Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Verena Osgyan BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 04.08.2014 Frauengesundheit in Bayern II Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie stellt sich das Risiko für psychische Erkrankungen in Abhängigkeit des Geschlechts dar? 2. Wie hoch ist im Speziellen die Burn-out-Rate von Frauen im Vergleich zu Männern (mit Angabe der geschlechterdifferenzierten Entwicklung der Burn-out-Rate in den vergangenen zehn Jahren und der Berufe, in denen es überdurchschnittlich oft zu dieser Erkrankung kommt)? 3. Wie hat sich die Zahl der beantragten und der bewilligten Mutter-/Vater-Kind-Kuren in den letzten zehn Jahren bei den gesetzlichen Krankenkassen im Land entwickelt? 4. Wie unterscheidet sich das Risiko von Frauen, pflegebedürftig zu werden, von dem entsprechenden Risiko von Männern? 5. Welche konkreten Handlungsnotwendigkeiten leitet die Staatsregierung daraus ab? 6. Wie hat sich in den unterschiedlichen Lebensdekaden das Körpergewicht von Mädchen bzw. Frauen gegenüber vergangenen Zeiten verändert? 7. Welche Schlüsse können daraus für die zukünftige Frauengesundheit und gegebenenfalls nötige Präventionsangebote gezogen werden? 8. Wie beurteilt die Staatsregierung insbesondere unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen das Gesundheits- und Körperbewusstsein der weiblichen Bevölkerung im Vergleich zur männlichen Bevölkerung? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 30.10.2014 1. Wie stellt sich das Risiko für psychische Erkrankungen in Abhängigkeit des Geschlechts dar? Es gibt spezifische Unterschiede bei psychischen Krankheitsbildern zwischen Männern und Frauen. Exemplarisch seien hier die geschlechtsspezifischen Prävalenzunterschiede bei Angststörungen oder der unipolaren Depression genannt, von denen Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Dafür wird bei Männern beispielsweise die Diagnose dissoziale Persönlichkeitsstörung häufiger gestellt. Neben realen Prävalenzunterschieden können auch Unterschiede im Inanspruchnahmeverhalten die gewonnenen Daten beeinflussen . Empirisch belegt nehmen Frauen tendenziell häufiger professionelle Hilfe in Anspruch als Männer. Die der Staatsregierung in diesem Bereich bekannten aktuellen Daten und Zahlen zu Erkrankten und den entsprechenden Versorgungsstrukturen wurden in der Interpellation der SPD-Fraktion „Entwicklung der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung psychisch erkrankter, seelisch behinderter und suchtkranker Menschen in Bayern“ (LT-Drs. 17/482) ausführlich dargestellt. Aktuellere Zahlen und Daten liegen der Staatsregierung nicht vor. 2. Wie hoch ist im Speziellen die Burn--ut-Rate von Frauen im Vergleich zu Männern (mit Angabe der geschlechterdifferenzierten Entwicklung der Burn--utRate in den vergangenen zehn Jahren und der Berufe , in denen es überdurchschnittlich oft zu dieser Erkrankung kommt)? Eine Diagnose Burn-out mit exakt beschriebenen eindeutigen wissenschaftlichen Diagnosekriterien gibt es nicht. Der Begriff Burn-out wird in der öffentlichen Diskussion auch häufig synonym für sämtliche psychische Störungen, die in zeitlichem Zusammenhang mit einer Arbeitsbelastung stehen, verwendet. Bei dieser Betrachtung bleibt das international geltende Klassifikationssystem (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation unbeachtet. Sowohl in Deutschland als auch international beziehen sich die Diagnostik- und Therapiestandards auf diese ICD-10-Klassifikation. Eine generelle Erfassung von psychischen Erkrankungen, die zeitgleich mit Stressoren am Arbeitsplatz auftreten, erfolgt nicht. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung Burn-out oft bei Menschen mit depressiven Erkrankungen verwendet. In diesem Kontext wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Wie hat sich die Zahl der beantragten und der bewilligten Mutter-/Vater-Kind-Kuren in den letzten zehn Jahren bei den gesetzlichen Krankenkassen im Land entwickelt? In Umsetzung des Landtagsbeschlusses vom 20.10.2011 (Drs. 16/9949) hat die Staatsregierung wiederholt zu den Mutter-/Vater-Kind-Kuren berichtet. Der abschließende Be- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.01.2105 17/4104 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4104 richt erfolgte am 17.01.2014. Die vom GKV-Spitzenverband und dem Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes überarbeitete Fassung der Begutachtungs-Richtlinie Vorsorge und Rehabilitation und die Umsetzungsempfehlung, die am 06.02.2013 veröffentlicht wurden, haben zur Erhöhung der Zahl der bewilligten Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen geführt . Durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG), das zum 01.04.2007 in Kraft getreten ist, wurde für die gesetzlichen Krankenkassen ab 2008 die Verpflichtung geschaffen, Daten zur Antrags- und Bewilligungspraxis von Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen auch für Mutter-/Vater-Kind-Kuren zu erheben. Diese bundesweiten Daten sind im Rahmen der Statistik KG 5 vorzulegen und über den Spitzenverband Bund der Krankenkassen dem Bundesministerium für Gesundheit zu melden. Letzte Ergebnisse liegen für das Jahr 2012 vor. Sie wurden dem Landtag in dem erwähnten Bericht der Staatsregierung bereits mitgeteilt, sodass insofern darauf verwiesen wird. Eine Abfrage bei der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern zu beantragten und genehmigten Mutter-/Vater-Kind-Kuren lieferte für Bayern keine vollständigen Daten, da die bundesunmittelbaren Krankenkassen ihre Daten nicht auf die einzelnen Bundesländer bezogen ausweisen. 4. Wie unterscheidet sich das Risiko von Frauen, pflegebedürftig zu werden, von dem entsprechenden Risiko von Männern? Laut der Pflegestatistik des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung erhielten am Stichtag 15.12.2011 (neuere Daten liegen derzeit noch nicht vor) in Bayern insgesamt 114.977 Männer und 214.364 Frauen Leistungen aus der Pflegeversicherung. Dass mehr Frauen als Männer im Laufe ihres Lebens Pflege benötigen, ergibt sich aus der durchschnittlich höheren Lebenserwartung von Frauen. Im Jahr 2012 wies das Statistische Bundesamt für Neugeborene eine durchschnittliche Lebenserwartung von 77,7 Jahren für Männer und 82,7 Jahren für Frauen aus. Für 70-jährige betrug die weitere Lebenserwartung für Männer 13,9 und für Frauen 16,5 Jahre. Mit zunehmendem Alter steigt jedoch – unabhängig vom Geschlecht – das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Pflegequoten, Bayern, nach Alter und Geschlecht Männer Frauen 65-69 2,6% 2,1% 70-74 4,2% 3,9% 75-79 8,1% 9,0% 80-84 15,4% 20,5% 85-89 27,1% 38,9% 90 und älter 47,9% 64,3% Datenquelle: LfStaD. Berechnungen: LGL. Basis: Pflegestatistik 2011, Bevölkerung 31.12.2011 (Zensus 2011) 5. Welche konkreten Handlungsnotwendigkeiten leitet die Staatsregierung daraus ab? Die unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen und damit das Risiko, pflegebedürftig zu werden, lässt sich mit den Mitteln der Politik nicht unmittelbar beeinflussen . Informationen über einen gesundheitsfördernden Lebensstil, Präventionsangebote, Vorsorgeuntersuchungen sowie eine hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung im Krankheits- bzw. Pflegefall stehen selbstverständlich Männern und Frauen gleichermaßen zu. 6. Wie hat sich in den unterschiedlichen Lebensdekaden das Körpergewicht von Mädchen bzw. Frauen gegenüber vergangenen Zeiten verändert? Verlaufsdaten dazu liegen für Bayern nur aus dem Mikrozensus vor. Die letzten Daten zum Körpergewicht sind aus dem Mikrozensus 2009. Die Daten aus dem Mikrozensus 2013 liegen noch nicht vor. Nachfolgend werden die Ergebnisse für 1999 und 2009 gegenübergestellt, welche einen Vergleich stratifiziert nach Lebensdekaden ermöglichen. Bezogen auf die Bevölkerung insgesamt ist zu beachten, dass bei einem steigenden Risiko für Übergewicht und Adipositas mit dem Lebensalter die demografische Alterung der Bevölkerung alleine schon Auswirkungen hat. So kann diese für sich genommen auch bei gleichbleibenden Risiken innerhalb der Altersgruppen zu einer höheren Auftretenswahrscheinlichkeit von Übergewicht und Adipositas führen. Drucksache 17/4104 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Körpermaße der Bevölkerung 2009, Bayern 4.1 Körpergröße, Körpergewicht und Body-Mass-Index nach Geschlecht und Altersgruppen Alter von ... bis unter ... Jahren Bevölkerung durch- schnitt- liche Körper- größe durch- schnitt- liches Körper- gewicht durch- schnitt- licher BodyMass - Index Davon mit einem Body-Mass-Index von ... bis unter ...insgesamt mit Angaben zu Körper- größe und Körper- gewicht unter 18,5 18,5–25 25–30 30 und mehr Anzahl in 1000 m kg kg/m² % 1) Männlich 18 – 20................. 148,2 108,6 1,81 74,5 22,8 / 75,0 17,5 / 20 – 25................. 370,0 266,6 1,81 77,3 23,7 2,5 71,0 21,0 5,5 25 – 30................. 408,0 299,8 1,80 80,7 24,8 / 59,6 32,1 7,7 30 – 35................. 390,7 285,3 1,80 83,0 25,6 / 48,7 39,2 11,5 35 – 40................. 419,7 308,0 1,80 84,4 26,2 / 42,9 43,1 13,6 18 – 40................. 1 736,6 1 268,3 1,80 80,9 24,9 1,3 56,8 32,8 9,1 40 – 45................. 551,3 406,8 1,79 84,1 26,2 / 40,6 46,5 12,7 45 – 50................. 518,0 386,1 1,79 84,6 26,5 / 37,1 46,5 16,0 50 – 55................. 448,4 336,5 1,78 85,5 27,0 / 31,3 49,4 18,9 55 – 60................. 388,6 303,2 1,77 85,7 27,5 / 28,2 49,6 21,8 60 – 65................. 340,3 266,3 1,76 84,9 27,5 / 26,2 51,5 22,2 Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4104 Körpermaße der Bevölkerung 2009, Bayern 4.1 Körpergröße, Körpergewicht und Body-Mass-Index nach Geschlecht und Altersgruppen Alter von ... bis unter ... Jahren Bevölkerung durch- schnitt- liche Körper- größe durch- schnitt- liches Körper- gewicht durch- schnitt- licher BodyMass - Index Davon mit einem Body-Mass-Index von ... bis unter ...insgesamt mit Angaben zu Körper- größe und Körper- gewicht unter 18,5 18,5–25 25–30 30 und mehr Anzahl in 1000 m kg kg/m² % 1) 40 – 65................. 2 246,7 1 699,0 1,78 84,9 26,9 0,3 33,5 48,4 17,8 65 – 70................. 367,9 304,1 1,75 84,2 27,4 / 27,4 52,0 20,4 70 – 75................. 301,8 251,2 1,74 83,4 27,5 / 26,0 50,7 23,0 75 und mehr............. 378,7 298,8 1,72 78,6 26,6 / 34,0 48,3 16,7 65 und mehr............. 1 048,4 854,1 1,74 82,0 27,1 / 29,3 50,3 19,9 Zusammen....... 5 031,7 3 821,4 1,78 82,9 26,3 Weiblich 0,7 40,3 43,6 15,4 18 – 20................. 143,1 97,5 1,67 59,6 21,3 13,0 76,3 8,8 / 20 – 25................. 371,1 250,7 1,67 61,6 22,0 10,1 74,6 11,8 3,5 25 – 30................. 395,5 272,0 1,67 63,7 22,8 7,0 71,2 15,1 6,6 30 – 35................. 374,2 259,2 1,67 64,5 23,1 4,6 70,8 18,5 6,1 35 – 40................. 423,5 297,7 1,67 66,1 23,7 4,0 68,1 19,1 8,8 18 – 40................. 1 707,4 1 177,1 1,67 63,7 22,8 6,9 71,5 15,7 6,0 40 – 45................. 527,5 371,8 1,67 66,6 24,0 3,8 65,9 20,7 9,6 45 – 50................. 506,2 349,5 1,66 67,4 24,5 2,8 59,0 27,1 11,1 50 – 55................. 435,7 313,8 1,65 68,3 25,1 2,3 53,9 29,7 14,1 55 – 60................. 415,9 303,8 1,64 69,9 26,0 2,0 45,8 33,9 18,3 60 – 65................. 343,6 267,0 1,64 70,6 26,3 / 41,9 36,9 20,0 40 – 65................. 2 228,8 1 605,8 1,65 68,4 25,1 2,5 54,3 29,0 14,2 65 – 70................. 387,0 306,5 1,64 70,4 26,2 / 42,5 37,2 18,8 70 – 75................. 351,4 276,0 1,63 70,6 26,6 / 36,4 42,7 19,6 75 und mehr............. 659,3 457,1 1,61 66,8 25,8 2,9 41,6 39,2 16,2 65 und mehr............. 1 397,7 1 039,6 1,62 68,9 26,1 2,1 40,5 39,5 17,9 Zusammen....... .......... 5 333,9 3 822,5 1,65 67,1 24,6 3,7 55,8 27,8 12,7 Datenquelle: LfStaD 7. Welche Schlüsse können daraus für die zukünftige Frauengesundheit und gegebenenfalls nötige Präventionsangebote gezogen werden? Schlussfolgerungen für die Frauengesundheit lassen sich aus dem einfachen Vergleich des Körpergewichts nicht ziehen. Legt man den Anteil der Männer und Frauen mit einem Body-Mass-Index von 30 und mehr (Adipositas) zugrunde , so zeigt sich insgesamt ein Anstieg der Adipositasraten für erwachsene Männer und Frauen. Dies verweist auf die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen zur Förderung eines gesunden Lebensstils hinsichtlich Bewegung und Ernährung und einer gesundheitsförderlichen Lebensumwelt. Die Bayerische Staatsregierung wendet dafür im Rahmen ihrer Gesundheitsinitiative „Gesund.Leben.Bayern.“ seit Jahren mehr als 3 Mio. Euro jährlich auf. Auch die Krankenkassen und andere Akteure, wie z. B. die Stiftung Kindergesundheit oder die Deutsche Diabetes-Stiftung, unterstützen die Prävention von Adipositas und ihren Folgeerkrankungen mit eigenen Programmen und Maßnahmen. Zu weiterführenden Darstellungen sei auf den Gesundheitsreport Bayern 1/2012 „Adipositas“ verwiesen. 8. Wie beurteilt die Staatsregierung insbesondere unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen das Gesundheits- und Körperbewusstsein der weiblichen Bevölkerung im Vergleich zur männlichen Bevölkerung? Die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen zwischen der weiblichen Bevölkerung gegenüber der männli- chen Bevölkerung unterscheidet sich deutlich. Laut aktueller Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) nahmen 2013 ca. 69 % der berechtigten Frauen, aber nur knapp 31 % der Männer an Früherkennungsuntersuchungen teil, die für beide Geschlechter angeboten werden. Häufigkeit ausgewählter Vorsorgeuntersuchungen* – 2013 Gesamt männlich weiblich Anteil männlich Anteil weiblich Bayern 5.634.563 1.737.502 3.893.613 30,86% 69,14 % *Untersuchungen: Krebsfrüherkennungsuntersuchung bei der Frau, Krebsfrüherkennungsuntersuchung beim Mann, Gesundheitsuntersuchung (Check-up 35), Untersuchung auf Blut im Stuhl, Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms, Totale Koloskopie gem. Krebsfrüherkennungsrichtlinien, Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs, Zuschlag zur 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs Quelle: KVB, August 2014 Die höheren Inanspruchnahmeraten von Frauen bei Früherkennungsuntersuchungen werden gemeinhin als Ausdruck eines ausgeprägteren, für gesundheitliche Belange sensibleren Körperbewusstseins von Frauen interpretiert. Es wird vermutet, dass bei Männern auch Informationsdefizite über das Angebot an Vorsorgeuntersuchungen eine Rolle spielen könnten. Hier besteht Potenzial, um durch Aufklärung die Inanspruchnahme von Vorsorgeleistungen zu steigern. Das bayerische Gesundheitsministerium hat deshalb 2012 die Kampagne „Gesundheit, Männer!“ (www.maennergesund heit.bayern.de) als Jahresschwerpunktaktion der „Initiative Gesund.Leben.Bayern.“ durchgeführt.