Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Verena Osgyan BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.07.2014 Betreuungsgeld Am 1. August 2013 trat nicht allein der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr in Kraft, es erfolgte auch die Einführung des Betreuungsgeldes. Aus aktuellen Pressemeldungen geht hervor, dass einkommensschwache Eltern deshalb lieber auf eine öffentlich geförderte Betreuungseinrichtung verzichten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele Eltern in Bayern haben für welchen Zeitraum seit der Einführung des Betreuungsgeldes dieses bewilligt bekommen? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten. 2. Bei wie vielen bewilligten Berechtigten wird das Betreuungsgeld auf das Arbeitslosengeld II, die Sozialhilfe und den Kinderzuschlag angerechnet. Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten. 3. In wie vielen Fällen wurde das Betreuungsgeld vor dem 15. Lebensmonat des Kindes bewilligt? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten. 4. Wie viel derer, die Betreuungsgeld erhalten, lassen ihr Kind von einer nicht staatlich geförderten Einrichtung betreuen ? 5. Durch welche Maßnahmen unterstützt die Bayerische Staatsregierung die Kommunen bei der Umsetzung des Betreuungsgeldes? 6. Wie hoch sind die Kosten für Porto und Personal für den „automatischen“ Versand des Antrags auf Betreuungsgeld im Anschluss an den Bezug des Elterngeldes? 7. Wird die Bayerische Staatsregierung den Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder ab einem Jahr vorantreiben, und wenn ja, in welcher Form? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 13.10.2014 Vorbemerkung: Es wird auf aktuelle Pressemeldungen verwiesen, aus denen hervorgehe, dass einkommensschwache Eltern wegen des Betreuungsgeldes lieber auf eine öffentlich geförderte Betreuungseinrichtung verzichteten. Die genannten Medienberichte berufen sich auf eine Studie des Forschungsverbundes der TU Dortmund und des DJI (Deutsches Jugendinstitut e. V.). Diese ist bislang lediglich auszugsweise veröffentlicht. Bei der Bewertung der Studie ist Skepsis angebracht: Forschungsgegenstand war nicht das Betreuungsgeld, sondern die kleinräumige Erfassung der Betreuungsbedarfe für Kinder unter drei Jahren. Das Betreuungsgeld wird nur mit einer einzigen und äußerst komplex formulierten Frage nach dem Einfluss des Betreuungsgeldes ausschließlich als negativer Anreiz gegen die Krippe behandelt. Die Befragung erfolgte zudem zeitlich noch vor Einführung des Betreuungsgeldes. Die Aussagen der Studie zu den Auswirkungen des Betreuungsgeldes sind daher mit großer Skepsis zu bewerten. 1. Wie viele Eltern in Bayern haben für welchen Zeitraum seit der Einführung des Betreuungsgeldes dieses bewilligt bekommen? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten. Die letzte Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes weist im 2. Quartal 2014 für Bayern insgesamt 51.086 Betreuungsgeldbezüge aus. Eine Gesamtübersicht über den Zeitraum seit Einführung des Betreuungsgeldes hat das Statistische Bundesamt nicht veröffentlicht. Die Bundesstatistik enthält lediglich die voraussichtliche Bezugsdauer, also den Zeitraum, für den das Betreuungsgeld beantragt wird. Als durchschnittliche voraussichtliche Bezugsdauer werden für Bayern 20,1 Monate angegeben. Zahlen zum Betreuungsgeld auf kommunaler Ebene liegen nicht vor. Eine Aufschlüsselung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ist daher nicht möglich. 2. Bei wie vielen bewilligten Berechtigten wird das Betreuungsgeld auf das Arbeitslosengeld II, die Sozialhilfe und den Kinderzuschlag angerechnet. Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten. 3. In wie vielen Fällen wurde das Betreuungsgeld vor dem 15. Lebensmonat des Kindes bewilligt? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten. Die Fragen werden gemeinsam beantwortet: Daten hierzu liegen der Staatsregierung nicht vor. Zudem sind keinerlei Zahlen zum Betreuungsgeld auf kommunaler Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.11.2014 17/3533 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3533 Ebene verfügbar. Eine Aufschlüsselung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ist daher nicht möglich. 4. Wie viel derer, die Betreuungsgeld erhalten, lassen ihr Kind von einer nicht staatlich geförderten Einrichtung betreuen? Eine Rechtsgrundlage für die Erhebung dieser Daten liegt nicht vor, daher können hierzu keine Angaben gemacht werden . 5. Durch welche Maßnahmen unterstützt die Bayerische Staatsregierung die Kommunen bei der Umsetzung des Betreuungsgeldes? Maßnahmen zur Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung des Betreuungsgeldes sind nicht erforderlich, da die Leistung in Bayern nicht auf kommunaler Ebene vollzogen wird. Für den bayerischen Vollzug des Betreuungsgeldes ist vielmehr das Zentrum Bayern Familie und Soziales zuständig . 6. Wie hoch sind die Kosten für Porto und Personal für den „automatischen“ Versand des Antrags auf Betreuungsgeld im Anschluss an den Bezug des Elterngeldes ? Dazu ist vorauszuschicken, dass auf das Betreuungsgeld erst nach über einem Jahr nach der Geburt eines Kindes ein Anspruch besteht. Daher wäre es nicht zweckmäßig, allen Eltern in Bayern die Antragsformulare zusammen mit der Geburtsurkunde direkt auszuhändigen, wie dies beim Elterngeld geschieht. Die Lebensverhältnisse gerade junger Familien ändern sich häufig (z. B. durch Umzug) und die Entwicklung des Kindes ist nicht immer vorhersehbar. Ob die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, kann daher nur zeitnah zum Leistungsbeginn beurteilt werden. Eine verfrühte Antragstellung führt deshalb zwangsläufig zu vermehrten Rückfragen. Zudem zeigt die praktische Erfahrung aus dem Elterngeld, dass bei Auflegen von Vordrucken ein nahezu doppelter Bedarf im Vergleich zu den tatsächlichen Anträgen besteht. § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I gibt vor, dass der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach zu gestalten ist. Das Zentrum Bayern Familie und Soziales hat für das Antragsverfahren beim Betreuungsgeld daher einen neuen, effizienten und kostengünstigen Weg entwickelt: Eltern, die in Bayern einen Elterngeldantrag gestellt haben, erhalten unter Übernahme der Daten des Elterngeldverfahrens Betreuungsgeldanträge in Teilen vorausgefüllt zugesandt (z. B. Angaben zu den Eltern, zum Kind). Dies ist nicht nur ein familienfreundlicher Service für die Eltern zum richtigen Zeitpunkt , sondern auch ein großer Vorteil für die Verwaltung. Der Großteil der Anträge liegt in maschinenlesbarer Form vor, wegen der Aktualität sind nur wenige Nachfragen bei den Antragstellern erforderlich und damit ist das Verfahren insgesamt weitaus weniger aufwendig und ressourcenschonend ausgestaltet. Durch die Zusendung des Antrags erst kurz vor Anspruchsbeginn wird erreicht, dass die Eltern im Regelfall bereits wissen, ob sie eine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Im Verfahren selbst wird der Datenbestand automatisch ausgewertet und es werden diejenigen Eltern ermittelt, de- nen in ca. sechs Wochen ein Anspruch zustehen könnte. Der Druck wird automatisiert angestoßen, die Anträge maschinell kuvertiert und zum Postdienstleister gegeben. Die Kosten für Papier, Druck, Kuverts und Porto (durchschnittlich 0,51 Euro pro Brief) belaufen sich für die von August 2013 bis Juli 2014 versandten 102.102 Anträge auf 57.804,40 Euro inkl. Mehrwertsteuer. Die Kosten für den Personalaufwand sind bei diesem weitgehend automatisierten Verfahren nicht quantifizierbar. Kosten für Druck und Versand von Anträgen entstehen im Übrigen immer und unabhängig von der Art des Vollzugs. Bei einem „traditionellen “, weniger familienfreundlichen Antragsverfahren wären die Kosten für den Druck von Anträgen, deren Vorhalten und Anpassen, die Versendung nur auf Anforderung und die entstehenden Rückfragen nach aller Vollzugserfahrung wesentlich höher als das neue innovative Verfahren. 7. Wird die Bayerische Staatsregierung den Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder ab einem Jahr vorantreiben , und wenn ja, in welcher Form? Der Ausbau der Kinderbetreuung ist Pflichtaufgabe der Gemeinden . Diese sind für die Bedarfsplanung verantwortlich und bestimmen das Ausbautempo. Der Freistaat Bayern hat die Kommunen im Zeitraum 2008–2014 mit einem Landesförderprogramm beim U3-Ausbau unterstützt, mit dem er Investitionskostenzuschüsse in Höhe von rund 954 Millionen Euro finanzierte. Damit hat der Freistaat die bereitgestellten Bundesmittel in Höhe von 430 Millionen Euro auf insgesamt 1,38 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Die bayerischen Kommunen haben die guten Konditionen des bayerischen Sonderinvestitionsprogramms für den U3-Ausbau mit einer durchschnittlichen Förderquote von 70 Prozent engagiert genutzt. Seit 2008 konnten rd. 74.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren mit Mitteln von insgesamt 1,38 Mrd. Euro bewilligt werden. Die Versorgungsquote für ein- und zweijährige Kinder liegt mit rund 110.000 Plätzen im Kindergartenjahr 2013/14 bei 52 %. Auch nach Abschluss des Sonderinvestitionsprogramms wird der U3-Ausbau seitens des Freistaates weiter gefördert . Förderanträge ab dem 1. Januar 2014 werden nach Art. 27 BayKiBiG i. V. m. den Vorschriften des FAG gefördert . Die Zuständigkeit hierfür liegt beim StMFLH. Die zuvor in Art. 27 BayKiBiG geltende Beschränkung auf zwei Drittel der zuweisungsfähigen Kosten wurde mit dem Änderungsgesetz zum BayKiBiG vom 11. Dezember 2012 aufgegeben (LT-Drs. 16/14964). Diese Gesetzesänderung ist zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten, sodass die Kommunen eine um bis zu ein Drittel höhere FAG-Förderung für Investitionskosten im Bereich der Kindertageseinrichtungen erhalten. Ein weiteres Investitionsförderprogramm des Bundes ist derzeit in Planung (voraussichtlicher Umfang: 550 Mio. Euro, davon 87 Mio. Euro für Bayern – s. Gesetzentwurf zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung ). Die Umsetzungsmodalitäten sind noch zu klären. Bayern wird die Mittel (wie schon bisher) vollständig an die Kommunen weiterreichen und damit auch in Zukunft zu einem bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung beitragen.