Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gisela Sengl BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN vom 04.12.2013 Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) Die bayerische Bevölkerung lehnt zunehmend die Intensivtierhaltung aus ökologischen, sozialen und tierschutzrelevanten Gründen ab. (Nitratbelastung der Böden und des Grundwassers, erhöhtes Verkehrsaufkommen und daraus resultierende Straßenschäden bei Schwertransporten, Beläs tigungen durch Geruchsimmissionen, Keime, Stäube, Aushebelung des sozialen Gefüges im ländlichen Raum etc.) Laut Zuwendungszweck im Agrarförderprogramm sind die Interessen der Verbraucher, die Entwicklung des ländlichen Raumes sowie die Erhaltung der biologischen Vielfalt ebenso zu berücksichtigen wie die Verbesserung der Lebens -, Arbeits- und Produktionsbedingungen. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. Sind Betriebe ohne genügend Futtergrundlage über das AFP förderfähig? 2. Warum gibt es als Voraussetzung für eine Förderung keinen maximal zulässigen Viehbesatz pro Hektar? 3. Warum können gewerbliche Betriebe im Rahmen des Steuerrechts oder nichtprivilegierte Betriebe im Rahmen des Baurechts, die im Widerspruch zum Zuwendungszweck stehen, AFP-Mittel erhalten? 4. a) Wurden in den letzten drei Jahren Betriebe gefördert, die über keine eigene landwirtschaftliche Fläche verfügen ? Wenn ja, wie viele? b) Wie viele Betreibermodelle in der Tierhaltung wurden in den letzten drei Jahren bei jeweils welchen Tierarten gefördert? 5. a) Bei wie vielen Betrieben wurden in den letzten 20 Jahren mehrere Stallbauvorhaben gefördert? b) Welche Größenordnungen hatten diese Mehrfachförderungen in der jeweiligen Tierkategorie? c) Beabsichtigt die Staatsregierung, die Investitionsförderung zu begrenzen auf einmal pro Hof und Generation (alle 20 Jahre)? 6. Wie hoch war die durchschnittliche AFP-Förderung pro Betrieb jeweils in den letzten drei Jahren jeweils in den Hauptproduktionsrichtungen Milchwirtschaft, Bullenmast , Schweinemast und Geflügelmast? 7. Was will die Staatsregierung unternehmen , um die AFP-Programme auf die privilegierte bäuerliche Landwirtschaft zu beschränken? 8. a) Sind künftig Viehbestandsobergrenzen und/ oder ein maximal zulässiger Viehbesatz je Hektar im AFP vorgesehen , falls nein, warum nicht? b) Beabsichtigt die Staatsregierung, die Stärkung bäuerlicher Tierhaltung und regionaler Konzepte durch die Fördervoraussetzung „nachweislich überwiegend eigene Futtergrundlage“ zu stärken, und wenn nein, warum nicht? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 21.01.2014 1. Sind Betriebe ohne genügend Futtergrundlage über das AFP förderfähig? Das Vorliegen der überwiegend eigenen Futtergrundlage wird im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens geprüft, das wiederum Basis für eine Antragstellung im Rahmen des AFP ist. Im Rahmen des AFP können zudem nur Landwirte gefördert werden, deren Geschäftstätigkeit zu mehr als 25 Prozent der Umsatzerlöse darin besteht, durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen. Umsatzerlöse aus gewerblicher Tierhaltung zählen hierbei zu den nicht bodengebundenen Umsatzerlösen. 2. Warum gibt es als Voraussetzung für eine Förderung keinen maximal zulässigen Viehbesatz pro Hektar? Bayern orientiert sich bzgl. der Richtliniengestaltung an der Ausgestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“, da das AFP mit entsprechenden Mitteln finanziert wird. Der Planungsausschuss für Agrarstruktur und Küstenschutz (PLANAK) hat für die Jahre ab 2007 die Abschaffung der entsprechenden Viehbesatzbegrenzungen beschlossen, um eine klarere Trennung von Fach- und Förderrecht zu erreichen. Bayern hat dies im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung sowie einer „eins zu eins“-Umsetzung der Bundesvorgaben ab dem Jahre 2007 umgesetzt. 3. Warum können gewerbliche Betriebe im Rahmen des Steuerrechts oder nichtprivilegierte Betriebe Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.02.2014 17/457 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/457 im Rahmen des Baurechts, die im Widerspruch zum Zuwendungsrecht stehen, AFP-Mittel erhalten ? Im Rahmen des AFP werden nur Betriebe gefördert, die im Einklang mit dem Zuwendungsrecht stehen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. a) Wurden in den letzten drei Jahren Betriebe gefördert , die über keine eigene landwirtschaftliche Fläche verfügen? Wenn ja, wie viele? Die folgenden Auswertungen beziehen sich auf die Jahre 2010 bis 2012, da das Jahr 2013 noch nicht abgeschlossen werden konnte. In den Jahren 2010 bis 2012 wurden im AFP vier Betriebe von rund 2.700 Betrieben bewilligt, bei denen im Ist-Jahr keine landwirtschaftlich genutzte Fläche bewirtschaftet wurde . Die jeweiligen Betriebe sind aus bestehenden Betrieben durch Betriebsteilung oder Gründung einer Personengesellschaft hervorgegangen und haben deshalb im Jahr der AFP-Bewilligung noch keine Flächen bewirtschaftet. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die antragstellenden Landwirte in anderen Unternehmen Flächen bewirtschafteten. b) Wie viele Betreibermodelle in der Tierhaltung wurden in den letzten drei Jahren bei jeweils welchen Tierarten gefördert? Eine Trennung von Investor und Betreiber ist im Rahmen des AFP nur eingeschränkt zulässig, wenn das geförderte Objekt in einen Betriebszusammenschluss oder in einen Betriebszweig, den mindestens zwei eigenständige landwirtschaftliche Unternehmen gemeinsam betreiben, eingebracht wird oder die Verpachtung des Förderobjekts an einen Betriebszusammenschluss bzw. einen gemeinsam betriebenen Betriebszweig erfolgt. Die Trennung von Investor und Betreiber ist jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig: 1) Der Betriebszusammenschluss bzw. der gemeinsam be- triebene Betriebszweig selbst oder mindestens die Hälfte seiner Mitglieder müssen zuwendungsfähige Unternehmen entsprechend der AFP-Richtlinie sein; Nichtlandwirte erhalten für ihren Anteil keine Förderung. 2) Der Betriebszusammenschluss bzw. der gemeinsam betriebene Betriebszweig muss nach der Richtlinie ein berechtigter Zuwendungsempfänger sein. 3) Es muss eine Teilidentität zwischen Investor und Betreiber gegeben sein. In den Jahren 2010 bis 2012 wurden 96 Projekte gefördert (von rund 2.700), bei denen eine Trennung zwischen Investor und Betreiber durchgeführt wurde. Die Aufteilung der Betreibermodelle auf die Tierarten ergibt sich aus folgender Tabelle: Hauptproduktionsrichtung* Anzahl der Betreibermodelle (Jahre 2010 bis 2012) Milchviehhaltung 51 Mutterkuhhaltung 1 Rindermast 4 Schweinehaltung 32 Geflügelhaltung 8 * Hauptproduktionsrichtung des antragstellenden Unternehmens 5. a) Bei wie vielen Betrieben wurden in den letzten 20 Jahren mehrere Stallbauvorhaben gefördert? Eine Auswertung der Daten aus der Investitionsförderung über die letzten 20 Jahre wäre nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich, da eine Umstellung des EDVSystems vorgenommen wurde. Im Zeitraum 2000 bis 2012 haben insgesamt 1.941 Betriebe mindestens 2 Förderungen in den Programmen AFP und/oder Agrarkreditprogramm erhalten . Dies entspricht rund 18 Prozent der insgesamt in diesem Zeitraum geförderten 10.664 Betriebe. b) Welche Größenordnungen hatten diese Mehrfachförderungen in der jeweiligen Tierkategorie? Die Hauptproduktionsrichtung und Investitionsart wird erst seit dem Jahre 2007 konsequent erfasst, weshalb nur die Anzahl der mehrfach geförderten Betriebe sowie der durchschnittliche Zuschussbetrag und die durchschnittliche Höhe des zinsverbilligten Darlehens ausgewertet werden konnte: Anzahl der Förderungen Anzahl der Betriebe Durchschnittlicher Zuschuss (Tsd. Euro) Durchschnittliches ZV- Darlehen (Tsd. Euro) 2 1.658 105 193 3 249 132 213 4 31 166 305 5 2 112 235 6 1 93 -- insgesamt 1.941 109 198 c) Beabsichtigt die Staatsregierung, die Investitionsförderung zu begrenzen auf einmal pro Hof und Generation (alle 20 Jahre)? Es ist nicht beabsichtigt, die Investitionsförderung auf einmal alle 20 Jahre zu begrenzen. Folgende Gründe sprechen aus Sicht der Staatsregierung dagegen: • Viele Betriebe führen Investitionen in kleinen Schritten durch und versuchen sich zwischen den einzelnen Schritten wieder finanziell zu konsolidieren. Hierdurch wird das Risiko eines großen Investitionsschrittes vermieden. Diese Strategie entspricht einer vorsichtigen Wirtschaftsweise und ist zu begrüßen. • Die Investitionsförderung dient nicht nur dem betrieblichen Wachstum, sondern auch z. B. dem Tierschutz oder der Verbesserung der Arbeitsverhältnisse. Durch die Begrenzung der Investitionsförderung auf einmal alle 20 Jahre wäre z. B. die Förderung einer Anpassung des Haltungssystems an neueste Erkenntnisse nicht mehr möglich, wenn vorher z. B. ein Wachstumsschritt gefördert worden wäre. • Betriebsleiter investieren nicht immer zu Beginn ihres Generationenintervalls , sondern dann, wenn sie die Investition als notwendig und sinnvoll erachten. Damit würde ein Betriebsleiter, der kurz vor der Hofübergabe noch eine Investitionsförderung beansprucht, dem Hofübernehmer auf absehbare Zeit den Weg in die Investitionsförderung verbauen. • Die Verwaltung der AFP-Daten über mindestens 20 Jahre und der Abgleich mit Daten aus der Vergangenheit wäre äußerst verwaltungsaufwendig. • Durch Gründung z. B. einer Personengesellschaft mit neuer Betriebsnummer ließe sich die Begrenzung auf eine Förderung pro Betrieb leicht umgehen. Im Übrigen sind im Rahmen des AFP bereits bisher Begrenzungen der Mehrfachförderung enthalten. So ist das förder- Drucksache 17/457 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 fähige Investitionsvolumen in der aktuellen Förderperiode auf einen Betrag von 750.000 Euro gedeckelt. Bis zum Jahre 2012 wurden auch über einen Zeitraum von sechs Jahren Investitionsförderungen aus der vorhergehenden Förderperiode berücksichtigt (max. 1,25 Mio. Euro zuwendungsfähiges Investitionsvolumen). 6. Wie hoch war die durchschnittliche AFP-Förderung pro Betrieb jeweils in den letzten drei Jahren jeweils in den Hauptproduktionsrichtungen Milchwirtschaft , Bullenmast, Schweinemast und Geflügelmast ? Die durchschnittliche AFP-Förderung pro Betrieb (bewilligter Zuschuss) und die Anzahl der geförderten Betriebe in den Jahren 2010 bis 2012 ist aus folgenden Tabellen ersichtlich. Durchschnittliche Zuschüsse je Betrieb: Jahr Hauptproduktionsrichtung Milchwirtschaft Rindermast Schweinemast * Geflügelmast* 2010 113.435 € 58.713 € 94.674 € 126.736 € 2011 69.285 € 67.535 € 106.612 € 137.075 € 2012 56.519 € 54.964 € 79.315 € 78.782 € Anzahl der im AFP geförderten Betriebe: Jahr Hauptproduktionsrichtung Milchwirtschaft Rindermast Schweinemast * Geflügelmast* 2010 1.095 64 109 25 2011 448 48 121 22 2012 236 37 61 6 * In den der Auswertung zugrunde liegenden Daten werden nur die Hauptproduktionsrichtungen Schweine- und Geflügelhaltung erfasst. 7. Was will die Staatsregierung unternehmen, um die AFP-Programme auf die privilegierte bäuerliche Landwirtschaft zu beschränken? Bereits bisher wurde durch die Richtliniengestaltung sowie die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens erreicht, dass nahezu ausschließlich baurechtlich privilegierte Projekte in bäuerlichen Betrieben gefördert werden. Derzeit werden im Hinblick auf die kommende Förderperiode verschiedene Vorschläge zur Anpassung der Förderrichtlinien und des Auswahlverfahrens mit dem Ziel einer noch zielgenaueren Förderung geprüft. In diesem Zusammenhang ist die Einführung von Viehbestandsobergrenzen geplant. 8. a) Sind künftig Viehbestandsobergrenzen und/oder ein maximal zulässiger Viehbesatz je Hektar im AFP vorgesehen, falls nein, warum nicht? Vgl. Antwort zu Nr. 7. b) Beabsichtigt die Staatsregierung, die Stärkung bäuerlicher Tierhaltung und regionaler Konzepte durch die Fördervoraussetzung „nachweislich überwiegend eigene Futtergrundlage“ zu stärken, und wenn nein, warum nicht? Ab dem Jahre 2014 wird im Rahmen des AFP neben erhöhten Anforderungen an die Tierhaltung auch eine zusätzliche Fördervoraussetzung aus den Bereichen Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutz einzuhalten sein. Im Bereich Verbraucherschutz kann dies z. B. durch die Herstellung der Produkte nach Anforderungen eines anerkannten Lebensmittelqualitätsprogrammes oder die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten erfolgen.