Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BündniS 90/die Grünen vom 24.03.2014 CarSharing Ohne eine Verkehrswende wird ein effektiver Klimaschutz nicht gelingen. CarSharing leistet dabei einen wichtigen Beitrag bei der Lösung der Verkehrsprobleme, nicht nur in überlasteten Ballungszentren. Am 23 Juni 2012 unterzeichneten der Geschäftsführer des Bundesverbands CarSharing e.V., Willi Loose, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer , der damalige Umweltminister Dr. Marcel Huber und der damalige Wirtschaftsminister Martin Zeil die gemeinsame Erklärung für eine Zusammenarbeit zum Schutz des Klimas. Der Bundesverband CarSharing hat dabei angeboten, die in der Erklärung beschriebenen Maßnahmen gemeinsam mit der Bayerischen Staatsregierung verstärkt umzusetzen In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung. 1. a) Wie viele CarSharing-Unternehmen gibt es in Bayern? b) Wie viele CarSharing-Autos sind in Bayern derzeit sta- tioniert? c) Wie hoch sind die Wachstumsraten bei stationierten Autos und der Zahl der Kunden? 2. a) Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Pkws durch ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt werden können? Angaben bitte unterteilt nach stationsgebundenen und Free-Floating-Konzepten? b) Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, um wie viel sich die jährliche Kilometerleistung bei Nutzung von CarSharing im Gegensatz zur vorherigen Nutzung eines privaten Pkws verringert? 3. a) Gibt es Verwaltungen, die CarSharing-Angebote nutzen und damit den Bedarf an Dienstfahrzeugen reduzieren ? b) Wenn ja, welche Verwaltungen sind dies und wie viele Fahrzeuge werden von den einzelnen Verwaltungen genutzt? c) Wenn ja, welche Erfahrung haben diese Verwaltungen bisher damit gemacht? 4. Gibt es aus Sicht der Staatsregierung Gründe, die gegen CarSharing in Verwaltungen sprechen? 5. In welchem Umfang plant die Staatsregierung, CarSharing in Zukunft zu nutzen? Angaben bitte nach Ministerien getrennt. 6. a) Welche konkreten Maßnahmen hat die Staatsregierung bisher unternommen, um CarSharing in Bayern zu fördern? b) Welche konkreten Maßnahmen plant die Staatsregierung für die Zukunft, um CarSharing zu fördern? c) Wie steht die Staatsregierung zur Schaffung rechtssicherer Voraussetzungen für CarSharing-Stationen im öffentlichen Raum durch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bzw. Neuregelungen in der Straßenverkehrsordnung (StVO)? 7. a) Stellen bayerische Behörden CarSharing-Unternehmen Stellplätze zur Verfügung, und wenn ja, wie viele? b) Wenn nein, warum nicht? c) Ist die Staatsregierung bereit, zukünftig Stellplätze zur Verfügung zu stellen? 8. a) Wird die Nutzung von CarSharing bei Dienstreisen von bayerischen Beamten und Angestellten vergütet? b) Wenn nein, warum nicht? Antwort des Staatsministeriums des innern, für Bau und Verkehr vom 23.11.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz (StMJ), dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW), dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (StMF), dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi), dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV), dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF), dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS), dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) sowie der Staatskanzlei (StK) wie folgt beantwortet: 1. a) Wie viele CarSharing-Unternehmen gibt es in Bayern ? Nach Erhebungen des Bundesverbandes CarSharing e.V. sind derzeit 58 CarSharing-Anbieter in Bayern bekannt. b) Wie viele CarSharing-Autos sind in Bayern derzeit stationiert? Die 58 CarSharing-Anbieter in Bayern stellen aktuell 1.622 CarSharing-Fahrzeuge zur Verfügung. c) Wie hoch sind die Wachstumsraten bei stationierten Autos und der Zahl der Kunden? Der Bundesverband CarSharing e.V. hat in seiner Jahresbilanz 2013 zum deutschen CarSharing entsprechende Zahlen veröffentlicht. Demnach waren zum 1. Januar 2014 bundes- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.01.2015 17/4519 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode drucksache 17/4519 weit 757.000 Fahrberechtigte bei allen deutschen CarSharing -Anbietern registriert, was im Vergleich zum Vorjahr einem Zuwachs von 304.000 Fahrberechtigten bzw. 67,1 % entspricht. Diesen Fahrberechtigten standen am 1. Januar 2014 deutschlandweit 7.700 Fahrzeuge im stationsbasierten CarSharing und 6.250 Fahrzeuge in stationsunabhängigen Angeboten zur Verfügung. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Zuwachs von 1.000 Fahrzeugen (+14,9 %) im stationsbasierten CarSharing und einem Zuwachs von 1.700 Fahrzeugen (+37,4 %) in stationsunabhängigen Angeboten. 2. a) Liegen der Staatsregierung erkenntnisse vor, wie viele Pkws durch ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt werden können? Angaben bitte unterteilt nach stationsgebundenen und Free-Floating-Konzepten? b) Liegen der Staatsregierung erkenntnisse vor, um wie viel sich die jährliche Kilometerleistung bei nutzung von CarSharing im Gegensatz zur vorherigen nutzung eines privaten Pkws verringert? Die Fragen 2 a und 2 b werden aufgrund ihres Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Staatsregierung liegen hierzu keine genauen Erkenntnisse vor. In entsprechenden Studien werden je nach Randbedingungen unterschiedliche Angaben gemacht. So kommt der Bundesverband CarSharing e.V. in einer im Jahr 2012 durchgeführten Neukundenbefragung, an der über 2.800 neue Teilnehmer an stationsbasierten CarSharing -Angeboten teilnahmen, zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der zuvor autobesitzenden CarSharing-Neukunden ihren Privat-Pkw abgeschafft hatte, nachdem sie erste Erfahrungen im stationsbasierten CarSharing gesammelt hatten . Im stationsbasierten CarSharing wurde in der Erhebung jedes CarSharing-Fahrzeug im statistischen Durchschnitt von 39 Teilnehmern genutzt. Daraus folgert der Bundesverband , dass jedes neu angeschaffte CarSharing-Fahrzeug im stationsbasierten CarSharing bis zu zehn private Pkws ersetzt. Für die stationsunabhängigen Angebote liegen vergleichbare Ergebnisse noch nicht vor. Demgegenüber wird in der von der Prognos AG und Shell erstellten und am 30. September 2014 der Öffentlichkeit präsentierten Shell Pkw-Studie „Shell Pkw-Szenarien bis 2040“ zusammenfassend ausgeführt, dass „eine hinreichend valide Aussage über die Auswirkungen von Carsharing auf die Pkw-Motorisierung und Pkw-Nutzung (ebenso wie im öffentlichen Verkehr) zurzeit noch nicht möglich ist“. Zum Mobilitätsverhalten der Nutzer von stationsunabhängigen CarSharing-Modellen, insbesondere in Verbindung mit Elektromobilität, laufen derzeit unter anderem die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten Forschungsprojekte „share“ und „WiMobil “. 3. a) Gibt es Verwaltungen, die CarSharing-Angebote nutzen und damit den Bedarf an dienstfahrzeugen reduzieren? Allgemeine Vorbemerkung: In den Verwaltungen stehen die Dienstfahrzeuge meist nicht personengebunden zur Verfügung, sondern teilen sich die Behördenangehörigen die Nutzung dieser Fahrzeuge. Auch behördenübergreifend werden Dienstfahrzeuge zunehmend gemeinschaftlich genutzt. Diese gemeinschaftliche Nutzung von Dienstfahrzeugen bedingt bereits eine Reduzierung der Anzahl der Fahrzeuge. Die nachfolgenden Antworten beziehen sich ausschließlich auf das „gewerbliche“ CarSharing. Grundlage dafür ist eine Ressortabfrage. Die nachgeordneten Behörden des StMBW, insbesondere die Schulen, wurden vom StMBW wegen des erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwandes nicht in die Umfrage eingebunden. CarSharing-Angebote werden nur von wenigen Verwaltungen in Bayern genutzt. Im Geschäftsbereich des StMI hat das Staatliche Bauamt Ansbach seit März 2014 15 Beschäftigte zur Nutzung von CarSharing angemeldet. Mit der Nutzung werden hauptsächlich innerstädtische Fahrten durchgeführt und Spitzenauslastungen bei den eigenen Fahrzeugen abgedeckt. Im Geschäftsbereich des StMELF werden CarSharingAngebote in wenigen Ausnahmefällen genutzt. Die Landesanstalt für Landwirtschaft oder das Technologie- und Förderzentrum kompensieren so Bedarfsspitzen. Generell lässt sich der Bedarf an Dienstfahrzeugen damit jedoch nicht reduzieren . Die Gründe hierfür ergeben sich aus den nachfolgenden Antworten. Alle anderen Ressorts nutzen bisher keine CarSharingAngebote . b) Wenn ja, welche Verwaltungen sind dies und wie viele Fahrzeuge werden von den einzelnen Verwaltungen genutzt? Die Nutzung von CarSharing im Staatlichen Bauamt Ansbach erfolgt durch den Fachbereich Hochbau. Es befinden sich drei CarSharing-Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe des Dienstsitzes. Aus dem Geschäftsbereich des StMELF liegen keine belastbaren Zahlen vor. c) Wenn ja, welche erfahrung haben diese Verwaltungen bisher damit gemacht? Im Staatlichen Bauamt Ansbach wurden seit März 2014 ca. 25 Fahrten durchgeführt. Die Nutzung sowie die Abrechnung erfolgten bisher problemlos. In den wenigen Fällen, in denen CarSharing im Geschäftsbereich des StMELF zum Einsatz kam, wurden bisher positive Erfahrungen gemacht. 4. Gibt es aus Sicht der Staatsregierung Gründe, die gegen CarSharing in Verwaltungen sprechen? Folgende Gründe können gegen CarSharing in den Verwaltungen sprechen: • Sicherheitsaspekte • Fehlende Flexibilität: Fahrzeuge müssen vielfach wegen dringender Dienstgeschäfte sofort und zuverlässig zur Verfügung stehen. • Wirtschaftliche Gründe: CarSharing muss im Vergleich mit der Nutzung von Dienstfahrzeugen und der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die wirtschaftlichere Alternative sein. Bei der Abwägung sind auch die für den Freistaat Bayern wesentlich günstigeren Kauf- und LeasingAngebote für Dienstfahrzeuge zu berücksichtigen. Bei Dienstfahrten mit (längeren) Standzeiten erhöhen sich die CarSharing-Kosten. • Erhöhter bzw. zusätzlicher Personal- und Verwaltungsaufwand bei der Koordinierung und Abwicklung des Einsatzes von Fahrzeugen • Unterschiedliche versicherungs- und haftungsrechtliche Voraussetzungen bei der Nutzung von CarSharing- und drucksache 17/4519 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Dienstfahrzeugen. So versichert beispielsweise der Freistaat Bayern seine Fahrzeuge nicht. • Spezifische Fahrzeuganforderungen: CarSharing-Fahrzeuge verfügen nicht wie einige Dienstfahrzeuge (z. B. Polizeifahrzeuge) über spezifische Einbauten wie Funkausstattung . In einigen Geschäftsbereichen (beispielsweise in Teilbereichen des StMI und StMELF) müssen die Fahrzeuge einsatzbedingt oft auch robust und geländetauglich sein. Ihr Gebrauch führt regelmäßig zu starken Verschmutzungen und überdurchschnittlicher Abnutzung. 5. in welchem Umfang plant die Staatsregierung, CarSharing in Zukunft zu nutzen? Angaben bitte nach Ministerien getrennt. Im Geschäftsbereich des StMI können die Behörden der Staatsbauverwaltung CarSharing-Angebote im Rahmen ihrer Budgets in eigener Verantwortung nutzen. Im Geschäftsbereich des StMELF gibt es nur sehr vereinzelt Überlegungen, Car-Sharing zu nutzen. Als Vorteil wird insbesondere die Möglichkeit einer stundenweisen Abrechnung genannt, die zu deutlichen Kostenvorteilen gegenüber der Anmietung eines Autos führen kann. Generell kommt CarSharing aber aus den unter Ziffer 4 genannten Gründen zumeist nicht in Betracht. Im Geschäftsbereich des StMAS bestehen derzeit keine Überlegungen, CarSharing in Zukunft vorrangig zu nutzen. Inwieweit CarSharing in Einzelfällen eine geeignete Ergänzung darstellt, hängt insbesondere davon ab, ob für den Freistaat Bayern ggf. eine sinnvolle Sonderregelung – u. a. hinsichtlich der personengebundenen Mitgliedschaft – geschaffen werden kann. Alle anderen Ressorts sehen aus den unter Ziffer 4 genannten Gründen nicht vor, CarSharing in Zukunft zu nutzen . 6. a) Welche konkreten Maßnahmen hat die Staatsregierung bisher unternommen, um CarSharing in Bayern zu fördern? Die Staatsregierung hat in der gemeinsamen Erklärung mit dem Bundesverband CarSharing e.V. für eine Zusammenarbeit zum Schutz des Klimas vom 23. Juni 2012 angeboten, Projekte und Aktionen des Bundesverbands im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. b) Welche konkreten Maßnahmen plant die Staatsregierung für die Zukunft, um CarSharing zu fördern ? Die Staatsregierung wird – entsprechend ihrem Angebot in der gemeinsamen Erklärung mit dem Bundesverband CarSharing e.V. für eine Zusammenarbeit zum Schutz des Klimas vom 23. Juni 2012 – Projekte und Aktionen des Bundesverbands zum Schutz des Klimas im Rahmen ihrer Möglichkeiten sowie unter Berücksichtigung der Interessen des öffentlichen Personennahverkehrs unterstützen. c) Wie steht die Staatsregierung zur Schaffung rechtssicherer Voraussetzungen für CarSharingStationen im öffentlichen raum durch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bzw. neuregelungen in der Straßenverkehrsordnung (StVO)? Bereits im Jahr 2013 hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah Regelungen vorzulegen, die eine Vereinfachung und Stärkung der Nutzung von CarSharing in Städten und Gemeinden zum Ziel haben. In den Beratungen auf Fachebene hat sich gezeigt, dass insbesondere die Ausweisung anbieterspezifischer Stellplätze wegen der Privilegienfeindlichkeit des Verkehrsrechts an rechtliche Grenzen stößt. Die Staatsregierung wird sich jedoch Lösungsvorschlägen zu CarSharing auf Bundesebene nicht verschließen, die im Rahmen des Rechtsrahmens des Straßenverkehrsgesetzes zu Verbesserungen der Mobilität in den Städten und Gemeinden führen. 7. a) Stellen bayerische Behörden CarSharing-Unternehmen Stellplätze zur Verfügung, und wenn ja, wie viele? Im Bereich des StMELF werden bislang nur in sehr geringem Maße Stellplätze für CarSharing-Unternehmen zur Verfügung gestellt, etwa dort, wo in der Behörde im Einzelfall auch von CarSharing Gebrauch gemacht wird. In allen anderen Ressorts mit ihren nachgeordneten Behörden werden derzeit keine Stellplätze für CarSharing-Unternehmen zur Verfügung gestellt. b) Wenn nein, warum nicht? In vielen Fällen sind von CarSharing-Unternehmen bislang keine entsprechenden Anfragen gestellt worden. Im Übrigen stehen in der Regel wegen des notwendigen Eigenbedarfs häufig keine freien Stellplätze zur Verfügung, sind die Parkflächen nicht frei zugänglich oder können aus Gründen der Sicherheit (insbesondere im Bereich der Polizei und der StK) nicht für CarSharing bereitgestellt werden. c) ist die Staatsregierung bereit, zukünftig Stellplätze zur Verfügung zu stellen? In vielen Fällen ist dies aus den unter Ziffer 7 b genannten Gründen nicht möglich. In (Teil-)Bereichen des StMUV, StMF, StMELF, StMJ und StMI besteht grundsätzlich Bereitschaft, entsprechende Stellplätze zur Verfügung zu stellen, sofern ein Bedarf für derartige Stellplätze vorliegt und oben genannte Gründe dem nicht entgegenstehen. Die Realisierbarkeit wäre in jedem Einzelfall in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten zu prüfen. 8. a) Wird die nutzung von CarSharing bei dienstreisen von bayerischen Beamten und Angestellten vergütet ? Eine Kostenerstattung für CarSharing-Kraftfahrzeuge, welche im Rahmen von Dienstreisen für dienstliche Zwecke genutzt werden, ist nach geltendem Recht (Art. 5 Abs. 5 BayRKG) möglich. b) Wenn nein, warum nicht? Entfällt.