab es in der vergangenen Legislaturperiode seitens der SPD-Fraktion verschiedene Initiativen , Gespräche und Anträge. Vonseiten des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wurde das „Vorhaben Treuchtlingen“ bislang nicht erkennbar unterstützt, als weitere Standorte wurden das Deutschordensschloss in Ellingen, die Wülzburg bei Weißenburg und Berchtesgaden ins Gespräch gebracht . Nachdem bislang kein greifbares Ergebnis der Bemühungen bekannt ist, frage ich die Staatsregierung: 1. Was wird die Staatsregierung tun, das Anliegen der Stiftung, der Landsmannschaft und generell der Heimatvertriebenen aus Schlesien bzw. deren Nachkommen zu unterstützen, ein Kultur- und Begegnungszent- rum zu realisieren, das dem Rang der Schlesier in unserer Gesellschaft und ihrem Erbe – auch im Vergleich zu anderen geförderten Vertriebenengruppen – gebührt ? 2. Welche Initiativen, Aktivitäten und Prüfungen gab es seitens der Staatsregierung seit den gemeinsamen Gesprächen über ein „Schlesisches Kulturzentrum“ am 10. Dezember 2012 und 19. März 2013? 3. Wann werden dem Landtag Vorschläge für die Realisierung eines solchen Projekts und für eine ideelle und materielle Unterstützung durch den Freistaat Bayern unterbreitet? 4. Wurden mit der Stadt Treuchtlingen und der Landsmannschaft nochmals Gespräche über das in Betracht gezogene Gebäude in der Kirchenstrasse 9 geführt? a) Stehen hierfür nach wie vor Mittel aus der Städtebauförderung zur Verfügung? 5. Welche Alternativstandorte mit welchem Konzept und mit welchem Ergebnis wurden bisher geprüft? a) Und welche Schlüsse zieht die Staatsregierung hieraus ? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.10.2014 Die o. g. Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr sowie dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. Was wird die Staatsregierung tun, das Anliegen der Stiftung, der Landsmannschaft und generell der Heimatvertriebenen aus Schlesien bzw. deren Nachkommen zu unterstützen, ein Kultur- und Begegnungszentrum zu realisieren, das dem Rang der Schlesier in unserer Gesellschaft und ihrem Erbe – auch im Vergleich zu anderen geförderten Vertriebenengruppen – gebührt? Der Freistaat Bayern besitzt mitten in München mit dem Haus des Deutschen Ostens ein hervorragendes Kultur - und Begegnungszentrum für alle Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. In diesem bieten sich umfangreiche Möglichkeiten, damit alle Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler ihre Kultur, ihre Tradition und ihr Brauchtum pflegen, weiterentwickeln und präsentieren können. Im Haus des Deutschen Ostens gibt es Räume für Veranstaltungen und Begegnungen größerer wie auch kleinerer Gruppen. Es gibt auch Räumlichkeiten, die für Ausstellungen genutzt werden können. So kann dort die ganze Bandbreite kultureller Aktivitäten lebendig entfaltet werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 31.10.2014 17/3297 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3297 Dieses Haus steht allen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern für ihre eigene Kulturarbeit und als Ort der Begegnung offen und wird von diesen seit seiner Gründung vor gut 40 Jahren gerne besucht und genutzt. Die Staatsregierung unterhält und betreibt das Haus des Deutschen Ostens als staatliche Liegenschaft und garantiert den Fortbestand. Zudem wurde im letzten Jahr ein Aufzug eingebaut, sodass nunmehr alle Stockwerke von allen Besuchern leicht erreicht werden können. Auf diese Weise wurde auf das zunehmende Alter vieler Besucher des Hauses des Deutschen Ostens reagiert. Die Schlesier sind eingeladen, das Haus des Deutschen Ostens noch mehr als bisher auch als ihr Kultur- und Begegnungszentrum zu nutzen. Bundesweit gesehen sind die Schlesier die einzige Volksgruppe der deutschen Heimatvertriebenen, deren Geschichte und Kultur im Schwerpunkt von drei zentralen Einrichtungen steht: das Schlesische Museum zu Görlitz, das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen und das Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott. Eine solche Vielzahl von hervorragenden schlesischen Kulturstätten sucht seinesgleichen. Bei dem Wunsch der Schlesier nach einer Stätte in Bayern, an der sie ihre Kulturgüter zunächst deponieren und mittelfristig auch präsentieren können, handelt es sich daher nicht um die erste und einzige schlesische Kulturstätte, sondern um eine, die zusätzlich zu den genannten zentralen Einrichtungen und zusätzlich zu dem Haus des Deutschen Ostens in München zu sehen ist. Die Staatsregierung steht in regelmäßigem Austausch mit den Schlesiern, um Möglichkeiten einer Realisierung im Rahmen der haushalterischen Gegebenheiten auszuloten; siehe Antwort zu Frage 2. 2. Welche Initiativen, Aktivitäten und Prüfungen gab es seitens der Staatsregierung seit den gemeinsamen Gesprächen über ein „Schlesisches Kulturzentrum “ am 10. Dezember 2012 und 19. März 2013? Die Staatsregierung hat im Jahr 2013 geprüft, ob der Landsmannschaft der Schlesier in der Residenz Ellingen Räume angeboten werden können, in denen sie ihre Kulturgüter zunächst deponieren und mittelfristig auch präsentieren kann. Die Prüfung hat ergeben, dass dies aus folgenden Gründen nicht möglich ist: Da der Westflügel und der Mittelbau der Residenz von der Ostpreußischen Kulturstiftung und von der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen (BSV) belegt sind, käme lediglich eine Nutzung des Ostflügels in Betracht, für den im Jahr 2010 das Wohnrecht der Familie von Wrede abgelöst wurde. Die sanierungsbedürftigen Räume im Erdgeschoss des Ostflügels werden von der BSV als Depoträume der 2010 erworbenen Kunstgüter benötigt bzw. sind der Familie von Wrede zur Nutzung als Depoträume überlassen worden. Eine Kündigungsmöglichkeit besteht nur bei Eigenbedarf des Freistaats Bayern. Die ebenfalls im Erdgeschoss befindliche historische Silberkammer bildet einen unverzichtbaren Bestandteil einer künftigen musealen Neukonzeption. Die Räume in den beiden Obergeschossen des Ostflügels sollen mittelfristig nach einer Sanierung zu einem der Familie von Wrede vertraglich zugesicherten „Wrede-Museum“ ausgebaut werden. Eine Nutzung des Ostflügels würde zudem eine umfangreiche Sanierung mit Prüfung der Statik erfordern, für die bei der BSV keine finanziellen Mittel vorhanden wären. Im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen am 1. Februar 2011 wurde vom Staatsministerium der Finanzen zugesagt, mittelfristig keine baulichen Maßnahmen im Ostflügel anzustoßen . Alternativ wurden der Landsmannschaft der Schlesier von der Liegenschaftsverwaltung als Depoträume Teile der im Erbbaurechtswege an die Rummelsberger Anstalten überlassenen Festung Wülzburg (bei Weißenburg) angeboten. Die Landsmannschaft Schlesien teilte mit, dass die aufgezeigte Möglichkeit für eine Nutzung als Depoträume nicht infrage kommt, und hat um erneute Prüfung gebeten, ob ein anderes staatliches Objekt in möglichst zentraler Lage hierfür zur Verfügung gestellt werden kann. Es fanden auch Gespräche über die Nutzung von Räumlichkeiten im ehemaligen Nationalparkhaus in Berchtesgaden (Franziskanerplatz 5 und 7) statt, die jedoch eben-falls nicht zum Erfolg führten. Auf erneute Anfrage hin konnten der Landsmannschaft Räumlichkeiten im Amtsgericht Laufen und im Herzogschloss Straubing als grundsätzlich geeignet benannt werden . Für beide Objekte wären aber weitere Untersuchungen und insbesondere die Aufnahme von Gesprächen mit den Beteiligten vor Ort zur Umsetzung einer Unterbringung erforderlich, sofern die Landsmannschaft grundsätzlich an einer dortigen Unterbringung Interesse hätte. Die erforderliche Rückmeldung der Landsmannschaft hierzu ist bislang noch nicht erfolgt. 3. Wann werden dem Landtag Vorschläge für die Realisierung eines solchen Projekts und für eine ideelle und materielle Unterstützung durch den Freistaat Bayern unterbreitet? Es steht derzeit noch eine Rückmeldung der Landsmannschaft zu den benannten Räumlichkeiten im Amtsgericht Laufen und im Herzogschloss Straubing aus (vgl. Antwort zu Frage 2). Erst wenn diese vorliegt, können ggf. in weiteren Gesprächen Einzelheiten geklärt und konkretisiert werden. Daher ist derzeit noch nicht absehbar, wann Vorschläge für eine Stätte unterbreitet werden können, an der die Landsmannschaft Schlesien ihre Kulturgüter in Bayern zunächst deponieren und mittelfristig auch präsentieren kann. 4. Wurden mit der Stadt Treuchtlingen und der Landsmannschaft nochmals Gespräche über das in Betracht gezogene Gebäude in der Kirchenstrasse 9 geführt? a) Stehen hierfür nach wie vor Mittel aus der Städtebauförderung zur Verfügung? Seitens der Regierung von Mittelfranken fanden vor und nach dem 19. März 2013 verschiedene Gespräche mit Vertretern der Stadt Treuchtlingen und der schlesischen Landsmannschaft (Landesverband Bayern) zum Projekt „schlesisches Kulturzentrum im Anwesen Kirchenstraße 9 (dem sog. Gutknechthaus)“ in Treuchtlingen statt. Zur Ermittlung der Eignung des Anwesens für diese Nutzungsüberlegungen und der für den Umbau zu erwartenden Kosten hat die Stadt Treuchtlingen inzwischen bei der Regierung von Mittelfranken im Rahmen der Städtebauförderung einen Zuwendungsantrag für ein entsprechendes Modernisierungsgutachten in Höhe von ca. 10.000 Euro vorgelegt. Das dortige Sachgebiet Städtebau wird hierzu in Kürze eine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteilen. Drucksache 17/3297 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Die Sanierung eines ortsbildprägenden Gebäudes zu gemeinbedarflich-kulturellen Zwecken ist im Rahmen der Städtebauförderung, vorbehaltlich zur Verfügung stehender Haushaltsmittel, grundsätzlich förderfähig. Eine belastbare Aussage zu einer möglichen Förderhöhe im Rahmen der Städtebauförderung kann dabei, vorbehaltlich einer gutachterlich belegten Eignung des Anwesens für die geplante Nutzung, aber erst erfolgen, wenn neben konkreten Planunterlagen und einer ausführlichen Kostenermittlung, insbesondere auch Aussagen zur geplanten Finanzierung vorliegen. 5. Welche Alternativstandorte mit welchem Konzept und mit welchem Ergebnis wurden bisher geprüft? a) Und welche Schlüsse zieht die Staatsregierung hieraus? Siehe Antwort zu Frage 2.