Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12.08.2014 Fugger-Express mit katastrophaler Qualitätsbewertung Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) ist Auftraggeberin für 15 Regionalbahnlinien in Bayern. Sie überprüft und überwacht die gemäß Ausschreibung und Vertrag zu erbringenden Leistungen. Beim BEG-Qulitätsranking werden folgende Kriterien beurteilt: • die Sauberkeit der Fahrzeuge (innen und außen); • die Fahrgastinformation im Regel- und Störfall; • die Funktionsfähigkeit der Ausstattung; • die Serviceorientierung der Zugbegleiter; • die Kundenorientierung bei Beschwerden. Erreicht ein Unternehmen den Wert null, sind die Erwartungen der BEG gerade erfüllt. Wer darüberliegt, erhält einen Bonus, wer Minuspunkte hat, zahlt Strafe. Die Qualitätswerte für den Fugger-Express in den letzten Jahren: 2009: -62,13; 2010: -1,51; 2011: -16,27; 2012: -21,21; 2013: -59,80. Der Fugger-Express nimmt damit nach vierjährigem kontinuierlichem Qualitätsverfall den vorletzten Platz ein. Ich frage die Staatsregierung: 1. Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um beim Fugger-Express den Qualitätsverfall zu stoppen und auf dieser wahrscheinlich wichtigsten Pendlerstrecke Bayerns annehmbare Zustände herzustellen, da jährlich steigende Strafzahlungen offenbar keine Wirkung erzielen ? 2. Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass ausgerechnet der Betreiber DB-Regio, der im Prinzip die Strecke schon immer bedient hat, eine derart unzufriedenstellende Qualität mit zunehmender weiterer Verschlechterung liefert? 3. Wie entwickelte sich in den letzten Jahren die Zahl der München-Bahn-Pendler aus der Region Nordschwaben, Augsburg und Mering, und wie die, die mit dem Auto pendeln ? 4. Ist beabsichtigt, mehr Pendler von der Straße auf die Schiene zu bringen, und mit welchen Maßnahmen soll dieses Ziel erreicht werden? 5. In welcher Höhe mussten für aufgrund der Qualitätsmängel in den Jahren 2009 bis 2013 Pönalen geleistet werden und für welche Zwecke konnte welcher Teil dieser Pönalen im Fugger-Express eingesetzt werden? 6. Wie häufig kam es im vergangenen Jahr zu Verspätungen und in wie viel Prozent der Fahrten war der Zug verkürzt ? 7. Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um den Betreiber zu veranlassen, die Vielzahl der Störungen wie „technische Störungen“, Verspätungen, Zugverkürzungen oder Komplettausfälle zu reduzieren? 8. Bis wann werden die zugesagten Umbauten (Gepäckablagen , Sitzabstände) abgeschlossen sein? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 06.10.2014 1. Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um beim Fugger-Express den Qualitätsverfall zu stoppen und auf dieser wahrscheinlich wichtigsten Pendlerstrecke Bayerns annehmbare Zustände herzustellen , da jährlich steigende Strafzahlungen offenbar keine Wirkung erzielen? Die jährlichen Ergebnisse des Fugger-Express im Qualitätsmesssystem der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) sind auch für die Staatsregierung nicht zufriedenstellend. Nachdem sich die Qualitätswerte des Fugger-Express bereits in den Jahren 2011 und 2012 rückläufig entwickelt hatten , wurden die Qualitätsvorgaben der BEG insbesondere im Jahr 2013 deutlich verfehlt. Staatsregierung und BEG haben die Beseitigung der Qualitätsmängel sowohl schriftlich als auch im Rahmen von regelmäßigen Gesprächen mit der Geschäftsleitung von DB Regio angemahnt und nachhaltige Verbesserungen eingefordert. Darüber hinaus hat die BEG erhebliche Vertragsstrafen erhoben. DB Regio hat verschiedene Maßnahmen umgesetzt, die u. a. eine Verbesserung der bislang kritischen WC-Verfügbarkeit sowie der Sauberkeit in den Zügen bewirken sollen. Der Fugger-Express erreicht im BEG-Qualitätsranking 2014 bislang noch einen Punktwert von -18,56 (Stand 25.08.14), hat sich aber gegenüber dem Jahreswert von 2013 wieder deutlich verbessert. Nach wie vor sind Defizite u. a. bei der Kundenorientierung bei Beschwerden, der Fahrscheinkontrolle , der Präsenz der Zugbegleiter an den Stationen, der Funktionalität der Türen sowie der Umsteigedurchsagen an Knotenbahnhöfen festzustellen. Ein Großteil der übrigen im Rahmen des Qualitätsmesssystems überprüften Kriterien liegt jedoch im Toleranz- bzw. Bonusbereich, d. h. die Qualitätsanforderungen der BEG werden erfüllt bzw. übererfüllt. Es ist somit festzuhalten, dass die laufende Betriebsqualität des Fugger-Express zwar in einzelnen Teilbereichen nicht den vertraglichen Anforderungen der BEG entspricht – der Abwärtstrend der vergangenen Jahre ist jedoch vorerst gestoppt . Die Staatsregierung erwartet, dass das Verkehrsunternehmen weitere Anstrengungen unternimmt, um den Qualitätsvorgaben der BEG vollumfänglich zu entsprechen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.11.2014 17/3307 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3307 2. Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass ausgerechnet der Betreiber DB Regio, der im Prinzip die Strecke schon immer bedient hat, eine derart unzufriedenstellende Qualität mit zunehmender weiterer Verschlechterung liefert? Mit der Vergabe der Verkehrsleistungen im Wettbewerb hat sich das Betriebskonzept im E-Netz Augsburg grundlegend geändert. Es kamen neue Fahrzeuge zum Einsatz, die sich immer wieder als störungsanfällig erwiesen haben und so zu den schlechten Werten des Fugger-Express im Qualitätsmesssystem beitragen. Darüber hinaus hat DB Regio im vergangenen Jahr wegen der angespannten Fahrzeugverfügbarkeit nicht vertragskonforme Ersatzgarnituren eingesetzt , die sich negativ auf die Qualitätsergebnisse ausgewirkt haben. 3. Wie entwickelte sich in den letzten Jahren die Zahl der München-Bahn-Pendler aus der Region Nordschwaben , Augsburg und Mering, und wie die, die mit dem Auto pendeln? Die BEG erhält von den Verkehrsunternehmen regelmäßig Fahrgastzahlen, aus denen sich ausschließlich die Anzahl der Ein- und Aussteiger sowie die Besetzung der Züge zwischen den einzelnen Haltestellen ergeben. Zu den Quelle -Zielbeziehungen sowie zum konkreten Fahrtzweck liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. Auch zur Entwicklung der Pendlerströme im motorisierten Individualverkehr zwischen der Region Nordschwaben, Augsburg und Mering liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Die Anzahl der Fahrgäste auf dem Streckenabschnitt Augsburg – Mering – München hat sich an einem durchschnittlichen Werktag seit 2007 um 40 % erhöht. Auf dem Streckenabschnitt Donauwörth – Augsburg ist die Anzahl der Fahrgäste im gleichen Zeitraum um 20 % gestiegen. 4. Ist beabsichtigt, mehr Pendler von der Straße auf die Schiene zu bringen, und mit welchen Maßnahmen soll dieses Ziel erreicht werden? Ein wichtiges verkehrspolitisches Ziel des Freistaats ist es, mehr Fahrgäste für den Schienenpersonennahverkehr auch durch Umstieg vom motorisierten Individualverkehr zu gewinnen . Um dieses Ziel zu erreichen, wird ein vertaktetes, attraktives und an die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen angepasstes Verkehrsangebot bereitgestellt. Mit der Vergabe des E-Netzes Augsburg im Wettbewerb kam es mit Fahrplanwechsel im Dezember 2008 zu einer ganz erheblichen Verbesserung des Fahrtenangebots in Form von zusätzlichen Zügen sowie umsteigefreien Verbindungen von und nach München, als deren Folge die in der Antwort zu Frage 3 genannten Fahrgastzuwächse erreicht wurden. 5. In welcher Höhe mussten aufgrund der Qualitätsmängel in den Jahren 2009 bis 2013 Pönalen geleistet werden und für welche Zwecke konnte welcher Teil dieser Pönalen im Fugger-Express eingesetzt werden? Im Zeitraum von 2009 bis 2013 wurde aufgrund von Qualitätsmängeln im E-Netz Augsburg (mangelnde Pünktlichkeit, Abweichungen von der Regelzugbildung, Nichterfüllung der Zugbegleitquote und Malus im BEG-Qualitätsmesssystem) ein Betrag von insgesamt rund 6 Mio. EUR einbehalten. Ein Teil der erhobenen Vertragsstrafen wird in Projekte zur Verbesserung der Betriebsqualität investiert. Der FuggerExpress hat in der Vergangenheit von mehreren Qualitätsprojekten profitiert: – Erweiterung der Sitzabstände sowie Nachrüstung von Gepäckablagen in den Triebwagen vom Typ ET 440 – Einsatz von sogenannten technischen Zugbegleitern im gesamten E-Netz Augsburg zur Behebung von Schäden bzw. technischen Störungen in den Fahrzeugen (z. B. Türen, Toiletten) bereits während der Fahrt – Umfassende Auffrischung der beim Fugger-Express eingesetzten Doppelstockwagen im Rahmen der sogenannten „Qualitätsstraße“ – Ausstattung des Zugpersonals mit mobilen Endgeräten zur Verbesserung der Fahrgastinformation auf Echtzeitbasis – Maßnahmen zur Verbesserung der Kundeninformation im Zusammenhang mit Baumaßnahmen (u. a. Einrichtung von Baustellenkommunikatoren, Intensivierung der Reisendenlenkung, Erstellung von Wegeleitskizzen etc.) – Verbesserung der Fahrgastinformation im Störungsfall durch Einrichtung eines entsprechenden Mitarbeiterteams in der Transportleitung Einige der genannten Projekte kommen nicht nur dem Fugger -Express, sondern Netzen in ganz Bayern zugute, so dass eine Bezifferung des konkreten Betrages, der für Qualitätsprojekte beim Fugger-Express eingesetzt wurde, nicht erfolgen kann. 6. Wie häufig kam es im vergangenen Jahr zu Verspätungen und in wie viel Prozent der Fahrten war der Zug verkürzt? Der Fugger-Express hat im Jahr 2013 eine durchschnittliche Pünktlichkeit von 90,7 % erreicht. Den Angaben der Qualitätsberichte zufolge sind im Jahr 2013 ca. 1,4 % aller Züge im gesamten E-Netz Augsburg in Abweichung zur Regelzugbildung verkehrt. Als Folge der angespannten Fahrzeugverfügbarkeit setzt das Verkehrsunternehmen im Rahmen eines Entlastungskonzeptes seit September 2013 außerdem bei mehreren Verkehrsleistungen pro Tag überwiegend an Wochenenden eine Ersatzgarnitur ein. 7. Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um den Betreiber zu veranlassen, die Vielzahl der Störungen wie „technische Störungen“, Verspätungen , Zugverkürzungen oder Komplettausfälle zu reduzieren ? Die Staatsregierung nutzt weiterhin alle zur Verfügung stehenden vertraglichen Sanktionsmöglichkeiten, um die noch bestehenden Qualitätsdefizite zu beseitigen. Insbesondere drängt die BEG auf eine zuverlässige Bereitstellung der vereinbarten Kapazitäten. Obwohl DB Regio auf Druck der Staatsregierung sowie der BEG bereits mehrere Maßnahmen – wie z. B. den Einsatz von Ersatzgarnituren oder die Nutzung zusätzlicher Werkstattkapazitäten in München-Pasing und in Einzelfällen beim Hersteller in Nürnberg – ergriffen hat, wird DB Regio weiterhin regelmäßig zum Qualitätsmonitoring einbestellt. Hierbei werden erforderlichenfalls zusätzliche Maßnahmen abgestimmt, um die Betriebslage im E-Netz Augsburg weiter zu stabilisieren. 8. Bis wann werden die zugesagten Umbauten (Gepäckablagen , Sitzabstände) abgeschlossen sein? Die Umbaumaßnahmen an den Triebwagen vom Typ ET 440 konnten im Juli 2014 (Erweiterung der Sitzabstände) bzw. September 2014 (Einbau zusätzlicher Gepäckablagen) abgeschlossen werden.