Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Doris Rauscher SPD vom 02.10.2014 Betretungsrecht und Bademöglichkeiten an den Landschaftsseen Pliening Die nachfolgenden Fragen beziehen sich auf die Landtagspetition „Landschaftsseen in Pliening“, (UV.0039.17) und betreffen insbesondere die Frage nach der Umsetzung des Naturschutzes auf dem Gelände, das Betretungsrecht, das die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme zur Petition den Bürgerinnen und Bürgern bereits zugesprochen hat, und die Möglichkeiten, in den Kiesseen zu baden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Biotop-Art befindet sich auf dem Gelände des Grundstückseigentümers, in dem Betretung und Nutzung durch die Allgemeinheit untersagt wird? 1.1 Wann wurde dieses Gelände kartiert? 1.2 Welche Argumente sprechen gegen die Ausweisung als FFH-Schutzgebiet? 2. Welche schützenswerten Pflanzen und Pflanzenarten finden sich auf dem Gelände? 3. Welche Aspekte müssen hinsichtlich des Schutzes der Natur bei der Nutzung des Geländes beachtet werden durch 3.1 die Bürgerinnen und Bürger, die auf dem Gelände Erholung suchen und ihre Freizeit dort verbringen möchten? 3.2 die Firma, die auf dem südlichen Teil des Geländes weiterhin den Abbau von Kies betreibt? 4. Wie bewertet die Staatsregierung, dass auf dem Gelände nach wie vor Schilder mit der Aufschrift „Naturschutzgebiet nach § 23 BNatSchG“ durch den Grundstückseigentümer bzw. durch die Firma, die den Kiesabbau betreibt, aufgestellt werden? 5. Ist der Staatsregierung bekannt, wie viel Beton- und Eisenstangen , sog. Armierungsstangen, die laut Eigentümer das Baden im Kiessee gefährlich machen, sich in dem See befinden, nachdem der See offenbar mit diesen Teilen befüllt wurde? 5.1 Durfte dieses Gewässer mit diesen Materialien befüllt werden bzw. hätte für diese Teile eine Entsorgungspflicht bestanden? 5.2 Hätte es im Vorfeld der Renaturierung des Geländes zu einem Abbau der Fremdkörper in den Seen kommen müssen? 6. Bei wem liegt nach Einschätzung der Staatsregierung die Haftung, sollte es auf dem Gelände zu Unfällen, beispielsweise durch das Schwimmen im See, kommen? 6.1 Wie verhält es sich mit der Haftung, wenn das Schwimmen im See erlaubt wird und etwas passiert? 6.2 Wie verhält es sich mit der Haftung, wenn das Schwimmen im See verboten ist, aber trotz Verbots- und Warnschildern geschwommen wird und sich jemand Verletzungen zuzieht oder zu Tode kommt? 7. Welche Maßnahmen müsste der Eigentümer des Geländes aus Sicht der Staatsregierung ergreifen, um von der Haftungspflicht insgesamt und vor allem bei Unfällen durch das Schwimmen im See befreit zu sein, 7.1 in dem Fall, dass das Schwimmen tatsächlich erlaubt ist? 7.2 im Fall, dass das Schwimmen nicht erlaubt ist, aber trotz Verbots- und Warnschildern geschwommen wird? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 04.11.2014 1. Welche Biotop-Art befindet sich auf dem Gelände des Grundstückseigentümers, in dem Betretung und Nutzung durch die Allgemeinheit untersagt wird? Auf dem rekultivierten Gelände befinden sich folgende geschützte Biotopflächen gem. § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG): Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 „naturnahe Bereiche stehender Binnengewässer, einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche “ und nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 „Röhrichte“. Des Weiteren sind die ausgedehnten Ufergehölze und Feldgehölzbestände gem. Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) und die vielen Kleingewässer und Tümpel gem. Art. 16 Abs. 1 Nr. 2 BayNatSchG geschützt. 1.1 Wann wurde dieses Gelände kartiert? Das Gelände wurde bisher nicht amtlich kartiert. Die Biotopflächen erfüllen aber nach fachlicher Einschätzung der zuständigen Naturschutzbehörde die genannten gesetzlichen Kriterien. 1.2 Welche Argumente sprechen gegen die Ausweisung als FFH-Schutzgebiet? Natura-2000-Gebiete werden gem. Art. 20 Abs. 1 BayNatSchG von der Staatsregierung ausgewählt. Die Kriteri- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.01.2015 17/4086 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4086 en, nach denen FFH-Gebiete festzulegen sind, sind in der FFH-Richtlinie festgelegt. Danach ist der fragliche Bereich nicht meldewürdig. 2. Welche schützenswerten Pflanzen und Pflanzenarten finden sich auf dem Gelände? Es erfolgte bislang keine umfassende Kartierung von schützenswerten Pflanzen und Pflanzenarten. 3. Welche Aspekte müssen hinsichtlich des Schutzes der Natur bei der Nutzung des Geländes beachtet werden durch 3.1 die Bürgerinnen und Bürger, die auf dem Gelände Erholung suchen und ihre Freizeit dort verbringen möchten? Gemäß dem gesetzlichen Biotopschutz nach § 30 Abs. 2 BNatSchG und dem Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile gem. Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG sind alle Handlungen , die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der unter Punkt 1 genannten geschützten Flächen führen, verboten. 3.2 durch die Firma, die auf dem südlichen Teil des Geländes weiterhin den Abbau von Kies betreibt? Zu Beginn des Kiesabbaus waren aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Vornutzung (Ackerflächen) keine geschützten Flächen vorhanden. Diese entwickelten sich erst nach dem Kiesabbau und nach Abschluss der Rekultivierungsarbeiten . Durch den weiteren Kiesabbau könnten sich allenfalls Beeinträchtigungen durch den Fahrverkehr ergeben . Da sich der Fahrverkehr jedoch auf den Randbereich der rekultivierten Flächen und hier ausschließlich auf eine Straße beschränkt, sind keine erheblichen Beeinträchtigungen gegeben. 4. Wie bewertet die Staatsregierung, dass auf dem Gelände nach wie vor Schilder mit der Aufschrift „Naturschutzgebiet nach § 23 BNatSchG“ durch den Grundstückseigentümer bzw. durch die Firma, die den Kiesabbau betreibt, aufgestellt werden? § 23 BNatSchG ist die Rechtsgrundlage für Naturschutzgebiete . Der rekultivierte Bereich ist nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Nach Art. 17 Abs. 1 BayNatSchG darf u.a. der Schutzbegriff „Naturschutzgebiet“ nur für amtlich ausgewiesene Gebiete verwendet werden. Die Schilder sind daher zu entfernen. 5. Ist der Staatsregierung bekannt, wie viel Beton- und Eisenstangen, sog. Armierungsstangen, die laut Eigentümer das Baden im Kiessee gefährlich machen, sich in dem See befinden, nachdem der See offenbar mit diesen Teilen befüllt wurde? Dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz liegen vom Grundstückseigentümer erstellte Filmaufnahmen vor, auf denen zu sehen ist, dass sich in dem See Beton- und Eisenstangen befinden. Es ist jedoch nicht bekannt, wie viel Beton- und Eisenstangen sich in dem See befinden. Es ist auch nicht bekannt, wie bzw. durch wen die vorhandenen Beton - und Eisenteile in den See gelangt sind. 5.1 Durfte dieses Gewässer mit diesen Materialien befüllt werden bzw. hätte für diese Teile eine Entsorgungspflicht bestanden? Nach Ziff. 15.2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.03.1982 durfte die Wiederverfüllung mit folgendem grundwasserunschädlichem, unverdächtigem Material erfolgen : – Sortierter Bauschutt ohne Beimengungen von Papier und Plastik (mögliche Herkunft: Baugewerbe, Gebäudeabbruch ) – Bodenaushub (mögliche Herkunft: Hoch und Tiefbau) Das Gewässer durfte demnach mit den betreffenden Materialien verfüllt werden. Eine Entsorgungspflicht bestand nicht. 5.2 Hätte es im Vorfeld der Renaturierung des Geländes zu einem Abbau der Fremdkörper in den Seen kommen müssen? Nein. Die Materialien sind grundwasserunschädlich und durften gem. o. g. Bestimmungen in die Landschaftsseen verfüllt werden. 6. Bei wem liegt nach Einschätzung der Staatsregierung die Haftung, sollte es auf dem Gelände zu Unfällen, beispielsweise durch das Schwimmen im See, kommen? 6.1 Wie verhält es sich mit der Haftung, wenn das Schwimmen im See erlaubt wird und etwas passiert ? 6.2 Wie verhält es sich mit der Haftung, wenn das Schwimmen im See verboten ist, aber trotz Verbots - und Warnschildern geschwommen wird und sich jemand Verletzungen zuzieht oder zu Tode kommt? Hierbei handelt es sich um zivilrechtliche Haftungsfragen, die vonseiten der Staatsregierung nicht abschließend beantwortet werden können. Nach § 60 BNatSchG erfolgt das Betreten der freien Natur auf eigene Gefahr. Das Betretungsrecht bringt keine zusätzlichen Sorgfalts- oder Verkehrssicherungspflichten mit sich. Insbesondere besteht keine Haftung für typische, sich aus der Natur ergebende Gefahren. Die vorliegend im See vorhandenen Beton- und Eisenstangen stellen jedoch keine typischen, sich aus der Natur ergebenden Gefahren dar. Hieraus können sich für den Verursacher bzw. den Eigentümer daher besondere Verkehrssicherungspflichten ergeben. 7. Welche Maßnahmen müsste der Eigentümer des Geländes aus Sicht der Staatsregierung ergreifen, um von der Haftungspflicht insgesamt und vor allem bei Unfällen durch das Schwimmen im See befreit zu sein, 7.1 in dem Fall, dass das Schwimmen tatsächlich erlaubt ist? 7.2 im Fall, dass das Schwimmen nicht erlaubt ist, aber trotz Verbots- und Warnschildern geschwommen wird? Aus der unter 6. dargestellten Verkehrssicherungspflicht kann sich eine Verpflichtung des Grundstückseigentümers ergeben, für in seinem Verantwortungsbereich liegende Gefahren ihm zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst abzuwenden. Darüber hinaus kommt ein Badeverbot in Betracht. Das zuständige Landratsamt prüft derzeit, auf welcher Rechtsgrundlage ein solches erlassen werden soll.