Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11.09.2014 Länderübergreifende Ermittlungen in der Steuerfahndung Ich frage die Staatsregierung: 1. a) In wie vielen Fällen in den letzten 10 Jahren ermittelten bayerische Steuerfahnder gegen Firmen, Personen oder Personengruppen mit Sitz in einem anderen Bundesland ? b) In wie vielen Fällen haben Steuerfahnder aus anderen Bundesländern Amtshilfe bei der Bayerischen Finanzverwaltung angefordert? 2. a) Wie ist der Informationsaustausch über Ermittlungsfälle der Steuerfahnder bundesweit geregelt? b) Wie ist sichergestellt, dass bayerische Steuerfahnder auf Erkenntnisse zugreifen können, die in der Ermittlungsdatenbank „ProSid“ in Nordrhein-Westfalen bzw. in der Ermittlungsdatenbank „Globus“ von Hessen oder in den Datenbanken der anderen Bundesländer gespeichert sind? 3. a) Gibt es bundesweit für alle steuerstrafrechtlichen Ermittlungen eine einheitliche Fallkartei bzw. Ermittlungsdatei , auf die alle Steuerfahndungsstellen in Deutschland zugreifen können? b) Wird sich die Staatsregierung für die Schaffung einer bundesweit einheitlichen Fallkartei bzw. Ermittlungsdatei einsetzen? 4. a) Mit welcher Ermittlungssoftware arbeiten die bayerischen Steuerfahndungsstellen? b) Gibt es bundesweit eine einheitliche Ermittlungssoftware für die Steuerfahndungsstellen? c) Wird sich die Staatsregierung für die Schaffung einer bundesweit einheitlichen Ermittlungssoftware einsetzen ? 5. a) Wie ist sichergestellt, dass Ermittlungserkenntnisse in einzelnen Bundesländern auch unmittelbar den bayerischen Steuerfahndern zur Verfügung stehen – und umgekehrt? b) Wird sich die Staatsregierung für einen schnellen länderübergreifenden Informationsaustausch der Steuerfahndungsstellen einsetzen? c) Wie würde dies konkret aussehen? 6. Was konkret wird die Staatsregierung unternehmen, um länderübergreifende Ermittlungen der Steuerfahndung zu verbessern? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 14.10.2014 1. a) In wie vielen Fällen in den letzten 10 Jahren ermittelten bayerische Steuerfahnder gegen Firmen, Personen oder Personengruppen mit Sitz in einem anderen Bundesland? In den letzten 10 Jahren ermittelten bayerische Steuerfahnder in insgesamt 2.280 Fällen gegen Firmen, Personen oder Personengruppen in einem anderen Bundesland. b) In wie vielen Fällen haben Steuerfahnder aus anderen Bundesländern Amtshilfe bei der Bayerischen Finanzverwaltung angefordert? Eine Statistik über die aus anderen Ländern angeforderte Amtshilfe wird nicht geführt. Insgesamt wurden in den letzten 10 Jahren durch bayerische Steuerfahnder 33.677 Amts- und Rechtshilfeersuchen erledigt; diese Zahl beinhaltet neben Amtshilfen aus anderen Ländern ebenso Rechtshilfen aus dem Ausland und Amtshilfen für andere bayerische Behörden (insbesondere andere Steuerfahndungs-, Bußgeld- und Strafsachenstellen, Staatsanwaltschaften, Polizei). 2. a) Wie ist der Informationsaustausch über Ermittlungsfälle der Steuerfahnder bundesweit geregelt? Der Informationsaustausch über Ermittlungsfälle, die auch andere Länder betreffen, ist in Nummer 124 der bundesweit geltenden Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren – Steuer 2014 (AStBV – St – 2014) geregelt. Dort heißt es: „Die Beamten der Steufa sind bei der Vornahme von Amtshandlungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit nicht an den Bezirk ihrer Dienststelle gebunden. Bei Amtshandlungen in einem anderen Bezirk ist jedoch die für den Bezirk zuständige Steuerfahndungsstelle oder die sonst zuständige Stelle um Amtshilfe zu ersuchen oder vorher zu unterrichten; …. Durchsuchungen, Beschlagnahmen und Vernehmungen in einem anderen Bundesland dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur im Benehmen mit der örtlich zuständigen Steuerfahndungsstelle , …..., vorgenommen werden.“ b) Wie ist sichergestellt, dass bayerische Steuerfahnder auf Erkenntnisse zugreifen können, die in der Ermittlungsdatenbank „ProSid“ in NordrheinWestfalen bzw. in der Ermittlungsdatenbank „Globus “ von Hessen oder in den Datenbanken der anderen Bundesländer gespeichert sind? Ein elektronischer Zugriff auf entsprechende Datenbanken anderer Länder ist nicht möglich. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.11.2014 17/3542 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3542 3. a) Gibt es bundesweit für alle steuerstrafrechtlichen Ermittlungen eine einheitliche Fallkartei bzw. Ermittlungsdatei , auf die alle Steuerfahndungsstellen in Deutschland zugreifen können? Nein. b) Wird sich die Staatsregierung für die Schaffung einer bundesweit einheitlichen Fallkartei bzw. Ermittlungsdatei einsetzen? Im Rahmen von KONSENS ist das Land Niedersachsen beauftragt, ein gemeinsames Fallverwaltungsprogramm „BuStra/Steufa Bereitstellung von Grunddaten und Bundesstatistik “ für die BuStra- und Steufa-Stellen zu erstellen, das in allen Bundesländern zum Einsatz kommen soll. Im Übrigen gibt es bereits jetzt Instrumente zum koordinierten bundesweiten Informationsaustausch. Auf die Ausführungen zu Frage 5 a wird verwiesen. 4. a) Mit welcher Ermittlungssoftware arbeiten die bayerischen Steuerfahndungsstellen? Die bayerischen Steuerfahndungsstellen arbeiten mit dem Softwareprogramm EASyS (Ermittlungs- und Analyseunterstützendes EDV-System in der Steuerfahndung). EASyS ist derzeit in acht von neun bayerischen Steuerfahndungsstellen im Einsatz (die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Bayreuth wird aktuell geschult und soll Ende Oktober ebenfalls mit der Datenbank arbeiten). Die Falldaten sind jedoch von allen neun Steuerfahndungsstellen schon aktuell in der Datenbank vorhanden. Das zugrunde liegende Softwareprodukt wird im Übrigen auch von der Bayerischen Polizei und Interpol genutzt. b) Gibt es bundesweit eine einheitliche Ermittlungssoftware für die Steuerfahndungsstellen? c) Wird sich die Staatsregierung für die Schaffung einer bundesweit einheitlichen Ermittlungssoftware einsetzen? Nein. Wie unter Frage 3 b ausgeführt, ist im Rahmen von KONSENS ein gemeinsames Fallverwaltungsprogramm in Arbeit. Darüber hinaus wird für weitere Maßnahmen kein Bedarf gesehen. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit anderen Stellen funktioniert in der Praxis reibungslos. Im Übrigen sind die Methoden zur Lösung der Fälle zu heterogen, um hier eine Einheitlichkeit herstellen zu können. 5. a) Wie ist sichergestellt, dass Ermittlungserkenntnisse in einzelnen Bundesländern auch unmittelbar den bayerischen Steuerfahndern zur Verfügung stehen – und umgekehrt? Es bestehen folgende Instrumentarien zum koordinierten bundesweiten Informationsaustausch: • ZAuBER-Datenbank (Zentrale Datenbank zur Speicherung und Auswertung von umsatzsteuer-Betrugsfällen und Entwicklung von Risikoprofilen): Zur effektiven Bekämpfung des umsatzsteuerbetrugs ist beim Bundeszentralamt für Steuern eine zentrale Datenbank zur Speicherung und Auswertung von umsatzsteuerbetrugsfällen und Entwicklung von Risikoprofilen eingerichtet worden. Die Landesfinanzbehörden haben einen direkten Zugriff auf diese Datenbank. • ZEUGE (ZStV-/BZR-Ermittlungsunterstützung): Über das Verfahren ZEuGE sind die Steuerfahndungs- stellen elektronisch an das bundesweite Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister (ZStV) und an das Bundeszentralregister (BZR) angebunden. Damit ist insbesondere erkennbar, wenn eine andere Steuerfahndungsstelle gegen denselben Beschuldigten im Steuerstrafverfahren ermittelt. • KUSS (Zentrale Koordinierungsstelle für UmsatzsteuerSonderprüfung und Steuerfahndung): Die Steuerfahndungsstellen sind über die KuSS beim Bundeszentralamt für Steuern vernetzt. Dieser obliegt u. a. die Koordinierung von länderübergreifenden umsatzsteuerbetrugsfällen und die Durchführung von bundesweiten Arbeitstreffen. • Bundestagung der Steuerfahndungsreferenten: Ferner kommen einmal im Jahr die Steuerfahndungsrefe- renten der Länder und des Bundes zum Erfahrungsaustausch zusammen. Im Übrigen siehe die Antwort zu Frage 2 a. b) Wird sich die Staatsregierung für einen schnellen länderübergreifenden Informationsaustausch der Steuerfahndungsstellen einsetzen? c) Wie würde dies konkret aussehen? 6. Was konkret wird die Staatsregierung unterneh- men, um länderübergreifende Ermittlungen der Steuerfahndung zu verbessern? Schneller länderübergreifender Informationsaustausch wird von der Staatsregierung dort, wo gesetzlich zulässig und geboten , unterstützt. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 4 b und 4 c sowie 5 a Bezug genommen.