Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Diana Stachowitz SPD vom 07.08.2014 Staatliche Förderung von Vereinen, die Menschen aufgrund ihrer Kultur oder Glaubenszugehörigkeit ausschließen Ich frage die Staatsregierung: Vergibt der Freistaat Bayern staatliche Fördermittel an Vereine (insbesondere an Sport- und Schützenvereine), die in ihren Satzungen Menschen ausschließen oder diskriminieren , die einer anderen Kultur oder einer anderen Konfession als dem christlichen Glauben angehören? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 27.10.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den übrigen Ressorts wie folgt beantwortet: Wird die Eintragung eines Vereins im Vereinsregister beantragt , so prüft das Amtsgericht – Registergericht – zunächst, ob die formalen Vorgaben der §§ 56 bis 59 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erfüllt sind. Über diesen engen Gesetzeswortlaut hinaus ist die Anmeldung aber auch bei sonstigen Gesetzesverletzungen zurückzuweisen. Dies kann insbesondere auch dann der Fall sein, wenn der Vereinszweck gegen die Gesetze oder die guten Sitten verstößt. Das grundrechtlich gewährleistete Recht aller Deutschen, Vereine zu bilden (Art. 9 Abs. 1 GG), ist insofern eingeschränkt. Ob und wann dies der Fall ist, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Bestehen begründete Bedenken an der Gesetzeskonformität des satzungsgemäßen oder (ggf. verschleierten) wahren Vereinszwecks, hat das Gericht von Amts wegen ein materielles Prüfungsrecht. Die Vereins- und Satzungsautonomie, die als Ausfluss der Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG angesehen werden kann, ist bei der Beurteilung angemessen zu berücksichtigen. Mitunter führt dies zu einer notwendigen Abwägung konkurrierender Verfassungsgüter. Sofern ein Verein im Vereinsregister eingetragen wurde , wird davon ausgegangen, dass dessen Satzungsinhalte einer grundsätzlichen Förderfähigkeit des Vereins nicht entgegenstehen. Bei der Entscheidung über die Vergabe staatlicher Fördermittel an einen Verein steht deshalb die Frage im Vordergrund, ob der Vereinszweck dem staatlich intendierten Förderzweck entspricht und die Förderung des Vereins der Erreichung des Förderzwecks dienlich ist. Im Kultusbereich wurden in den letzten Jahren (eingetragene ) Vereine gefördert, deren Zweck die Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung eines Katholiken- bzw. Kirchentags war. Diese Vereine sind ihrer Natur nach konfessionell ausgerichtet und können sich dabei auf das Grundrecht der Religionsfreiheit berufen. Aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz folgt nicht, dass der Staat eine multireligiöse Binnenstruktur der Vereine verlangen kann, sondern dass er alle vergleichbaren Vereine unabhängig von ihrer jeweiligen religiösen Ausrichtung gleich behandeln muss. Einer staatlichen Förderung von Vereinen als möglicher Träger von privaten Ersatzschulen nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz geht eine schulaufsichtliche Prüfung und Genehmigung dieser Schulen voraus; diese umfasst auch die Feststellung, ob derjenige, der die Schule errichten, betreiben oder leiten will, die Gewähr dafür bietet, dass er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt . Eine Förderung setzt u. a. ein Wirken auf gemeinnütziger Grundlage voraus. Die grundgesetzlich gewährleistete Privatschulfreiheit umfasst grundsätzlich auch die Freiheit der Schülerwahl. Zu beachten ist jedoch auch das verfassungsrechtlich verankerte Sonderungsverbot: Soweit notwendig, sind von den Trägern der Privatschulen Erleichterungen bezüglich des Schul- oder Heimgeldes oder Beihilfen in einem Umfang zu gewähren, der es einer angemessenen Zahl finanziell bedürftiger Schülerinnen und Schüler ermöglicht, die Schule zu besuchen. Zudem sind Erziehung, Unterricht und Heimleben so zu gestalten, dass keine Unterscheidungen nach Herkunft, Stand, Einkommen und Vermögen der Eltern gemacht werden. Im Bereich der Sport- und Schützenvereine, auf die in der Anfrage besonders abgehoben wird, ist darüber hinaus festzustellen, dass die Satzungen der relevanten Dachorganisationen , des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV), des Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB) sowie des Oberpfälzer Schützenbundes (OSB), explizit festlegen, dass diese politisch und konfessionell neutral (BSSB, OSB) bzw. frei von parteipolitischen, rassischen und religiösen Bindungen sind und den Grundsatz religiöser und weltanschaulicher Toleranz vertreten (BLSV). Dies gilt auch für deren Mitgliedsvereine, die verpflichtet sind, die jeweiligen Satzungen ihrer Dachorganisationen anzuerkennen und zu beachten. Es darf ferner darauf hingewiesen werden, dass die bayerischen Sport- und Schützenverbände bzw. -vereine in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einen unverzichtbaren Beitrag für die Integration ausländischer Mitbürger verschiedener Religionszugehörigkeit in unser Gemeinwesen geleistet haben. Die bayerischen Vereine insgesamt sind eine integrationspolitisch bedeutsame Plattform für das gemeinsame ehrenamtliche Engagement der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Bayern. Dieses alltägliche Miteinander im Vereinsleben ist für die Staatsregierung ein wichtiger Schlüssel für Integrationserfolge vor Ort. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.01.2015 17/3900 Bayerischer Landtag