Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Margit Wild SPD vom 15.09.2014 Verfahren bezüglich des WissZeitVG In meiner Schriftlichen Anfrage zum WissZeitVG (Drs. 17/2028) hat sich die Staatsregierung auf den Standpunkt gestellt, dass bei den befristet angestellten Lehrkräften mit besonderen Aufgaben keine wissenschaftliche Tätigkeit vorliegt. Diese Sichtweise wurde bereits mehrfach juristisch widerlegt. Ich frage die Staatstregierung: 1. In wie vielen Fällen wird aktuell gegen die befristete Anstellung prozessiert? 2. In wie vielen Fällen sind die Universitäten in Berufung gegangen ? 3. Mit welcher Begründung werden diese Berufungen durchgeführt? 4. Wieso hat die Universität Regensburg bereits in der ersten Instanz im Verfahren gegen R. B. eine private Anwaltskanzlei eingeschaltet? 5. Welche Kosten haben die Verfahren bayernweit bislang für die Staatskasse, und somit für die Steuerzahler, verursacht ? 6. Mit welchen Kosten ist noch zu rechnen? 7. Wie müssen Urteile ausfallen, dass die Staatsregierung den eingangs geschilderten Standpunkt überdenkt? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 15.10.2014 In der o. a. Schriftlichen Anfrage heißt es in der Vorbemerkung , die Staatsregierung habe sich in der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zum WissZeitVG (Drs. 17/2028) auf den Standpunkt gestellt, dass bei den befristet angestellten Lehrkräften mit besonderen Aufgaben keine wissenschaftliche Tätigkeit vorliegt. Hierbei muss es sich um ein Missverständnis handeln. Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst ist vielmehr der Auffassung, dass bei Lehrkräften für besondere Aufgaben im akademischen Bereich grundsätzlich von einer dem WissZeitVG unterliegenden wissenschaftlichen Tätigkeit ausgegangen werden kann (vgl. Antwort zu Frage 2 der Schriftlichen Anfrage vom 27.03.2014 (Drs. 17/2028). Auch in der Antwort zu Frage 3 der genannten Schriftlichen Anfrage ist ausgeführt, dass das Staatsministerium aufgrund der Begründung des BAG-Urteils vom 01.06.2011 (7 AZR 827/09) davon ausgeht, dass der Anwendungsbereich des WissZeitVG bei Lehrkräften für besondere Aufgaben eröffnet sein kann. 1. In wie vielen Fällen wird aktuell gegen die befristete Anstellung prozessiert? Zum Stichtag 1. Oktober 2014 wird nach den Ergebnissen einer durchgeführten Umfrage an den bayerischen Universitäten in sieben Fällen gegen die befristete Anstellung von Lehrkräften für besondere Aufgaben prozessiert. Davon sind fünf Verfahren in 1. Instanz und zwei in 2. Instanz anhängig. 2. In wie vielen Fällen sind die Universitäten in Berufung gegangen? Die bayerischen Universitäten sind in zwei Fällen in Berufung gegangen (vgl. Antwort zu Frage 1). 3. Mit welcher Begründung werden diese Berufungen durchgeführt? Die Begründung des einen sich in Berufung befindenden Falles stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumentation : Zur Frage, ob das WissZeitVG bei Lehrkräften für besondere Aufgaben anwendbar ist, gebe es bislang noch keine einheitliche bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung. Auch das BAG-Urteil vom 01.06.2011 (7 AZR 827/09) führe hier zu keiner eindeutigen Rechtsklarheit, denn dieses Urteil beziehe sich auf Sprachlektoren. So sei in diesem Urteil festgestellt worden, dass „überwiegend mit der bloßen Vermittlung von Sprachkenntnissen betraute Fremdsprachenlektoren in der Regel nicht dem Begriff des wissenschaftlichen Personals nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG unterfallen.“ Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.12.2014 17/3549 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3549 Weiter werde in diesem Urteil Folgendes ausgeführt: „Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören (vgl. Preis WissZeitVG § 1 Rn. 14). Wissenschaftliche Betätigung ist eine Lehrtätigkeit aber nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen.“ Diese Abgrenzung habe das Arbeitsgericht nicht vorgenommen , denn in dem betreffenden Fall sei die Lehre in einem Bachelor- und Masterstudiengang mit der Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion erbracht worden und nicht im sprachkundlichen Unterricht. Das Arbeitsgericht habe in dem erstinstanzlichen Urteil aus dem Urteil des BAG vom 01.06.2011 abgeleitet, dass jede Lehrperson , die eine hohe Lehrleistung zu erbringen habe, nicht nach WissZeitVG befristet werden könne, unabhängig davon , ob die erbrachte Lehre wissenschaftlich oder nichtwissenschaftlich ist. Dies ergebe sich aber aus dem BAG-Urteil vom 01.06.2011 gerade nicht, denn wie oben ausgeführt müsse hier eine Differenzierung vorgenommen werden, um eine wissenschaftliche von einer nichtwissenschaftlichen Tätigkeit abzugrenzen. Diese Auslegung des BAG-Urteils vom 01.06.2011 wurde inzwischen in mehreren Landesarbeitsgerichtsentscheidungen bestätigt. Bei dem anderen sich in Berufung befindlichen Fall liegt die Berufungsbegründung noch nicht vor. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Begründung der Berufung hauptsächlich auf die Wissenschaftlichkeit der Lehrveranstaltungen des Klägers nebst deren Vor- und Nachbereitung beziehen wird sowie auf dessen Forschungstätigkeiten während seines letzten Arbeitsverhältnisses. 4. Wieso hat die Universität Regensburg bereits in der ersten Instanz im Verfahren gegen R. B. eine private Anwaltskanzlei eingeschaltet? Die private Anwaltskanzlei wurde bereits in erster Instanz wegen eines akuten Personalengpasses im hierfür zuständigen Bereich eingeschaltet. 5. Welche Kosten haben die Verfahren bayernweit bislang für die Staatskasse, und somit für die Steuerzahler , verursacht? Die Verfahren haben bisher Kosten i. H. v. 3.867,26 € verursacht . Bereits abgeschlossene Klageverfahren haben gezeigt, dass ganz überwiegend gerichtliche Vergleiche geschlossen werden konnten, die dem Freistaat Bayern keine Kosten bereitet haben. 6. Mit welchen Kosten ist noch zu rechnen? Es ist derzeit nicht abschätzbar, mit welchen Kosten noch gerechnet werden muss. Dies richtet sich nach dem Kostenrecht bei arbeitsgerichtlichen Verfahren. Dabei gilt der Grundsatz, dass Gerichtskosten von der unterliegenden Partei getragen werden müssen. 7. Wie müssen Urteile ausfallen, dass die Staatsregierung den eingangs geschilderten Standpunkt überdenkt ? Im Falle einer abschließenden und eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Definition „wissenschaftliche Dienstleistungen“ und damit zur Anwendbarkeit bzw. Nichtanwendbarkeit des WissZeitVG wird diese von der Bayerischen Staatsregierung und von den bayerischen Hochschulen selbstverständlich beachtet und umgesetzt werden.