Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 12.11.2014 Die Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet: 1. a) Wie viele Razzien in Gemeinschaftsunterkünften fanden 2014 im Landkreis Fürstenfeldbruck statt? Am 19.08.2014 führte das Landratsamt Fürstenfeldbruck mit Unterstützung der Polizei in 82140 Olching eine Begehung der Gemeinschaftsunterkunft in der Johann-G.-GutenbergStraße sowie der Gemeinschaftsunterkunft in der HermannBöcker -Straße durch. Weitere Begehungen im Sinne der Anfrage wurden im Landkreis Fürstenfeldbruck unter Beteiligung der Polizei im Jahr 2014 nicht durchgeführt. b) Zu welcher Uhrzeit fanden diese Razzien statt? Die beiden Unterkünfte wurden im Zeitraum zwischen 06.00 Uhr und 08.15 Uhr nacheinander in der in Antwort zu Frage 1a dargelegten Reihenfolge begangen. c) Zu welchem Zweck fanden diese Razzien statt? Durch die Begehungen sollten Personen festgestellt werden, die unzulässigerweise in den Unterkünften nächtigen. 2. a) Wie liefen die Razzien ab? Zwei Beamte des Landratsamtes Fürstenfeldbruck gingen je in Begleitung von zwei Polizeibeamten in den Unterkünften Zimmer für Zimmer ab, weckten die jeweiligen Bewohner durch Klopfen, kontrollierten die Aufenthaltsgestattungen und glichen die Anzahl der anwesenden Personen und deren Personalien mit der Bestandsliste der Unterkunft ab. Zwei weitere Beamte befanden sich zentral im Gebäude. Außerhalb der Gebäude befanden sich ein Polizeibeamter und eine Polizeidiensthundeführerin. b) Wie lange dauerten die Razzien? Die Begehungen der beiden Unterkünfte dauerten jeweils ca. 45 Minuten. c) Wie viele Beamt/-innen waren jeweils beteiligt? Neben zwei Beamten des Landratsamtes Fürstenfeldbruck waren der Verwalter der Unterkünfte und insgesamt acht Polizeibeamte anlässlich der Begehungen eingesetzt. 3. a) Welche konkreten Anhaltspunkte waren der jeweilige Anlass für diese Razzien? Anlass für die Begehungen waren verschiedene Hinweise aus dem Kreis der Sozialbetreuer und ehrenamtlichen Helfer, dass die Unterkünfte nicht korrekt belegt seien und auch Personen dort nächtigen würden, die diesen Unterkünften nicht zugewiesen sind. In Bezug auf das unberechtigte Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.01.2015 17/4313 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 01.09.2014 Razzien in Gemeinschaftsunterkünften In mehreren Unterkünften im Landkreis Fürstenfeldbruck, auch in Familienunterkünften, gab es im August 2014 „Fremdschläfer-Razzien“. Den Berichten zufolge kam die Polizei vor oder um 7.00 Uhr und umstellte die Unterkünfte, weckte Bewohner/-innen und Kinder und durchsuchte die Unterkünfte nach Leuten, die dort übernachtet hatten, aber nicht dort wohnen. Konkrete Probleme in den Unterkünften waren nicht bekannt. Für die Bewohner/-innen war das ein beängstigendes Erlebnis, da viele Flüchtlinge die nächtliche Razzien kennen, traumatisiert sind. Es stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Verhältnismäßigkeit der Aktion. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Razzien in Gemeinschaftsunterkünften fan- den 2014 im Landkreis Fürstenfeldbruck statt? b) Zu welcher Uhrzeit fanden diese Razzien statt? c) Zu welchem Zweck fanden diese Razzien statt? 2. a) Wie liefen die Razzien ab? b) Wie lange dauerten die Razzien? c) Wie viele Beamt/-innen waren jeweils beteiligt? 3. a) Welche konkreten Anhaltspunkte waren der jeweilige Anlass für diese Razzien? b) Rechtfertigt nach Meinung der Staatsregierung der ledigliche Verdacht auf Übernachtung durch einen Gast oder sonstige Ordnungswidrigkeiten eine solche Durchsuchung? c) Könnte die Einhaltung der Hausordnung auch durch andere, mildere Mittel, durchgesetzt werden? 4. a) Trifft es zu, dass bei den Razzien die Unterkünfte um- stellt wurden? b) Trifft es zu, dass Bewohner/-innen wie Kinder aus dem Schlaf gerissen wurden? 5. a) Wurde bei der Entscheidung für die Razzia und der Prüfung der Verhältnismäßigkeit auch die Traumatisierung von Flüchtlingen berücksichtigt? b) Welche Folgen hat eine so durchgeführte Aktion für die Stigmatisierung der Bewohner/-innen der Gemeinschaftsunterkunft in der Nachbarschaft? 6. a) Was waren die jeweiligen Ergebnisse der Razzien? b) An welchen weiteren Orten in Bayern wurden solche Razzien durchgeführt? c) Wie häufig wurden solche Razzien 2013 und 2014 in Bayern durchgeführt? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4313 Nächtigen in den Unterkünften sind die Verwalter der Unterkünfte angewiesen, dies mit Hinweis auf die Hausordnung zu untersagen und sich regelmäßig davon zu überzeugen. Aufgrund der Aufgabenvielfalt und der inzwischen hohen Anzahl an dezentralen Unterkünften ist eine ausreichende Kontrolle bezüglich der Einhaltung der Hausordnung nicht mehr möglich . Aufgrund der vorliegenden Hinweise bestand der Verdacht , dass der Hausordnung regelmäßig zuwidergehandelt wird, was es im Rahmen der durchgeführten Kontrollaktion zu verifizieren galt. Neben einem Verstoß gegen die Hausordnung erfüllt das unberechtigte Nächtigen in den Gemeinschaftsunterkünften den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB). b) Rechtfertigt nach Meinung der Staatsregierung der ledigliche Verdacht auf Übernachtung durch einen Gast oder sonstige Ordnungswidrigkeiten eine solche Durchsuchung? Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen die Hausordnung werden vor dem Hintergrund der Erkenntnislage in jedem Einzelfall auf deren Verhältnismäßigkeit geprüft. c) Könnte die Einhaltung der Hausordnung auch durch andere, mildere Mittel, durchgesetzt werden ? Die Bewohner der Unterkünfte erhalten beim Einzug Informationen über die Hausordnung. Zudem sind die Verwalter der Unterkünfte während der Bürozeiten regelmäßig anwesend. Sie stehen den Bewohnern mit Rat und Tat zur Seite und können dadurch möglichen Zuwiderhandlungen bereits frühzeitig kommunikativ begegnen. Eine Begehung mit der Polizei stellt hier bereits eine Ultima Ratio dar, die erst nach Vorliegen entsprechender Erkenntnisse sowie einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall durchgeführt wird. 4. a) Trifft es zu dass bei den Razzien die Unterkünfte umstellt wurden? Bei den in Rede stehenden Begehungen befanden sich ein Beamter und eine Beamtin außerhalb der Gebäude (siehe 2 a. b) Trifft es zu, dass Bewohner/-innen wie Kinder aus dem Schlaf gerissen wurden? Zur Durchführung der Überprüfungen war es erforderlich, zum Teil noch schlafende Personen zu wecken. Bei Familien wurde nach Möglichkeit das Wecken auf einen Elternteil beschränkt. 5. a) Wurde bei der Entscheidung für die Razzia und der Prüfung der Verhältnismäßigkeit auch die Traumatisierung von Flüchtlingen berücksichtigt? Es darf vorab festgestellt werden, dass nicht alle Flüchtlinge traumatisiert sind. Dennoch ist mit einer seelischen Beeinträchtigung von Flüchtlingen aufgrund individueller Schicksale in besonderen Fällen zu rechnen. Diese Umstände werden bei der Entscheidung über eine Begehung (siehe Antwort zu Frage 3 b gebührend berücksichtigt. Darüber hinaus erfolgten die Begehungen unter Berücksichtigung der Befindlichkeiten der Bewohner, insbesondere auch im Hinblick auf die Tageszeit sowie die Überprüfung der Belegungssituation in angemessener Weise. b) Welche Folgen hat eine so durchgeführte Aktion für die Stigmatisierung der Bewohner/-innen der Gemeinschaftsunterkunft in der Nachbarschaft? Da beide Unterkünfte im Gewerbegebiet von Olching situiert sind, fanden die Begehungen ohne erkennbare Außenwirkung statt. Eine diesbezügliche Stigmatisierung der Bewohner liegt daher fern. Ungeachtet dessen hat sich das Landratsamt Fürstenfeldbruck vor Eröffnung der Unterkünfte gegenüber Anliegern sowie anderen Besorgten und Interessierten der Kommune verpflichtet, regelmäßig auch seinen Kontrollaufgaben nachzukommen . 6. a) Was waren die jeweiligen Ergebnisse der Razzien? Bei den Begehungen konnten zwei Personen festgestellt werden, die sich unberechtigt in der Unterkunft aufhielten. b) An welchen weiteren Orten in Bayern wurden solche Razzien durchgeführt? c) Wie häufig wurden solche Razzien 2013 und 2014 in Bayern durchgeführt? Die Fragen zu 6 b und c werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Kontrolle zur Einhaltung der Hausordnung obliegt den Verwaltern der jeweiligen Unterkünfte und wird von diesen auch außerhalb der regulären Bürozeiten durchgeführt. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass derartige Kont- rollen in jedem Ort durchgeführt werden, in dem sich eine entsprechende Unterkunft befindet. Statistische Daten hierüber liegen jedoch nicht vor. Die nachfolgende Aufzählung bezieht sich daher nur auf Begehungen zur Überwachung der Hausordnung unter Beteiligung der Polizei. Oberbayern: München, Aufnahmeeinrichtung Heidemannstraße, 2013, einmalige Begehung durch die Regierung von Ober- bayern Unterschleißheim, Gemeinschaftsunterkunft, 2014, einmalige Begehung durch das Landratsamt Mün- chen Oberschleißheim, Gemeinschaftsunterkunft, 2014, einmalige Begehung durch das Landratsamt Mün- chen Dachau, Gemeinschaftsunterkunft, 2013 und 2014, je einmalige Begehung durch die Regie- rung von Oberbayern Grafing, Gemeinschaftsunterkunft, 2014, einmalige Begehung durch das Landratsamt Ebers- berg Schwaben: Augsburg, Calmbergstraße 2, Gemeinschaftsunterkunft 2013, einmalige Begehung d. Regierung von Schwaben Neu-Ulm, Gemeinschaftsunterkunft, 2013, dreimalige Begehung durch das Landratsamt Neu- Ulm Kempten, Gemeinschaftsunterkunft, 2014, zweimalige Begehung durch das Landratsamt Oberallgäu Mittelfranken: Zentrale Aufnahmeeinrichtung Zirndorf, 2014, einmalige Begehung durch die Polizei in Abstimmung mit der Leitung der Zentralen Aufnahmeeinrichtung Zirndorf Aus den Regierungsbezirken Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken und Unterfranken wurden keine entsprechenden Begehungen gemeldet.