Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 18.09.2014 Mord in München-Riem – Eskalation fortgesetzter häuslicher Gewalt? Anfang September wurde in München-Riem eine Frau ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Der Ehemann und die beiden Kinder, drei und sieben Jahre alt, sind seither verschwunden. Der Tatverdacht richtet sich gegen den Ehemann . 2009 erstattete die Ermordete Anzeige wegen häuslicher Gewalt und suchte Schutz in einem Frauenhaus. 2013 erstattete sie erneut Anzeige, weil der Ehemann sie und die siebenjährige Tochter geschlagen haben soll. Die Ehefrau zog diese beiden Anzeigen jeweils wenige Tage später zurück und machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch . Wie bereits beim Mord in Giesing im Oktober 2013, bei dem ein wichtiges Fax der Polizei von der Staatsanwaltschaft offensichtlich zu spät Berücksichtigung fand, liegt dieser Fall im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft München I. Bei der Staatsanwaltschaft München I gibt es keinen Schwerpunktsachbearbeiter Häusliche Gewalt. Schwerpunktsachbearbeiterinnen werden eingesetzt, um durch die höhere Anzahl von Fällen eine größere Erfahrung auf einem speziellen Gebiet zu schaffen. Dies soll dazu führen, dass Eskalationsketten früher erkannt und durchbrochen werden . Der Staatsanwalt oder die Staatsanwältin soll frühzeitig erkennen können, ob ein Einschreiten, auch von Amts wegen , notwendig ist oder ob das Verfahren eingestellt werden kann. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Warum wurde bezüglich der die Frau betreffenden o. g. Strafanträge die Strafverfolgung eingestellt, obwohl die Staatsanwaltschaft nach Nr. 86 und insbesondere Nr. 234 RiStBV, trotz Rücknahme der Strafanzeige durch das Opfer, die möglichen Straftaten weiterverfolgen hätte können? 2. Warum wurden auch die Ermittlungen bezüglich der möglichen Misshandlung Schutzbefohlener (§ 225 StGB) – (der Mann soll auch die siebenjährige Tochter geschlagen haben) – eingestellt, obwohl es sich hierbei um ein Offizialdelikt handelt? 3. a) Wie oft hat sich das spätere Opfer wegen häuslicher Gewalt insgesamt an die Polizei gewendet? b) Wie oft hat sie Anzeige erstattet? c) Wegen welcher Tatbestände? 4. a) Wurden die Anzeigen der Mutter von der Polizei an das zuständige Jugendamt weitergeleitet, wie dies generell in Fällen von häuslicher Gewalt, bei denen Kinder beteiligt waren, erfolgen soll? b) Wenn nein, warum nicht? c) Wenn ja, was hat das Jugendamt unternommen? 5. a) Fand eine Gefährdetenansprache statt (bitte mit Da- tum)? b) Wie wurde die Frau durch die Polizei beraten? c) Fanden Gefährderansprachen statt (bitte jeweils mit Datum)? 6. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Sinn und Nutzen von Schwerpunktsachbearbeitern „Häusliche Gewalt“ an den Staatsanwaltschaften? b) Bei welchen Staatsanwaltschaften in Bayern gibt es Schwerpunktsachbearbeiter für diesen Bereich? 7. a) Wie häufig beteiligen sich die einzelnen Staatsan- waltschaften in Bayern an den regelmäßigen Runden Tischen zum Thema Häusliche Gewalt? b) Bei welchen Staatsanwaltschaften gibt es zu diesem Thema feste Ansprechpartner? c) Warum bei bestimmten Staatsanwaltschaften nicht (bitte mit Angabe der jeweiligen Staatsanwaltschaft)? 8. a) Wie beteiligen sich die einzelnen Staatsanwaltschaf- ten an Schulungen zum Thema Häusliche Gewalt, b) Welche konkreten Angebote gibt es hierzu in der bay- erischen Justiz? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 21.10.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet: 1. Warum wurde bezüglich der die Frau betreffenden o. g. Strafanträge die Strafverfolgung eingestellt, obwohl die Staatsanwaltschaft nach Nr. 86 und insbesondere Nr. 234 RiStBV, trotz Rücknahme der Strafanzeige durch das Opfer, die möglichen Straftaten weiterverfolgen hätte können? Nach § 170 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist für die Erhebung der öffentlichen Klage ein genügender Anlass erforderlich. Dies bedeutet, dass nach Abschluss der Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.12.2014 17/3679 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3679 Ermittlungen aus der Sicht der Staatsanwaltschaft mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln ein hinreichender Tatverdacht, d. h. eine spätere Verurteilungswahrscheinlichkeit , gegeben sein muss. Ist dies nicht der Fall, sei es, weil die vorgenommenen Ermittlungen das Tatgeschehen nicht bestätigen oder weil – z. B. wegen des Gebrauchmachens von Zeugnisverweigerungsrechten – Beweismittel nicht zur Verfügung stehen, ist das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Im vorliegenden Fall wurden die entsprechenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I (256 Js 232766/09 und 457 Js 191900/13) gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein Tatnachweis nicht geführt werden konnte. In beiden Fällen hatte die Geschädigte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die „Rücknahme der Strafanzeige “ spielte für die Sachbehandlung keine Rolle. Ermittlungsverfahren 256 Js 232766/09: Am 24. September 2009 hatte die Geschädigte Anzeige gegen ihren Ehemann wegen dreier Körperverletzungen und wegen Bedrohungen seit 2006 erstattet. Auf eigenen Wunsch zog sie mit ihrem Kind vorerst in ein Frauenhaus. Gegen ihren Ehemann wurde zunächst ein polizeiliches und später ein gerichtliches Kontaktverbot ausgesprochen. Polizeilich vernommen wurde auch die Schwester der Ge-schädigten. Auf staatsanwaltlichen Antrag sollte die Geschädigte ermittlungsrichterlich vernommen werden. Ihre Anwältin teilte darauf hin gegenüber dem Gericht mit, dass die Geschädigte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache. Mit Verfügung vom 4. Januar 2010 wurde das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil nach Beurteilung der Staatsanwaltschaft ein Tatnachweis ohne gerichtlich verwertbare Angaben der Zeugin nicht zu führen war. Dies galt angesichts der Gesamtumstände auch vor dem Hintergrund der Aussage der Schwester der Geschädigten. Ermittlungsverfahren 457 Js 191900/13: Am 10. August 2013 hatte die Geschädigte erneut Anzeige gegen ihren Ehemann wegen häuslicher Gewalt erstattet. Konkret wurden fünf Vorfälle im Zeitraum vom 6. September 2012 bis 9. August 2013 angezeigt, die den Anfangsverdacht von Körperverletzungen, Bedrohungen und Sexualdelikten zum Nachteil der Anzeigeerstatterin begründeten. Vorgelegt wurde auch ein ärztliches Attest vom 1. August 2013 über eine Diagnose vom 7. September 2012 zu dem angezeigten Vorfall vom 6. September 2012, in welchem Prellungen und Abschürfungen bescheinigt wurden. Dem Beschuldigten wurde ein polizeilicher Platzverweis und ein Kontaktverbot erteilt. Der Wohnungsschlüssel des Beschuldigten wurde sichergestellt. Am 12. August 2013 erschien die Geschädigte mit dem Beschuldigten bei der Polizei, holte den Schlüssel ab und erklärte, die Anzeige und das Kontaktverbot zurücknehmen zu wollen. Am 13. August 2013 wurde sie vom Fachkommissariat 22 für häusliche Gewalt als Zeugin vernommen und erklärte, dass sie die Anzeigen zurücknehmen möchte, auch bei einem Richter nichts mehr sagen wolle und in dieser Sache auch zukünftig von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 4.Oktober 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da ohne verwertbare Angaben der Geschädigten allein aufgrund des Attestes ein Tatnachweis nicht zu führen war. Die in der Frage zitierten Nrn. 86 und 234 RiStBV geben dem Staatsanwalt ausschließlich Richtlinien für die Prüfung des öffentlichen Interesses bei Privatklage- bzw. Körperverletzungsdelikten an die Hand. Die beiden genannten Ermittlungsverfahren wurden jedoch jeweils mangels Tatnachweises eingestellt und nicht, weil das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung verneint worden wäre. 2. Warum wurden auch die Ermittlungen bezüglich der möglichen Misshandlung Schutzbefohlener (§ 225 StGB) – (der Mann soll auch die siebenjährige Tochter geschlagen haben) – eingestellt, obwohl es sich hierbei um ein Offizialdelikt handelt? Das gesondert in dem auf Kindes- und Jugendschutzsachen spezialisierten Fachdezernat geführte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I (453 Js 198324/13) wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO mit Verfügung vom 29. Oktober 2013 eingestellt, weil aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein Tatnachweis nicht zu führen war. Tatvorwurf war eine Körperverletzungshandlung (Ohrfeige) des Beschuldigten gegen die 2007 geborene gemeinsame Tochter im Jahr 2013. Die Anzeigeerstatterin hatte auch hierzu von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Eine Vernehmung des damals 6-jährigen Kindes erschien aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht zielführend. Die insoweit anzustellende Abwägung zwischen der Beeinträchtigung der Kindesbelange durch die Vernehmungssituation und den Erfolgsaussichten der konkret beabsichtigten Strafverfolgung sprach in der vorliegenden Konstellation gegen die Vernehmung des Kindes. Nachdem der Beschuldigte neben der Mutter als leiblicher Vater auch das Sorgerecht über das geschädigte Kind ausübte, hätte vor der Vernehmung des Kindes auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein Ergänzungspfleger vom zuständigen Familiengericht bestellt werden müssen, um über die Frage der Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts des Kindes gegenüber dem Vater zu entscheiden. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers durch das Familiengericht hätte allerdings vorausgesetzt, dass die Aussagebereitschaft der Minderjährigen feststeht, § 52 Abs. 2 Satz 1 StPO. Hierfür waren keine Anhaltspunkte gegeben. Kriminalistische Erfahrung und Lebenserfahrung legten nahe, dass zumindest nach Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts der Mutter nicht von einer Aussagebereitschaft des Kindes gegen den in der Hausgemeinschaft wohnenden Vater auszugehen war. Vor diesem Hintergrund unterblieb eine Antragstellung an das Familiengericht. 3. a) Wie oft hat sich das spätere Opfer wegen häuslicher Gewalt insgesamt an die Polizei gewendet? Das Opfer hat sich zweimal wegen häuslicher Gewalt an die Polizei gewandt. b) Wie oft hat sie Anzeige erstattet? In beiden Fällen, in denen sich das Opfer an die Polizei gewandt hat, erstattete sie auch Anzeige. c) Wegen welcher Tatbestände? Am 24. September 2009 erstattete das Opfer Anzeige gegen ihren Ehemann wegen Körperverletzung und Bedrohung . Nach ihren Angaben wurde sie von diesem seit dem Jahr 2006 in drei Fällen durch Faustschläge und Fußtritte misshandelt. Daraufhin wurde die Geschädigte zusammen mit ihrer Tochter auf ihren Wunsch in einem Frauenhaus untergebracht . Drucksache 17/3679 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Am 10. August 2013 sprach das Opfer ein weiteres Mal bei der PI 25 vor und erstattete für den Tatzeitraum vom 6. September 2012 bis 9. August 2013 insgesamt fünf Anzeigen gegen ihren Mann wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Bedrohung. Drei Tage später wurde die Anzeige unter Berufung auf das der Geschädigten gegenüber dem Beschuldigten zustehende Zeugnisverweigerungsrecht zurückgenommen. 4. a) Wurden die Anzeigen der Mutter von der Polizei an das zuständige Jugendamt weitergeleitet, wie dies generell in Fällen von häuslicher Gewalt, bei denen Kinder beteiligt waren, erfolgen soll? In beiden Fällen wurde das zuständige Stadtjugendamt München verständigt. Für den am 24. September 2009 angezeigten Tatkomplex erfolgte die Unterrichtung des Jugendamtes per Telefax am 21. Oktober 2009, für den am 10. August 2013 angezeigten Sachverhalt wurde das Jugendamt per Telefax am 11. August 2013 verständigt. b) Wenn nein, warum nicht? Entfällt. c) Wenn ja, was hat das Jugendamt unternommen? Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration hat zur Beantwortung der Frage die Regierung von Oberbayern eingeschaltet, die als zuständige Behörde die Rechtsaufsicht über das Stadtjugendamt München ausübt. Die Regierung von Oberbayern kommt nach Überprüfung des Sachverhalts zu dem Ergebnis, dass das Jugendamt in dem betreffenden Fall seinem Schutzauftrag nach § 8 a SGB VIII in geeigneter und umfassender Weise nachgekommen ist. Nach Mitteilung des Stadtjugendamtes München haben die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der Meldung über einen Polizeieinsatz bei häuslicher Gewalt umgehend eine Einschätzung des Gefährdungsrisikos für die Kinder im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte sowie unter Einbindung ihres Dienstvorgesetzen vorgenommen. Das staatliche Wächteramt sei in korrekter Weise unter genauer und gewissenhafter Einhaltung der Fachstandards und internen Dienstanweisungen „Schutzauftrag nach § 8 a SGB VIII“ und „Handhabung von Gefährdungsfällen“ sowie „Qualitätssicherung in Gefährdungsfällen “ ausgeübt worden. 5. a) Fand eine Gefährdetenansprache statt (bitte mit Datum)? b) Wie wurde die Frau durch die Polizei beraten? c) Fanden Gefährderansprachen statt (bitte jeweils mit Datum)? Die Fragen 5 a bis 5 c werden gemeinsam beantwortet. Bei Anzeigenaufnahme durch Beamte der PI 25 am 24. September 2009 wurde im Zusammenhang mit der Aushändigung der Formblätter „Information für Opfer häuslicher Gewalt“, „Karte mit Beratungsmöglichkeiten“ und „Informationsblatt über Kontaktverbot“ an die Geschädigte vor Ort ein Beratungsgespräch geführt. Die Geschädigte wurde in einem Frauenhaus untergebracht. Dem Beschuldigten wurde am Abend des gleichen Tages persönlich ein polizeiliches Kontaktverbot ausgesprochen und das entsprechende Formblatt ausgehändigt. Im Rahmen der Anzeigenaufnahme am 10. August 2013 wurde die Geschädigte bei erneuter Aushändigung des In- formationsblatts für Opfer häuslicher Gewalt wiederum beraten . Dem Beschuldigten wurde ein Platzverweis und ein Kontaktverbot erteilt und schriftlich ausgehändigt. Darüber hinaus wurde die Opferschutzdienststelle des Polizeipräsidiums München eingebunden. Bei wiederholten telefonischen Kontaktversuchen von dort konnte die Geschädigte nicht erreicht werden. Auf die Übersendung von Informationsmaterial , verbunden mit dem Angebot für eine telefonische oder persönliche Beratung reagierte sie nicht. Am 13. August 2013 nahm das Opfer die Anzeige zurück. Mit dem Ehemann, der die Geschädigte begleitete und während der Befragung des Opfers im Pfortenbereich wartete, wurde eine Gefährderansprache durchgeführt. 6. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Sinn und Nutzen von Schwerpunktsachbearbeitern „Häusliche Gewalt“ an den Staatsanwaltschaften? Die Einrichtung von Sonderzuständigkeiten bzw. Sonderdezernaten für Gewalt im sozialen Nahbereich, Nachstellung und Vergehen nach dem Gewaltschutzgesetz wird grundsätzlich für sinnvoll erachtet. Hierfür spricht insbesondere eine effektive und schnelle Bearbeitung der sich bei den entsprechenden Verfahren regelmäßig ergebenden Spezialprobleme . Zu beachten ist allerdings, dass Sonderzuständigkeiten mit Blick auf die in den letzten Jahren deutlich gestiegene Zahl von Konzentrationszuständigkeiten je nach Behörde Verteilungs- oder Abgrenzungsprobleme aufwerfen können. Dies kann dazu führen, dass die Strafverfolgung nicht schneller und zielgerichteter, sondern schwerfälliger und ineffektiver wird. Hier kann es sinnvoll sein, für diesen Bereich stattdessen besondere Ansprechpartner zu benennen. b) Bei welchen Staatsanwaltschaften in Bayern gibt es Schwerpunktsachbearbeiter für diesen Bereich ? Um einen optimalen Schutz der Opfer in Fällen von häuslicher Gewalt und Stalking zu gewährleisten, sind bei sämtlichen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften entweder entsprechende Sonderdezernate eingerichtet oder besondere Ansprechpartner für die Behandlung solcher Fälle bestellt. Damit ist sichergestellt, dass Anzeigen in diesem Bereich von erfahrenen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten geprüft und konsequent verfolgt werden. Sonderzuständigkeiten bestehen bei 17 Staatsanwaltschaften (Amberg, Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Coburg, Deggendorf, Hof, Ingolstadt, Kempten, München II, Passau, Regensburg, Schweinfurt, Traunstein, Würzburg), die übrigen 5 Staatsanwaltschaften (Landshut, Memmingen, München I, Nürnberg-Fürth, Weiden i.d. OPf.) verfügen jeweils über einen besonderen Ansprechpartner . Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat berichtet, dass zum 1. Januar 2015 ebenfalls eine Sonderzuständigkeit für Gewalt im sozialen Nahbereich, Nachstellung und Vergehen nach dem Gewaltschutzgesetz eingerichtet werden soll. Bei der Staatsanwaltschaft München I besteht – neben dem o. g. besonderen Ansprechpartner – auch eine Spezialzuständigkeit für Sexualdelikte und Jugendschutzsachen als besondere Gewaltdelikte im sozialen Nahraum. 7. a) Wie häufig beteiligen sich die einzelnen Staatsanwaltschaften in Bayern an den regelmäßigen Runden Tischen zum Thema Häusliche Gewalt? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/3679 b) Bei welchen Staatsanwaltschaften gibt es zu diesem Thema feste Ansprechpartner? c) Warum bei bestimmten Staatsanwaltschaften nicht (bitte mit Angabe der jeweiligen Staatsanwaltschaft )? Die Fragen 7 a bis 7 c werden gemeinsam beantwortet. Die bayerischen Staatsanwaltschaften haben berichtet, dass – soweit im Bezirk vorhanden – grundsätzlich regelmäßig an örtlich von verschiedenen Organisationen (z. B. Landratsämter, freie Träger) und in unterschiedlichen Intervallen veranstalteten Runden Tischen zum Thema Häusliche Gewalt teilgenommen wird. Insbesondere mit Blick auf die Vielzahl der zu erledigenden staatsanwaltlichen Aufgaben wird teilweise für eine Teilnahme ein spezifischer Themenbezug zum staatsanwaltschaftlichen Aufgabenbereich (Staatsanwaltschaften München I, Passau) verlangt oder ein konkreter Gesprächsbedarf (Staatsanwaltschaft Deggendorf ) vorausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft Amberg nimmt bisher an keinen regelmäßigen Treffen teil. Als Ansprechpartner für die Veranstalter „Runder Tische“ oder ähnlicher Initiativen mit Bezug zu Häuslicher Gewalt fungieren bei den Staatsanwaltschaften regelmäßig die Sonderdezernenten für Gewalt im sozialen Nahraum, Stalking und Vergehen nach dem Gewaltschutzgesetz oder die besonderen Ansprechpartner für die Behandlung solcher Fälle. Auf die Antwort zu Frage 6 b wird ergänzend Bezug genommen. 8. a) Wie beteiligen sich die einzelnen Staatsanwaltschaften an Schulungen zum Thema Häusliche Gewalt, b) Welche konkreten Angebote gibt es hierzu in der bayerischen Justiz? Die Fragen 8 a und 8 b werden gemeinsam beantwortet. Die besondere Problematik häuslicher Gewalt ist regel- mäßiger Gegenstand einer Reihe von Tagungen des Fortbildungsprogramms der bayerischen Justiz. Insbesondere zu nennen sind hier spezielle Tagungen der Deutschen Richterakademie , die auch Staatsanwältinnen und Staatsanwälten aus Bayern offenstehen: • Tagung „Gewalt in der Familie – familien- und strafrecht- liche Aspekte, Stalking und Kindesmissbrauch“: Die Tagung findet jährlich statt. Seit 2003 haben an ihr 39 Angehörige der bayerischen Justiz teilgenommen, darunter 9 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Die Tagung ist für 2015 erneut geplant. • Tagung „Recht, Gewalt, Aggression“: Die Tagung fand zuletzt 2012 statt. Seit 2003 haben an ihr 32 Angehörige der bayerischen Justiz teilgenommen, darunter 8 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. • Tagung „Kindliche Traumatisierung und Bindung bei häuslicher Gewalt“: Die Tagung fand einmalig 2010 statt. An ihr haben 8 Angehörige der bayerischen Justiz teilgenommen, darunter 1 Staatsanwältin/Staatsanwalt. • Tagung „Der Umgang mit Opfern sexueller Gewalt innerhalb des Strafverfahrens, insbesondere mit Kindern / Jugendlichen “: Die Tagung fand zuletzt 2013 statt. Seit 2003 haben an ihr 45 Angehörige der bayerischen Justiz teilgenommen, darunter 8 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Die Programmkonferenz der Deutschen Richterakademie ist bemüht, die Thematik auch weiterhin im Rahmen des Tagungsprogramms zu behandeln. Der Schutz und die Rechte der Opfer stehen im Mittelpunkt einer landesweiten Tagung, die seit 2012 jährlich angeboten wird. An dieser Tagung „Opferschutz und Opferrechte im Strafverfahren“ haben seither 77 Angehörige der bayerischen Justiz teilgenommen, darunter 36 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Ferner war die Problematik Häusliche Gewalt Gegenstand spezieller Tagungen, die in den letzten Jahren für die Polizei bzw. die Justiz in Südbayern veranstaltet wurden. So wurde durch das Polizeipräsidium Oberbayern im Jahr 2008 eine Tagung zum Thema „Stalking und Häusliche Gewalt “ für Angehörige des Polizeipräsidiums sowie der Justiz durchgeführt. An ihr haben 26 Angehörige der bayerischen Justiz teilgenommen, darunter 2 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Im Übrigen finden auf lokaler Ebene einzelne Fortbildungen statt (z. B. gemeinsame Fortbildungsveranstaltung von Polizeipräsidium München und Staatsanwaltschaft München I im Oktober 2012 zum Thema „Häusliche Gewalt und Stalking“ mit über 40 teilnehmenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälten; jeweils im November 2011 und 2013 wurden bei der Staatsanwaltschaft Weiden i. d. OPf. Fortbildungen über „Richterliche Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz “, „Stalking – Phänomene, Fallzahlen, konkrete Bearbeitung“ veranstaltet, an der alle nicht verhinderten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte teilnahmen). Darüber hinaus beteiligen sich Staatsanwältinnen und Staatsanwälte auch an Fortbildungen der Polizei und freier Träger zum Themenbereich bzw. bringen sich im Rahmen entsprechender Veranstaltungen als Referentinnen und Referenten ein.