Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina, Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.12.2013 Schließung der XXXLutz-Filiale an der Münchener Theresienhöhe Anfang Oktober 2013 gab die XXXLutz Geschäftsleitung für die Mitarbeiter und den Betriebsrat völlig überraschend die kurzfristige Schließung der Filiale an der Theresienhöhe in München zum 01.12.2013 bekannt. Der Gemeinschaftsbetriebsrat der KA Vertriebs GmbH & Co KG und der KADienstleistungs GmbH & Co KG, die als Personaldienstleister die Münchener Filiale betrieben, wurde nicht vorab über die Schließungspläne informiert. Die Information des Betriebsrates hätte gemäß § 111 BetrVG rechtzeitig und umfassend erfolgen müssen. Die 160 Mitarbeiter/-innen wurden von einem Tag auf den anderen buchstäblich vor die Tür gesetzt. Der Abverkauf wurde bis Ende November mit Mitarbeitern einer anderen Gesellschaft, der AN Vertriebs GmbH & Co KG, organisiert. Hierbei wurden auch Mitarbeiter aus anderen Konzernfilialen aus dem ganzen Bundesgebiet und aus Österreich eingesetzt. An den Verhandlungen um einen Sozialplan haben sich bisher unserer Kenntnis nach nur die beiden weitgehend ohne Eigenkapital ausgestatteten Personaldienstleister beteiligt, während die Geschäftsführung von XXXLutz eine Teilnahme verweigert. Ohne einen Beitrag der Konzernleitung zum Sozialplan ist die bei der Bekanntgabe der Schließung versprochene sozial verträgliche und faire Auflösung der Filiale in München nicht möglich. XXXLutz verweigert bisher konsequent die Übernahme sozialer Verantwortung für die Beschäftigten der Münchener Filiale. Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Chancen, bei den Verhandlungen um die Erstellung eines Sozialplans für die MitarbeiterInnen der XXXLutz-Filiale an der Theresienhöhe in München noch zu einer sozial verträglichen und fairen Lösung gemäß den üblichen Standards des Betriebsverfassungsgesetzes zu kommen? a) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, sich moderierend in den Konflikt zwischen Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft sowie der Dienstleistergesellschaften KA Vertriebs GmbH & Co KG und der KA-Dienstleistungs GmbH & Co KG sowie der Konzernleitung von XXXLutz einzuschalten? b) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, eine Beteiligung der Eigentümer von XXXLutz an dem anstehenden Sozialplanverfahren nach § 111 und § 112 BetrVG zu erzwingen? 2. Werden nach Meinung der Staatsregierung im Fall XXXLutz die üblichen, gesetzlich vorgeschriebenen Standards zu einer ausgewogenen Balance von Arbeitgeber - und Arbeitnehmerrechten eingehalten? Wenn nein, wie wird die Staatsregierung reagieren, um die Einhaltung sicherzustellen? a) Wird die Staatsregierung sich darüber informieren, ob die 13 Auszubildenden an einem für sie und das Unternehmen zumutbaren Standort ihre Ausbildung beenden können? b) Wie und durch wen wird kontrolliert, ob das Unternehmen seine Zusage, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten insbesondere für ältere Arbeitnehmer/-innen zu prüfen, einhält? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die von XXXLutz verfolgte unternehmensrechtliche Strategie der Personalauslagerung ? a) Wie kann der vollständigen Trennung zwischen Kapitaleigentum und Beschäftigungsverantwortung in der Rechtskonstruktion des Konzerns begegnet werden? b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit, XXXLutz im Zuge der Durchgriffshaftung zu einer finanziellen Beteiligung am Sozialplan und an weiteren Leistungen für die Mitarbeiter zu zwingen? 4. Welchen politischen und rechtlichen bzw. gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung im Fall von XXXLutz? a) Hält die Staatsregierung die 2009 vollzogene vollständige Auslagerung aller 10.000 Beschäftigten der 53 XXXLutz- und MöMax-Filialen in Deutschland an Personaldienstleister, welche jeweils nur ein einziges Möbelhaus als „Kunden“ haben und die über kein Eigenkapital , sondern ausschließlich über das Personal zum Betrieb der Filialen verfügen, für rechtlich zulässig ? Falls ja, wie kann durch Änderungen im Unternehmensrecht einer solchen Komplettauslagerung der Personalverantwortung zukünftig begegnet werden? b) Welchen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung auf Bundesebene und auf europäischer Ebene, um dem Konstrukt von sich gegenseitig in ihrer Haftung beschränkenden GmbHs künftig die Rechtsgrundlage zu entziehen? 5. Wie bewertet die Staatsregierung den Datenschutz für die Kunden des Möbelkonzerns XXXLutz unter dem Aspekt, dass ein Kunde unter Umständen mit bis zu acht ihm namentlich nicht bekannten Dienstleistern bei einem einzigen Einkauf zu tun hat und alle Dienstleister sowie XXXLutz Zugriff in Deutschland und in Österreich auf seine Daten haben? 6. Wie bewertet die Staatsregierung den Datenschutz der 10.000 Personaldaten von vermeintlich rechtlich unabhängigen Gesellschaften unter dem Aspekt, dass jeder dieser Mitarbeiter Zugriff auf alle anderen Personaldaten hat? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.02.2014 17/449 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/449 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.01.2014 Die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina und Thomas Mütze wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz, dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie unter Wiedergabe der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht wie folgt beantwortet: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Chancen, bei den Verhandlungen um die Erstellung eines Sozialplans für die Mitarbeiter/-innen der XXXLutz-Filiale an der Theresienhöhe in München noch zu einer sozial verträglichen und fairen Lösung gemäß den üblichen Standards des Betriebsverfassungsgesetzes zu kommen? Vorab ist darauf hinzuweisen, dass vonseiten der Staatsregierung auf Unternehmerentscheidungen sowie auf die Gestaltung und Abwicklung von Arbeitsbeziehungen grundsätzlich kein Einfluss genommen werden kann. Das Arbeitsrecht ist geprägt durch die Autonomie der Tarif- und Betriebs- partner sowie der Arbeitsvertragsparteien. Der Staat gibt grundsätzlich nur die Rahmenbedingungen (z. B. Betriebsverfassungsgesetz ) für die Ordnung des Arbeitslebens vor, innerhalb derer Tarif- und Betriebspartner sowie Arbeitsvertragsparteien eigenverantwortlich die Arbeitsbedingungen und -beziehungen regeln. Streitigkeiten sind von den Arbeitsgerichten zu entscheiden. Seitens der Staatsregierung kann deshalb keine Prognose hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer Einigung auf eine sozial verträgliche und faire Lösung bei den aktuell stattfindenden Sozialplanverhandlungen für die Beschäftigten der XXXLutz-Filiale an der Theresienhöhe erfolgen. Verhandlungspartner sind Unternehmer und Betriebsrat (§ 112 BetrVG ). Die Staatsregierung ist am Verfahren weder beteiligt noch kann sie auf Ablauf, Inhalte und Ergebnisse Einfluss nehmen. a) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, sich moderierend in den Konflikt zwischen Belegschaft , Betriebsrat und Gewerkschaft sowie der Dienstleistergesellschaften KA Vertriebs GmbH & Co KG und der KA-Dienstleistungs GmbH & Co KG sowie der Konzernleitung von XXXLutz einzuschalten ? Die Staatsregierung hält eine staatliche Einmischung in den Konflikt zwischen Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft sowie der Dienstleistungsgesellschaften KA Vertriebs GmbH & Co KG und der KA-Dienstleistungs GmbH & Co KG sowie der Konzernleitung von XXXLutz nicht für angezeigt. Die bestehenden Regelungen sowie der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bieten Gewähr für ein rechtssicheres Verfahren und Konfliktlösung unter Wahrung (auch) der Arbeitnehmerrechte: – Soweit innerhalb der Sozialplanverhandlungen keine Ei- nigung zustande kommt, gibt das Betriebsverfassungsgesetz ein obligatorisches Konfliktlösungsverfahren vor (§ 112 Absätze 2 bis 5 BetrVG): Für Unternehmer oder Betriebsrat besteht in dem Fall die Möglichkeit, den Vor- stand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung zu ersuchen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch erfolglos, können Unternehmer oder Betriebsrat die Einigungsstelle (§ 76 BetrVG) anrufen, die dann eine Einigung zwischen den Parteien zu versuchen hat; Unternehmer und Betriebsrat sollen dabei Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten machen. Kommt keine Einigung zustande, so entscheidet die Einigungsstelle verbindlich über die Aufstellung eines Sozialplans. Bei ihrer Entscheidung hat die Einigungsstelle sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten und bestimmte Ermessensrichtlinien einzuhalten (§ 112 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 BetrVG). Die Entscheidung der Einigungsstelle können sowohl Unternehmen als auch Betriebsrat gerichtlich prüfen lassen. – Außerhalb des vom Betriebsverfassungsgesetz vorgegebenen Verfahrens steht es den Beteiligten darüber hinaus zu jedem Zeitpunkt (auch noch während eines Gerichtsverfahrens ) offen, freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Streitbeilegung im Wege der Mediation durch einen selbst ausgewählten unabhängigen und neut- ralen Mediator anzustreben. Im vorliegenden Konflikt um den Abschluss eines Sozialplans für die XXXLutz-Beschäftigten wurde von der KA Vertriebs GmbH & Co KG und der KA-Dienstleistungs GmbH & Co KG Antrag auf Bestellung des Vorsitzenden der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht München gestellt. Das Verfahren ist derzeit in 2. Instanz beim Landesarbeitsgericht München anhängig und terminiert auf den 05.02.2014. b) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, eine Beteiligung der Eigentümer von XXXLutz an dem anstehenden Sozialplanverfahren nach § 111 und § 112 BetrVG zu erzwingen? Wie bereits ausgeführt, hat die Staatsregierung keine Rolle bei den Sozialplanverhandlungen. Gegebenenfalls wäre gerichtlich zu klären, ob und inwieweit andere Gesellschaften der XXXLutz-Unternehmensgruppe insbesondere im Rahmen eines möglichen Bemessungs- oder Haftungsdurchgriffs (hierzu unten Frage 3 b) von den Sozialplanverhandlungen mitbetroffen sind. 2. Werden nach Meinung der Staatsregierung im Fall XXXLutz die üblichen, gesetzlich vorgeschriebenen Standards zu einer ausgewogenen Balance von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechten eingehalten ? Wenn nein, wie wird die Staatsregierung reagieren, um die Einhaltung sicherzustellen? Wie zu Frage 1 ausgeführt, kann die Staatsregierung keine Aussage zum Stand und zum Ablauf der Sozialplanverhandlungen treffen. Die Betriebspartner verfügen im Rahmen der Sozialplanverhandlungen grundsätzlich über einen weiten Beurteilungsspielraum. Rechtliche Grenzen ergeben sich (nur) aus dem Zweck des Sozialplans (also Ausgleich oder Milderung der den Beschäftigten durch eine Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile) und dem zwingenden staatlichen Recht. Innerhalb dieser Grenzen sind die Betriebspartner frei, inwieweit und welche Nachteile der von der Betriebsänderung betroffenen Beschäftigten in welchem Umfang ausgeglichen oder gemildert werden können bzw. sollen. Drucksache 17/449 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 a) Wird die Staatsregierung sich darüber informieren, ob die 13 Auszubildenden an einem für sie und das Unternehmen zumutbaren Standort ihre Ausbildung beenden können? Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration hatte sich bereits im November 2013 über die Situation der 13 Auszubildenden informiert und anlässlich der vorliegenden Schriftlichen Anfrage erneut den aktuellen Sachstand bei den zuständigen Kammern (Handwerkskammer für München und Oberbayern sowie Industrie - und Handelskammer für München und Oberbayern) angefragt . Danach befinden sich zwei der Auszubildenden in der derzeit laufenden Abschlussprüfung, alle anderen Auszubildenden wurden mit Unterstützung der Kammern und der Arbeitsagentur erfolgreich an andere Ausbildungsbetriebe vermittelt bzw. haben die Möglichkeit, ihre Ausbildung im Rahmen einer Außerbetrieblichen Berufsausbildung (BaE), gefördert von der Arbeitsagentur, abzuschließen. b) Wie und durch wen wird kontrolliert, ob das Unternehmen seine Zusage, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten insbesondere für ältere Arbeitnehmer/ -innen zu prüfen, einhält? Weder die Einhaltung von im Rahmen von Sozialplanverhandlungen abgegebenen Zusagen eines Unternehmens noch die praktische Umsetzung eines Sozialplans werden staatlich überwacht. Bei Untätigkeit des Unternehmers kann der den Sozialplan abschließende Betriebsrat die Durchführung des Sozialplans grundsätzlich gerichtlich einklagen, es sei denn, es handelt sich um Individualansprüche einzelner Arbeitnehmer. Soweit dies der Fall ist, können die betroffenen Arbeitnehmer ihre Ansprüche aus dem Sozialplan selbst vor dem Arbeitsgericht geltend machen. 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die von XXXLutz verfolgte unternehmensrechtliche Strategie der Personalauslagerung? a) Wie kann der vollständigen Trennung zwischen Kapitaleigentum und Beschäftigungsverantwortung in der Rechtskonstruktion des Konzerns begegnet werden? Die Strukturierung eines Konzerns ist eine unternehmerische Entscheidung, hinsichtlich derer dem Unternehmer ein weiter, von Art. 12, 14 GG grundrechtlich geschützter Ermessensspielraum zukommt. Der Unternehmer ist daher rechtlich grundsätzlich nicht daran gehindert, eine Aufteilung in Anlagegesellschaften und Personalgesellschaften vorzunehmen. Missbräuchlichen Gestaltungen wird mit entsprechenden Haftungs- bzw. Zurechnungstatbeständen (sog. Bemessungs- bzw. Haftungsdurchgriff) zwischen konzernangehörigen Gesellschaften begegnet. Auf der Grundlage des geltenden Rechts bestehen somit Möglichkeiten, auf missbräuchliche Gestaltungen zu reagieren (dazu sogleich unter b). b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit, XXXLutz im Zuge der Durchgriffshaftung zu einer finanziellen Beteiligung am Sozialplan und an weiteren Leistungen für die Mitarbeiter zu zwingen? Ob und in welchem Umfang im Rahmen des Sozialplans eine Haftung zwischen einzelnen Unternehmen eines Konzerns besteht, unterfällt der Beurteilung der – unabhängigen – Arbeitsgerichte im Einzelfall. Daher kann zu der Frage nur allgemein Stellung bezogen werden. Es ist in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bislang noch nicht abschließend geklärt, in welchen Fällen eine Vermögenszurechnung bei der Sozialplanerrichtung (sog. Bemessungsdurchgriff) und/oder eine Haftung für Sozialplanverbindlichkeiten zwischen konzernangehörigen Gesellschaften besteht. Ob eine Durchgriffshaftung begründende Ansprüche bestehen, dürfte jedoch wesentlich von der Konzernstruktur und den konkreten Rechtsverhältnissen zwischen den konzernangehörigen Gesellschaften abhängen . Das Bestehen entsprechender Ansprüche wird insbesondere dann in Betracht gezogen, wenn Ergebnis- und Gewinnabführungsverträge zwischen Gesellschaften bestehen , wenn eine Konzernobergesellschaft eine sog. „harte Patronatserklärung“ für eine andere Konzerngesellschaft abgegeben hat oder – unter den Voraussetzungen des § 134 UmwG – wenn in den fünf Jahren vor dem Entstehen von Sozialplanansprüchen eine Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz stattgefunden hat. 4. Welchen politischen und rechtlichen bzw. gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung im Fall von XXXLutz? a) Hält die Staatsregierung die 2009 vollzogene vollständige Auslagerung aller 10.000. Beschäftigten der 53 XXXLutz- und MöMax-Filialen in Deutschland an Personaldienstleister, welche jeweils nur ein einziges Möbelhaus als „Kunden“ haben und die über kein Eigenkapital, sondern ausschließlich über das Personal zum Betrieb der Filialen verfügen , für rechtlich zulässig? Falls ja, wie kann durch Änderungen im Unternehmensrecht einer solchen Komplettauslagerung der Personalverantwortung zukünftig begegnet werden? Es ist Sache der unabhängigen Gerichte, zu beurteilen, ob eine bestimmte Strukturierung eines konkreten Unternehmens zulässig ist. Grundsätzlich eröffnet das Gesellschaftsrecht Spielräume bei der Gestaltung von Konzernstrukturen. Missbräuchlichen Gestaltungen begegnet die Rechtsprechung durch die Annahme von Haftungstatbeständen. So können beispielsweise Verstöße gegen die Kapitalerhaltungsgrundsätze im GmbH-Recht zu einer persönlichen Haftung der Gesellschafter führen. Zudem enthält § 134 UmwG Regelungen, denen zufolge bei bestimmten Betriebsumstrukturierungen, bei denen eine Aufspaltung eines Unternehmens in Anlage- und Betriebsgesellschaften erfolgt, auch die Anlagegesellschaft für bestimmte Forderungen der Arbeitnehmer haftet. Damit soll gerade verhindert werden, dass Arbeitnehmer im Rahmen von Sozialplanverfahren dadurch benachteiligt werden, dass die vermögenshaltigen Teile eines Unternehmens in eine Anlagegesellschaft ausgegliedert werden, während die Arbeitsverhältnisse in einer Betriebsgesellschaft fortgeführt werden, die eine schlechtere Finanzausstattung aufweist. b) Welchen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung auf Bundesebene und auf europäischer Ebene, um dem Konstrukt von sich gegenseitig in ihrer Haftung beschränkenden GmbHs künftig die Rechtsgrundlage zu entziehen ? Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht existiert kein Konstrukt, bei dem sich GmbHs „gegenseitig in ihrer Haftung beschränken “. Vielmehr haftet eine GmbH nach § 13 Abs. 2 GmbHG für sich genommen bereits nur mit ihrem Gesell- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/449 schaftsvermögen. Eine darüber hinausgehende Haftungsbeschränkung ist rechtlich gesehen auch durch Errichtung einer Konzernstruktur nicht möglich. Es kann allerdings die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer GmbH eingeschränkt werden, indem sie mit zu wenig Kapital ausgestattet wird. Eine gesetzliche Pflicht der Gesellschafter einer GmbH zu deren Ausstattung mit ausreichendem Kapital über das Mindestkapital hinaus besteht nicht und die Schaffung einer entsprechenden Pflicht wird auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgelehnt (BGH NJW 2008, 2437 – GAMMA). 5. Wie bewertet die Staatsregierung den Datenschutz für die Kunden des Möbelkonzerns XXXLutz unter dem Aspekt, dass ein Kunde unter Umständen mit bis zu acht ihm namentlich nicht bekannten Dienstleistern bei einem einzigen Einkauf zu tun hat und alle Dienstleister sowie XXXLutz Zugriff in Deutschland und in Österreich auf seine Daten haben ? Fragen 5 und 6 der o. g. Schriftlichen Anfrage betreffen den Vollzug der datenschutzrechtlichen Vorschriften im nicht-öffentlichen Bereich durch XXXLutz. Da die Überwachung des Vollzugs der datenschutzrechtlichen Vorschriften im nichtöffentlichen Bereich dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) in völliger Unabhängigkeit übertragen ist, wurde hierzu eine Stellungnahme des BayLDA eingeholt, die im Folgenden wiedergegeben wird: „Dass Kunden beim Abschluss und der Durchführung von Käufen im Handel unter Umständen Kontakt zu mehreren juristisch eigenständigen Gesellschaften auf Verkäuferseite haben, oder dass ein Verkäufer für die Abwicklung seiner Leistung Subunternehmer/Dienstleister einsetzt, bedeutet für sich gesehen noch keinen datenschutzrechtlichen Verstoß. Arbeitsteilung und Auslagerung einzelner Geschäftsprozesse an Dienstleister/Subunternehmer sind in der Lebens- und Arbeitswirklichkeit häufig anzutreffen und können auch unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten , jedenfalls grundsätzlich, als sog. berechtigte Interessen von Unternehmen anerkannt werden. Pauschale Aussagen über die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit der Weitergabe personenbezogener Kundendaten an Dienstleister/ Subunternehmen im Zuge der Abwicklung etwa von Kauf- oder Dienstleistungsverträgen sind daher nicht möglich, es kommt vielmehr stets auf eine Einzelfallabwägung zwischen dem (wirtschaftlichen) Interesse des Unternehmens (insbesondere an der arbeitsteiligen Leistungserbringung) und den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen an (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG). Hierbei ist auch zu berücksichtigen , dass das Zivilrecht jedenfalls davon ausgeht, dass sich Schuldner zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten anderer Personen (oder Unternehmen) bedienen können (§ 278 BGB). Unabhängig davon ist im Hinblick auf die Weitergabe personenbezogener (Kunden-)Daten an solche eingeschaltete Unternehmen stets eine Interessenabwägung im Einzelfall durchzuführen (s. o.). Wichtig ist ferner, dass Unternehmen, die personenbezogene Kundendaten erheben, die Informationspflicht gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BDSG erfüllen müssen. Nach dieser Vorschrift muss ein Betroffener (z. B. Kunde) bei der Erhebung seiner personenbezogenen Daten insbesondere über die Identität der sog. verantwortlichen Stelle (dies wird in der Regel sein Vertragspartner sein, d.h. das Unternehmen, das auf Verkäuferseite den Kaufvertrag abschließt) informiert werden sowie (sofern einschlägig) über Kategorien etwaiger Empfänger, an die das Unternehmen Kundendaten weitergibt – Letzteres allerdings gemäß dem Wortlaut von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BDSG nur, soweit der Betroffene nach den Umständen des Einzelfalls nicht mit der Übermittlung an solche Empfänger rechnen muss. Inwieweit ein Kunde von XXXLutz – wie in der Schriftlichen Anfrage dargestellt – Kontakt mit bis zu acht einzelnen Dienstleistern bzw. rechtlich eigenständigen Unternehmen hat, ist dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht bislang nicht bekannt. Die Frage, mit wie vielen Unternehmen ein Kunde z. B. bei einem Kauf insgesamt „Kontakt“ hat, ist datenschutzrechtlich für sich gesehen auch noch nicht entscheidend; datenschutzrechtlich sind vielmehr nur diejenigen Unternehmen relevant, die Zugang zu personenbezogenen Daten eines Kunden erhalten. Ob z. B. etwa eine Immobiliengesellschaft, die „lediglich“ Eigentümerin etwa eines Möbelhauses ist, überhaupt personenbezogene Kundendaten erhält, mag zumindest auf den ersten Blick fraglich erscheinen, wäre jedoch zu prüfen. Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht wird die Anfrage zum Anlass nehmen, die Unternehmensgruppe XXXLutz um Schilderung der Datenflüsse betreffend die personenbezogenen Daten ihrer Kunden zu ersuchen, insbesondere dazu, welche gruppen-/konzernangehörigen Unternehmen Zugang zu Kundendaten erhalten, für welche Zwecke die jeweiligen Unternehmen Kundendaten erheben, nutzen oder verarbeiten, und wie die Kunden gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BDSG informiert werden.“ 6. Wie bewertet die Staatsregierung den Datenschutz der 10.000 Personaldaten von vermeintlich rechtlich unabhängigen Gesellschaften unter dem Aspekt , dass jeder dieser Mitarbeiter Zugriff auf alle anderen Personaldaten hat? „Ein Arbeitgeber bzw. von ihm beauftragte Mitarbeiter dürfen mit Personaldaten umgehen, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Hier lassen sich konkrete Aussagen erst nach Vorliegen einer Stellungnahme des Unternehmens treffen, die wir umgehend einholen werden.“