2.2 Wenn nein, wird sie für die Staatsanwaltschaften und Gerichte mehr Stellen beantragen? 2.3 Wenn nein, warum hat sie nicht schon in der Vergangenheit reagiert? 3. Welche Maßnahmen zur Entlastung der Gerichte, Stei- gerung der Leistungsfähigkeit der Justiz und Beschleunigung der Verfahren sind geplant? 3.1 Was ist geplant, um die Zahl der Verfahren zu reduzieren ? 3.2 Wie beurteilt die Staatsregierung den von Niedersachsen auf der diesjährigen Justizministerkonferenz eingebrachten Vorschlag, Bagatelldelikte statt als Straftat als Ordnungswidrigkeit zu ahnden? 3.3 Würde die Umsetzung nach Ansicht der Staatsregierung zu einer Entlastung der Gerichte und zur Reduzierung der Verfahren beitragen? 4. Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass die Staatsan- waltschaften in Bayern laut der Antwort auf die Schriftliche Anfrage zu „Verhältnis zwischen Anfangsverdacht und Klageerhebung“ (Drs. 17/2800) deutlich mehr Anträge auf Erlass eines Strafbefehls stellen als im bundesdeutschen Durchschnitt? 4.1 Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass in Bayern laut der Antwort auf die Schriftliche Anfrage zu „Verhältnis zwischen Anfangsverdacht und Klageerhebung “ (Drs. 17/2800) weniger Verfahren als im bundesdeutschen Durchschnitt gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden? 5. Wie häufig mussten in Bayern in den letzten fünf Jahren Untersuchungshäftlinge wegen überlanger Verfahrensdauer aus der Haft entlassen werden? 5.1 Gab es in den anderen Bundesländern in den letzten fünf Jahren vergleichbare Fälle? 5.2 Wie konnte es dazu kommen, dass ein mutmaßlicher Vergewaltiger im August aus der Justizvollzugsanstalt in Stadelheim auf Beschluss des OLG München entlassen werden musste? 6. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Fälle wie den in München in Zukunft zu verhindern? 6.1 Mit welchen Maßnahmen sollen insbesondere im Jugendstrafrecht langen Verfahren vorgebeugt werden ? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.01.2015 17/4573 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 01.09.2014 Personalsituation und Arbeitsbelastung der bayerischen Justiz Für großes Aufsehen sorgte vor wenigen Wochen die Entlassung eines mutmaßlichen Vergewaltigers wegen der langen Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft. Für den Bayerischen Richterverein Beleg für die Überlastung der Richter- und Staatsanwaltschaften. Wenn nicht neue Stellen geschaffen werden und die Justiz entlastet wird, befürchtet der Berufsverband, dass auch in Zukunft „Haftentlassungen auch gefährlichster Beschuldigter als Folge überlanger Verfahrensdauer selbst dann, wenn Staatsanwaltschaft und Gericht so zügig wie möglich gearbeitet haben“ stattfinden. Selbst für Justizminister Bausback ist „die Arbeitsbelastung an unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften… sehr hoch“, wie er erst vor Kurzem in einem Interview (Main-Netz v. 09.08.2014) einräumen musste. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wie hat sich der Personalstand der bayerischen Staats- anwaltschaften und Gerichte (bitte differenzieren nach ordentliche Gerichtsbarkeit – Oberlandesgerichte, Landgerichte , Amtsgerichte –, Arbeitsgerichtsbarkeit; Finanzgerichtsbarkeit ; Sozialgerichtsbarkeit; Verwaltungsgerichtsbarkeit ) in den letzten fünf Jahren jeweils entwickelt ? 1.1 Wie hat sich die Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte (Differenzierung s. o.) nach PEBB§Y in den letzten fünf Jahren jeweils entwickelt? 1.2 Wie hoch war bei den einzelnen Gerichtsbarkeiten in den letzten fünf Jahren jeweils die durchschnittliche Verfahrensdauer ? 1.3 Wie fällt hinsichtlich Arbeitsbelastung von Staatsanwaltschaften und Gerichtsbarkeiten und Verfahrensdauer bei den einzelnen Gerichtsbarkeiten der Vergleich mit den anderen Bundesländern aus? 2. Hält die Staatsregierung den gegenwärtigen Personal- stand bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten für ausreichend? 2.1 Wenn nein, wie hoch ist nach ihrer Personalbedarfsberechnung der Fehlbestand an Stellen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4573 Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 26.11.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration , dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wie hat sich der Personalstand der bayerischen Staatsanwaltschaften und Gerichte (bitte differenzieren nach ordentliche Gerichtsbarkeit – Oberlandesgerichte , Landgerichte, Amtsgerichte –, Arbeitsgerichtsbarkeit; Finanzgerichtsbarkeit; Sozialgerichtsbarkeit ; Verwaltungsgerichtsbarkeit) in den letzten fünf Jahren jeweils entwickelt? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Die Personalbestände (ohne Personal in Ausbildung) der Jahre 2009 bis 2013 der Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte , Staatsanwaltschaften und Generalstaatsanwaltschaften in Bayern ergeben sich aus der folgenden Übersicht . Personalstand Bayern insgesamt (ohne Personal in Ausbildung) jeweils am 31.12. (Arbeitskraftanteile) 2009 2010 2011 2012 2013 Amtsgerichte 6.860,70 6.775,43 6.729,65 6.768,31 6.748,60 Landgerichte 2.213,60 2.221,45 2.210,82 2.244,65 2.281,21 Oberlandesgerichte 1.023,14 1.037,40 1.031,56 1.053,39 1.136,21 Staatsanwaltschaften 1.764,71 1.768,36 1.737,32 1.731,44 1.748,52 Generalstaatsanwaltschaften 88,90 89,88 93,25 90,15 93,30 Insgesamt 11.951,05 11.892,52 11.802,60 11.887,94 12.007,84 b) Arbeitsgerichtsbarkeit: Die Personalbestände (ohne Personal in Ausbildung) der Jahre 2009 bis 2013 der Arbeitsgerichtsbarkeit in Bayern ergeben sich nach Mitteilung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration aus der anliegenden Übersicht. Personalstand Bayern insgesamt (ohne Personal in Ausbildung) jeweils am 31.12. (Arbeitskraftanteile) 2009 2010 2011 2012 2013 407,96 411,76 409,79 400,14 397,89 c) Finanzgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat hierzu mitgeteilt: Beim Finanzgericht Nürnberg hat sich die Stellenausstattung im richterlichen Dienst in den Jahren 2010 bis 2014 nicht verändert, im nichtrichterlichen Dienst (Beamte und Angestellte ) hat sich die Stellenausstattung geringfügig reduziert. Auch beim Finanzgericht München ist der Personalstand in den letzten fünf Jahren nahezu gleich geblieben. d) Sozialgerichtsbarkeit: Die Personalbestände (ohne Personal in Ausbildung) der Jahre 2009 bis 2013 der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern ergeben sich nach Auskunft des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration aus der folgenden Übersicht. Personalstand Bayern insgesamt (ohne Personal in Ausbildung) jeweils am 31.12. (Arbeitskraftanteile) 2009 2010 2011 2012 2013 523,57 535,70 539,58 548,83 551,43 e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat hierzu mitgeteilt: An den sechs bayerischen Verwaltungsgerichten und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hat sich die Anzahl der Planstellen für richterliches Personal von 288 im Jahr 2009 zu 277 im Jahr 2014 entwickelt, die Stellenanzahl ist also im Wesentlichen konstant geblieben. Die Planstellenanzahl für das nichtrichterliche Personal an den sechs bayerischen Verwaltungsgerichten und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof lag in den Jahren 2009 bis 2013 konstant bei 295,25. Die Stellen sind im Rahmen üblicher Fluktuationen durch Ruhestände, Beförderungen etc. auch besetzt. 1.1 Wie hat sich die Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte (Differenzierung s. o.) nach PEBB§Y in den letzten fünf Jahren jeweils entwickelt ? Die Belastungszahlen nach PEBB§Y und PEBB§Y-Fach werden auf der Grundlage von durchschnittlichen Bearbeitungszeiten ermittelt. Die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften gehen auf eine bundesweite Erhebung im Jahr 2001 und die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für den Bereich der Fachgerichtsbarkeiten auf eine bundesweite Erhebung im Jahr 2005 zurück. In Teilbereichen erfolgte im Jahr 2008 eine Aktualisierung. Seit der Erhebung der durchschnittlichen Bearbeitungszeiten haben umfangreiche rechtliche, organisatorische, strukturelle und gesellschaftspolitische Änderungen stattgefunden. Mihilfe von mit Praktikern besetzten Arbeitsgruppen wurde seit den letzten Erhebungen versucht, die Aktualität der Systeme so gut wie möglich sicherzustellen. Trotz dieser Bemühungen nimmt die Validität der Zahlen zunehmend ab. Vor diesem Hintergrund haben die im Folgenden dargestellten Belastungszahlen nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Valide Belastungszahlen sind erst mit Vorliegen der Ergebnisse der derzeit durchgeführten „PEBB§Y-Fortschreibung 2014“ und der geplanten „Fortschreibung PEBB§Y-Fach 2016“ zu erwarten. Auf der Grundlage einer bundesweiten Erhebung, die im ersten Halbjahr 2014 durchgeführt wurde, werden derzeit für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften aktuelle durchschnittliche Bearbeitungszeiten ermittelt. Für den Bereich der Fachgerichtsbarkeiten ist geplant, aktuelle durchschnittliche Bearbeitungszeiten im ersten Halbjahr 2016 zu erheben. a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Die mittels des Personalbedarfsberechnungssystems PEBB§Y ermittelten Belastungsquoten (Verhältnis von Personalverwendung zu rechnerischem Personalbedarf) bei den bayerischen Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften für die Jahre 2009 bis 2013 ergeben sich aus den nachfolgenden Tabellen: Drucksache 17/4573 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Belastung Richter/Staatsanwälte in Bayern 2009–2013 2009 2010 2011 2012 2013 Oberlandesgerichte 114 % 109 % 111 % 109 % 107 % Landgerichte 108 % 110 % 112 % 111 % 113 % Amtsgerichte 118 % 119 % 117 % 116 % 116 % Staatsanwaltschaften (mit Generalstaatsanwaltschaften ) 122 % 119 % 118 % 119 % 122 % Belastung Rechtspfleger in Bayern 2009–2013 2009 2010 2011 2012 2013 Oberlandesgerichte 108 % 107 % 108 % 109 % 109 % Landgerichte 89 % 91 % 95 % 94 % 98 % Amtsgerichte 110 % 111 % 111 % 112 % 115 % Staatsanwaltschaften (mit Generalstaatsanwaltschaften ) 108 % 110 % 109 % 110 % 114 % Belastung Justizfachwirte/Justizangestellte in Bayern 2009–2013 2009 2010 2011 2012 2013 Oberlandesgerichte 104 % 107 % 107 % 105 % 103 % Landgerichte 102 % 106 % 108 % 106 % 105 % Amtsgerichte 95 % 102 % 103 % 103 % 104 % Staatsanwaltschaften (mit Generalstaatsanwaltschaften ) 89 % 93 % 93 % 94 % 96 % b) Arbeitsgerichtsbarkeit: Die mittels des Personalbedarfsberechnungssystems PEBB§Y-Fach ermittelten Belastungsquoten für die Arbeitsgerichtsbarkeit für die Jahre 2010 bis 2014 ergeben sich nach Auskunft des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration aus der nachfolgenden Tabelle: Belastung nach PEBB§Y-Fach in Bayern 2010–2014 2010 2011 2012 2013 2014 Richter (I. und II. Instanz) 117 % 114 % 112 % 109 % 107 % Nichtrichterlicher Dienst 108 % 102 % 102 % 100 % 102 % c) Finanzgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat hierzu mitgeteilt: Infolge der Erhöhung der Komplexität der Klagen in den letzten Jahren wurden umfangreiche Sachverhaltsermittlungen durchgeführt. Dies drückt sich in der vermehrten Anzahl von Zeugen (insbesondere auch aus dem Ausland ), aufwendigen Gutachten und der Zuziehung von Dolmetschern aus. Diesem Umstand geschuldet hat die Bayerische Staatsregierung im Jahr 2016 einer Neuerhebung für die Fachgerichte (PEBB§Y-Fach) zugestimmt, um detailliertere Erkenntnisse über die Veränderung der Arbeitsbelastung zu gewinnen. d) Sozialgerichtsbarkeit: Die mittels des Personalbedarfsberechnungssystems PEBB§Y-Fach ermittelten Belastungsquoten für die Sozialgerichtsbarkeit für die Jahre 2010 bis 2014 ergeben sich nach Mitteilung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration aus der nachfolgenden Tabelle: Belastung nach PEBB§Y-Fach in Bayern 2010–2014 2010 2011 2012 2013 2014 Richter (I. und II. Instanz) 111 % 109 % 108 % 108 % 104 % Nichtrichterlicher Dienst 102 % 106 % 108 % 109 % 100 % e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit liegen nach Mitteilung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr hierzu keine Zahlen vor, da das Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y in der Bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht eingeführt ist. 1.2 Wie hoch war bei den einzelnen Gerichtsbarkeiten in den letzten fünf Jahren jeweils die durchschnittliche Verfahrensdauer? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Die durchschnittlichen Verfahrensdauern in Monaten bei den Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und Staatsanwaltschaften in Bayern für die Jahre 2009 bis 2013 sind in der als Anlage 1 beigefügten Übersicht zusammengestellt . b) Arbeitsgerichtsbarkeit: Die durchschnittlichen Verfahrensdauern in Monaten in der Arbeitsgerichtsbarkeit in Bayern ergeben sich nach Auskunft des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales , Familie und Integration aus der folgenden Übersicht: 2009 2010 2011 2012 2013 3,1 3,2 3,2 3,1 3,0 c) Finanzgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat hierzu angegeben: Die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den Klagen ist beim Finanzgericht Nürnberg seit 2009 von 14,3 Monaten auf 13,1 Monate Ende 2013 zurückgegangen. Beim vorläufigen Rechtsschutz sank sie im gleichen Zeitraum von 6,8 auf 4,2 Monate. Beim Finanzgericht München ist die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den Klagen von 17,3 Monaten im Jahr 2009 auf 16,7 Monate im Jahr 2013 gesunken, im gleichen Zeitraum ging beim vorläufigen Rechtsschutz der Wert von 3,9 Monaten im Jahr 2009 auf 3,3 Monate im Jahr 2013 zurück. d) Sozialgerichtsbarkeit: Die durchschnittlichen Verfahrensdauern in Monaten in der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern ergeben sich nach Angaben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales , Familie und Integration aus der folgenden Übersicht: 2009 2010 2011 2012 2013 14,5 14,6 13,7 13,3 12,9 e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Die durchschnittliche Verfahrensdauer vor den bayerischen Verwaltungsgerichten, auch im Vergleich zu den Verwaltungsgerichten der anderen Bundesländer, kann nach Mitteilung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr der als Anlage 2 beigefügten Tabelle entnommen werden. Die Daten sind den Berichten des Statistischen Bundesamtes – Rechtspflege Verwaltungsgerichte – aus den Jahren 2008 bis 2012 entnommen. Der Bericht für das Jahr 2013 mit den bundesweiten Vergleichszahlen ist dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamts zufolge noch nicht veröffentlicht. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4573 1.3 Wie fällt hinsichtlich Arbeitsbelastung von Staatsanwaltschaften und Gerichtsbarkeiten und Verfahrensdauer bei den einzelnen Gerichtsbarkeiten der Vergleich mit den anderen Bundesländern aus? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Die Belastungsquoten nach PEBB§Y bei den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften anderer Länder liegen dem Staatsministerium der Justiz nur teilweise und auch nur bis zum Jahr 2012 vor. Das in der nachfolgenden Tabelle als Bundesdurchschnitt ausgewiesene Verhältnis von Personalverwendung zum rechnerischen Personalbedarf für das Jahr 2012 berechnet sich aus den mitgeteilten Daten von 11 Ländern: Belastung der Justiz im Bundesdurchschnitt zum 31.12.2012 Richter 109 % Staatsanwälte 114 % Rechtspfleger bei den Gerichten 117 % Rechtspfleger bei den Staatsanwaltschaften 119 % Justizfachwirte/-angestellte bei den Gerichten 108 % Justizfachwirte/-angestellte bei den Staatsanwaltschaften 101 % Es wird darauf hingewiesen, dass die Belastungszahlen der Länder zum Personalbedarf aufgrund der unterschiedlichen länderspezifischen Jahresarbeitszeiten und der zusätzlichen Einbeziehung landesspezifischer Festlegungen nur sehr bedingt vergleichbar sind. Die durchschnittlichen Verfahrensdauern in Monaten im Ländervergleich 2013 für die Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und Staatsanwaltschaften sind in der als Anlage 3 beigefügten Übersicht dargestellt. Angegeben ist der Wert für Bayern, der Durchschnitt aller Länder, die kürzeste Verfahrensdauer und die längste Verfahrensdauer des jeweiligen Landes sowie der Rang für Bayern im Ländervergleich . b) Arbeitsgerichtsbarkeit: Ein Vergleich der Arbeitsbelastung bei den Fachgerichtsbarkeiten zwischen den einzelnen Bundesländern ist nach Angaben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration nicht möglich. Die durchschnittliche Verfahrensdauer in der Arbeitsgerichtsbarkeit lag in Bayern im Jahr 2013 bei 3,0 Monaten. Die durchschnittliche Dauer der arbeitsgerichtlichen Verfahren lag im Jahr 2013 bundesweit ebenfalls bei 3,0 Monaten. Bayern befindet sich in der Übersicht auf Rang 7, der gleich mit Rang 1 ist. c) Finanzgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat hierzu ausgeführt: Die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den Klagen lag im bundesweiten Durchschnitt 2009 bei 18,1 Monaten, beim vorläufigen Rechtsschutz bei 4,1 Monaten. Im Jahr 2013 lag der Bundesdurchschnitt bei den Klagen bei 15,9 Monaten, beim vorläufigen Rechtsschutz bei 3,8 Monaten. d) Sozialgerichtsbarkeit: Ein Vergleich der Arbeitsbelastung bei den Fachgerichtsbarkeiten zwischen den einzelnen Bundesländern ist nach Mitteilung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration nicht möglich. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für sozialgerichtliche Verfahren lag in Bayern im Jahr 2013 bei 12,9 Monaten. Die durchschnittliche Dauer der sozialgerichtlichen Verfahren lag im Jahr 2013 bundesweit bei 14,4 Monaten. Bayern befindet sich bundesweit insoweit auf Rang 5. e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1.1 und 1.2 verwiesen. 2. Hält die Staatsregierung den gegenwärtigen Personalstand bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten für ausreichend? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Die seit Jahren anhaltend hohe Belastung der Richter und Staatsanwälte sowie der übrigen Bediensteten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften erfordert zur Aufrechterhaltung einer zeitgerechten Erledigung der Dienstgeschäfte eine Aufstockung des Personals. In diesem Zusammenhang sind jedoch die übergeordneten Ziele eines schuldenfreien Haushalts sowie der Schuldentilgung zu berücksichtigen. b) Arbeitsgerichtsbarkeit: Nach Angaben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales , Familie und Integration wird die personelle Ausstattung in der Arbeitsgerichtsbarkeit für ausreichend erachtet. Die Beantwortung der Fragen 2.1 bis 2.3 erübrigt sich deshalb. c) Finanzgerichtsbarkeit: Die personelle Ausstattung der Finanzgerichte wird nach Mitteilung des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat für ausreichend erachtet. Die Beantwortung der Fragen 2.1 bis 2.3 erübrigt sich deshalb. d) Sozialgerichtsbarkeit: Die personelle Ausstattung in der Sozialgerichtsbarkeit wird nach Auskunft des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales für ausreichend erachtet. Die Beantwortung der Fragen 2.1 bis 2.3 erübrigt sich deshalb. e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat hierzu mitgeteilt: Der Personalstand an den Verwaltungsgerichten wird grundsätzlich als ausreichend erachtet. Soweit die Bewältigung der zunehmenden Zahl an Asylverfahren aktuell zusätzliche Richterstellen erfordert, ist das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr bereits für den Doppelhaushalt 2015/2016 in Verhandlungen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat getreten. 2.1 Wenn nein, wie hoch ist nach ihrer Personalbedarfsberechnung der Fehlbestand an Stellen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Unter Zugrundelegung der in der Antwort zu Frage 1.1 mitgeteilten PEBB§Y-Belastungsquoten ergibt sich zum Stichtag 31. Dezember 2013 folgender rechnerischer Personalfehlbestand in AKA (Arbeitskraftanteilen): Drucksache 17/4573 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Personalfehlbestand in Bayern (in AKA) zum 31.12.2013 Gerichte Richter 275 Rechtspfleger 229 Justizfachwirte/Justizangestellte 152 Staatsanwaltschaften (mit Generalstaatsanwaltschaften) Staatsanwälte 144 Rechtspfleger 29 Justizfachwirte/Justizangestellte – b) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 2.2 Wenn nein, wird sie für die Staatsanwaltschaften und Gerichte mehr Stellen beantragen? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Im Rahmen der laufenden Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 ist beabsichtigt, die Gerichte und Staatsanwaltschaften mit neuen Stellen zu verstärken. Zum einen sind zur Verringerung der Geschäftsbelastung der Rechtspfleger im Doppelhaushalt 2015/2016 insgesamt 23 neue Stellen für den Rechtspflegerdienst vorgesehen. Zum anderen sollen die Gerichte und Staatsanwaltschaften über eine Nachschubliste um insgesamt 75 Planstellen für Richter (55) und Staatsanwälte (20) sowie um 25 Stellen für den Justizfachwirtedienst (Justizsekretäre) verstärkt werden. Daneben sind insgesamt 100 neue Stellen für Justizsekretäranwärter zur Intensivierung der Nachwuchsausbildung vorgesehen. Hierfür dienen auch die bereits im Nachtragshaushalt 2014 neu ausgebrachten 70 Stellen für Rechtspflegeranwärter , die nun im Doppelhaushalt 2015/2016 nachgezeichnet werden. b) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 2.3 Wenn nein, warum hat sie nicht schon in der Vergangenheit reagiert? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: In den vergangenen Haushaltsberatungen wurden im Hinblick auf die anhaltend hohe Arbeitsbelastung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften stets Stellenmehrungen im Bereich der Justiz angestrebt und auch erreicht. So konnten im Doppelhaushalt 2013/2014 bereits zusätzliche 80 Stellen für Richter und Staatsanwälte und 48 neue Planstellen für Rechtspfleger ausgebracht werden. Der Bewährungshilfedienst ist im Doppelhaushalt 2003/2004 um 20, im Doppelhaushalt 2009/2010 um weitere 15 neue Stellen und im Doppelhaushalt 2013/2014 um weitere 38 Stellen verstärkt worden. Zudem wurden zur Umsetzung des neuen Sicherheitskonzepts in bayerischen Justizgebäuden in den Haushaltsjahren 2012 bis 2014 insgesamt 140 neue Planstellen für Justizwachtmeister und Justizwachtmeisterinnen ausgebracht. Ferner werden zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt, mit denen bis zu 300 Bedienstete privater Sicherheitsdienste finanziert werden können. b) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 3. Welche Maßnahmen zur Entlastung der Gerichte, Steigerung der Leistungsfähigkeit der Justiz und Beschleunigung der Verfahren sind geplant? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Die vorgenannten Stellenmehrungen im Doppelhaushalt 2015/2016 werden zu einer Entlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften und damit zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der Justiz führen. Für den Bereich der Zivilgerichtsbarkeit gilt ferner Folgendes : Die Evaluation des Rechts- und Justizstandorts Bayern, anschließende Gespräche mit der Wirtschaft sowie die Ergebnisse der durch die Initiative Rechts- und Justizstandort Bayern eingesetzten Arbeitsgruppe „Steigerung der Attraktivität des Rechts- und Justizstandortes für die Wirtschaft“ haben gezeigt, dass gerade in Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen die Effizienz und Dauer der Gerichtsverfahren oftmals von Bürgern, Rechtsanwälten und der Wirtschaft als problematisch angesehen werden. Bauprozesse (also Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen , § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c ZPO) gehören zu den Zivilprozessen , die nicht nur im Durchschnitt besonders lange dauern, sondern auch spezifische Verfahrensprobleme aufwerfen . Sie erreichen vielfach einen Umfang, der die Gerichte vor besondere Herausforderungen stellt. Das Staatsministerium der Justiz verfolgt folgende Lösungsansätze zur Verfahrensoptimierung insbesondere bei Bauprozessen: Gerichtsverfassungsrechtliche Maßnahmen Zur Förderung der fachlichen Spezialisierung und der effektiveren Verfahrensgestaltung wird für folgende Maßnahmen bei den Gerichten geworben: ● die Einrichtung von Baukammern nach § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c ZPO (damit wäre zugleich die Grundzuständigkeit der Kammer eröffnet), ● die Sonderbewertung von Verfahren aus Sachgebieten, die anfälliger für eine lange Verfahrensdauer sind, in den Geschäftsverteilungsplänen. Prozessfördernde Maßnahmen ● Probleme bei der Beweiserhebung sind konsequent zu vermeiden. Hierzu wurde den Richtern ein mithilfe von erfahrenen Praktikern und dem Hauptrichterrat erarbeitetes Informationsblatt zu Auswahl, Führung und Anleitung von Sachverständigen zur Verfügung gestellt. Dieses wurde zusammen mit einer Übersicht zu Wert- und Kostenbegriffen im Sachverständigenwesen auch in das Intranet der bayerischen Justiz eingestellt. Diese Übersicht hat eine Arbeitsgruppe der IHK München mit dem Ziel erarbeitet, die für die Sachverständigen und Richter wichtigsten Wert- und Kostenbegriffe zu erläutern und zur Vereinheitlichung der fachspezifischen Wertbegriffe beizutragen . ● Eine gezielte Streitanalyse sowie eine klar strukturierte Ablaufplanung sind für eine effektive Abwicklung von Bau- und anderen komplexen Verfahren von entscheidender Bedeutung. Eine repräsentativ besetzte Arbeitsgruppe, die aus erfahrenen Richtern verschiedener Landgerichte in Bayern besteht und im weiteren Verfahren auch Vertreter der Rechtsanwaltschaft, der Sachverständigen und der Wirtschaft miteinbeziehen wird, befasst sich mit diesen und weiteren Vorschlägen für eine bessere Prozessgestaltung. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist die Entwicklung und Erprobung eines Leitfadens, mit dem die Erfahrungen und Ratschläge langjähriger Baurechtspraktiker (Richter, Anwälte und Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4573 Sachverständige) an die gesamte richterliche Praxis in Bayern weitergegeben werden sollen. Für den Bereich der strafrechtlichen Verfahren ist ergänzend Folgendes anzumerken: Das Strafverfahren (einschließlich des Ermittlungsverfahrens ) ist im Einzelnen in den Vorschriften der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt, für die die Gesetzgebungszuständigkeit beim Bund liegt. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz setzt sich in den Beratungen auf Bundesebene nachdrücklich für Rechtsänderungen ein, mit denen die Rechtspflege entlastet und Strafverfahren unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze beschleunigt werden können. In diesem Sinne wirkt auch eine Vertreterin des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz in der Expertenkommission mit, die laut Koalitionsvertrag auf Bundesebene bis zur Mitte der Wahlperiode (Oktober 2015) Vorschläge erarbeiten soll, mit denen das allgemeine Strafverfahren und das Jugendstrafverfahren unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze effektiver und praxistauglicher ausgestaltet werden. Die Auftaktsitzung der Expertenkommission hat am 7. Juli 2014 unter dem Vorsitz des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in Berlin stattgefunden. Im Rahmen der Sitzung wurden wichtige Forderungen eingebracht , die zu einer Effektivierung des Strafverfahrens und einer Entlastung der Rechtspflege beitragen können und teilweise bereits in früheren Gesetzentwürfen des Bundesrates enthalten waren. Dies betrifft etwa die Aufhebung einzelner Richtervorbehalte im Ermittlungsverfahren, die Einführung einer Erscheinenspflicht für Zeugen vor der Polizei, die Besetzungsreduktion bei den großen Strafkammern sowie Änderungen beim Recht der Befangenheitsanträge und im Rechtsmittelrecht. Diese Vorschläge sollen – zusammen mit weiteren Vorschlägen – in den Sitzungen der Expertenkommission im Einzelnen geprüft und erörtert werden. b) Arbeitsgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration hat hierzu ausgeführt: In der Arbeitsgerichtsbarkeit ist eine weitere Beschleunigung der Verfahrensdauer aufgrund der prozessrechtlichen Gesetzesvorgaben (Ladungs-, Termin- und Schriftsatzfristen ) kaum mehr möglich. Aufgabe ist es nun, weiterhin das Niveau bei der Verfahrensdauer durch verschiedene Maßnahmen wie z. B. Aus- und Fortbildung des richterlichen und nichtrichterlichen Personals bzw. die weitere Optimierung der Arbeitsabläufe konstant zu halten. c) Finanzgerichtsbarkeit: Eine weitere Entlastung der Finanzgerichte als auch eine weitere Beschleunigung der Verfahren an den Finanzgerichten soll nach Auskunft des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat durch den verstärkten Einsatz moderner EDV-Technik wie z. B. die Einführung der elektronischen Akte und des elektronischen Rechtsverkehrs erreicht werden. d) Sozialgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration hat diesbezüglich angegeben: In der Sozialgerichtsbarkeit wurde bereits durch den konsequenten Abbau von Altbeständen eine sichtbare Verringe- rung der Verfahrensdauer erreicht. Daran ist auch in Zukunft festzuhalten. Durch die Einführung des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung im Jahre 2012 kann in geeigneten Verfahren eine weitere Verfahrensbeschleunigung erreicht werden. Wie in der Arbeitsgerichtsbarkeit wird auch in den Sozialgerichten durch regelmäßige Angebote zur Aus- und Fortbildung des richterlichen und nichtrichterlichen Personals eine Optimierung der Arbeitsabläufe angestrebt. e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat hierzu mitgeteilt: In dem Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist es seit jeher Bestreben der Staatsregierung, durch qualitativ hochwertige Verwaltungsentscheidungen die Zahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu minimieren. Parallel hierzu wird für eine ausreichende Personal- und Sachausstattung der Verwaltungsgerichte Sorge getragen, um zeitnahe Entscheidungen zu ermöglichen. 3.1 Was ist geplant, um die Zahl der Verfahren zu reduzieren ? a) Ordentliche Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften: Für die Verfahren vor den Zivilgerichten gilt Folgendes: Die bayerische Justiz bietet an allen Zivil- und Familiengerichten sogenannte Güterichterverfahren an. Das Güterichterverfahren ist ein alternatives Verfahren der Streitbeilegung , das es den Parteien unter Anwendung bestimmter Techniken ermöglicht, selbst eine Lösung für ihren Streit zu finden. Seit 1. August 2013 besteht an allen Zivil- und Familiengerichten in Bayern die Möglichkeit, in geeigneten Fällen die Parteien an den Güterichter zu verweisen. Der Güterichter, der nicht zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen ist, verhilft den Parteien in der Güteverhandlung zu einer eigenverantwortlichen Lösung ihres Konflikts; er setzt dabei moderne Methoden der Konfliktbeilegung, insbesondere die Mediation ein. Er kann auf Wunsch der Parteien einen Prozessvergleich protokollieren. Darüber hinaus fördert die bayerische Justiz Angebote der außergerichtlichen und der gerichtsnahen Mediation. Mit Veranstaltungen wie dem 1. Bayerischen Mediationstag im November 2013 und der Bestellung von Mediationsbeauftragten an allen Oberlandesgerichten, Landgerichten und Präsidialamtsgerichten in Bayern setzt sich die bayerische Justiz für die Verbreitung alternativer Streitbeilegungsverfahren proaktiv ein. Das gemeinsame Projekt „Wirtschaftsmediation “ der Rechtsanwaltskammer München, der IHK für München und Oberbayern und des Landgerichts München I bietet den Parteien die Möglichkeit, eine gerichtsnahe Mediation während eines anhängigen Verfahrens durchzuführen , wobei mehr als 200 qualifizierte Mediatoren aus 70 verschiedenen Fachgebieten zur Auswahl stehen. Im Hinblick auf die strafrechtlichen Verfahren ist anzu- merken: Für die Staatsanwaltschaft gilt gemäß § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO) das Legalitätsprinzip. Dieses bedeutet Verfolgungszwang gegen jeden Verdächtigen bei Vorliegen eines Anfangsverdachts und, wenn die Vo- raussetzungen dafür vorliegen, Anklagezwang. Die Staatsanwaltschaft ist danach verpflichtet, bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für verfolgbare Straftaten einzuschreiten . Verstößt ein Staatsanwalt hiergegen, so macht er Drucksache 17/4573 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 sich wegen Strafvereitelung im Amt strafbar. Ist ein strafbares Verhalten dagegen nicht erkennbar oder erhärtet sich ein Anfangsverdacht im Rahmen von Ermittlungen nicht zu einem hinreichenden Tatverdacht, ist das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Ein Spielraum zur Reduzierung der bei Gericht anhängig werdenden Verfahren besteht daher grundsätzlich nicht oder nur insoweit, als bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen etwa eine Verweisung auf den Privatklageweg oder eine Einstellung nach dem Opportunitätsprinzip im Rahmen der §§ 153 ff. StPO in Betracht kommen kann. Ergänzend wird auf die Antworten zu den Fragen 3.2 und 3.3 Bezug genommen. b) Arbeitsgerichtsbarkeit: In der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden und bestehen nach Angaben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration seit jeher nur sehr geringe Rückstände . c) Finanzgerichtsbarkeit: Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat insoweit angegeben: Die Anzahl der Verfahren bei den Finanzgerichten ist vor allem von der Komplexität des Steuerrechts, aber auch von der Arbeitsweise der Finanzämter und Familienkassen abhängig . Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat ist im Rahmen seiner Möglichkeiten bestrebt, das Steuerrecht zu vereinfachen und die Arbeitsweise der Finanzämter fortlaufend zu optimieren. d) Sozialgerichtsbarkeit: Wie unter 3 bereits beschrieben, hat nach Mitteilung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration der Abbau von Altbeständen Priorität. Dies ist in den vergangenen Jahren durch die bereits genannten Maßnahmen , vor allen in der Sozialgerichtsbarkeit, sehr gut gelungen . e) Verwaltungsgerichtsbarkeit: Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 3.2 Wie beurteilt die Staatsregierung den von Niedersachsen auf der diesjährigen Justizministerkonferenz eingebrachten Vorschlag, Bagatelldelikte statt als Straftat als Ordnungswidrigkeit zu ahnden? Der angesprochene Vorschlag wurde auf der diesjährigen Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister sowie Justizsenatorinnen und Justizsenatoren am 25. und 26. Juni 2014 nicht behandelt. Zwar hatte Niedersachsen zur Sitzung des Strafrechtsausschusses der Justizministerkonferenz am 2. bis 4. Juni 2014 den Tagesordnungspunkt „Umgang mit Bagatellstrafsachen“ eingebracht. Nach dem Beschlussvorschlag sollte die Justizministerkonferenz für die Einsetzung einer Arbeitsgruppe Sorge tragen, die Alternativen erarbeiten sollte, wie die Verhängung und Vollstreckung von Freiheitsstrafen bei Vergehen geringen Gewichts grundsätzlich vermieden werden kann. Nachdem dieser Vorschlag aber schon im Strafrechtsausschuss mit deutlicher Mehrheit abgelehnt wurde, hat ihn Niedersachsen in der Justizministerkonferenz nicht mehr zur Beschlussfassung eingebracht. Der damalige Antrag hatte auch nicht primär die Ahndung von „Bagatelldelikten“ als Ordnungswidrigkeiten zum Gegenstand. Es ging vielmehr um allgemeine Überlegungen zu Alternativen zur Freiheitsstrafe in Fällen leichterer Kriminalität; eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit wurde dabei von Niedersachsen in der Beschlussbegründung nur kurz angerissen, ohne dass dies näher ausgeführt wurde. Ungeachtet dessen ist das Staatsministerium der Justiz der Auffassung, dass die Androhung und Verhängung von Strafe auch bei Vergehen geringeren Gewichts der im Interesse eines geordneten menschlichen Zusammenlebens liegenden Normbekräftigung und Normverdeutlichung dient. Überdies vermeidet eine einheitliche Behandlung als Straf- unrecht die mit einer materiell-rechtlichen Entkriminalisierung verbundenen Schwierigkeiten, namentlich bei der willkürfreien Abschichtung von Straf- gegenüber bloßem Ordnungsunrecht (man denke etwa an die Festsetzung von Wertgrenzen bei Vermögensdelikten), der Behandlung von Wiederholungstätern und der Registrierung von Taten zur Feststellung wiederholter Zuwiderhandlungen. Gerade im Bereich der sogenannten „Bagatellkriminalität“ gibt es Täter , die wiederholt und hartnäckig gegen das geltende Recht verstoßen. Bei diesen Tätern muss auch für solche Delikte die Möglichkeit eröffnet sein, Freiheitsstrafen zu verhängen. Gegenüber Tätern, deren Schuld im Einzelfall gering ist, bieten die Regelungen des Strafverfahrensrechts (v. a. Strafantragserfordernisse im Bereich der leichten Kriminalität, Opportunitätsregelungen in §§ 153 ff. der Strafprozessordnung ) flexible und angemessene Möglichkeiten, Nachsicht zu üben. 3.3 Würde die Umsetzung nach Ansicht der Staatsregierung zu einer Entlastung der Gerichte und zur Reduzierung der Verfahren beitragen? Da es keine konkreten Überlegungen zur Ahndung von „Bagatelldelikten “ als Ordnungswidrigkeiten gibt, kann auch nicht beurteilt werden, ob und – wenn ja – in welchem Umfang diese zu einer Entlastung der Justiz oder einer Reduzierung der Verfahren führen würden. Ob eine generelle Herabstufung von Fällen leichter Kriminalität zu Ordnungswidrigkeiten eine spürbare Entlastung der staatlichen Verfolgungsorgane zur Folge hätte, ist jedenfalls zweifelhaft. Der Bearbeitungsaufwand für die einzelne „Bagatellstraftat“ bei Staatsanwaltschaften und Gerichten ist im Allgemeinen nicht sehr hoch; der Aufwand entsteht vielmehr durch die große Anzahl der Fälle, die sich auch durch eine Umetikettierung von Straftaten zu Ordnungswidrigkeiten nicht ändern würde. Auch Bußgeldverfahren müssen bearbeitet werden und belasten im Falle eines Einspruchs die Amtsgerichte. 4. Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass die Staatsanwaltschaften in Bayern laut der Antwort auf die Schriftliche Anfrage zu „Verhältnis zwischen Anfangsverdacht und Klageerhebung“ (Drs. 17/2800) deutlich mehr Anträge auf Erlass eines Strafbefehls stellen als im bundesdeutschen Durchschnitt? Das Strafbefehlsverfahren bietet die Möglichkeit einer beschleunigten Verfahrenserledigung und führt zu einer deutlichen Entlastung bzw. Schonung von Ressourcen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. In deutlich mehr als der Hälfte der Fälle, in den Jahren 2012 und 2013 sogar in nahezu zwei Dritteln der Fälle wird gegen einen Strafbefehl kein Einspruch eingelegt und damit eine Hauptverhandlung entbehrlich. Zugleich entfallen erforderliche Zeugenaussagen, so dass es beispielsweise auch einer Anwesenheit und Aussage polizeilicher Zeugen in der Seite 8 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4573 Hauptverhandlung nicht bedarf. Im Übrigen trägt das Strafbefehlsverfahren häufig auch dem Interesse des Beschuldigten Rechnung, dem durchaus daran gelegen sein kann, dass ein einfacher Straffall kostensparend, ohne Zeitverlust und ohne öffentliche Hauptverhandlung erledigt wird. Rechtsstaatliche Defizite sind insoweit nicht zu befürchten. Zum einen hat das Gericht die Möglichkeit, den Erlass eines Strafbefehls bei Fehlen hinreichenden Tatverdachts abzulehnen oder auch einen Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen, falls es Bedenken hat, ohne eine solche zu entscheiden. Zum anderen kann der Beschuldigte durch Einlegung eines Einspruchs selbst die Durchführung einer Hauptverhandlung herbeiführen. Vor diesem Hintergrund bewertet es das Bayerische Staatsministerium der Justiz als positiv, wenn die bayerischen Staatsanwaltschaften von dieser Möglichkeit zur ökonomischen Verfahrenserledigung überdurchschnittlich Gebrauch machen. 4.1 Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass in Bayern laut der Antwort auf die Schriftliche Anfrage zu „Verhältnis zwischen Anfangsverdacht und Klageerhebung “ (Drs. 17/2800) weniger Verfahren als im bundesdeutschen Durchschnitt gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden? Hinsichtlich des für die Staatsanwaltschaften geltenden Legalitätsprinzips und dessen Auswirkungen wird auf die Antwort zu Frage 3.1 Bezug genommen. Seinen hohen Sicherheitsstandard verdankt Bayern nicht zuletzt auch einer konsequenten Strafverfolgung. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in den letzten fünf Jahren mit einer Differenz von maximal 0,9 Prozentpunkten zum Bundesdurchschnitt (Jahr 2012) bei den Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO keine erheblichen Abweichungen gegenüber dem bundesdeutschen Durchschnitt zu verzeichnen sind. 5. Wie häufig mussten in Bayern in den letzten fünf Jahren Untersuchungshäftlinge wegen überlanger Verfahrensdauer aus der Haft entlassen werden? Voranzustellen ist, dass eigene statistische Aufzeichnungen betreffend die Aufhebung von Haftbefehlen wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen nicht geführt werden. Zur Beantwortung von Frage 5 wurden die Präsidenten der bayerischen Oberlandesgerichte jeweils um Bericht unter Einbindung der Gerichte des Geschäftsbereichs sowie im Benehmen mit den jeweiligen Staatsanwaltschaften gebeten . Nach den eingegangenen Stellungnahmen der Präsidenten der Oberlandesgerichte wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 1. September 2014 erinnerlich 52 Haftbefehle (einschließlich des der Schriftlichen Anfrage zugrunde liegenden Falls) wegen überlanger Verfahrensdauer aufgehoben , davon 10 im Bezirk des Oberlandesgerichts München , 33 im Bezirk des Oberlandesgerichts Nürnberg und 9 im Bezirk des Oberlandesgerichts Bamberg. Darüber hi- naus wurde im Bezirk des Oberlandesgerichts München ein weiterer Haftbefehl aufgehoben, wobei unklar ist, ob dies im Berichtszeitraum erfolgte. Der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg erwähnt, dass es in einem Fall trotz Aufhebung des Haftbefehls nicht zur Haftentlassung kam, da vom Beschuldigten in anderer Sache weiter Strafhaft zu verbüßen war. 5.1 Gab es in den anderen Bundesländern in den letzten fünf Jahren vergleichbare Fälle? Belastbare Erkenntnisse hierüber liegen dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz nicht vor. Eine Ende 2006 durch ein anderes Land veranlasste Länderumfrage ergab Fälle von Haftbefehlsaufhebungen wegen Verstoßes gegen den Beschleunigungsgrundsatz auch in anderen Ländern. Dies wurde für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 1. September 2014 auch durch eine JURIS-Recherche bestätigt, die haftbefehlsaufhebende Entscheidungen auch für andere Länder erbracht hat. Anzumerken ist, dass nicht sämtliche Gerichtsentscheidungen in JURIS eingestellt werden. Die Veröffentlichung obliegt insoweit den einzelnen Gerichten und erfolgt meist nach angenommener einzelfallübergreifender Bedeutung. 5.2 Wie konnte es dazu kommen, dass ein mutmaßlicher Vergewaltiger im August aus der Justizvollzugsanstalt in Stadelheim auf Beschluss des OLG München entlassen werden musste? Der Beschuldigte wurde wegen seiner am 7. Juli 2013 begangenen Tat am 14. August 2013 wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen. Am 27. Januar 2014 wurde durch die Staatsanwaltschaft München I Anklage zur Jugendkammer des Landgerichts München I erhoben. Das Oberlandesgericht München hatte erstmals unter dem 25. Februar 2014 Haftfortdauer angeordnet. Eröffnungsbeschluss erging durch die Jugendkammer am 2. April 2014. Hauptverhandlungstermine wurden nach Gesprächen mit der Verteidigung zunächst für den 14. bis 24. Oktober 2014 bestimmt. Die Beschwerde gegen den bestehenden Haftbefehl wurde durch das Landgericht unter dem 29. April 2014 als unbegründet verworfen. Die hiergegen eingelegte weitere Beschwerde des Beschuldigten wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. Juni 2014 für erledigt erklärt und im Wege der zweiten Haftprüfung Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet . Das Oberlandesgericht war der Auffassung, dem in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebot werde „gerade noch entsprochen“. Die Zeitspanne bis – zum mittlerweile auf den 9. September 2014 vorverlegten – Beginn der Hauptverhandlung stelle noch keine der Justizverwaltung anzulastende Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes dar. Das vom Beschuldigten angerufene Bundesverfassungsgericht hat sich am 30. Juli 2014 der Beurteilung des Oberlandesgerichts nicht angeschlossen, einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen festgestellt und die Angelegenheit an das Oberlandesgericht München zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hob daraufhin den Haftbefehl mit Beschluss vom 6. August 2014 auf. Die Hauptverhandlung, der sich der Angeklagte stellte, begann planmäßig am 9. September 2014. Der Angeklagte wurde am 10. Oktober 2014 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren 9 Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; der Angeklagte hat Revision eingelegt. Ein Haftbefehl wurde nicht erlassen. Die Belastungssituation des Landgerichts München I im Bereich der Jugendstrafkammern ließ – trotz Ausschöpfung von zulässigen organisatorischen Maßnahmen – eine frühere Terminierung des Prozessbeginns nicht zu. Drucksache 17/4573 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 9 6. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Fälle wie den in München in Zukunft zu verhindern? Die im Rahmen der laufenden Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 beabsichtigten Stellenmehrungen für den richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst sowie den Justizfachwirtedienst sollen für eine notwendige Entlastung der Strafjustiz sorgen. Die Generalstaatsanwälte in München, Nürnberg und Bamberg haben für die Staatsanwaltschaften ein Merkblatt zur Bearbeitung von Haftsachen erstellt, das im Intranetportal der Staatsanwaltschaften eingestellt ist, fortgeschrieben und bereits den Berufsanfängern zur Kenntnis gebracht wird. Es enthält detaillierte Hinweise zur sorgfältigen und beschleunigten Bearbeitung von Haftsachen im Ermittlungsverfahren. Mit Schreiben vom 12. August 2014 wurden die Generalstaatsanwälte gebeten, die Staatsanwaltschaften nochmals auf die Problematik etwa durch einen aktuellen Hinweis auf das Merkblatt aufmerksam zu machen. Die beschleunigte Behandlung von Haftsachen ist ferner Gegenstand von Fortbildungsveranstaltungen. Darüber hinaus wird die Beschleunigungsmaxime in Haftsachen bei Dienstbesprechungen erörtert, zuletzt bei der gemeinsamen Dienstbesprechung mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Land- und Amtsgerichte sowie den Leiterinnen und Leitern der bayerischen Staatsanwaltschaften am 8. und 9. Oktober 2014. Durch die Präsidenten der bayerischen Oberlandes- gerichte wurde ferner die Anregung von Staatsminister Prof. Dr. Bausback aufgegriffen, eine überregionale Ar- beitsgruppe zum Beschleunigungsgebot in Haftsachen einzusetzen. 6.1 Mit welchen Maßnahmen sollen insbesondere im Jugendstrafrecht langen Verfahren vorgebeugt werden ? Zunächst ist anzumerken, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer in erster Instanz im Jahr 2013 bei den Jugendrichtern 2,1 Monate, bei den Jugendschöffengerichten 2,8 Monate und bei den Jugendkammern 5,5 Monate betrug. Bereits jetzt kommt es in Bayern somit in der Regel nicht zu übermäßig langen jugendgerichtlichen Verfahren. Im Übrigen soll – wie bereits ausgeführt – die auf Bundesebene eingerichtete Expertenkommission bis Oktober 2015 auch Vorschläge zur praxistauglicheren und effektiveren Ausgestaltung des Jugendstrafverfahrens erarbeiten. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Frage 3 verwiesen. Darüber hinaus führen einige Staatsanwaltschaften zur Verfahrensbeschleunigung nach dem Vorbild des in Berlin praktizierten sog. „Neuköllner Modells“ das sog. beschleunigte vereinfachte Jugendverfahren durch. Dabei verabreden Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgericht und Jugendgerichtshilfe, die Abläufe zu so beschleunigen, dass spätestens innerhalb von vier Wochen nach der Tat die Hauptverhandlung vor dem Jugendrichter durchgeführt werden kann (sog. Bamberger Modell). Zentraler Bestandteil ist, dass in den geeigneten Fällen innerhalb von maximal zwei Wochen die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen und die Akten der Staatsanwaltschaft vorgelegt werden. Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten – Bayern insgesamt – 2009 2010 2011 2012 2013 Amtsgerichte Zivilsachen 3,9 3,9 4,0 4,0 4,0 Familiensachen – Scheidungsverfahren 8,2 8,3 8,3 8,0 7,9 Strafsachen 2,8 2,7 2,9 2,7 2,8 Bußgeldsachen 2,1 2,3 2,2 2,2 2,2 Landgerichte Zivilsachen – 1. Instanz (Zivilkammern) 7,8 7,8 7,3 7,4 7,8 Zivilsachen – 1. Instanz (Handelskammern) 5,4 6,5 6,4 6,4 6,1 Zivilsachen – Berufungsinstanz 4,8 5,2 5,4 5,4 5,6 Strafsachen – 1. Instanz 5,6 5,5 5,5 5,4 5,5 Strafsachen – Berufungsinstanz 4,1 3,6 3,4 3,7 3,7 Oberlandesgerichte Zivilsachen – Berufungsinstanz 6,2 6,1 6,0 6,2 6,4 Familiensachen – Beschwerden gegen Endentscheidungen 4,0 3,7 3,1 3,8 3,5 Strafsachen – Revisionen 1,0 0,8 0,8 0,9 0,8 Bußgeldsachen – Rechtsbeschwerden 1,0 1,0 1,1 1,1 1,1 Staatsanwaltschaften 1,2 1,2 1,4 1,2 1,2 Anlage 1 Seite 10 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4573 Anlage 2 Durchschnittliche Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten – Hauptverfahren (Kammern insgesamt) B ad en - W ür tte m - be rg B ay er n B er lin B ra nd en bu rg B re m en H am bu rg H es se n M ec kl en bu rg - Vo rp om m er n N ie de r- sa ch se n N or dr he in - W es tfa le n R he in la nd - Pf al z Sa ar la nd Sa ch se n Sa ch se n- A nh al t Sc hl es w ig - H ol st ei n Th ür in ge n 2012 9,2 7,1 10,6 19,5 20,9 14,9 8,6 25,0 6,1 8,8 5,0 10,7 15,9 10,7 13,4 12,1 2011 8,4 7,4 10,6 24,5 21,2 14,8 7,6 23,8 9,9 9,1 5,1 9,4 16,4 12,1 11,8 13,1 2010 8,2 6,7 11,4 25,0 20,7 14,7 8,1 21,2 10,2 8,9 4,6 8,6 17,9 12,0 11,9 13,2 2009 8,3 7,5 12,6 27,5 14,4 16,3 9,3 21,4 11,1 8,5 4,8 8,9 18,9 12,2 10,1 14,6 2008 9,2 7,3 15,4 32,0 11,2 16,1 9,5 21,3 12,6 8,4 5,1 10,4 20,5 11,8 15,3 15,9 Durchschnittliche Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten – Verfahren zur Gewährung von vorläufigen Rechtsschutz (ohne N-C Verfahren – Kammern insgesamt) B ad en - W ür tte m - be rg B ay er n B er lin B ra nd en bu rg B re m en H am bu rg H es se n M ec kl en bu rg - Vo rp om m er n N ie de r- sa ch se n N or dr he in - W es tfa le n R he in la nd - Pf al z Sa ar la nd Sa ch se n Sa ch se n- A nh al t Sc hl es w ig - H ol st ei n Th ür in ge n 2012 1,7 1,B 1,9 2,7 2,0 1,7 2,5 2,1 1,2 1,4 O,8 1,1 2,0 1,2 1,1 1,4 2011 2,0 1,5 2,0 3,5 2,7 2,1 1,6 3,1 1,3 1,6 0,8 1,0 1,8 1,7 1,1 1,7 2010 1,9 1,6 2,0 4,9 2,3 1,6 1,7 2,3 1,4 1,6 0,8 1,4 2,2 1,5 1,0 1,8 2009 1,7 1,5 2,1 4,7 2,4 2,2 1,6 2,4 1,5 1,6 0,9 1,2 2,7 1,6 1,1 1,9 2008 1,9 1,6 2,4 5,3 1,6 2,1 1,8 3,0 1,6 1,6 0,9 1,3 3,1 2,1 1,2 2,7 Durchschnittliche Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten – OVG/VGH 1. Instanz (Senate insgesamt) B ad en - W ür tte m - be rg B ay er n B er lin /B ra n- de nb ur g B re m en H am bu rg H es se n M ec kl en bu rg - Vo rp om m er n N ie de r- sa ch se n N or dr he in - W es tfa le n R he in la nd - Pf al z Sa ar la nd Sa ch se n Sa ch se n- A n- ha lt Sc hl es w ig - H ol st ei n Th ür in ge n 2012 13,8 11,4 15,9 25,0 35,6 14,1 19,5 19,1 15,0 5,2 9,9 20,5 11,5 11,7 18,4 2011 15,4 13,7 18,8 45,0 27,5 9,6 19,2 24,4 16,2 5,9 18,7 20,8 10,9 11,7 41,4 2010 14,8 13,2 20,1 19,7 27,3 14,4 28,0 22,2 15,2 6,3 13,8 25,1 15,7 8,9 27,8 2009 12,8 11,9 12,7 12,3 24,8 12,5 16,5 23,5 15,1 6,3 11,9 18,1 19,9 17,3 26,1 2008 12,4 11,4 19,4 21,8 41,7 8,8 21,3 23,9 15,4 4,7 11,0 14,1 8,8 15,6 23,0 Durchschnittliche Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten – OVG/VGH Rechtsmittelinstanz (Senate insgesamt) B ad en - W ür tte m - be rg B ay er n B er lin /B ra n- de nb ur g B re m en H am bu rg H es se n M ec kl en bu rg - Vo rp om m er n N ie de r- sa ch se n N or dr he in - W es tfa le n R he in la nd - Pf al z Sa ar la nd Sa ch se n Sa ch se n- A n- ha lt Sc hl es w ig - H ol st ei n Th ür in ge n 2012 5,4 9,2 13,6 27,4 19,4 6,8 26,3 10,3 9,2 3,3 7,4 14,6 6,9 5,3 13,8 2011 4,4 8,4 12,1 29,5 23,4 7,3 25,9 9,5 9,8 2,8 7,6 13,2 7,3 4,5 14,9 2010 8,0 8,4 11,5 20,9 17,8 6,5 21,2 11,4 12,7 3,2 6,9 13,3 8,7 4,0 15,2 2009 7,5 9,2 9,9 17,0 18,7 6,9 21,9 12,0 11,4 4,3 8,5 12,8 13,0 5,4 14,2 2008 8,0 8,5 10,6 13,6 22,5 6,4 17,1 10,9 11,0 3,3 6,6 14,7 10,8 6,2 16,8 Drucksache 17/4573 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 11 Anlage 3 Bayern Durchschnitt aller Länder Land mit der kürzesten Verfahrensdauer Land mit der längsten Verfahrensdauer Rang Bayern Amtsgerichte Zivilsachen 4,0 4,7 4,0 6,1 1. Rang Familiensachen – Scheidungsverfahren 7,9 9,7 7,9 12,5 1. Rang Strafsachen 2,8 3,8 2,8 5,1 1. Rang Bußgeldsachen 2,2 2,8 1,9 4,0 2. Rang Landgerichte Zivilsachen – 1. Instanz (Zivilkammern) 7,8 8,8 6,9 13,1 2. Rang Zivilsachen – 1. Instanz (Handelskammern) 6,1 7,7 6,0 11,1 2. Rang Zivilsachen – Berufungsinstanz 5,6 6,3 4,9 8,9 3. Rang Strafsachen – 1. Instanz 5,5 6,6 5,3 9,7 3. Rang Strafsachen – Berufungsinstanz 3,7 4,5 3,4 7,2 2. Rang Oberlandesgerichte Zivilsachen – Berufungsinstanz 6,4 8,7 5,8 14,4 3. Rang Familiensachen – Beschwerden gegen Endentscheidungen 3,5 5,1 2,2 11,7 3. Rang Strafsachen – Revisionen 0,8 1,3 0,8 4,8 1. Rang Bußgeldsachen – Rechtsbeschwerden 1,1 0,9 0,4 1,9 11. Rang Staatsanwaltschaften 1,2 1,8 1,2 2,6 1. Rang Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten im Ländervergleich 2013