Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Ritter, Arif Taşdelen SPD vom 09.12.2013 Umgang mit rechtsradikalen Konzerten und Veranstaltungen Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie viele rechtsradikale Musikveranstaltungen sind bayerischen Sicherheitsbehörden von 2008 bis heute bekannt geworden (Stand 03.12.2013)? (Aufschlüsseln nach Ort, Regierungsbezirk, Art der Veranstaltung, Anzahl teilnehmender Personen, einladende Gruppierung, Bands und Interpreten.) 2. Gibt es festgelegte Verhaltensweisen bayerischer Sicherheitsbehörden für den Umgang mit rechtsradikalen Musikveranstaltungen und beinhaltet dies die Einbindung der lokalen Verwaltung, der politischen Entscheidungsträger und der Zivilgesellschaft (z. B. lokale Bündnisse gegen rechts, Allianz gegen Rechtsextremismus der Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen)? 3. Seit wann hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis von der Musikveranstaltung des Interpreten Michael Regener am 17.10.2013 in Veitsbronn und wann wurden die örtliche Polizeibehörde, die zuständige Verwaltung, die politischen Entscheidungsträger und die lokale Zivilgesellschaft darüber informiert? 4. Seit wann hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis von den Plänen des bayerischen Neonazis Patrick Schröder, ein bundesweites Konzert zu veranstalten, und ab wann wurden andere Sicherheitsbehörden darüber informiert? 5. Seit wann hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis vom wahrscheinlichen Ort der Musikveranstaltung des Neonazis Patrick Schröder, woher stammen diese Informationen und wann wurden diese an andere Sicherheits- und Verwaltungsbehörden weitergegeben ? 6. Wie gelangte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz zu den Informationen über die Musikveranstaltung des Neonazis Patrick Schröder, waren hierfür nicht-öffentliche Quellen ursächlich, und wenn ja, welcher Art waren diese Quellen? 7. Wann, wie und in welchem Umfang haben bayerische Sicherheitsbehörden die zuständigen Verwaltungsbehörden und die örtliche Zivilgesellschaft über das Konzert und dessen Umfang informiert? 8. Inwiefern wurden die zuständigen Sicherheits- und Verwaltungsbehörden über den zu erwartenden Umfang der Veranstaltung des Neonazis Patrick Schröder informiert und welche Schlüsse bezüglich eines Sicherheitskonzepts wurden daraufhin gezogen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 09.01.2014 Vorbemerkung: Rechtsextremistische Musik sowie rechtsextremistische Konzerte und Veranstaltungen sind besonders geeignet, insbesondere Jugendliche an die rechtsextremistische Szene heranzuführen und den Zusammenhalt in der Szene zu fördern. Deshalb sind rechtsextremistische Musikveranstaltungen seit vielen Jahren ein intensives Beobachtungsfeld des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV). In den letzten Jahren nahm die Staatsregierung unter Einbindung des BayLfVs wiederholt Stellung zu verschiedenen Schriftlichen Anfragen bezüglich rechtsextremistischer Musik. Die Antworten des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr behandeln die Entwicklung der rechtsextremistischen Musikszene und das rechtsextremistische Konzertgeschehen in Bayern seit Mitte der 2000er-Jahre. Wir verweisen hierzu auf die LT-Drucksachen 16/2078 bis 16/2080 vom 13.10.2009 sowie auf die LTDrucksachen 16/13899 vom 31.10.2013 und 16/18346 vom 20.09.2013. Die letzten Schriftlichen Anfragen, die sich mit dieser Thematik befassen, datieren auf den 17.10.2013 und befassen sich mit dem rechtsextremistischen Konzert des Herrn Patrick Schröder vom 12.10.2013 in Scheinfeld (siehe LT-Drucksache 17/234). 1. Wie viele rechtsradikale Musikveranstaltungen sind bayerischen Sicherheitsbehörden von 2008 bis heute bekannt geworden (Stand 03.12.2013)? (Aufschlüsseln nach Ort, Regierungsbezirk, Art der Veranstaltung , Anzahl teilnehmender Personen, einladende Gruppierung, Bands und Interpreten.) Die Anzahl der Skinhead-Konzerte bzw. rechtsextremistischen Musikveranstaltungen im genannten Zeitraum sind größtenteils der LT-Drucksache 16/2079 vom 13.10.2009 (Jahr 2008 bis 1. Halbjahr 2009) und der LT-Drucksache 16/13899 (2. Halbjahr 2009 bis 1. Halbjahr 2012) zu entnehmen . Im Zeitraum 2. Halbjahr 2012 bis 03.12.2013 sind der Staatsregierung noch folgende rechtsextremistische Musikveranstaltungen bekannt geworden: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 21.02.2014 17/387 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/387 Datum Ort Veranstalter Bands Teilnehmer 14.07.2012 Gde. Reg- nitzlosau „Oberprex 47“ nicht bekannt „FNS“, ein Liedermacher 23 Fahrzeuge Anzahl Teilnehmer nicht bekannt 28.07.2012 AngerAufham vermutlich Roland Wagner Sebastian Döhring „Fylgien“ nicht bekannt 19.08.2012 Neu-Ulm, Stadtteil Reutti, Autobahnbrücke A 7 nicht bekannt Ultio Regni 17 Personen (inkl. Bandmitglieder ) festgestellt 08.09.2012 Mainleus- Schwarzach 5. Nationaler Frankentag des Bund Frankenland e.V. „Untergrundwehr “ „Verszerödes “ 150 Teilnehmer 08.09.2012 Lautertal, OT Rot- tenbach Sommerfest der NPD KV Coburg „Torstein“ 80 Teilnehmer 13.10.2012 Teising nicht bekannt Andreas Edelmann „Edei“ ca. 50 Teilnehmer 17.11.2012 Ortenburg, Lkr. Passau Mario Schebeske; Michael Kastner Feldherren Untergrundwehr Racial Purity Oidoxie ca. 110 Teilnehmer 01.12.2012 Murnau Matthias Polt (NPD Oberland) „Werdani“ und „Resistantia “ 50 Teilnehmer 31.12.2012 Gde. Regnitzlosau , „Oberprex 47“ Nationale Sil- vesterfeier „FNS“ ein Liedermacher aus Brandenburg 12 Fahrzeuge Anzahl Teilnehmer nicht bekannt 23.03.2013 Murnau Matthias Polt (NPD Oberland) „Brauni und Klampfe“ 40 Teilnehmer 06.04.2013 Freilassing Mario Wielander Mario Wielander Veranstaltung war geplant – wurde je- doch durch Polizei/ Stadt Freilassing verhindert 12.07.2013 Murnau Matthias Polt (NPD Oberland) „Torstein“ 20 Teilnehmer 13.09.2013 Michelau NPD Kronach Frank Rennicke 50 Teilnehmer 12.10.2013 Scheinfeld Lkr. Neustadt an der Aisch-Bad Winds- heim Axel Michaelis Patrick Schröder (NPD-Aktivist ) DivisionGermania Überzeugungstäter Act of Violence White Resistance Nordglanz Sachsonia ca. 1.000 Personen 15.10.2013 München Obermenzing Vanessa Becker Daniel Thön- nessen Franz Sedlbauer Michael Regener 25 Personen – keinerlei Außenwirkung Datum Ort Veranstalter Bands Teilnehmer 17.10.2013 Veitsbronn, Lkr. Fürth Rainer Mertens Gudrun Frank Michael Regener ca. 30 Personen – keinerlei Außenwirkung 28.11.2013 Forchheim NPD Bamberg Frank Rennicke ca. 30 Teilnehmer 07.12.2013 Geiselhöring Wikingerversand „Brauni und Klampfe“ ca. 90 Teilnehmer 2. Gibt es festgelegte Verhaltensweisen bayerischer Sicherheitsbehörden für den Umgang mit rechtsradikalen Musikveranstaltungen und beinhaltet dies die Einbindung der lokalen Verwaltung, der politischen Entscheidungsträger und der Zivilgesellschaft (z. B. lokale Bündnisse gegen rechts, Allianz gegen Rechtsextremismus der Metropolregion NürnbergFürth -Erlangen)? Mit dem „Bayerischen Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus “ aus dem Jahr 2009 wurden die Maßnahmen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Konzerten intensiviert . Die Polizeipräsidien und die Regierungen wurden angewiesen, ihre nachgeordneten Stellen für das Thema zu sensibilisieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere rechtsextremistisch geprägte Konzerte möglichst bereits im Ansatz zu verhindern. Zwischen den bayerischen Sicherheitsbehörden besteht eine sehr enge Kooperation, um alle rechtlichen Möglichkeiten gegenüber solchen Musikveranstaltungen auszuschöpfen. Hierzu erfolgt ein frühzeitiger und umfassender Informationsaustausch zwischen allen tangierten Sicherheitsbehörden und Polizeidienststellen. Darüber hinaus ist die 2009 geschaffene Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) sowohl für kommunale Behörden als auch für die Zivilgesellschaft ein kompetenter Ansprechpartner für den Umgang mit rechtsextremistischen Musikveranstaltungen. Die BIGE stellt den örtlich zuständigen Behörden und der Zivilgesellschaft über das in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit betriebene Internetportal „Bayern gegen Rechtsextremismus“ (www.bayern-gegenrechtsextremismus .bayern.de) Informationen zur Rechtsrockszene in Bayern sowie allgemeine Handlungsempfehlungen unter der Rubrik „Erste Hilfe“ zur Verfügung. Auf Wunsch berät die BIGE die örtlich zuständigen Behörden im konkreten Einzelfall auch sehr kurzfristig vor Ort. Diese Beratungsleistung bezieht sich im Wesentlichen auf Informationen zu Veranstaltern, den auftretenden Bands oder Liedermachern und den zu erwartenden Besucherzahlen. Die endgültige Prüfung und Entscheidung, ob Verbotsgründe für eine rechtsextremistische Musikveranstaltung vorliegen, obliegt aber in jedem Fall den örtlich zuständigen Behörden. Auch bei der Frage, ob und wann die Zivilgesellschaft vorab informiert wird, ist jeder Einzelfall gesondert zu betrachten. Die Entscheidung wird hierbei von den kommunalen Sicherheitsbehörden in Abstimmung mit der Polizei getroffen. Ergänzend wird auf die Antworten je vom 29.11.2013 auf die Schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr und Katharina Schulze vom 17.10.2013 verwiesen (siehe LT-Drucksache 17/234). Drucksache 17/387 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 3. Seit wann hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis von der Musikveranstaltung des Interpreten Michael Regener am 17.10.2013 in Veitsbronn und wann wurden die örtliche Polizeibehörde , die zuständige Verwaltung, die politischen Entscheidungsträger und die lokale Zivilgesellschaft darüber informiert? Darüber, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Quellen dem BayLfV Informationen vorliegen, kann grundsätzlich keine Aussage getroffen werden, um die Arbeitsweise des BayLfV nicht zu gefährden. Im Allgemeinen wird über geheimhaltungsbedürftige Sachverhalte nur im PKG berichtet. Bei dieser Veranstaltung handelte es sich um eine private Feier auf einem privaten Grundstück. Maßnahmen zur Unterbindung der Veranstaltung waren in dieser Konstellation weder nach dem LStVG noch nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz möglich. 4. Seit wann hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis von den Plänen des bayerischen Neonazis Patrick Schröder, ein bundesweites Konzert zu veranstalten, und ab wann wurden andere Sicherheitsbehörden darüber informiert? Am 21.06.2013 teilte Patrick Schröder der KPI Weiden mit, dass er gedenke, ein Konzert mit schätzungsweise 1000 Besuchern zu veranstalten. Als möglichen Veranstaltungsort gab er damals Kämeritz in Sachsen-Anhalt oder das elterliche Grundstück in Mantel in der Oberpfalz an. Der spätere tatsächliche Veranstaltungsort war nicht Gegenstand des Gesprächs und wurde den Sicherheitsbehörden erst sehr kurzfristig bekannt. Ergänzend wird auf die Antworten je vom 29.11.2013 auf die Schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr und Katharina Schulze vom 17.10.2013 verwiesen. 5. Seit wann hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis vom wahrscheinlichen Ort der Musikveranstaltung des Neonazis Patrick Schröder , woher stammen diese Informationen und wann wurden diese an andere Sicherheits- und Verwaltungsbehörden weitergegeben? Darüber, woher die Informationen des BayLfV stammen, kann grundsätzlich keine Aussage getroffen werden, um die Arbeitsweise des BayLfV nicht zu gefährden. Im Übrigen verweisen wir auf die Antworten je vom 29.11.2013 auf die Schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr und Katharina Schulze vom 17.10.2013. 6. Wie gelangte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz zu den Informationen über die Musikveranstaltung des Neonazis Patrick Schröder, waren hierfür nicht-öffentliche Quellen ursächlich, und wenn ja, welcher Art waren diese Quellen? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Wann, wie und in welchem Umfang haben bayerische Sicherheitsbehörden die zuständigen Verwaltungsbehörden und die örtliche Zivilgesellschaft über das Konzert und dessen Umfang informiert? Wir verweisen auf die Antworten je vom 29.11.2013 auf die Schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr und Katharina Schulze vom 17.10.2013. 8. Inwiefern wurden die zuständigen Sicherheits- und Verwaltungsbehörden über den zu erwartenden Umfang der Veranstaltung des Neonazis Patrick Schröder informiert und welche Schlüsse bezüglich eines Sicherheitskonzepts wurden daraufhin gezogen? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen.