Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26.11.2013 Verzögerungen in Planungsverfahren zum Hochwasser schutz Die Bayerische Staatsregierung will mittels einer Bundesratsinitiative , dem Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetz , Bau und Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen beschleunigen. Dabei werden die Rechtsschutzmöglichkeiten stark beschnitten. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Planfeststellungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern wurden in den letzten fünf Jahren durch Ausschöpfung des Rechtsweges massiv verzögert? (Bitte einzeln aufführen.) b) In welchen der oben genannten Verzögerungen waren im Wesentlichen öffentliche Belange, z. B. Belange des Naturschutzes, ausschlaggebend? c) In welchen der oben genannten Verzögerungen wurde vom Grundeigentümer Klage erhoben? 2. a) In welchen der unter 1a genannten Planfeststellungsverfahren wurde der Rechtsweg durch beide Instanzen ausgeschöpft? b) In welchen der unter 1 a genannten Verfahren wurden den Klagen letztinstanzlich stattgegeben? 3. a) Wie lange dauerten die in den letzten drei Jahren abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren zu Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern (bitte einzeln aufführen )? b) Welches waren die Hauptursachen für Verzögerungen bei den oben genannten Planfeststellungsverfahren? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 23.12.2013 Hochwasserereignisse wie 1997, 2002 und jetzt 2013 können jederzeit erneut auftreten und zeigen, wie wichtig ein funktionierender Hochwasserschutz ist. Hochwasservorsorgemaßnahmen dienen dem Schutz von Leib, Leben, Infrastruktureinrichtungen und Sachwerten. Gerade auch im Hinblick auf tendenziell steigende Hochwasserabflüsse und zunehmende Häufigkeiten sind bestehende Schwachstellen bei der Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen zu beheben. Mit der gemeinsamen Bundesratsinitiative der Freistaaten Bayern und Sachsen, dem Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Hochwasserschutzmaßnahmen (BR Drs. 568/13), sollen insbesondere die Rechtsschutzmöglichkeiten für Maßnahmen des Hochwasserschutzes im Verwaltungsprozessrecht gestrafft werden. Öffentliche Hochwasserschutzmaßnahmen von überörtlicher Bedeutung haben eine grundlegende Funktion und Wirkungsweise. Für Planfeststellungsverfahren (und gemäß § 48 Absatz 1 Satz 2 VwGO für Plangenehmigungen) als bedeutende Vorhaben des öffentlichen Hochwasserschutzes wird durch die Begründung der erstinstanzlichen Zuständigkeit beim VGH bzw. OVG eine Beschleunigung erreicht, die im Hinblick auf den Schutz von Leib, Leben und bedeutenden Sachwerten gerechtfertigt ist. Die verwaltungsprozessualen Beschleunigungsmaßnahmen für den öffentlichen Hochwasserschutz orientieren sich an dem Regelungsmodell des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl S. 2833). Die Beratung der Gesetzesvorlage wurde durch die beteiligten Bundesratsausschüsse im Hinblick auf den Beschluss der Sonderumweltministerkonferenz Hochwasser am 2. September 2013 in Berlin bis zum Wiederaufruf vertagt. Auf der Sonderumweltministerkonferenz Hochwasser am 2. September 2013 in Berlin wurde die Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) unter Beteiligung der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) sowie der Nachhaltigen Landentwicklung (BLAG) um einen länderübergreifenden Erfahrungsaustausch zu den Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen gebeten, um auf dieser Grundlage Empfehlungen für eine Optimierung von Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für die Hochwasservorsorge zu erarbeiten. Anlässlich dieses länderübergreifenden Erfahrungsaustausches hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz kürzlich eine Umfrage bei den Bezirksregierungen durchgeführt. Danach wurden seit 2002 ca. 347 Planfeststellungsverfahren durchgeführt . Diese dauerten im Durchschnitt ab Antragstellung (ab Vollständigkeit der Unterlagen) bis Bescheidserlass ca. 12 bis 18 Monate und bis zur Bauvollendung ca. 36 bis 56 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.02.2014 17/355 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/355 Monate. Bereits in dem Zeitraum bis Bescheidserlass traten ca. 30 % Verzögerungen auf. Eine bayernweite Bestandserhebung, worauf die nachfolgenden Fragen abzielen, liegt dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz nicht vor. Allerdings zeigen die allgemeinen Erfahrungswerte und Rückmeldungen im Rahmen von Dienstbesprechungen mit den Regierungen, dass in der Beschleunigung des Rechtswegs ein ungenutztes Potenzial für eine schnellere Realisierung der Hochwasserschutzmaßnahmen liegt. Die angestrebte Straffung der Rechtsschutzmöglichkeiten ist in Anbetracht der umfangreichen Beteiligungsmöglichkeiten im Verfahren gerechtfertigt. Die Gesetzesinitiative zielt nicht auf eine Beschränkung der Beteiligungsrechte im Verfahren ab, sondern soll sachgerechte Entscheidungen schneller realisieren. Die grundsätzliche Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Verwaltungsentscheidung bleibt bestehen. Lediglich eine aktivere Prozessführung und ein verkürzter Instanzenzug werden durch die Gesetzesinitiative angestrebt. 1. a) Welche Planfeststellungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern wurden in den letzten fünf Jahren durch Ausschöpfung des Rechtsweges massiv verzögert? (Bitte einzeln aufführen .) b) In welchen der oben genannten Verzögerungen waren im Wesentlichen öffentliche Belange, z. B. Belange des Naturschutzes, ausschlaggebend? c) In welchen der oben genannten Verzögerungen wurde vom Grundeigentümer Klage erhoben? Siehe allgemeine Ausführungen. 2. a) In welchen der unter 1a genannten Planfeststellungsverfahren wurde der Rechtsweg durch beide Instanzen ausgeschöpft? Siehe Antwort zu Frage 1 a. b) In welchen der unter 1 a genannten Verfahren wurden den Klagen letztinstanzlich stattgegeben? Siehe Antwort zu Frage 1 a. 3. a) Wie lange dauerten die in den letzten drei Jahren abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren zu Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern (bitte einzeln aufführen)? In Anbetracht der verwaltungsverfahrensrechtlich angestrebten Verfahrensdauer von etwa 9 Monaten und einer tatsächlichen durchschnittlichen Verfahrensdauer von 12 bis 18 Monaten von Antragstellung (ab Vollständigkeit der Antragsunterlagen ) bis Bescheidserlass wird im Verwaltungsverfahren viel Zeit für eine sachgerechte und konsensuale Lösungsfindung aufgewendet. Die längere Verfahrensdauer ist im Hinblick auf eine möglichst umfassende Einbeziehung Betroffener durchaus positiv zu werten. Eine Straffung der Rechtsschutzmöglichkeiten im oben genannten Sinn ist jedoch gerechtfertigt, wenn bereits im Verfahren umfangreiche Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte bestehen. Dabei ist auch zu beachten, dass die angegebene Verfahrensdauer einen Durchschnittswert angibt, der in einigen Fällen aber deutlich überschritten wird. b) Welches waren die Hauptursachen für Verzögerungen bei den oben genannten Planfeststellungsverfahren ? Als Hauptursachen für die Verzögerungen bei den seit 2002 durchgeführten Planfeststellungsverfahren wurden genannt: – Planänderungen – Unvollständige Planunterlagen – Eigentumsfragen/Flächenverfügbarkeit/Entschädi- gungsfragen – Grundstücksverhandlungen – Hohe Zahl von Einwendungen – Inanspruchnahme naturschutzrechtlich bedeutsa- mer Flächen, überwiegend FFH-Gebiet – Dialog mit Verbänden – Klagen (nach Bescheidserlass)