Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 28.08.2014 Betreuung von Asylbewerbern Immer mehr Kommunen und Vereine sind mit der Betreuung von Asylbewerbern betraut – dabei tauchen immer wieder die gleichen Fragestellungen und Problemfelder auf. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie lässt sich die mehrsprachige schriftliche Informa- tion an die Eltern von Kindern in Kindertagesstätten und Schulen organisieren, ohne dass jedes Mal die Asylberatung oder der Betreuungsverein eingeschaltet werden muss, um die Schreiben zu übersetzen? a) Gibt es dazu bereits praktische Erfahrungen, Modellprojekte , u. Ä.? 2. Lassen sich standardisierte Abläufe bei der Asylbewerberunterbringung zur Information über die wichtigsten Tätigkeiten (z. B. Schulanmeldung, Kita-Besuch, Busfahrpläne , Arztbesuche …) und Ansprechpartner (wer/ wo/was/warum/…) organisieren? a) Gibt es dazu bereits praktische Erfahrungen, Modellprojekte , u. Ä.? 3. Wie kann die Hilfe bei der Wohnungssuche für anerkannte Asylbewerber organisiert werden? a) Gibt es dazu bereits praktische Erfahrungen, Modellprojekte , u. Ä.? 4. Wie ist die Rentenberatung für anerkannte Asylbewerber organisiert? 5. Welche Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen gibt es für Ehrenamtliche in der Asylbetreuung? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 04.11.2014 Die Schriftliche Anfrage wird unter Beteiligung der Regierungen sowie des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) wie folgt beantwortet: 1. Wie lässt sich die mehrsprachige schriftliche Information an die Eltern von Kindern in Kindertagesstätten und Schulen organisieren, ohne dass jedes Mal die Asylberatung oder der Betreuungsverein eingeschaltet werden muss, um die Schreiben zu übersetzen? a) Gibt es dazu bereits praktische Erfahrungen, Modellprojekte , u. Ä.? Die Kindertagesbetreuung ist kommunale Pflichtaufgabe, die entweder durch die Kommunen selbst oder durch freigemeinnützige und sonstige Träger von Kindertageseinrichtungen ausgeübt wird. Hierzu zählt auch, die Information für Kinder mit Migrationshintergrund sowie von Asylbewerbern und deren personensorgeberechtigten Eltern zu gewährleisten . In den Einrichtungen ist es teilweise Praxis, wichtige Informationen per Aushang in der Einrichtung mehrsprachig zu veröffentlichen. Informationen und Vordrucke, die seitens des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) verbindlich vorgegeben werden, stehen zur Unterstützung der Träger in der Regel in mehreren Sprachen zur Verfügung, sodass die Weitergabe wichtiger Informationen in den Einrichtungen erfolgen kann. So ist beispielsweise im Hinblick auf die Betreuung von Asylbewerberkindern in Kindertageseinrichtungen geplant, den Eltern dieser Kinder ein kurzes Informationsblatt über Ziel und Aufgaben der Kindertageseinrichtungen in den gängigsten Sprachen zur Verfügung zu stellen. Im Bereich des Übergangs vom Kindergarten zur Grundschule ist es der Bayerischen Staatsregierung ein besonderes Anliegen, dass nicht nur die pädagogischen Ansätze von Kindertageseinrichtungen und Grundschule aufeinander abgestimmt sind, sondern dass über die einzelnen Kinder Informationen zwischen Kindertageseinrichtung und Schule unter Berücksichtigung des Datenschutzes ausgetauscht werden. Hierbei werden die Interessen der Kindertageseinrichtungen und der Grundschulen, der Kinder und der Eltern gleichermaßen berücksichtigt. Beim Thema „Übergang vom Kindergarten zur Grundschule“ stellt die Staatsregierung den Gemeinden und Trägern Informationen in verschiedenen Sprachen zur Verfügung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.01.2015 17/4102 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4102 Das StMAS und das StMBW haben hierfür zum Kindergarten - und Schuljahr 2008/2009 mehrere Informationen für die Einrichtungen und die Eltern entwickelt. Folgende Informationen stehen in zwölf Sprachen zur Verfügung: ● Mustervordruck für die Einwilligungserklärung der Eltern, ● Bogen „Informationen für die Grundschule“, ● Erläuterungen für Eltern. Damit wird der Informationsfluss zwischen Kindergarten, Schule und Eltern auch bei Einrichtungen mit hohem Migrationshintergrund und bestehenden sprachlichen Barrieren sichergestellt. Das Staatsinstitut für Frühpädagogik legt seine regelmäßig erscheinenden Elternbriefe in mehreren Sprachen auf. Die Nachfrage bei einigen Stadtjugendämtern hat ergeben , dass z. B. München und Augsburg folgende mehrsprachige Informationen zur Verfügung stellen: Landeshauptstadt München ● Broschüre „Willkommen im Kindergarten“ ● Infoblatt zum Vorkurs Deutsch Stadt Augsburg ● Informationen zur Sprachentwicklung durch den Arbeits- kreis für Neue Erziehung e. V. ● Elternfragebögen Die Staatsregierung wird sich in Zusammenarbeit mit den Bezirksregierungen darum bemühen, dass die vorhandenen mehrsprachigen Informationen anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden können. Die Schulen können Informationen für nicht-deutschsprachige Eltern und Personensorgeberechtigte (z. B. Sprechstunden , Informationsabende zum Berufsorientierungskonzept der Schule), u. a. mit Unterstützung durch Elternbeirat/ Schulforum/Gemeinde/Stadt, in bestimmten Muttersprachen anbieten. Sie beziehen dazu fallweise auch ehrenamtlich agierende Personen (z. B. kulturelle Vereine), eine Vernetzung über gleichsprachige Familien mit Deutschkenntnissen oder Angehörige mit Deutschkenntnissen ein. 2. Lassen sich standardisierte Abläufe bei der Asylbewerberunterbringung zur Information über die wichtigsten Tätigkeiten (z. B. Schulanmeldung, Kita-Besuch, Busfahrpläne, Artbesuche …) und Ansprechpartner (wer/wo/was/warum/…) organisieren ? Grundsätzlich lassen sich Kernthemen standardisieren. So übersendet die Regierungsaufnahmestelle vor Ort eine Kopie ihres Zuweisungsbescheides an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das jeweils zuständige Ausländer - und Sozialamt, den Hausverwalter in der Gemeinschaftsunterkunft sowie bei der Verteilung von schulpflichtigen Kindern an das Staatliche Schulamt. Damit sind die relevanten Behörden bereits vorab informiert. Diese Behörden können sich ggf. mit den Asylbewerbern in Verbindung setzen und über die wichtigsten Abläufe informieren, wenn die Kontaktaufnahme nicht seitens der Asylsuchenden erfolgt . Das Bestreben der Regierungen und deren Mitarbeiter vor Ort ist es, die Betreuung durch die Mitarbeiter der Asylsozialberatung in jeder Gemeinschaftsunterkunft (GU) zu gewährleisten, wobei nicht nur die Asylbewerber betreut werden, sondern auch die ehrenamtlichen Aktivitäten unter- stützt und koordiniert werden sollen. Insoweit unterstützen die einzelnen GU-Verwaltungen vor Ort die Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände z. B. durch Ausgabe von Bus- und/oder Stadtplänen sowie Adressen von Ärzten an die Asylbewerber oder per Aushänge, z. B. über Deutschkurse und andere aktuelle Angebote. Weiterhin stehen die Verwalter der GUs als erste Ansprechpartner für die Asylbewerber bei allen Fragestellungen und Situationen zur Verfügung. Die konkrete Beratung und Information der Asylbewerber erfolgt in der jeweiligen Unterkunft jedoch über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Asylsozialberatung. Diese übernehmen beispielsweise die Anmeldung in der Schule oder Kita, erklären die Busfahrpläne ausführlich, organisieren den Besuch bei Fachärzten einschließlich des Transportes und leiten die Ehrenamtlichen an. Die Einführung standardisierter Abläufe in z. B. der Form einer Handreichung erscheint nur in begrenztem Umfang Erfolg versprechend, da es entscheidend auf die konkreten und jeweils individuellen Verhältnisse vor Ort ankommt. Für eine Unterkunft kommen beispielsweise andere Busverbindungen in die nächste Stadt als für andere Unterkünfte infrage. Dies gilt auch für andere Belange des Lebens, wie z. B. ärztliche Versorgung, Kinderbetreuung oder die Ausländerämter mit den jeweils verschiedenen Öffnungszeiten. Innerhalb eines Landkreises würden somit viele verschiedene Handreichungen erforderlich, um eine zielgerichtete Unterstützung anbieten zu können. Die seitens der Regierung hierzu befragten Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände teilen mit, dass auch bei standardisierten Abläufen eine Erklärung durch den Berater notwendig sei, da nicht alle Asylbewerber lesen könnten bzw. die schriftliche Mitteilung verstehen würden. Auch müssten die schriftlichen standardisierten Abläufe in viele verschiedene Sprachen übersetzt werden. Standardisierte Abläufe seien vor allem denkbar für Asylbewerber, die in GUs in Städten untergebracht seien. Für GU-Bewohner im weiten ländlichen Bereich sei die Erstellung einer individuellen Handreichung wegen der großen Vielzahl (z. B. an sich laufend ändernden Busverbindungen) und der vielen unterschiedlichen Gegebenheiten nicht machbar. a) Gibt es dazu bereits praktische Erfahrungen, Modellprojekte , u. Ä.? Gerade im Bereich der Ehrenamtlichen-Netzwerke werden in unterschiedlicher Intensität im GU-Bereich, aber im Besonderen in der dezentralen Unterbringung, verschiedene Unterstützungsleistungen und Starthilfen für Neuankömmlinge angeboten (z. B. Deutschkurse, Sommerfeste, Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen oder Behörden-/ Arztgängen, Unterstützung bei der Suche von Ausbildungsplätzen , usw.). Konkrete Modellprojekte wurden jedoch bislang noch nicht entwickelt. 3. Wie kann die Hilfe bei der Wohnungssuche für anerkannte Asylbewerber organisiert werden? a) Gibt es dazu bereits praktische Erfahrungen, Modellprojekte , u. Ä.? Für Asylbewerber, die eigentlich aus den staatlichen Gemeinschaftsunterkünften ausziehen dürften, und auszugspflichtige anerkannte Flüchtlinge ist es in einigen Kommunen Bayerns aufgrund des dortigen Wohnungsmangels schwierig, eine geeignete Wohnung zu finden. Mit dem Mo- Drucksache 17/4102 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 dellprojekt „Fit for Move“ stellt das StMAS zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden auszugsberechtigten Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen bei der Wohnungssuche eine spezialisierte Beratungsleistung zur Verfügung. Durchgeführt wird das Projekt durch einen Projektträger mithilfe von ehrenamtlichen Kräften. Es ruht im Wesentlichen auf drei Säulen: Mietbefähigung und Wohnungsvermittlung für die Betroffenen, Akquise und Betreuung von Ehrenamtlichen sowie Evaluation und Dokumentation der Erfahrungen, um so ein Handbuch zu erarbeiten, welches dann im Rahmen der Asylsozialberatung in der Fläche zur Auszugsberatung genutzt werden kann. Das Modellprojekt wurde zum 1. April 2013 gestartet. Modellstandorte sind: Augsburg, Mindelheim, München, Mühldorf, Aschaffenburg, Würzburg, Neuburg, Bayreuth und Nürnberg. 4. Wie ist die Rentenberatung für anerkannte Asylbewerber organisiert? Die Rentenversicherungsträger informieren im Rahmen des § 13 SGB I in vielfältiger Weise (z. B. Broschüren, Merkblätter ) in allgemeiner Form über Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch. Die individuelle Beratung und Erteilung von Auskünften an Ratsuchende erfolgt auf der Grundlage von §§ 14 und 15 SGB I. Nach § 131 SGB VI unterhalten die bayerischen Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung für den Bereich der Auskunft und Beratung ein engmaschiges Dienst- stellennetz. In den Auskunfts- und Beratungsstellen werden die Kunden zu allen Fragen aus dem Versicherungs- und Rentenrecht sowie zu Leistungen der Teilhabe umfassend beraten. Ein Bedarf für eine Beratung für besondere Personengruppen , z. B. für Asylbewerber, war dort bisher nicht erkennbar und ein entsprechendes Angebot wurde daher auch nicht eingerichtet. Erfahrungsgemäß besteht ein Beratungsbedarf aus den Themenbereichen der gesetzlichen Rentenversicherung auch erst nach einer gewissen Zeit des Aufenthalts in Deutschland, etwa nach einigen Jahren der Berufstätigkeit oder bei Geburt von Kindern. Diese Fragen werden vom allgemeinen Beratungsangebot der bayerischen Regionalträger abgedeckt. Der Wunsch zu einer speziellen Beratung für den Personenkreis der Asylbewerber wurde bislang auch von keiner Seite, z. B. extra durch Asylbewerber betreuende Organisationen (kirchliche Einrichtungen, Wohlfahrtsverbände usw.) an die bayerischen Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung herangetragen. 5. Welche Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen gibt es für Ehrenamtliche in der Asylbetreuung ? Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Ehrenamtliche sind in die Asylsozialberatungsförderung derzeit noch nicht implementiert. Ehrenamtliche werden allerdings von den vor Ort tätigen Asylsozialberatern entsprechend angeleitet .