Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 20.11.2013 Sanierungsbedarf Klinikum Großhadern Presseberichten zufolge steht das Klinikum Großhadern vor der Alternative, wegen des Sanierungsbedarfs entweder einen Teilneubau zu errichten oder für geschätzte 500 Millionen Euro die Variante Abriss und Neubau zu verwirklichen. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1. Seit wann ist der Bayerischen Staatsregierung bekannt, dass es beim Klinikum Großhadern einen Sanierungsbedarf gibt, der die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie für Abriss und Neubau nahelegt? 2. War dieser Sanierungsbedarf bereits vor der Landtagswahl bekannt? Wenn ja: Warum wurde er der Öffentlichkeit vorenthalten? Wenn nein: Welche Tatsachen sind nach dem 15. September erstmals festgestellt worden, sodass Abriss und Neubau untersucht werden mussten? 3. Welche Investitionen wurden in den vergangenen 10 Jahren im Klinikum Großhadern vorgenommen? 4. Kann der Wert dieser Investitionen bei einer Entscheidung für Abriss und Neubau erhalten werden? 5. Welcher Sanierungs- und Investitionsbedarf mit welchem Finanzvolumen besteht im Klinikum rechts der Isar? 6. Wie hoch wird gegenwärtig der Sanierungs- und Investitionsbedarf der Universitätskliniken des Freistaats Bayern insgesamt geschätzt? 7. Welchen Anteil an diesem Finanzvolumen werden/sollen/ müssen die Kliniken selbst erwirtschaften? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 27.12.2013 1. Seit wann ist der Bayerischen Staatsregierung bekannt , dass es beim Klinikum Großhadern einen Sanierungsbedarf gibt, der die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie für Abriss und Neubau nahelegt? Nach rund 40 Betriebsjahren ist das große Bettenhaus am Standort Großhadern des Klinikums der Ludwig-Maximilians -Universität München stark sanierungsbedürftig. Dies betrifft sowohl die bauliche Grundsubstanz als auch die im Laufe der Zeit durch den medizinischen Fortschritt veränderten Anforderungen an moderne Betriebsabläufe und gestiegene Anforderungen an die Ausstattung (z. B. Nasszellen ) in einem Klinikum dieser Art und Größe, denen die vorhandene Infrastruktur zu großen Teilen nicht mehr im erforderlichen Maße gewachsen ist. 2. War dieser Sanierungsbedarf bereits vor der Landtagswahl bekannt? Wenn ja: Warum wurde er der Öffentlichkeit vorenthalten? Wenn nein: Welche Tatsachen sind nach dem 15. September erstmals festgestellt worden, sodass Abriss und Neubau untersucht werden mussten? Der Sanierungsbedarf ist bei einem 40 Jahre alten Klinikumsbau der Maximalversorgung offenkundig und war vor dem 15.09.2013 bekannt. Er ist beispielweise in der im Internet öffentlich zugänglichen Stellungnahme des Wissenschaftsrats zur weiteren Entwicklung der Medizinischen Einrichtungen der Ludwig-Maximilians-Universität München (http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6901-05. pdf) vom 11.11.2005 erwähnt (S. 54, S. 104 ff).Der Wissenschaftsrat hatte allerdings seinerzeit empfohlen, die Schaffung von Forschungsflächen im Biomedizinischen Zentrum mit Priorität zu versehen, was mit dem derzeit im Bau befindlichen Vorhaben geschehen ist. Davon, dass der Sanierungsbedarf des Bettenhauses in Großhadern der Öffentlichkeit vorenthalten worden sei, kann keine Rede sein. Die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen für einen sachgerechten Umgang mit diesem Sanierungsbedarf ist Teil gewöhnlicher betriebsinterner Abläufe. Bei solchen besteht weder die Pflicht noch die Notwendigkeit einer öffentlichen Bekanntmachung durch die Staatsregierung, solange der Bewertungs- und Willensbildungsprozess der zu beteiligenden Stellen noch nicht abgeschlossen ist. Derzeit werden drei Optionen zur Bewältigung dieses Sanierungsbedarfs intensiv geprüft: 1. eine grundlegende Sanierung der bestehenden Gebäude, 2. eine Sanierung mit teilweisem Neubau , 3. ein kompletter Neubau bei Rückbau des bestehenden Gebäudes. Alle relevanten Gremien des Klinikums, die Bauverwaltung und das StMBW prüfen die wesentlichen Fakten und Aspekte. Hierzu zählen nicht nur die bauliche Realisierung einer der drei Varianten, sondern z. B. auch Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.02.2014 17/350 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/350 die Anforderungen der modernen Medizin, die Auswirkungen langjähriger Baustellen auf den laufenden Betrieb in der Krankenversorgung, Fragen der Wirtschaftlichkeit und nicht zuletzt auch des Finanzbedarfs. So hat der Aufsichtsrat des Klinikums eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die o. g. ergebnisoffene und intensive Prüfung begleiten wird. Hierzu müssen eine Vielzahl entscheidungserheblicher Fakten und Aspekte bewertet und darauf aufbauend eine Empfehlung zur Priorisierung der drei möglichen Szenarien entwickelt werden, die, dem üblichen Verfahren entsprechend, nach Abschluss dieses Prozesses dem Landtag und dem Ministerrat zur Entscheidung vorgelegt wird. 3. Welche Investitionen wurden in den vergangenen 10 Jahren im Klinikum Großhadern vorgenommen? In den letzten 10 Jahren wurden für große Baumaßnahmen an den beiden Standorten Innenstadt und Großhadern des Klinikums der Universität München rd. 254 Mio. € verausgabt . 4. Kann der Wert dieser Investitionen bei einer Entscheidung für Abriss und Neubau erhalten werden? Die für große Baumaßnahmen am Klinikum der Universität München verausgabten Mittel wurden am Standort Großhadern vorwiegend für außerhalb des Bettenhauses gelegene Infrastrukturmaßnahmen (wie Sanierung der Abwasserleitungen , Sanierung der Fernwärme- und Dampfversorgung, Erneuerung der Notstromersatzanlage oder das im Herbst 2014 in Betrieb gehende neue OP-Zentrum), deren Wert auch durch einen evtl. Abriss oder Neubau des Bettenhauses erhalten bleiben wird, investiert. 5. Welcher Sanierungs- und Investitionsbedarf mit welchem Finanzvolumen besteht im Klinikum rechts der Isar? Am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München wird eine langfristige bauliche Masterplanung unter Einbeziehung aller Liegenschaften im Hinblick auf notwendige Optimierungen von Betriebsabläufen und zur Identifizierung und Bewältigung bestehender Sanierungsund Modernisierungsbedarfe angestrebt. Detaillierte Angaben zu den zu ermittelnden Bedarfen und entsprechende Kostenprognosen sind erst im weiteren Verlauf dieses Planungsprozesses , der derzeit noch am Anfang steht, möglich. 6. Wie hoch wird gegenwärtig der Sanierungs- und Investitionsbedarf der Universitätskliniken des Freistaats Bayern insgesamt geschätzt? Der Gebäudebestand der fünf Universitätsklinika des Freistaates Bayern umfasst eine Fläche von ca. 670.000 m2. Zum Teil sind die einzelnen Gebäude bereits mehrere Jahrhunderte alt, aber auch die in den 1970er-Jahren errichteten Bauten (wie Großhadern) sind jedenfalls teilweise bereits stark modernisierungsbedürftig. Die Gebäude der Universitätsklinika sind im Vergleich mit anderen Liegenschaften weit überdurchschnittlich kostenintensiv . – Klinikgebäude sind häufig mit aufwendigen Einrichtungen (Labore, technische Infrastruktur für Hochleistungsmedizin , medizinische Einrichtungen etc.) ausgestattet . – Immer kürzere Innovationszyklen in der Medizintech- nik bedingen rasch steigende neue Anforderungen des Klinikbetriebs. – Neue Rechts- und insbesondere Sicherheitsvorschriften (z. B. im Bereich des Brandschutzes, beim Umgang mit Gefahrstoffen, beim Strahlenschutz etc.) müssen zum Schutz der Patienten, der Beschäftigten und der Medizinstudenten/-innen beachtet und im Rahmen von baulichen Maßnahmen – insbesondere auch im Gebäudealtbestand – umgesetzt werden. Hierzu gehört auch die Notwendigkeit der barrierefreien Ausgestaltung der Gebäude. – Hinzu kommt eine überdurchschnittlich intensive Beanspruchung vieler Klinikgebäude durch die hohen Nutzerzahlen. Die kontinuierliche Erneuerung der vorhandenen Gebäudesubstanz ist eine durchgängige Daueraufgabe und erfordert eine langfristige Perspektive. – Mit welchen Maßnahmen und mit welchem Finanzvolumen diese Erneuerung jeweils durchgeführt wird, ergibt sich aus den einschlägigen Ansätzen des Staatshaushalts . – Jede darüber hinausgehende Schätzung des künftigen Baubedarfs ist nur eine Momentaufnahme, die fortlaufend den aktuellen Erfordernissen angepasst werden muss. – Der Begriff „Sanierung“ gibt dabei die Komplexität der tatsächlich bereits durchgeführten und zukünftig durchzuführenden Baumaßnahmen nur unzureichend wieder. Insbesondere im Altbestand können umfassendere Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen meistens nur abschnittsweise durchgeführt werden, um den Krankenhausbetrieb so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Denn geeignete Ersatzflächen für die Dauer der Baumaßnahmen stehen aufgrund der häufig sehr speziellen Anforderungen im Bereich der Universitätsklinika an Raumzuschnitt und -ausstattung oft nicht zur Verfügung. Größere Maßnahmen im Altbestand erstrecken sich daher meistens über viele Jahre. Neben einer Sanierung als reiner „Reparatur“ erfolgt die Erneuerung der Gebäudesubstanz funktional und wirtschaftlich in der Regel in Verbindung mit einer Modernisierung durch über die Sanierung hinausgehende Investitionen, z. B. durch die Anpassung der Gebäude an den neuesten Stand der Technik, an geänderte Anforderungen des Klinikbetriebs oder zur Erhöhung der Energieeffizienz. Unter Berücksichtigung der genannten Vorgaben die richtige Balance zwischen Sanierung, Modernisierung oder Neubau zu finden und die dafür zur Verfügung stehenden Mittel zielgerichtet und effizient einzusetzen, ist die große, jedoch durchaus lösbare Herausforderung für das Wissenschaftsressort . Dass die Beauftragung von Machbarkeitsstudien und Masterplänen der richtige Ansatz hierfür ist, belegen die gelungenen Neuordnungen an den Universitätsklinika in Würzburg und Erlangen. Hier wurden mit dem Neubau für die Innere Medizin und dem Neubau für die Operativen Fächer in Würzburg sowie den Nichtoperativen Zentren (1. und 2. Bauabschnitt) in Erlangen die richtigen Weichen für die Zukunft dieser beiden Uniklinika gestellt. Allein für diese vier Gebäude hat der Freistaat Bayern über eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. Drucksache 17/350 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 7. Welchen Anteil an diesem Finanzvolumen werden/ sollen/müssen die Kliniken selbst erwirtschaften? Große Baumaßnahmen über 5 Mio. € im Bereich der Universitätsklinika sind grundsätzlich in der Anl. S des Einzelplans 15 zu veranschlagen und aus Mitteln des Staatshaushalts zu finanzieren. Für Baumaßnahmen mit Baukosten bis zu fünf Millionen Euro liegt die Bauherreneigenschaft beim Klinikum; die Finanzierung dieser Bauvorhaben erfolgt aus klinikumseigenen Mitteln. Darüber hinaus kann das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst mit Zustimmung der Obers- ten Baubehörde und des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat im Einzelfall einem Klinikum die Bauherreneigenschaft für eine Baumaßnahme mit Baukosten von mehr als fünf Millionen Euro übertragen, die zu mehr als 50 v. H. vom Klinikum außerhalb der Anlage S des jeweiligen Haushaltplans finanziert wird. Die festgestellten Gesamtkosten der jeweiligen Baumaßnahme sind vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags zur Genehmigung vorzulegen.