Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BündniS 90/die Grünen vom 19.08.2014 Gazprom auf dem bayerischen Strommarkt In nichtöffentlicher Runde trafen sich Ende Februar 2012 in München Vertreter aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium , der Energieindustrie und Gazprom, um über eine verstärkte zukünftige – auch eigenständige – Rolle von Gazprom auf dem deutschen Strommarkt zu sprechen. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1. Welche Mengen an Gas, Öl und Kohle bezieht Bayern aus Russland und welchen Prozentanteil an den Importen der jeweiligen Energien macht dies aus? 2. Welchen Einfluss hat der Gazprom-Konzern auf diese Energielieferungen? 3. a) Auf wessen Initiative kam es zur Konferenz von Gazprom mit Vertretern der bayerischen Energiewirtschaft am 27. Februar 2012 im Bayerischen Wirtschaftsministerium ? b) Welche Vertreter von welchen Firmen nahmen an dieser Konferenz teil? c) Was war das Ergebnis dieser Konferenz? 4. a) Wie groß ist der Einfluss der russischen Regierung auf den Konzern Gazprom nach Meinung der Bayerischen Staatsregierung? b) Sind der Bayerischen Staatsregierung die Vorwürfe bekannt, die in dem Buch „GAZPROM – DAS UNHEIMLICHE IMPERIUM“ von dem Journalisten Jürgen Roth im Jahr 2012 gemacht wurden? c) Wenn ja, wie beurteilt sie diese Vorwürfe? 5. Welche Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung haben in den letzten fünf Jahren Gespräche mit Spitzenvertretern des Konzerns Gazprom geführt? 6. a) Hat es in den letzten fünf Jahren Investitionen von Gazprom in Bayern gegeben? b) An welchen Orten? c) In welcher Höhe? 7. Ist der Staatsregierung etwas von geheimdienstlichen Aktivitäten von mit Gazprom in Verbindung stehenden Organisationen in Bayern bekannt? 8. Welche Konsequenzen haben die Embargos der EU und von Russland und der Krieg in der Ukraine auf die derzeitigen und zukünftigen Importe von Gas, Öl und Kohle aus Russland für die Gasversorgung in Bayern? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, energie und Technologie vom 24.10.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Bayerischen Staatskanzlei und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Welche Mengen an Gas, Öl und Kohle bezieht Bayern aus russland und welchen Prozentanteil an den importen der jeweiligen energien macht dies aus? Bayern importierte 2013 rund 16,9 Mio. Tonnen Rohöl, davon rund 1,1 Mio. Tonnen (rund 6,5 %) aus Russland. Daten für die Energieträger Erdgas und Kohle werden statistisch nur auf Bundesebene erfasst. Deutschland importierte im Jahr 2013 rund 90 Mio. Tonnen Rohöl, davon rund 35 % aus Russland, rund 94 Mrd. Kubikmeter Erdgas, davon rund 38 % aus Russland, sowie rund 51 Mio. Tonnen Steinkohle, davon rund 25 % aus Russland. 2. Welchen einfluss hat der Gazprom-Konzern auf diese energielieferungen? Gazprom exportiert Erdgas aufgrund meist langfristiger Verträge mit Energie-Handelsunternehmen in die EU und hat ein Exportmonopol, d. h. sämtliche Auslandsverkäufe von russischem Erdgas werden von Gazprom getätigt. Seit dem 1. Dezember 2013 sind für den Export von verflüssigtem Erdgas weitere Anbieter zugelassen. 3. a) Auf wessen initiative kam es zur Konferenz von Gazprom mit Vertretern der bayerischen energiewirtschaft am 27. Februar 2012 im Bayerischen Wirtschaftsministerium? Gazprom und die Bayerische Staatsregierung haben am 21. Dezember 2011 eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit bei der Stromerzeugung, eine „Road map“ unterzeichnet. Auf Einladung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums fand am 27. Februar 2012 ein Runder Tisch statt. b) Welche Vertreter von welchen Firmen nahmen an dieser Konferenz teil? An ersten Sondierungsgesprächen nahmen Vertreter der bayerischen Energiewirtschaft sowie der stromverbrauchenden Industrie teil. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.12.2014 17/3943 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode drucksache 17/3943 c) Was war das ergebnis dieser Konferenz? Der Runde Tisch bot die Gelegenheit, erste Sondierungsgespräche zu führen. Ob diese Gespräche bilateral weiter verfolgt wurden, ist dem Bayerischen Wirtschaftsministerium nicht bekannt. Es bestand stets Übereinstimmung, dass eine zeitnahe Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Bau von Erdgaskraftwerken Voraussetzung für Investitionsentscheidungen ist. 4. a) Wie groß ist der einfluss der russischen regierung auf den Konzern Gazprom nach Meinung der Bayerischen Staatsregierung? Hauptaktionär der OAO Gazprom ist der russische Staat. Mit 50 Prozent der Aktien plus eine Aktie verfügt er über die Mehrheit und spielt somit eine entscheidende Rolle bei der Unternehmensführung und der strategischen Entwicklung. b) Sind der Bayerischen Staatsregierung die Vorwürfe bekannt, die in dem Buch „GAZPrOM – dAS UnHeiMLiCHe iMPeriUM“ von dem Journalisten Jürgen roth im Jahr 2012 gemacht wurden? c) Wenn ja, wie beurteilt sie diese Vorwürfe? Die Vorwürfe von Herrn Roth gegenüber dem GazpromKonzern sind der Bayerischen Staatsregierung nicht bekannt . 5. Welche Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung haben in den letzten fünf Jahren Gespräche mit Spitzenvertretern des Konzerns Gazprom geführt ? Herr Ministerpräsident Horst Seehofer, Frau Staatsministerin Emilia Müller, Herr Staatsminister a. D. Martin Zeil, Frau Staatssekretärin a. D. Katja Hessel haben in den letzten fünf Jahren Gespräche mit Spitzenvertretern des GazpromKonzerns geführt. 6. a) Hat es in den letzten fünf Jahren investitionen von Gazprom in Bayern gegeben? b) An welchen Orten? c) in welcher Höhe? Die Tochtergesellschaft Gazprom Germania übernahm 2013 die zwölf Erdgastankstellen des Energieversorgers Ferngas Nordbayern. Details zu den konkreten Orten sowie zu der Investitionssumme sind nicht bekannt. 7. ist der Staatsregierung etwas von geheimdienstlichen Aktivitäten von mit Gazprom in Verbindung stehenden Organisationen in Bayern bekannt? Dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. 8. Welche Konsequenzen haben die embargos der eU und von russland und der Krieg in der Ukraine auf die derzeitigen und zukünftigen importe von Gas, Öl und Kohle aus russland für die Gasversorgung in Bayern? Seit Jahrzehnten liefert Russland Energieträger in die EU, erhält als Gegenleistung dringend benötigte Devisen und importiert aus der EU z. B. Hochtechnologieprodukte. Diese Wirtschaftsbeziehungen haben für beide Seiten Vorteile. Die von der EU wegen des Konflikts in der Ukraine beschlossenen Sanktionen und die russischen Reaktionen betreffen bislang nicht direkt Energielieferungen. Beschränkungen vertraglich abgesicherter Erdgaslieferungen sind unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen. Begrenzte Lieferausfälle Russlands könnten durch Lieferungen aus anderen Ländern, insbesondere Norwegen, verstärkte Lieferungen von verflüssigtem Erdgas in die EU und die Inanspruchnahme der Vorräte in den deutschen Erdgasspeichern kompensiert werden. Bei einem Ausfall des Erdgastransports durch die Ukraine können verstärkt alternative Transportwege, wie z. B. die durch die Ostsee führende Nord-Stream-Leitung, genutzt werden. Wegen der strategischen Bedeutung von Erdgas für die Energieversorgung Deutschlands fordert die Bayerische Staatsregierung die Bundesregierung auf, eine strategische Erdgasreserve einzurichten , um denkbare Versorgungsengpässe zu überbrücken .