Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.08.2014 Industrie 4.0 Der aktuelle Industriebericht 2014 aus dem Wirtschaftsministerium widmet sich u. a. dem Bereich der Industrie 4.0 und deren Chancen und Herausforderungen für die bayerische Wirtschaft. Die Entwicklung der Industrie 4.0 befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium. Von einer flächendeckenden Vernetzung ist man noch sehr weit entfernt. Viele Lösungsansätze gibt es erst im Labor. Aber bereits jetzt müssen von staatlicher Seite Weichen gestellt werden, wenn Industrie 4.0 erfolgreich sein soll. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, auch KMU über die Vorteile von Industrie 4.0 zu informieren und zu sensibilisieren? 2. Nachdem bei Industrie 4.0 die Anpassung des Rechtsrahmens eine besondere Herausforderung darstellt, frage ich, wo sieht die Staatsregierung Handlungsbedarf und welche konkreten Maßnahmen sind geplant? 3. Wie will die Staatsregierung den Bereich Sicherheitskonzepte , die für die Unternehmen eine herausragende Rolle spielen, unterstützen? Sind hier bereits konkrete Maßnahmen geplant? 4. Nachdem es bei der Kooperation in Wertschöpfungsnetzwerke des Ausbaus des Schutzes vor Produktpiraterie bedarf, frage ich, welchen Anpassungsbedarf sieht die Staatsregierung im Bereich Unternehmens- und Wettbewerbsrecht ? 5. Nachdem bei Industrie 4.0 auch der Arbeitnehmerdatenschutz eine große Rolle spielt, frage ich, welche Änderungen sind hier notwendig, um die Voraussetzungen für Industrie 4.0 zu schaffen? 6. Welche Maßnahmen im Bereich Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmer(-inne)n hält die Staatsregierung für notwendig? Und wie wird sie diese unterstützen ? 7. Was ist im Bereich der Forschung geplant? Sollen hier zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 14.10.2014 1. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, auch KMU über die Vorteile von Industrie 4.0 zu informieren und zu sensibilisieren? Die Staatsregierung beziehungsweise von der Staatsregierung unterstützte Einrichtungen informieren bereits in vielfältiger Weise über die Vorteile von Industrie 4.0. So fand am 13. Juni 2013 die Auftaktveranstaltung zur Digitalisierungsinitiative Bayern Digital statt. Bayern Innovativ hat sich die Digitalisierung und insbesondere die Anwendung in der Industrie als Schwerpunkt für die eigene Arbeit gesetzt. Im Rahmen der Cluster werden zudem gezielt KMU adressiert und für die neuen Innovationen sensibilisiert. So bietet der Cluster Mechatronik und Automation zahlreiche Veranstaltungen und Seminare an, um KMU auf ihrem Weg in die Digitalisierung zu begleiten. (Siehe auch Antworten auf Frage 3 und 7.) 2. Nachdem bei Industrie 4.0 die Anpassung des Rechtsrahmens eine besondere Herausforderung darstellt, frage ich, wo sieht die Staatsregierung Handlungsbedarf und welche konkreten Maßnahmen sind geplant ? In einer vernetzten Produktion mit globalen Wertschöpfungsketten und grenzüberschreitenden Echtzeitdiensten ist eine einheitliche harmonisierte Rechtsgrundlage besonders wichtig. Die wesentlichen gesetzgeberischen Zuständigkeiten hierfür liegen beim Bund und vor allem auf Ebene der Europäischen Union. Die Bundesregierung hat ihre Schwerpunkte in der Digitalen Agenda 2014–2017 auch für die rechtlichen Rahmenbedingungen veröffentlicht. Auf europäischer Ebene werden die Initiativen zu einer Einbettung der Digitalen Agenda in den europäischen Rechtsrahmen aktiv vorangetrieben. Die Bayerische Staatsregierung setzt sich bei der Bundesregierung und auf europäischer Ebene dafür ein, dass ein praktikabler und rechtssicherer Rahmen für die Industrie und die Arbeitnehmer geschaffen wird. (Siehe auch die Antworten auf Frage 4 und 5.) 3. Wie will die Staatsregierung den Bereich Sicherheitskonzepte , die für die Unternehmen eine herausragende Rolle spielen, unterstützen? Sind hier bereits konkrete Maßnahmen geplant? Zur Förderung der Forschung und Unterstützung der Unternehmen im Bereich IT-Sicherheit ist die Errichtung eines Zentrums IT-Sicherheit.Bayern geplant, in dessen Mittelpunkt der Auf- und Ausbau von Kompetenzfeldern steht, die im Zusammenhang mit der IT-Sicherheit für die Innovationsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft relevant sind. Ergänzend dazu wird der Technologietransfer speziell für KMU ausgebaut. Dies erfolgt durch den Aufbau von Labo- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.12.2014 17/3531 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3531 ren, die zum einen Test- und Analysezwecken dienen, zum anderen für Industriepartner als Anwendertestlabore oder als Schulungslabore zur Verfügung gestellt werden sollen. Träger der Maßnahme ist das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit (AISEC), Garching, in Zusammenarbeit mit der TU München sowie den Universitäten Passau, Regensburg und Erlangen. Bereits 2013 hat die Bayerische Staatsregierung im Rahmen ihrer Cybersicherheitsstrategie das Cyber-AllianzZentrum Bayern gegründet, das als Ansprechpartner für die Wirtschaft und die Betreiber kritischer Infrastrukturen zur Verfügung steht. 4. Nachdem es bei der Kooperation in Wertschöpfungsnetzwerken des Ausbaus des Schutzes vor Produktpiraterie bedarf, frage ich, welchen Anpassungsbedarf sieht die Staatsregierung im Bereich Unternehmens- und Wettbewerbsrecht? Die gesetzgeberischen Kompetenzen liegen bei der Bundesregierung und der Europäischen Union. So hat die Bundesregierung in ihrer Digitalen Agenda 2014–2017 verschiedene Initiativen in diesem Bereich angekündigt. Die Europäische Kommission hat in ihrem Aktionsplan für einen neuen Konsens über die Durchsetzung von Immaterialgüterrechten auch die KMU und die gewerbsmäßigen Schutzrechtsverletzungen gerade auch in der Online-Umgebung im Fokus. Die Bayerische Staatsregierung bringt die Interessen der bayerischen Wirtschaft in die Prozesse selbstverständlich mit ein. Im Wettbewerbsrecht ist es zum jetzigen Zeitpunkt zu früh, um konkreten Handlungsbedarf abzuleiten . Die Bayerische Staatsregierung beobachtet aber die Entwicklungen. 5. Nachdem bei Industrie 4.0 auch der Arbeitnehmerdatenschutz eine große Rolle spielt, frage ich, welche Änderungen sind hier notwendig, um die Voraussetzungen für Industrie 4.0 zu schaffen? Derzeit finden Verhandlungen über eine EU-Datenschutzgrundverordnung statt. Die Bayerische Staatsregierung fordert eine moderne EU-Datenschutzgrundverordnung in Europa als Motor für den digitalen Binnenmarkt, allerdings ohne die deutschen Datenschutzregelungen aufzuweichen. Wenn es nicht in angemessener Zeit zu einem Abschluss auf europäischer Ebene kommt, soll eine nationale Regelung des Beschäftigtendatenschutzes geschaffen werden. 6. Welche Maßnahmen im Bereich Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmer(-inne)n hält die Staatsregierung für notwendig? Und wie wird sie diese unterstützen? In einer vernetzten Arbeitswelt wird zunehmend branchenübergreifend gearbeitet und eine allgemeine digitale Medienkompetenz vorausgesetzt. Gleichzeitig ist hoch spezialisierte Forschung nötig. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat die Bayerische Staatsregierung neue Initiativen an den Hochschulen angeregt. U. a. soll mit dem Aufbau des Digitalen Campus Bayern eine bayernweite digitale Lern- und Forschungsumgebung geschaffen werden. Durch die Entwicklung neuer IT-Lehrangebote für Studierende soll eine breite Vermittlung von IT-Grundkenntnissen sowie die Ausbildung von IT-Fachkräften auch in vermeintlich IT-fernen Bereichen gefördert werden. Der Ausbau hoch spezialisierter technischer Masterprogramme im Kontext regionaler wirtschaftlicher Cluster soll bereits Berufstätige an die IT heranführen und IT-Fachleute für Branchen spezialisieren. In den Bereichen Aus- und Weiterbildung ist zwischen den Aufgaben des Bundes und der Länder zu unterscheiden . Gemäß der Digitalen Agenda will die Bundesregierung die von der Digitalisierung betroffenen Berufsbilder an die Anforderungen einer vernetzten Arbeitswelt anpassen. Der Bereich „Berufliche Weiterbildung“ ist ein Schwerpunkt der Fördermaßnahmen in Bayern für den Mittelstand. Von der Qualifikation des zur Verfügung stehenden Arbeitskräftepotenzials hängen zu einem Großteil Standortsicherung , struktureller Wandel und gesellschaftliche Innovation ab. Gerade Klein- und Mittelbetriebe sind auf überbetriebliche Bildungseinrichtungen angewiesen, um z. B. neue Technologien frühzeitig einbeziehen zu können. Die Bildungseinrichtungen reagieren auf neue Entwicklungen wie z. B. Industrie 4.0, indem neue Ausbildungsberufe geschaffen und bestehende Berufsausbildungen angepasst werden. Die Staatsregierung wird die Bildungseinrichtungen in Bayern dabei weiterhin unterstützen. Das StMWi investiert in die Aus- und Weiterbildung auch in Zukunft rund 30 Millionen Euro jährlich. 7. Was ist im Bereich der Forschung geplant? Sollen hier zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden ? Zur Förderung der Forschung und Unterstützung der Unternehmen im Bereich digitalisierte Produktion bzw. Industrie 4.0 ist die Errichtung eines „Zentrums für Digitale Produktion .Bayern“ geplant, in dessen Mittelpunkt der Auf- und Ausbau von Kompetenzfeldern steht, die im Zusammenhang mit dem Thema Industrie 4.0 für die Innovationsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft relevant sind. Es sollen die Entwicklung, Implementierung und Nutzung von Digitalisierungstechnologien wie Cyber-Physical-Systems , Sensorplattformen und Industriesoftware in der Produktion unterstützt werden. Die Maßnahme hat ihren räumlichen Schwerpunkt beim Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Nürnberg mit weiteren Aktivitäten in Coburg, Bamberg, München/ Augsburg, Regensburg, Amberg/Weiden und Würzburg. Wie in Frage 1 erläutert, soll auch die Zielgruppe KMU erfasst werden. So wird z. B. durch die OTH Amberg-Weiden Industriesoftware speziell mit dem Fokus KMU weiterentwickelt werden. Das Fraunhofer IWU ist mit der Konzeption und dem Aufbau eines Demonstrations- und Trainingszentrums betraut, um gerade für KMU Industrie 4.0 begreifbar zu machen. Für das Zentrum IT Sicherheit.Bayern und das Zentrum für digitale Produktion.Bayern wurden im Doppelhaushalt 2015/2016 in erheblichem Umfang Mittel angemeldet. Angaben können erst nach der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers gemacht werden.